letzte Änderung am 31. Juli 2002

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Presseerklärung des FoeBuD e.V. zur Erweiterung des Polizeigesetzes in NRW

Bürger wollen keine Überwachung sondern Sicherheit!

Mit Datum 17.7.2002 veröffentlicht das Innenministerium NRW eine Presseerklärung, dass in NRW zukünftig in "Kriminalitätsbrennpunkten mit gezielter polizeilicher Videoüberwachung auch gegen Diebstahl, Körperverletzung und Sachbeschädigung" vorgegangen werden soll.

Dabei verweist das Innenministerium auf die "erfolgreichen Zahlen des Bielefelder Modellprojekts". Tatsächlich gibt es solche "erfolgreichen Zahlen" nicht: Lange vor der Installation der Überwachungsanlagen im Ravensberger Park, verschwand der Eindruck eines "Krimiminalitätsbrennpunkts" durch andere Maßnahmen: Das Gelände wurde aufgeräumt, Sträucher zurück geschnitten, eine Ruine entfernt resp. renoviert, neue Beleuchtung installiert.

Im Bericht des Polizeipräsidiums an das Innenministerium NRW wurden Informationen unterschlagen und geschönt:

Gelogen ist: Es gab keine positive Prüfung durch die Landesdatenschutzbeauftragte: Vielmehr hat sich die Landesdatenschutzbeauftragte vehement gegen die Videoüberwachung ausgesprochen.

Gelogen ist, dass "das öffentliche Interesse insgesamt eher unauffällig" war: Richtig ist, dass die Medien in Bielefeld das Thema nicht in der angemessenen Art und Weise aufgegriffen hatten. Kritische Leserbriefe wurden nicht veröffentlicht.

Richtig ist: Tatsächlich haben vielfach Protestaktionen von Bürgerinnen und Bürgern mit unterschiedlichen Aktionsformen stattgefunden: Mindestens zwei Demonstrationen, ein Infostand in der Bielefelder Innenstadt, eine Kunstaktion im Ravensberger Park; bei der Pressekonferenz zur Installation der Videoüberwachung waren protestierende Bürgerinnen und Bürger mit Transparenten anwesend und es fand ein bundesweites Seminar für Lokalpolitikerinnen und -Politiker zum Thema Videoüberwachung (mit Besichtigung des Monitorraums im PolizeigebÄude) des FoeBuD e.V. in Bielefeld statt.

Richtig ist: Ein Bürger hat gegen das Modellprojekt Klage eingereicht.

Dies wurde größtenteils im Bericht unterschlagen, um in Düsseldorf zu suggerieren, dass es der Öffentlichkeit sowieso egal sei.

Richtig ist: Von positiven Erfahrungen kann keine Rede sein, denn die Zahlen sprechen eine andere Sprache: Von etwa 23.000 Straftaten wurden nur 0,2 Prozent im Ravensberger Park verübt. Im gesamten Jahr 2000 waren es nur 6 Delikte.

Richtig ist: Eine Evaluation des sogenannten Modellprojektes Videoüberwachung kann es wegen fehlender Zahlen nicht geben. Das bestätigte auch der beauftragte Gutachter, Prof. Dr. Klaus Boers von Institut für Kriminologie der Universität Münster.

Die Argumente gegen Videoüberwachung haben wir vielfach in die Diskussion getragen und sie sind unwiderlegt:

Video- und Kameraüberwachung ist unsinnig:

Videoüberwachung hilft konkret keinem Opfer. Wer in eine unangenehme Situation kommt, wer überfallen wird, braucht sofortige Hilfe durch andere Menschen, die einschreiten. Eine Aufzeichnung des Vorfalls kann bestenfalls nachträglich für die Ermittlungen der Polizei verwertet werden.

Videoüberwachung ist sinnlos zur Senkung der Kriminalität: Es wird eine Verdrängung der Szene in andere Stadtteile (Einkaufsstraßen, Wohngebiete) geben. Konsequent zu Ende gedacht führt das langfristig zu einer flächendeckenden Videoüberwachung.

Videoüberwachung verletzt die Rechtsstaatlichkeit (die Unschuldsvermutung wird außer Kraft gesetzt, wenn alle dauernd beobachtet werden und damit als potentielle Straftäter/innen behandelt werden) und die Würde des Menschen. Das Bundesverfassungsgericht hat in seinem bekannten Volkszählungsurteil festgestellt, dass Menschen, die damit rechnen müssen, dass all ihre Handlungen registriert und gespeichert werden, alles tun werden, um nicht aufzufallen. Sie werden also z.B. vermeiden, zu einer öffentlichen Versammlung oder zu einer Bürgerinitiative zu gehen, also ihre Grundrechte nicht mehr wahrnehmen. Damit schadet eine solche Überwachung nicht nur der individuellen Entfaltung einzelner Menschen, sondern auch dem Gemeinwohl.

Wem nÜtzt die Videoüberwachung eigentlich?

Sie nützt populistischen Politikern, die demonstrieren wollen, dass sie etwas tun, Herstellerfirmen Kameras verkaufen und installieren.

Am interessantesten ist Videoüberwachung ausschließlich für Firmen interessant, die die Wartung übernehmen und vor allem die, die die Standleitungen anbieten. Vor einigen Jahren noch zahlte die Polizei in Köln monatlich 8.000 DM (4.000 Euro) für jede Leitung zu einer NotrufsÄule. Bisher wurde stets darüber geschwiegen, was jede Leitung von einer Kamera zur Überwachungszentrale kostet.

Wir haben es hier mit den Auswüchsen der Lobbyarbeit des ZVEI (Zentralverband der Elektrotechnik- und Elektroindustrie) zu tun.

Selbst wenn wir es als einen wünschenswerten Aspekt ansehen sollten, dass viel Steuergeld in den Taschen einiger weniger Leitungsklüngelbarone wandert, ist die Gefahr für unsere Demokratie, die durch Überwachungssysteme in öffentlicher und privater Hand gegeben sind, nicht hinzunehmen.

Fazit:

Wir stellen fest:

Das Pilotprojekt Videoüberwachung war keineswegs erfolgreich.

Der Bericht des Innenausschusses ist nicht wahrheitsgemäß beziehungsweise lässt vorsätzlich entscheidende Fakten aus, die gegen Videoüberwachung sprechen.

Aufgrund eines solchen wissentlich falschen Berichtes eine schwerwiegende Gesetzesänderung zu veranlassen ist unverantwortlich.

Wir fragen uns insbesondere, ob die beiden grünen Minister im Kabinett völlig ahnungslos sind, tief und fest geschlafen haben oder ob ihnen Bürgerrechte mittlerweile so egal sind, dass sie diese der F.D.P. überlassen wollen...

Für den FoeBuD e.V.

Rena Tangens, padeluun, Tom Budewig

FoeBuD e.V.
Marktstrasse 18
33602 Bielefeld

eMail: foebud@bionic.zerberus.de

Tel: 0521-175254
Fax: 0521-61172

www.foebud.org

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