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Updated: 18.12.2012 15:51
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Wenn zwei bekannte Unbekannte in einem Gleichungssystem aufgelöst werden - Die FAU Ortsgruppe München bemüht ihre Mathematikabteilung

Zunächst einmal einen Dank an Andreas Müller, der den alten Herrn Westrick wieder belebt hat und mit ihm zeigen kann, wie sich das Verhandlungsergebnis der IG Metall (einschließlich der Einmalzahlungen) als effektive Tariferhöhung während der 19monatigen Laufzeit darstellt: Es sind durchschnittlich 4,75 Prozent (die Abweichung zu A. Müllers Berechnungen - 4,72 Prozent - liegt an der zweiten Einmalzahlung, die der Tarifvertrag mit 3,98 Prozent festlegt). Ohne Einmalzahlungen ergäbe sich eine effektive durchschnittliche Tariferhöhung für die Laufzeit des Tarifvertrages von 4,12 Prozent. Wichtig ist dabei aber der Hinweis, dass die nächste Tarifrunde auf um 5,8 Prozent erhöhten Tabellenentgelten aufsetzt.

Jenseits jeder Prozentrechnerei bleibt es dabei: Wer vor der Tarifrunde mit 3.000 € tariflichem Bruttomonatsentgelt nach Hause ging, hat ab 1. Juni 2007 3.123 € auf der Entgeltabrechnung und ab 1. Juni 2008 3.174 €, sofern die Erhöhung nicht um vier Monate nach hintengeschoben wird. Ich meine darüber kann es keine unterschiedlichen Ansichten geben, denn so haben es Gewerkschaft und Arbeitgeberverband vereinbart.

Wie diese Ergebnisse letztlich bewertet werden, ist eine politische Frage. Auch eine Erhöhung in den o.g. Dimensionen kann doch als zu niedrig erachtet werden, ohne sie mit seltsamen Methoden runterrechnen zu müssen. Oder fängt der ArbeitnehmerInnenverrat der GewerkschaftsführerInnen erst bei einem Abschluss unterhalb der Hälfte der Tarifforderung an?

Aber weil Rechnen auch eine Beschäftigung ist und von Zahlen viel abhängen kann, noch einige Anmerkungen zur Replik der FAU München auf meine Kritik ihrer Tarifrechenergebnisse.

Die FAU Ortsgruppe München hat ihre Berechnungsgrundlagen offen gelegt und nötigt mir damit eine Entschuldigung ab: Es ist nicht eine ähnliche Methode, wie die von Wal Buchenberg verwendete, nur unter Abzug von Skonto. Die Methode ist weit komplizierter. Das Ergebnis aber bleibt: " Die in der getroffenen Vereinbarung erreichte (nominale) Einkommenssumme ohne Einmalzahlungen entspricht also derjenigen bei einer jährlichen Einkommenserhöhung zum 01. April um jeweils 3,0%." Weit entfernt davon, MathematikerInnen beleidigen zu wollen, ganz im Gegenteil voller Hochachtung vor ihnen, ergeben sich für mich aus der Anwendung der Mathematik, dem "simplen Rechnen" der FAU doch Fragen: Wenn eure Abteilung Mathematik im Abschnitt 1 in der Auflösung der beiden Gleichungen zu dem Ergebnis: 7 * q2 + 12 * q - 19,785485 = 0 kommt und damit zum Ergebnis q = 1.02997, und q ? q2 ist, dann gilt auch q2 = 1,0419264. Soweit doch richtig gerechnet, oder? Welches q sagt aber nun was aus? Und sind die Qus nicht eigentlich bekannt? In der zweiten Gleichung setzt ihr q mit 1,041 und q2 mit 1,041 * 1,017 an.

Nun die bescheidene Frage eines Menschen, dessen Mathematik- und Statistikvorlesungen schon länger zurückliegen: Kann es sein, dass nicht der Rechenweg, sondern bereits die Eingangsgleichung falsch ist und deshalb im Ergebnis nicht interpretierbarer Unsinn rauskommt? Wenn es sich bei Gleichung 1 um eine handelt, für die zum 1.4.2007 und zum 1.4.2008 Erhöhungen " um den gleichen Satz p angenommen" (Hervorhebung d.V.) werden und q = 1 + p / 100 ist, warum wird dann in dieser Gleichung plötzlich ein q2 eingeführt, wenn sich doch zum 1.4.2008 m verändert hat, folglich ein m2 einzuführen wäre?

Wenn zwei bekannte Größen (q und q2) im selben Gleichungssystem zu Unbekannten umdefiniert werden, dann kann keine Gleichung etwas Sinnvolles ergeben. Das schwant auch der Abteilung Mathematik, siehe Argumentation im Abschnitt 2 für die " Durchschnittshöhe mit Einmalzahlungen" , wo plötzlich auf Beispielzahlen zurückgegriffen werden muss. Aber auch dann kommt nichts Gescheites raus, schon gar nicht 3,9% . Durch Nachrechnen folgt aus dem Gleichungssystem S1 = S3: 12 * q * 2.000 + 7 * q2 * 2.000 = 40.055. So what? Selbst wenn: q = q2, dann ergibt sich q = 1,0526 bzw. 5,26 Prozent.

Spätestens an dieser Stelle beschleicht mich der Verdacht, dass die Abteilung Mathematik eine zutiefst subversive Abteilung ist, die Menschen wie mich, durch das Beschäftigen mit unsinnigen Gleichungssystemen von ihrem revisionistischen Treiben abhalten soll. Wie gesagt GenossInnen, das habt ihr für zwei Stunden auch wahrlich geschafft.

Nach all den feinen Rechnereien noch eine Bemerkung zu eurer Behauptung, " ein weit besserer Abschluss wäre möglich gewesen, die Streikbereitschaft war da!" Ob er möglich gewesen wäre, und wenn ja unter welchen, nicht nur finanziellen Opfern der Streikenden und möglicherweise Ausgesperrten, kann ich nicht beurteilen, da ich in die Tarifauseinandersetzung direkt nicht involviert war. Ich weiß aber, dass ein höherer Abschluss nötig gewesen wäre, um die Reallohnverlsute der letzten Jahre auszugleichen und auch stärkere binnenwirtschaftliche Impulse zu setzen. Ich bitte aber die KritikerInnen immer zu bedenken, dass ein Streik kein Kinderspiel ist und die Streikenden unter starken Druck bringt, auch finanziellen. Und da wird auch abgewogen werden müssen, ob sich die finanziellen Opfer für eine nur graduelle Erhöhung des Ergebnisses lohnen, sofern nur finanzielle Ziele verfolgt werden. Und jetzt kann ich es mir doch nicht verkneifen: Wenn die finanziellen Opfer aber nach der Methode FAU kleingerechnet werden können, die Erhöhungen aber der Realität folgen, dann sähe die Sache allerdings ganz anders aus.

Frank Rehberg
10. Mai 2007


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