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Über die Unternehmenspolitik des Handelsgiganten Wal-Mart, der mit rund 1,1 Mio. Beschäftigten und 165 Mrd. US$ Umsatz weltweit das mit Abstand größte Unternehmen dieser Branche darstellt, hatte Heiner Köhnen bereits in express 6-7 und 8/2000 ausführlich berichtet [siehe Branchen: Dienstleistungen / Einzelhandel]. Als ein wesentliches Element der Erfolgsstrategie von Wal-Mart hatte er das Konzept der "vergemeinschaftenden Personalpolitik" gekennzeichnet. Dass dieses Label aus der Unternehmenskultur-Debatte mehr bedeutet als "Motivation durch Dekoration", sondern die gezielte Vermeidung und Unterbindung bis hin zur Unterdrückung von Ansätzen zur Bildung einer firmenunabhängigen Interessenvertretung der Belegschaften beinhaltet, wird bei Lektüre eines von Wal-Mart eigens zu diesem Zweck entwickelten "Handbuchs für das Management" deutlich, das uns in deutscher Übersetzung vorliegt und aus dem wir im Folgenden Auszüge dokumentieren. Auch wenn Wal-Mart sich in der BRD bislang noch an die hier zumindest de jure geltenden Spielregeln hält, dürfte es sich bei der Lektüre um eine "symptomatische" handeln. In einer der nächsten Ausgaben werden wir unsere Berichterstattung zu den Machenschaften von Wal-Mart vor allem in den Ländern der so genannten "3. Welt" und der sich trotz "heiler Familie" bildenden ersten Schritte zur Entwicklung einer länderübergreifenden Verständigung und gemeinsamen Strategie der Beschäftigten fortsetzen.
Sie sind als Mitglied des Managementteams von Wal-Mart unsere erste Verteidigungslinie gegen eine gewerkschaftliche Organisierung. Es ist wichtig, dass Sie ...
Dieses Managementhandbuch ist für Sie von Ihrem Labor Relations Team [2] zusammengestellt worden. Nehmen Sie sich Zeit, um sich mit den Inhalten dieses Handbuchs bekannt zu machen. Es wird Ihnen wertvolle Informationen darüber liefern, wie sie gewerkschaftsfrei bleiben können, wenn Gewerkschaftsorganizer [3] sich Ihren Betrieb als nächstes Ziel aussuchen. (...)
Walmart ist strikt gegen eine Vertretung durch Dritte. Wir sind nicht gegen Gewerkschaften; wir sind für unsere Mitarbeiter/innen. Wir wollen eine Arbeitsplatzumgebung mit offener Kommunikation zwischen allen Mitarbeitern/innen, sowohl Lohnempfängern/innen als auch Führungskräften, beibehalten. Bei Wal-Mart respektieren wir die individuellen Rechte unserer Mitarbeiter/innen und ermutigen jede/n, ihre/seine Gedanken, Vorschläge, Kommentare und Anliegen zu äußern. Weil wir daran glauben, dass wir eine Arbeitsplatzumgebung mit offener Kommunikation durch unsere Politik der "offenen Tür" aufrecht erhalten können, glauben wir nicht, dass die Vertretung durch Dritte notwendig ist. Es ist unser Standpunkt, dass jede/r Mitarbeiter/in für sich selbst sprechen kann, ohne sein/ihr hart verdientes Geld an eine Gewerkschaft zahlen zu müssen, um Gehör und Hilfe bei der Lösung von Problemen zu finden.
Wal-Marts Politik der "offenen Tür" ist unsere größte Schranke gegenüber den Versuchen der Gewerkschaften, auf unsere Firmenkultur und unseren gewerkschaftsfreien Status Einfluss zu nehmen.
Als Mitglied des Führungskräfteteams von Wal-Mart sind Sie dafür verantwortlich zu gewährleisten, dass "... jede/r Mitarbeiter/in jederzeit, auf jeder Ebene, an jedem Ort mündlich oder schriftlich mit einer Führungskraft bis hin zum Vorstand kommunizieren kann, vertraulich, ohne Angst vor Nachteilen ...". Wenn ein/e Mitarbeiter/in von der Politik der "offenen Tür" Gebrauch macht, haben die Führungskräfte die Aufgabe zuzuhören und zu antworten. Wenn wir uns nicht um die Bedürfnisse und Anliegen unserer Mitarbeiter/innen kümmern, werden diese jemand anderen finden, der dies tut. Und dieser Jemand kann eben ein Gewerkschaftsvertreter sein!
Es ist wichtig, dass unsere Führungskräfte immer ein Interesse an den Bedürfnissen und für die Anliegen unserer Mitarbeiter/innen haben. Nehmen Sie sich Zeit für positive Beziehungen zwischen Führungskräften und Mitarbeitern/innen, indem Sie Gebrauch machen von der Politik der "offenen Tür". Offene Kommunikation ist der Schlüssel, um den Versuch einer Gewerkschaft, den Betrieb zu organisieren, zu stoppen, bevor er überhaupt in Gang kommt. (...)
