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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Wohin treibt die CTA? 1,4 Millionen Mitglieder hat die CTA heutezutage. An den Gewerkschaftswahlen im September 2010 beteiligten sich gerade einmal knapp 270.000 von ihnen. Für einen Verband, der vor noch nicht langer Zeit angetreten war, gegen die vollbürokratische CGT eine basisorientierte Alternative darzustellen, eine politische Katastrophe. Erst recht, wenn dazu noch Streit um Wahlbetrug ausbricht. Unsere aktuelle Materialsammlung "CTA-wohin?" vom 18. November 2010. CTA - Wohin ? Gerechnet hatten die Wahlleiter mit einer Wahlbeteiligung um die 30%, also über 400.000 - dass es nur rund 270.000 wurden, war bereits das erste grosse Problem dieser Urwahl zum Gewerkschaftsvorsitz. Das zweite Problem, das in den Medien genüsslich zelebriert wurde und dem ewigen Vorsitzenden der CGTA Hugo Moyano Spielraum für spöttische Bemerkungen öffnete: Das zunächst die beiden grössten Listen - die Liste 1 und die Liste 10 - wechselweise den sieg für sich reklamierten und das eigens (aus befreundeten Arbeitsrechtlern zusammengesetzte) gebildete Wahltribunal die Neuzählung in verschiedenen Bezirken anordnen musste, wegen beidseitiger Fälschungsvorwürfe. (Das eigene Tribunal ist die Alternative zur Kontrolle durch das Arbeitsministerium, was die CTA als eine Föderation, die vor allem im öffentlichen Dienst stark vertreten ist, naheliegenderweise nicht wollte). Einen groben aber ausreichenden Überblick über die oftmals verschachtelten und in verschiedenen Provinzen wechselnden Allianzen bietet der Beitrag "Sin acuerdo: Yasky y Micheli, cada cual por su lado" am 09. August 2010 bei Prensa de Frente, der die fünf letztlich angetretenen Listen kurz skizziert. Die Ergebnisse wechselten dementsprechend, die ersten offiziellen im "Escrutinio provisorio de la Junta Electoral Nacional" vom 27. September 2010 sahen für die Liste 1 über 131.000 Stimmen, für die Liste 10 über 113.000 Stimmen ausgezählt, die Liste 3 hatte es auf 7.000 Stimmen gebracht, die Listen 4 und 5 jeweils auf knapp über 4.000, andere Listen hatte ihre Kandidatur zurückgezogen. In dem Diskussionsbeitrag "A donde va la CTA?" (gespiegelt am 17. November 2010 bei LaHaine) fasst Enrique Gandolfo, Bezirksvorsitzender der CTA in Bahia Blanca die Situation grob so zusammen: Das Hauptproblem dieser Wahl der CTA sei es gewesen, dass lediglich die allgemeinpolitische Auseinandersetzung in Argentinien widergespiegelt worden sei - heisst: Es ging nahezu ausschliesslich darum, wie sich die Gewerkschaft in der Auseinandersetzung "Kirchnerismus gegen rechte Opposition" positionieren soll, keine eigenen unabhängigen Positionen wurden vertreten oder gar debattiert. Die Gründungskreise der CTA, deren Zusammenarbeit bisher die Basis der Entwicklung der Föderation seien, wären nun aber eben einmal in dieser taktischen politischen Frage gespalten, deshalb der heftige Kampf der beiden Listen 1 und 10 gegeneinander - die Liste 1 die von Pablo Micheli, gestützt vom früheren Vorsitzenden Victor de Gennaro, und die Liste 10 des aktuellen (bis zur Wahl) Vorsitzenden Hugo Yasky, dem der Vorwurf gemacht wurde, zu regierungsnah zu sein. Schon im Vorfeld der Wahl hatte Eduardo Lucita, ein bekanntes Mitglied der Vereinigung linker Wirtschaftswissenschaftler am 08. August 2010 im Beitrag "Una disputa sin sujeto?" bei Prensa de Frente unterstrichen, dass es keinerlei politische Debatte gäbe, Auseinandersetzungen