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Updated: 18.12.2012 15:51 |
» Gegen die Generäle braucht es Sanktionen « Interview von Marina Forti mit dem Führungsmitglied des Gewerkschaftsbundes von Burma (FTUB), Zaw Tu, mit einer Vorbemerkung und in Übersetzung vom Gewerkschaftsforum Hannover Im September beherrschten die Massenproteste in Burma bzw. Myanmar die Schlagzeilen. Mit der blutigen Niederschlagung der Proteste durch die Militärjunta ist das Thema aus den hiesigen Medien wieder weitgehend verschwunden. Die unabhängige linke italienische Tageszeitung „il manifesto“ fällt da wieder einmal positiv aus der Reihe. Sie brachte am 14.10.2007 das folgende Interview mit dem Führungsmitglied des illegalen burmesischen Gewerkschaftsbundes FTUB, Zaw Tu. Als er 1988 am Aufstand für die Demokratie teilnahm, die Studenten, Arbeiter und Bürger auf die Straße brachte, war Zaw Tun Student an der Universität von Rangoon. Die Repression war damals erdrückend: 3.000 Tote auf den Straßen, Verhaftungen, Folter. Zaw flüchtete ins Ausland, um sich zu retten und fand Arbeit auf Schiffen. Er wurde Gewerkschafter. Heute ist er Mitglied des Sekretariats der Föderation der Gewerkschaften Birmas (FTUB), das heißt einer der Kräfte, die die birmanische Position bilden. Der Gewerkschaftsbund arbeitet im Exil öffentlich und im Inland klandestin: „Die Gewerkschaften sind in Birma verboten und der FTUB wurde zur ‚terroristischen’ Organisation erklärt. Die Anschuldigung, jemand hätte Verbindungen zu uns, reicht aus, um jahrelang ohne Prozess im Knast zu landen.“ In diesen tagen, der sich als Gast des christdemokratischen Gewerkschaftsbundes CISL in Italien aufhält, an vielen Arbeiterversammlungen teilgenommen und sagt: „1988 hatten wir nicht die internationale Unterstützung (von den Regierungen aber auch von den Bürgern der ganzen Welt), die wir jetzt haben. Vielleicht weil heute, dank der elektronischen Medien, alle gesehen haben, was in Rangoon geschieht.“ Wurden Sie von den Protesten der letzten beiden Monate überrascht? „Ob ich sie erwartet habe? Ja, weil die Burmesen mittlerweile seit langem unter einem Repressionsregime leben und weil es einen konkreten Grund gab: Die Erhöhung der Konsumpreise infolge der gekürzten Subventionierung von Benzin und Dieselkraftstoff war verrückt. Der Protest begann bei den Arbeitern und Studenten. Dann haben sich die Mönche in die erste Reihe gestellt. Das sollte nicht verwundern, denn die Mönche sind Leute aus dem Volk. Sie leben von der morgendlichen Kollekte und kennen die Situation der Bevölkerung. Außerdem waren die Mönche in der burmesischen Geschichte seit dem 19.Jahrhundert immer an den wichtigsten politischen Ereignissen beteiligt.“ Ein Aufstand gegen die Armut. Und doch ist Burma ein potentiell reiches Land. „Burma ist kein armes Land. Vor dem Beginn der Militärherrschaft 1962 schien es, als sollte es, aufgrund seiner Humanressourcen und seiner natürlichen Reichtümer eines der am weitesten entwickelten Länder der Region werden. Stattdessen leben die Burmesen heute in Armut. Die Militärs haben die gesamte Wirtschaft zentralisiert, sind aber nicht imstande sie zu leiten. Die Junta betreibt wirtschaftlichen Raubbau. Sie beutet die natürlichen Ressourcen aus (Erdgas, Gewürze, Drogen, Edelsteine und Edelhölzer), aber in den Genuss des angehäuften Reichtums kommen nur die Generäle und der engste Freundeskreis. Sie kaufen in großem Stil Waffen, aber das Land lebt in Armut. Deshalb vertreten wir die Auffassung, dass Wirtschaftsanktionen das Leben der Burmesen, das seit mittlerweile 45 Jahren miserabel ist, nicht weiter verschlechtern könnten. Den Generälen würden sie dagegen den Saft abdrehen.“ In der kommenden Woche kehrt der UNO-Gesandte Ibrahim Gambari in die Region und vielleicht auch nach Burma zurück. Erwarten Sie sich etwas von seiner Mission? „Davon erwarten wir uns nicht viel. Es ist positiv, dass der Sicherheitsrat die Gewalt gegen die friedlichen Demonstranten ‚bedauert’, aber das reicht nicht. Was wir erwarten, ist eine neue, bindende Resolution, die Sanktionen gegen die Militärjunta verhängt. Sanktionen wären der einzige Weg, um die Militärjunta dazu zu bewegen, einen Dialog mit der Opposition zu beginnen. Ich bin mir allerdings nicht sicher, ob Gambari Russland und China davon überzeugen wird, dass dies keine ‚inneren Angelegenheiten’ Rangoons mehr sind.“ Inzwischen wurde der Protest erstickt… „Der Protest ist nicht beendet und auch die Gründe, die Arbeiter und Studenten auf die Straße brachten, sind nicht beseitigt. Sie werden wiederkommen. Warum ich optimistisch bleibe? Weil auch die scheinbar fest gefügteste Militärjunta früher oder später stürzt. Und ich glaube, das dies auch in Burma geschehen wird. Wissen Sie, dass fünf Generäle verhaftet wurden, weil sie die Befehle nicht in vollem Umfang ausgeführt haben? Das heißt nicht auf die Menge und auf die Mönche schießen ließen. Ich bin zuversichtlich, es wird Veränderungen geben.“ Kontakt: gewerkschaftsforum-H@web.de |