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Updated: 18.12.2012 15:51
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Gegen die "Modernisierung" des Tarifrechts öffentlicher Dienst

Presseerklärung des Netzwerks für eine kämpferische und demokratische ver.di

Dienstag, 8. Februar 2005

Wir fordern die Bundestarifkommission unserer Gewerkschaft ver.di erneut auf: Lehnt diese „Modernisierung“ genannte Verschlechterung der Arbeitsbedingungen endlich ab; wehrt Euch dagegen, den Flächentarif durch seine völlige Durchlöcherung zu „retten“!

Alles sieht danach aus, dass in diesen Tagen unsere Gewerkschaft ver.di zusammen mit Bund und Kommunen die Abschaffung des BAT / BMT-G / MTArb und aller in diesem Tarifvertrag erkämpften Errungenschaften beschließt. Weder der ver.di-Bundesvorstand, noch eine Verhandlungs- oder Tarifkommission hat dazu das Recht die Mitgliedschaft auf diese Weise zu übergehen. Die ver.di-Mitgliedschaft muss entscheiden ob und welche Tarifreform sie will. Die Mitgliedschaft muss entscheiden, ob und welche Forderung wir für die Tarifrunde 2005 stellen.

Wir betrachten die drohende Abschaffung des BAT und damit zusammenhängend die kampflose Hinnahme der Arbeitszeitverlängerung und der Kürzungen bei den Sonderzahlungen für BeamtInnen und Tarifbeschäftigten der Länder als die größte Niederlage der Beschäftigten im öffentlichen Dienst in der Nachkriegszeit.


Schluss mit dem Lohnverzicht!

Fast wöchentlich versetzt uns das ver.di-Tarifsekretariat einen neuen Schock. So erfahren wir in „TS berichtet, Nr. 07/05“ vom 31. Januar 2005, dass die Krankenhausbeschäftigten die Defizite der Krankenhäuser durch „Mitarbeiterkapitalbeteiligung“, sprich Lohnverzicht finanzieren sollen. Wer sich so was ausdenkt, ist voll im Arbeitgeberlager angekommen. Solche Ideen zeigen aber auch, dass die ver.di-Spitzenfunktionäre (offensichtlich aufgrund ihrer eigenen Spitzeneinkommen) keine Vorstellung davon haben, dass ein/e Krankenpfleger/in (im Wechseldienst!) mit 2.500 Euro brutto und netto 1.400 Euro (im Osten noch weniger) nicht auf Lohn verzichten kann. Offensichtlich merken die Top-Funktionäre der ver.di-Hauptverwaltung bei ihren Gehältern nicht, wie die Preiserhöhungen bei Mieten, Energie, ÖPNV, Versicherungen unser Kaufkraft schwinden lassen.

Ab 1. Juli müssen wir dank der rot-grün-schwarzen Gesundheitsreform 0,9% unseres Bruttolohns mehr für Zahnersatz und Krankengeld abdrücken, während die Arbeitgeber weiter aus der paritätischen Finanzierung herausgenommen werden.

Die Gehaltsstruktur des TV öD mit ihren 15 Entgeltgruppen wird uns als Erfolg verkauft. Wir behaupten: Er ist insgesamt eine große Verschlechterung. Dies gilt vor allem für die ArbeiterInnen. Sie bekommen in allen Lohngruppen deutlich weniger. Ein kinderloser Arbeiter in der Lohngruppe MTArb / BMT-G 7a (z.B. Maschinist, Kranführer oder Bauaufseher) verliert z.B. auf 25 Jahre gerechnet 453,95 Euro im Jahr. Hat er ein Kind, sind es jährlich sogar 1.540,78 Euro.

Die Einstiegsgehälter sind grundsätzlich niedriger als beim BAT. Nach dem ersten Anstellungsjahr kehrt sich das zunächst zugunsten des Beschäftigten. Dieser Vorteil gegenüber dem alten Tarif nimmt mit zunehmendem Lebensalter jedoch ab und wird ab der obersten Einkommensstufe zum Nachteil. Sobald der Lohn- und Gehaltsempfänger ein Kind hat, verschlechtert er / sie sich deutlich. Verheiratete und Familien mit einem und mehr Kinder sind die absoluten Verlierer der Tarifreform.

