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Updated: 17.12.2006 15:49 |
We want you! LeserInnen melden sich zu Wort, Teil II Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 9-10/06 Teil I erschien in der Ausgabe 08/2006 Für die marginalen Reste der KlassenlinkenLiebe KollegInnen, liebe GenossInnen, welchen Gebrauchswert hat express für mich? Eine einfache Frage, die ihr uns da in der Sommerpause mit auf den Weg gegeben hattet, und doch nicht ganz leicht zu beantworten. Auf den ersten Blick ist der Ge-brauchswert relativ gering: Ich gehöre nicht zu den express-AbonnentInnen, lese ihn nicht regelmäßig und schreibe höchst selten für die »Zeitung für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit«. Nur ab und an sind express-Artikel Gegenstand von Diskussion und Debatte in der ak-Redaktion oder in der Gruppe Blauer Montag. Das hat bei mir ganz persönlich weniger mit Desinteresse oder politischen Differenzen zu tun, sondern mit meinem ganz konkreten Leseverhalten. Es fällt mir in meinem politischen und beruflichen Alltag immer schwerer, die Flut von spannenden und wichtigen Informationen zu erfassen und zu verarbeiten. Ich habe mir ein Lesen nach Verwertungsgesichtspunkten angewöhnt: Konsum kurzer und knapper Häppchen, Artikel überfliegen, nach ihrer aktuellen und unmittelbaren Nützlichkeit sortieren (für einen eigenen Text, für eine aktuelle Diskussion, für aktuelle Öffentlichkeitsarbeit etc.). Für längere Texte, für Texte, die »eigentlich« gelesen werden sollten, für Bücher bleibt kaum Raum. In der Konsequenz kosten Zeitungen wie express und auch ak ganz banal zuviel Zeit. Ich kenne einige Leute, die ihr ak-Abo nur deswegen gekündigt haben, weil sie einfach nicht dazu kommen, die Zeitung wirklich zu lesen. Und für den Papierkorb ist das Abo letztlich doch zu teuer. Hinter manchen ak-Abos stecken WG- oder Projekt-Abos, also eine Zeitung für mehrere Leute, und auch ich profitiere von dem Austausch-Abo, das express und ak vereinbart haben. Ich denke, express steckt damit in einem ähnlichen Dilemma wie ak auch. Als linke Monatszeitung ist unsere Domäne der (längere) Hintergrund-, Analyse- oder Debattenartikel, der dann freilich auch mehr Lesemühe macht. Für die kurze Tagesaktualität können unsere Projekte gegen Tageszeitungen oder das Internet nicht konkurrieren. Selbst bei der ak-Rubrik »Haarrisse im Putz. Nachrichten aus der Welt der bezahlten und nicht bezahlten Arbeit« greifen wir vor allem auf’s Internet und auf den Newsletter des labournets zurück. Und dennoch ist express wichtig. Weil es eine der wenigen Zeitungen ist, die erstens explizit Arbeit und Betrieb als zentralen Gegenstand der gesellschaftlichen und politischen Auseinandersetzung begreift, und die das zweitens von einem undogmatischen, gegenüber dem Arbeiterbewegungsmarxismus dissidenten Standpunkt ausmacht. Für die marginalen Reste einer Klassenlinken in der Bundesrepublik ist express damit ein wichtiger Bezugspunkt, und ich habe den Eindruck, dass er auch als solcher und nicht mehr als SB-Organ wahrgenommen wird. Zumindest scheint mir das AutorInnenspektrum deutlich breiter geworden zu sein. Der express scheint mir neben dem labournet das Medium zu sein, das »man kennen muss«, wenn man sich im Terrain linker Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit bewegt. Ich schreibe das nicht ohne eine Spur Neid, denn einen Teil dieser Rolle hätte ich auch gerne bei ak verortet. Und nicht zuletzt ist express wichtig wegen der konkreten Menschen, die die Zeitung machen, und ihrer »Networking-Aktivitäten«. Die express-MacherInnen gehören zu dem Milieu, zu den Szenen, in denen ich mich bewege, die mir wichtig sind, auf die ich mich in meiner politischen Arbeit beziehe. Und das gilt nun definitiv nicht nur für meine Person, sondern für die Genossinnen und Genossen bei ak oder der Gruppe Blauer Montag ebenso. Ein zentraler Gebrauchswert des express liegt also darin, dass ganz konkrete Personen die Themen und Diskussionen der Zeitung auf Veranstaltungen, auf Kongressen, auf Vernetzungs- und Kampagnentreffen einbringen