letzte Änderung am 20. Oktober 2003 | |
LabourNet Germany ARCHIV! Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany |
|
Home -> Internationales -> Bolivien -> Nach Sanchez | | Suchen |
Der Mann, der den Schiessbefehl gab, der im letzten Sommer gewählte Präsident Sanchez Losada (Im Volksmund wegen seines amerikanischen Akzents "Goni" genannt) ist weg: geflohen vor den unüberschaubaren Menschenmengen, die seinen Palast umzingelten. Mit Hubschraubern evakuiert - so die offizielle Benennung, und wohl bereits in den USA, um der juristischen Verantwortung zu entgehen. Dort, wo er bis zuletzt verfassungsmässiger Präsident genannt wurde - wie auch bei der Organisation amerikanischer Staaten. In Bolivien selbst hat das längst niemand mehr interessiert - ausser, dass er vor Gericht soll.
78 Todesopfer wurden bisher offiziell gezählt - der Gewerkschaftsbund COB gibt 140 ermordete Menschen an, mehr als die Hälfte davon in jener Stadt, die oft auch als "besserer Vorort" von La Paz gerechnet wird: El Alto. Dort, wo auch der Präfekt entmachtet wurde und durch Bezirksbeiräte ersetzt, die zusammen mit der örtlichen Gewerkschaftszentrale "die Macht" übernahmen.
El Alto - von manchen auch "Indianer-Vorstadt" genannt - war das Zentrum des Widerstands. Deswegen ist es auch kein Zufall, wenn dort die Diskussion um "was nun" am weitesten fortgeschritten ist. Dass die Indio-Frau mit der Gasflasche zum Symbol wurde (siehe oben) war weder Zufall noch Übertreibung, sondern spiegelte einen wesentlichen Teil dieser Bewegung wieder: dass die Stadtteile Zentrum des Widerstandes waren.
Der bisherige Vizepräsident Carlos Mesa steht natürlich für dieselbe Politik wie Sanchez Losada - nur die Tatsache, dass er sich frühzeitig vom Massenmord distanzierte, machte ihn - für wen? vorübergehend? - akzeptabel. Das macht aber auch deutlich, dass von Seiten der oppositionellen Kräfte dringend an politischen alternativen gearbeitet werden muss.
In einem Interview von Freitag den 17.Oktober 2003, sagte Felice Quispe "der Mallku" des (indianischen) Kleinbauern- und Landarbeiterverbandes CSUTCB (dem mit Familien beinahe zwei Drittel der Gesamtbevölkerung angehören, rund 6 Millionen Menschen): "Wenn Carlos de Meza Gonis Nachfolger wird, werden wir weiterkämpfen wie bisher - denn er gehört auch zu jenen, die uns massakriert haben." (Telefoninterview mit der alternativen Nachrichtenagentur "Altercom", verbreitet am 18.10 auf der Mailingliste der MAS).
Am 17.Oktober 2003 veröffentlichte der Zentralvorstand des Gewerkschaftsbundes COB eine Erklärung unter der Überschrift
"Über das Blut des Volkes kann nicht verhandelt werden" in der - in Absprache mit Nachbarschaftsräten in vielen Städten und mit der CSUTCB ein
politisches Notprogramm gefordert wird, das unter anderem folgende zentrale Forderungen enthält:
Roberto Cruz, der COB-Vorsitzende von El Alto sagte bei der Vorstellung dieses Notprogramms - die er zusammen mit dem COB-Vorsitzenden Jaime Solares vornahm: "Jede Regierung, die diesem Programm zuwiderhandelt, wird solange bekämpft, bis sie stürzt." (Nachzulesen auf der Seite von Econoticias Bolivia - wo es aber im Augenblick, wie auch im Telefonnetz, etwas arg chaotisch zugeht...)
LabourNet Germany | Top ^ |