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Updated: 18.12.2012 16:00
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Doch noch Amnestie zum Unabhängigkeitstag

Zum Nationalfeiertag hat der algerische Präsident kurz vor Toresschluß doch noch eine Amnestie für inhaftierte Journalisten angeordnet. Der aktuelle Nachtrag von B.Schmid "Doch noch Amnestie zum Unabhängigkeitstag (Nationalfeiertag) am 05. Juli" vom 6. Juli 2006

Doch noch Amnestie zum Unabhängigkeitstag (Nationalfeiertag) am 05. Juli

Wie vor wenigen Tagen im Labournet berichtet, möchte Algeriens Präsident Abdelaziz Bouteflika die Spielräume für regierungsunhängigen Journalismus möglichst verringern. Schon im Wahlkampf zu Anfang des Jahres 1999, bevor er im April desselben Jahres zum ersten Mal (nicht ohne Manipulation) ins Amt « gewählt » wurde, hatte Bouteflika Journalisten in der Öffentlichkeit als « tayabat al-hamam » bezeichnet, ungefähr: « Klatschweiber im Dampfbad ». Und im Juni 2001 wurde das Strafgesetzbuch in Angelegenheiten wie Pressedelikten, Präsidentenbeleidigung und Schmähung der Armee drastisch verschärft. Aber vor allem in den letzten Jahren 2004 und 2005 kam es zu einer Welle von Prozessen gegen missliebige ‘Pressefritzen’.

Am 03. Mai dieses Jahres, dem internationalen « Tag für die Pressefreiheit », verkündete Bouteflika laut, er erlasse nunmehr auch eine Amnestie für Journalisten. Die Voraussetzung aber, um in den Genuss der Präsidentengnade zu kommen, war derart eng formuliert, dass sie in Wirklichkeit kaum jemanden betraf. Nur definitiv, d.h. durch alle drei Instanzen hindurch verurteilte Journalisten und Karikaturisten sollten unter den Amnestiebeschluss fallen. Das aber nutzte kaum einem von ihnen, denn fast alle betroffenen Pressevertreter waren bis dahin in erster oder zweiter Instanz abgeurteilt worden. Nur 10 von circa 200 verurteilten Journalisten, deren Begnadigung angekündigt worden war, konnten aus dem Amnestieerlass Nutzen ziehen.

Durch eine Verordnung aus Anlass des algerischen Nationalfeiertags (Jahrestag der 1962 errungenen Unabhängigkeit) vom 05. Juli, die er zwei Tage vorher bekannt gab, hat Bouteflika nun einen neuen Gnadenerlass vorgenommen. Dieser enthält nicht die Beschränkungen des vorherigen Präsidialdekrets und betrifft tatsächlich alle Journalisten, die wegen Staats- oder Amtsträgerbeleidigung verurteilt worden sind. Präsident Bouteflika lieb dabei verlauten, angeblich sei er zornig auf seinen Justizminister, der ihn beim letzten Mal (vor der Amnestie für Journalisten vom 03. Mai) nicht richtig unterrichtet habe...

Die Tageszeitung ‘El Watan’ titelt deshalb auf ihrer Seite Eins vom 04. Juli: « Bouteflika schliebt seine (Ab-)Rechnungen mit der Presse ab ». Aber auf der daneben stehenden Karikatur sieht man einen Journalisten, der bei der Lektüre einer Zeitungsmeldung (« Neue Präsidentengnade ») erstrahlt – und ein Damoklesschwert über dem Kopf hängen hat, das die Aufschrift ‘Artikel 144 b des Strafgesetzbuchs » trägt. Es symbolisiert also die nach vor gültigen Strafbestimmungen, die jederzeit eine Verfolgung der Presse ermöglichen. In den Mund einer Putzfrau, die neben dem Schreibtisch des Redakteurs steht, wird vom Karikaturisten der Ausspruch platziert: « Freue Dich nicht zu früh! »

B.Schmid


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