Gewerkschaften sind kein Verein, keine religiöse oder soziale Organisation. Sie sind "big business", ein großes Unternehmen, das Geld machen muss. Gewerkschaften stellen keine Produkte her oder verkaufen etwas. Doch wie alle anderen Firmen müssen auch sie ihre Kosten decken, um ihre Geschäfte fortführen zu können.
Und woher bekommen sie ihr Geld? Aus den Taschen Ihrer Mitglieder! Die Einnahmen einer Gewerkschaft fließen in Form von Mitglieds-Beiträgen, Gebühren, Bußgeldern und sonstigen Beiträgen.
Aufgrund des Rückgangs der Mitgliederzahlen der Gewerkschaften in den letzten Jahren sind neue Mitglieder für Gewerkschaften entscheidender denn je, wollen sie überleben. Wal-Mart ist ein attraktives Ziel für Gewerkschaften wegen der großen Anzahl der Mitarbeiter/innen, die wir beschäftigen.
Es ist wichtig, dass Mitarbeiter/innen die Tatsachen über Gewerkschaften kennen. Organizer können ihnen mehr Geld, bessere Zusatzleistungen, alles mögliche versprechen, um sie dazu zu bringen, Vollmachtserklärungen [4] zu unterzeichnen. Es ist unbedingt notwendig, dass unsere Mitarbeiter/innen wissen, was Gewerkschaften für sie tun können und was nicht.
Gewerkschaften können nicht
Gewerkschaften können
Eine Gewerkschaft wird versuchen, Ihren Betrieb auf einem der folgenden drei
Wege zu organisieren:
1. Ein Gewerkschaftsorganizer tritt an Ihre Mitarbeiter/innen heran.
2. unzufriedene Mitarbeiter/innen machen einen Gewerkschaftsorganizer ausfindig.
3. ein Gewerkschaftsorganizer sucht Arbeit im Betrieb und versucht, diesen von
innen her zu organisieren; dies ist auch als "salting" [5],
bekannt.
Egal welche dieser drei Organisierungsmethoden benutzt wird, ist es das vorrangige Ziel des Organizers, die Unterschrift der Mitarbeiter/innen unter die Vollmachten zu bekommen.
Das Gesetz verlangt von einer Gewerkschaft, dass mindestens 30 Prozent aller Mitarbeiter/innen eines Betriebs solche Vollmachtserklärungen unterzeichnet haben, bevor sie beim "National Labor Relations Board" (NLRB) um eine Wahl ersuchen kann.
Wenn eine Gewerkschaft Unterschriften von mehr als 50 Prozent der Mitarbeiter/innen hat, so kann sie versuchen, eine Wahl zu umgehen, indem sie das NLRB bittet, aufgrund dieser Mehrheit als Vertretung der Mitarbeiter/innen in Verhandlungen anerkannt zu werden.
Falls Sie solche Vollmachten in Ihrem Betrieb finden oder hören, dass Mitarbeiter/innen Gewerkschaftsversammlungen besuchen und dort solche Karten unterzeichnen, ist es unbedingt erforderlich, dass Sie sofort unsere Gewerkschaftshotline unter 501-273-8300 kontaktieren. Wal-Mart muss auf diese Art von Gewerkschaftsaktivität sofort reagieren und das Unterzeichnen der Karten stoppen, bevor die erforderlichen 30 Prozent an Unterschriften erreicht worden sind.
Gewerkschaftsvertreter/innen benutzen verschiedene Taktiken, um Mitarbeiter/innen dazu zu bringen, Vollmachtserklärungen zu unterzeichnen. Den Mitarbeitern/innen wird gesagt, ihre Unterschrift unter diese Karte sei nur dazu da,
Das ist nicht wahr!
Wenn Mitarbeiter/innen eine solche Karte unterschreiben, unterschreiben sie tatsächlich ein Rechtsdokument, das die Gewerkschaft ermächtigt, sie kollektiv bei Verhandlungen in allen Angelegenheiten, die ihre Beschäftigungsbedingungen betreffen, zu vertreten.
Sehen wir uns einmal eine typische Vollmachtserklärung an:
"Hiermit ermächtige ich die UFCW, Local 7, (...) mich gegenüber meinem Arbeitgeber bezüglich Löhnen, Arbeitszeiten und anderen Beschäftigungsbedingungen kollektiv zu vertreten."
Beachten Sie, dass die Karte nichts über Wahlen oder über zusätzliche Informationen über die Gewerkschaft sagt. Weisen Sie Ihre Mitarbeiter/innen darauf hin. (...)
