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Updated: 18.12.2012 15:51
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Zur Selbstentlastung des Coca-Cola-Unternehmens

Der Coca-Cola-Konzern versendet zur Zeit an Veranstalter und Solidaritätsgruppen regelmäßig Briefe, um sich selbst von den Vorwürfen im Zusammenhang mit der Verfolgung von Gewerkschaftern in Kolumbien zu entlasten. Dazu wollen wir richtig stellen:

1. Coca Cola behauptet, dass ein Zivilgericht in den USA das Unternehmen von jeder Schuld freigesprochen habe. Dies entspricht nicht den Tatsachen. Das Gericht hat sich im Wesentlichen auf die Argumentation zurückgezogen, dass das vorgelegte Material für eine Verurteilung des Konzerns nicht ausreiche und der Fall von Florida aus nicht zu entscheiden sei.

Tatsächlich war allen Kampagnen-Aktivisten klar, dass ein Erfolg der Zivilrechtsklage in den USA unwahrscheinlich sein würde. Solche Klagen haben nur Aussicht auf Erfolg, wenn vor Ort konsequent ermittelt worden ist. Die kolumbianischen Ermittlungsbehörden und die dortige Justiz haben eine Untersuchung der Fälle bei Coca Cola jedoch von Anfang an unterdrückt. Besonders bezeichnend dafür ist die Tatsache, dass der zunächst zuständige kolumbianische Generalstaatsanwalt Jaime Bernal einige Zeit nach der Einstellung des Verfahrens als Anwalt das Coca-Cola-Unternehmen in einer Verleumdungsklage gegen die Gewerkschaft SINALTRAINAL vertrat. Wenn Zeugenaussagen und Beweisaufnahmen vor Ort systematisch be- oder sogar verhindert werden, wie dies in den Kolumbien der Fall war und mögliche Zeugen nicht in die USA reisen können - wie dies ebenfalls zu beobachten war - ist ein rechtlicher einwandfreier Schuldnachweis kaum zu erbringen.

WIR HALTEN FEST: Einen moralischen Freispruch für das Coca-Cola-Unternehmen bedeutet das Urteil nicht! Coca Cola weiß seit 1996/98/99 von den Vorfällen in den Abfüllanlagen von Carepa, Barrancabermeja, Cúcuta und Bucaramanga und hat nichts unternommen, um die Gewerkschafter in den betreffenden Werken zu schützen. Im Gegenteil: Coca Cola hat Verleumdungsklagen gegen SINALTRAINAL angestrengt und die Schwächung der Gewerkschaft genutzt, um eine Umstrukturierung des Unternehmens zuungunsten der Belegschaften durchzusetzen. Die belastenden Aussagen von Zeugen über die Verbindung von lokalem Management und Werkschutz des Coca-Cola-Konzerns mit Paramilitärs sind inhaltlich nicht widerlegt und bis heute nicht unabhängig überprüft worden!

2. Coca Cola vermeldet, diverse Universitäten in den USA hätten sich vom Boykott zurückgezogen. Richtig ist, dass sich Coca Cola durch geschickte Manöver wieder einmal Zeit verschafft hat. Der Konzern hatte mit US-amerikanischen Universitäten und dem Gemeinderat von Rom Untersuchungsdelegationen vereinbart, sich von diesen Verpflichtungen jedoch im Frühjahr 2006 einseitig zurückgezogen. Nachdem Coca Cola mit der internationalen Organisation für Arbeit ILO unabhängig davon eine Kommission vereinbart hatte, gelang es dem Konzern u.a. die Universitätsleitung in Michigan zur Einstellung des Boykotts zu bewegen.

WIR HALTEN FEST: Dieser Rückzug vom Boykott war - im Gegensatz zum Boykottbeschluss - nicht das Ergebnis einer demokratischen Entscheidungsfindung von unten, sondern wurde auf Druck des Konzerns unilateral von den Universitäts leitungen beschlossen. Keine einzige Gruppe, die die Kampagne gegen Coca Cola trägt, hat sich aus der Kampagne zurückgezogen, die inhaltlichen Vorwürfe wurden nicht entkräftet.

3. Coca Cola verweist stolz darauf, dass in der Jahreshälfte 2006 eine unabhängige Untersuchungskommission mit der ILO vereinbart worden ist, und hat dies zum Anlass genommen, um bereits eingegangene Verpflichtungen (Untersuchungsdelegationen aus den USA und Italien) wieder aufzukündigen.

WIR HALTEN FEST: Das Beispiel zeigt besonders deutlich, mit welch unaufrichtigen Methoden Coca Cola auf die Vorwürfe reagiert. Erstens soll die ILO-Delegation nur die aktuellen Arbeitsbedingungen in den kolumbianischen Abfüllanlagen, nicht aber die Mord- und Repressionsfälle seit 1996 untersuchen. Genau diese Aufklärung jedoch hatte Coca Cola mit US-amerikanischen und italienischen KritikerInnen vereinbart. Zweitens haben Manager der kolumbianischen Coca-Cola-Abfüllanlagen die Belegschaften in den letzten Monaten mehrfach gewarnt, dass negative Äußerungen während des Besuchs der ILO-Delegation die Sicherheit des Arbeitsplatzes gefährden könnten. Darüber hinaus hat das Management in verschiedenen Ländern gedroht, eine Unterstützung der Kampagne durch Gewerkschaften könnte einen Stellenanbau nach sich ziehen. Dies spricht nicht für ein Interesse an echter Aufklärung. Drittens hat das Coca-Cola-Unternehmen die neue Untersuchungskommission nicht mit seinen KritikerInnen vereinbart, sondern mit der Internationalen Union der Lebensmittelgewerkschaft (IUF) und der ILO. SINALTRAINAL gehört nicht zur IUF und wird von dieser auch nicht vertreten. In der ILO ihrerseits ist die Coca-Cola-Company mit einem eigenen Vertreter repräsentiert, SINALTRAINAL hingegen nicht.

Der Rückzug von bereits eingegangenen Verpflichtungen ist einseitig erfolgt. Die neue Untersuchungskommission ist nicht mit KritikerInnen vereinbart worden, sondern vom Unternehmen selbst vorgeschlagen worden, um eine möglicherweise unangenehme Untersuchung zu verhindern. Coca Cola entzieht sich systematisch einer gründlichen Aufklärung der Fälle in den kolumbianischen Abfüllanlagen und ist deshalb politisch, ethisch und faktisch für die Zustände dort mitverantwortlich.

Kolumbienkampagne Berlin, Anfang Dezember 2006

cc-kampagne@gmx.de


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