Die Einführung eines Niedriglohns von 1.286 Euro West / 1.189,55 Euro Ost ist ein Armutslohn und deshalb absolut skandalös. Er wird auch nicht wie behauptet Privatisierung und Outsourcing aufhalten, sondern beschleunigen – er macht sie erst lukrativ.


Erhalt des Flächentarifvertrags!

Die ver.di-Spitze behauptet, der TV öD wäre die einzige Chance überhaupt einen Flächentarifvertrag im öffentlichen Dienst zu behalten. Abgesehen davon, dass sich die Länder und viele einzelne Betriebe ohne Widerstand von ver.di beziehungsweise sogar mit aktiver Beteiligung mit Absenkungstarifverträgen aus dem BAT verabschiedet haben und niemals ein ernsthafter Kampf zum Erhalt der Tarifeinheit auch nur ansatzweise geführt wurde, ist ein Tarifvertrag mit derartigen Absenkungen und oben drauf Öffnungsklauseln das Papier nicht wert, auf dem er steht.

Die Bedeutung eines Flächentarifvertrags liegt darin, dass einzelne Belegschaften und erst recht der einzelne Beschäftigte vom Arbeitgeber nicht erpressbar ist. Mit Öffnungsklauseln wird genau diese allerwichtigste Funktion aufgehoben. Der TV öD wird durch die geplanten Öffnungsklauseln für die Arbeitgeber die Einstiegsdroge für die grenzenlose Erpressung von Belegschaften. Die Konsequenz wird sein, dass nach Abschluss des TV öD mit den beschlossenen Öffnungsklauseln per Häuserkampf eine Belegschaft nach der anderen und isoliert voneinander erpressen und Kampfmaßnahmen dagegen mit Verweis auf den geltenden TV öD für illegal erklären und die Belegschaften damit einschüchtern.


Keine Arbeitszeitverlängerung, keine Flexibilisierung!

Eine flexible Arbeitszeit von bis zu 45 Stunden in der Woche bzw. 12 Stunden am Tag (zuschlagsfrei!) soll uns von den Arbeitgebern und den ver.di-Verhandlungsführern als modern verkauft werden. Wer glaubt ernsthaft, dass uns Beschäftigten das „Zeitsouveränität“ bringt?! Die ver.di-Führung weiss genau, dass solche Arbeitszeiten dazu führen, dass die Arbeitgeber jederzeit zuschlagsfrei über unsere Arbeitskraft verfügen, der Arbeitsstress für uns enorm zunimmt und obendrein Arbeitsplätze vernichten werden. Wer Überstunden verbilligt, beteiligt sich nicht nur am Lohnraub. Er macht sich auch mitverantwortlich, dass durch die Ausweitung von Mehrarbeit Arbeitsplätze vernichtet werden.

Die im „Netzwerk für eine kämpferische und demokratische ver.di“ zusammengeschlossenen Kolleginnen und Kollegen, sind nicht die einzigen Kritiker der Tarifreform. Überall wo es ausführliche Informationen und Diskussionen gegeben hat, wird die Tarifreform abgelehnt.

Wir haben überhaupt kein Verständnis dafür, dass sich BTK-Mitglieder aus Bezirken, in denen es keine Mehrheit für die Linie des ver.di-Vorstands in Sachen Tarifreform gibt, wiederholt in ihrem Abstimmungsverhalten der Linie des ver.di-Vorstandes folgen.

Bei vielen Mitgliedern sind die geplanten Veränderungen noch nicht angekommen. Wenn sie mit einem Abschluss vor den Kopf gestoßen werden, drohen uns massenweise Austritte aus ver.di. Jeder ver.di-Funktionär, jedes Mitglied der BTK das sich an dem geplanten Ausverkauf des BAT beteiligt, trägt für daraus folgende Demoralisierung und für die zu erwartenden Mitgliederverluste Mitverantwortung.


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