Frage: Was ist die Position von Wal-Mart zu Gewerkschaften?
Antwort: Wir bei Wal-Mart glauben nicht, dass wir eine Vertretung durch
Dritte benötigen. Wir schätzen die offene Kommunikation, die zwischen
dem Management und unseren Mitarbeitern/innen besteht. Sie können jederzeit
zu mir kommen und mit mir über Ihre Arbeit oder andere Anliegen sprechen.
Frage: Was ist ein Gewerkschaftorganizer?
Antwort: Die meisten Gewerkschaften haben einen Stab von Vertretern/innen,
die "Organizer" genannt werden. Diese Personen werden von der Gewerkschaft
bezahlt, um eine Firma zu organisieren.
Frage: Bin ich verpflichtet, mit einem Gewerkschaftsorganizer zu sprechen?
Antwort: Nein. Mitarbeiter/innen sind nicht dazu verpflichtet, mit einem
Gewerkschaftsorganizer zu sprechen.
Frage: Sind Gewerkschaftsorganizer die einzigen Leute, die versuchen werden,
mich dazu zu bringen, eine Vollmachtserklärung für die Gewerkschaft
zu unterzeichnen?
Antwort: Nein, der Gewerkschaftsorganizer wird unter den Mitarbeitern/innen
eines Betriebs jene, die die Gewerkschaft befürworten, benutzen, um dies
zu versuchen und Ihre Unterschrift unter eine solche Erklärung zu bekommen.
Frage: Der Gewerkschaftsorganizer hat mir eine Erhöhung des Lohns und
der Zusatzleistungen "versprochen". Kann ein Organizer mir garantieren,
dass das eintrifft?
Antwort: Nein. Gewerkschaftsorganizer können und werden Mitarbeitern/innen
Versprechungen machen, um ihre Unterschrift unter die Vollmachten zu erhalten.
Wenn ein Organizer eine besondere Leistung verspricht, verlangen Sie hierfür
eine schriftliche Bestätigung. Sie sollten wissen, dass der Organizer das
Versprechen nicht schriftlich geben wird.
Frage: Warum sollten mir Organizer von all dem erzählen, was sie für
mich tun können, wenn sie es in Wirklichkeit nicht können?
Antwort: Organizer werden Ihnen alles erzählen, was sie müssen,
wenn es hilft, Ihre Unterschrift unter eine Vollmachtserklärung zu bekommen.
Wenn Ihnen ein Gewerkschaftsvertreter Versprechungen macht, ist das beste, was
Sie tun können, sich diese schriftlich bestätigen zu lassen.
Frage: Kann mir eine Gewerkschaft Arbeitsplatzsicherheit garantieren und
Wal-Mart verbieten, Mitarbeitern/innen zu kündigen oder diese zu beurteilen,
wenn sie gegen Firmenregeln verstoßen?
Antwort: Nein. Gewerkschaften behaupten vielleicht, sie könnten "Arbeitsplatzsicherheit"
schaffen, aber in Wirklichkeit können sie dies nicht. Alle Mitarbeiter/innen
unterliegen Leistungsbeurteilungen bis hin zu und einschließlich der Möglichkeit
einer Kündigung, wenn sie den Erwartungen unserer Firma nicht entsprechen.
Frage: Kann eine Gewerkschaft ein Mitglied des Managements entfernen lassen,
weil sie oder Mitarbeiter/innen der Auffassung sind, dass diese Führungskraft
unfair ist?
Antwort: Nein. Nur die Firma hat das Recht darüber zu entscheiden, wer ihre Führungskräfte sein werden. (...)
1) Wal-Mart bezeichnet die Beschäftigten des Unternehmens als "associates". Der Begriff "associates" meint dabei sowohl Mitarbeiter/in als auch Kollege/in, Partner/in. Durch die Verwendung dieses Begriffs soll vor allem die Einbindung der Beschäftigten in die Wal-Mart-Familie betont werden, Interessengegensätze werden verneint; Anm. d. Red.
2) Abteilung für Arbeitsbeziehungen, angesiedelt bei der Rechtsabteilung; Anm. d. Red.
3) Ein Organizer ist in den USA ein hauptamtlich angestellter Gewerkschafter, dessen hauptsächliche Aufgabe die Organisierung von Betrieben ist. Dies ist nur sehr bedingt mit der eines Gewerkschaftssekretärs bei uns vergleichbar; Anm. d. Red.
4) Im Original: Union authorization cards, wörtlich: Gewerkschaftsautorisierungskarte. Hier wird der Einfachheit halber der Begriff Vollmachtserklärungen verwendet. Damit erklären die Beschäftigten einer Firma, sich von der entsprechenden Gewerkschaft vertreten zu lassen.
5) In etwa: "Unterwanderung"; Anm. d. Red.
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