und vertreten. Und da kann ich als ak-Redakteur und Teil des Blauen Montags ganz klar sagen: gut, dass es express gibt. Dirk Hauer Dirk Hauer ist Mitglied des Blauen Montag und Mitarbeiter des ak Von Redaktion zu Redaktion Vielen wird bekannt sein, dass der express mit seiner Internetpräsenz – die übrigens, wie uns gerade aufgefallen ist, weder beworben wird, noch im Impressum erscheint – beim LabourNet Germany (www.labournet.de/express) beheimatet ist. Schon erheblich weniger LeserInnen werden wissen, dass die Redaktion des LabourNet Germany diesen Internetauftritt ihres »Untermieters« pflegt und betreut, was übrigens gerade heute wieder erfolgt ist. Dies ist wohl die sichtbarste Folge der personellen Quer-Mitgliedschaften in den erweiterten Redaktionskreisen. Beides, sowohl die gemeinsame Heimat im Internet als auch die enge Zusammenarbeit, hat gute Gründe: Denn wir haben die gleiche Zielgruppe (von Internetmuffeln abgesehen) und dabei weitgehend das gleiche – ausgehend vom social movement unionism weit gefasste – gewerkschaftspolitische Themenspektrum. Daher fällt es nie schwer, aus dem jeweils neuesten express einige Beiträge auszuwählen, die einerseits für den express werben sollen und andererseits das Angebot des LabourNet Germany hervorragend ergänzen. Dies mag diejenigen verwundern, die annehmen, dass wir – als »Internet-Fachidioten« – zwangsläufig ein inhaltlich derart verwandtes und zudem noch veraltetes Printmedium für überflüssig halten würden. Und in der Tat hat das LabourNet einige Vorteile:
Diesen Vorteilen zum Trotz und gerade als »Tageszeitung« beneiden wir unsere KollegInnen vom express durchaus. Die Gestaltung eines monatlich erscheinenden Blattes ist – gerade aus unserer Sicht – in einigen Punkten von Vorteil:
Ausgehend von diesen Vor- und Nachteilen wird wohl offensichtlich, dass die beiden gewerkschaftslinken Medien sich nicht gegenseitig ausschließen, sondern hervorragend ergänzen – zumal auch wir den Vorteil des Papiers in der Hand, gerade als Internetarbeiter, durchaus zu schätzen wissen... Von dieser Gemeinsamkeit ausgehend bleibt uns nur:
Wenn das Kapital den ganzen Menschen okkupiert, ist es zwingend notwendig, sich um das ganze Leben zu kümmern. Doch so schwer es beiden Redaktionen fällt, das – ausgehend vom social movement unionism weit gefasste – gewerkschaftspolitische Themenspektrum nicht ins Allgemeinpolitische auszuweiten: Weder express noch das LabourNet Germany wollten je die Tageszeitung und/oder andere Fachblätter ersetzen, und bei diesem starken Profil sollten wir bleiben, allen Begehrlichkeiten zum Trotz! Mag Wompel und Ralf Pandorf für die Redaktion des LabourNet Germany; www.labournet.de Das Rätsel der Multitude weiter anpacken Der express sollte zweifellos seine Schwer- und Ausgangspunkte dort halten oder auszubauen versuchen, wo er offensichtlich verankert ist: in der Betriebs- und Gewerkschaftslinken, in den hoffentlich wieder stärker werdenden Konflikten und Auseinandersetzungen in der zunehmend prekarisierten Lohnarbeit. Doch die Brückenschläge, die kontinuierlich in Richtung Erwerbslosenbewegung hergestellt, oder auch die Querverbindungen, die in letzter Zeit vermehrt zu migrationsbezogenen Initiativen gesucht werden, sind unverzichtbar und sollten gleichermaßen weiterentwickelt werden, um das »Rätsel der Multitude« anzupacken: die Probleme und Widersprüche der Auffächerung und Aufspaltung in tausende sozialer Realitäten, eben nicht nur von oben, sondern auch von unten! Allzu oft geht es in Protesten und Kämpfen um reine Partikularinteressenvertretung, nicht selten sogar um gegenseitiges Ausspielen (lassen), erst recht im globalisierten Kontext. Die express-Artikel greifen diese Komplexitäten oft wohltuend auf und die Reduzierungen an, ohne sich da-mit in besserwisserisch-abstrakter Kritik zu verlieren. Insofern ist mir der express neben analyse und kritik zur wichtigsten Monatszeitung geworden, und ich hoffe sehr, dass Ihr mit ähnlichem Konzept weiterwerkelt ... Hagen Kopp kein mensch ist illegal/Hanau, Workers Center Initiative Rhein-Main |