um Projekte, um Ziele, sondern lediglich einen allumfassenden Schmutzwahlkampf zweier Konkurrenzgruppen, die bei bisherigen Wahlen diese jeweils durch Vorwegabkommen ohnehin entwertet hätten. Diese Konfrontation aber sei im Rahmen der allgemeinen politischen Entwicklung entstanden: Beim Kampf der "Bauern" (eben sehr uneinheitlich, angeführt von Großplantagenbesitzern aus der Sojawirtschaft, aber befolgt von vielen Kleinbauern, die oft auch Beziehungen zur lokalen CTA hatten) gegen die Resolution 125 (Besteuerung von Agroexporten), eine Auseinandersetzung die über Monate hinweg Argentinien beschäftigte, und in der ein Teil der CTA mit der Opposition zusammenging, der andere - eben Yaskys Mannschaft - die Regierung unterstützte. Ebenfalls im Vorfeld der Gewerkschaftswahl bei der CTA wurde der Beitrag "La lista 3 se juega por el 82% y por la reapertura de paritarias" von Nestor Pitrola in der Prensa Obrera der trotzkistisch orientierten PO publiziert, bei dem es um die Mobilisierung für die Erhöhung des Mindestlohns und der Rente ging, die von den beiden Hauptströmungen der CTA unterlaufen werde und eben nicht nur von der Yasky-Strömung, sondern auch von den, von Pitrola so bezeichneten, de Gennaristen. Die PO ist eine Kerngruppe der Liste 3, die bei den CTA-Wahlen 7.000 Stimmen erhielt und damit drittstärkste Liste wurden, allerdings eben ohne größere Repräsentanz. Die anderen beiden Listen die zur Wahl antraten haben ebenfalls jeweils eine kleine linke Partei als Kern der Kandidatur, die PTS bei der Liste 4 und das MAS bei der Liste 5. In dem redaktionellen Beitrag "Argentina: elección y después. la Central de los Trabajadores Argentinos (CTA), acusaciones cruzadas" am 07. Oktober 2010 bei Prensa de Frente (hier gespiegelt bei kaosenlared) wird nicht nur auf die gegenseitigen Vorwürfe der beiden Führungsfraktionen eingegangen, sondern es werden auch verschiedene Wahlmanöver berichtet und kritisiert. Dabei geht es immer wieder um die Frage, welche Rolle die territorialen Organisationen in der CTA spielen. Das hat mit der CTA-Besonderheit zu tun, dass die Föderation eben auch offen ist für Anwohnervereingungen und Erwerbslosengruppen. Was von der Theorie her ohne Zweifel ein Fortschritt ist, gegenüber betrieblicher Beschränkung (und in der Regel weltweiter, achselzuckender Enthaltung, was etwa die Erwerbslosen oder auch Mietfragen betrifft) ist für viele oppositionelle Kritiker in der CTA zum Einfallstor für Politiker (speziell eben der regierenden, vielfach fraktionierten peronistischen PJ) innerhalb der Gewerkschaften geworden. In diesem Artikel wird das zugespitzt zu der Aussage, dass der knappe Wahlsieg der Micheli-Liste im wesentlichen durch den Beitrag der Anwohnervereinigung Tupac Amaru in Jujuy zustande gekommen sei. In dem Beitrag "La CTA, un traspié de primera magnitud para los Kirchner" vertritt Carlos Pagni am 27. September 2010 in La Nacion die Position, dass der absehbare Wahlsieg der Liste 1 es der Regierung Kirchner wesentlich schwerer machen werde "die Straße unter Kontrolle" zu halten. Der renommierte gutbürgerliche politische Analyst meint sogar, nun werde es möglich, dass zum ersten Mal nach langen Jahren der Begriff "Generalstreik" wieder in die gesellschaftliche Debatte zurückkehre... Vor allem aber sieht er in dem Wahlsieg Michelis in der CTA eine nun wesentliche stärkere Unterstützung für die Präsidentschaftskandidatur de Gennaros, auf dessen Weg als argentinischer Lula... Zusammengestellt von hrw |