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Updated: 18.12.2012 15:51 |
"Netzneutralität" - wichtigste Frage der zukünftigen Kommunikationsordnung wird Ende November im Bundesrat entschieden Am Dienstag 15. November 2011 wurde in der SZ (Medien) ausführlich über eine Tagung unabhängiger Experten in Köln berichtet, die sich einmütig für die Netz-Neutralität aussprachen , da der Bundestag Ende November über die Netzneutralität entscheiden wird. Politisch gestützt wird dieses Anliegen - das war auf dieser rechtspolitischen Tagung mehrfach zu spüren - vor allem von der "Piraten-Partei" (siehe z.B. www.piratenpartei.de/node/1476/57429 ) Der Begriff Netzneutralität steht so vielleicht für die wichtigste Frage der zukünftigen Kommunikationsordnung - vor der die Medien-Enquete des Bundestages einfach durch Blockade der Regierungsmehrheit "kniff". Es geht darum, sollen Datenpakete wie bisher "wertneutral", also in der Reihenfolge ihres Eingangs transportiert werden ("Best-Effort-Prinzip")? Oder nach einem abgestuften System von Diensteklassen, indem etwa eine mautpflichtige Premiumklasse eine Vorzugsbehandlung bei Datenstaus verspricht ("Netzwerkmanagement") Für das letztere System kämpfen die Unternehmen wie z.B. Telekom und Vodafone, weil sie behaupten nur so ließen sich die durch Videodateien verursachten Datenstaus bewältigen und der weitere Ausbau der Infrastruktur finanzieren. Gegen ein solches Zwei-Klassen-Internet kämpfen in Deutschland die Verbraucherschützer sowie sämtliche Oppositionsparteien im Bundestag - die Piratenpartei sowieso. Und nicht zuletzt auch eine Initiative http://pro-netzneutralitaet.de/ Einen recht guten Überblick über die Entwicklung findet man bei www.golem.de/specials/netzneutralitaet sowie bei Heise www.heise.de/thema/Netzneutralit%C3%A4t und der Spiegel liefert dazu auch einen Überblick www.spiegel.de/thema/netzneutralitaet/ Die wichtigste politische Entscheidung aus der letzten Zeit fällte der US-Senat für die Netz-Neutralität - gegen die Aufforderung der Republikaner die Netzneutralität zu beseitigen. (Siehe in den obigen Links) Daraufhin machte sich auch US-Präsident Obama stark für die Netzneutralität ( www.zeit.de/digital/internet/2011-11/obama-internet-neutralitaet ). Wie - politisch - unkalkulierbar zur Zeit die Entwicklung ist, hatte sich Ende Oktober auch bei der Verabschiedung des Telekommunikationsgesetzes (TKG)(siehe auch noch einmal oben die Presse-Erklärung der Piraten-Partei) gezeigt. Über Nacht hatten die Koalitionsfraktionen über den Kabinetts-Entwurf hinaus eine - zunächst begrüßenswerte - Regelung zur Netzneutralität aufgenommen. in einem Paragrafen 41 a wird von den Netzbetreibern "eine diskriminierungsfreie Datenübermittlung" und ein "diskriminierungsfreier Zugang zu Inhalten und Anwendungen" gefordert, "eine willkürliche Verschlechterung von Diensten und eine ungerechtfertigte Behinderung oder Verlangsamung des Datenverkehrs" müsse verhindert werden. Dieser Paragrafen-Zugang wird wieder recht unterschiedlich bewertet. Ähnlich wie eine vergleichbare Entscheidung der US-Regulierungsbehörde geht die Formel den Aktivisten nicht weit genug - und den Telekommunikationsunternehmen zu weit. Die Telekommunikationsunternehmen seinen von dieser Regelung völlig überrascht worden, so wurde auf dieser Kölner Tagung der Experten berichtet. Immerhin hatte sich Union und FDP im Koalitionsvertrag darauf festgelegt, die Netzneutralität gesetzlich nicht zu regeln - und die Medien-Enquete des Bundestages in dieser Frage schon erfolgreich blockiert. In Holland dagegen ist die Netzneutralität gesetzlich geregelt worden - was wiederum SPD, Grüne, Linkspartei und Piratenpartei für unabdingbar halten. In dieser Situation hat die Koalition erst einmal einen Kompromiss gefunden: Per Rechtsverordnung soll die Bundesregierung mit Zustimmung des Bundestages bei Gefahren für die Netzneutralität einschreiten "können". Derzeit befasst sich der Bundesrat mit der Novelle, über die Ende November abgestimmt wird. Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 16.11.2011 |