letzte Änderung am 10. Juli 2003 | |
LabourNet Germany ARCHIV! Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany |
|
Home -> Diskussion -> Gewerkschaftsstrategien -> Tarifrunde2003 -> IG Metall -> Osten -> Jahn | | Suchen |
Uwe Jahn
Vorsitzender des Betriebsrates der
Schmiedewerke Gröditz und der
Elektrostahlwerke Gröditz
Gröditz, den 4.7.2003
Kollege Klaus Zwickel
1. Vorsitzende der IG Metall
Lyoner Str. 32
60528 Frankfurt/Main
per Fax
Dein Gespräch mit dem "Tagesspiegel" vom heutigen Tage hat mich betroffen
gemacht.
Wenn Du sagst, uns "Ossis" wurde gesagt, wie es geht, und wir haben gemacht,
was uns gesagt wurde, so unterstellst Du uns damit, wir Metallerinnen und Metaller
hier im Osten der Republik wären nicht in der Lage, eigenständig Argumente
abzuwägen und Entscheidungen zu treffen.
Dieser Einschätzung möchte ich deutlich widersprechen.
Wären die Argumente für die Einleitung des Arbeitskampfes nicht plausibel
gewesen und wären wir damit nicht der Meinung gewesen, dass wir, unterstützt
von der gesamten IG Metall, diese Auseinandersetzung gewinnen könnten,
dann wäre sie nicht geführt worden.
Wir sind nicht die Kinder von Hammeln, die, um im Bild zu bleiben, den Flötenspielern
Peters und Düvel willenlos gefolgt sind.
Worin wir uns aber offensichtlich getäuscht haben, war die Bereitschaft maßgeblicher Funktionäre in manchen Westbezirken diese Auseinandersetzung zu unterstützen. (Im Gegensatz übrigens zu vielen Kolleginnen und Kollegen aus Betrieben und Verwaltungsstellen)
Dass diese Auseinandersetzung hart wird, musste doch spätesten nach der
Verhandlung in Potsdam jedem klar gewesen sein,. Der von Tarifpolitik auch nur
annähernd etwas versteht. Wenn dann der Vorstand einstimmig den Streik
beschließt, dann konnten wir auch davon ausgehen, dass wir ohne wenn und
aber solidarisch zusammenstehen.
Angesichts der Üersonaldebatte drängt sich mir allerdings der Verdacht
auf, dass einige, die mit der Entscheidung Jürgen Peters als 1. Vorsitzenden
vorzuschlagen, nicht einverstanden waren, die Gunst der Stunde nutzen wollen.
Das wäre sehr, sehr bitter.
Nicht nur, dass dann die Streikenden von Funktionären der eigenen Gewerkschaft benutzt würden, um persönliche Interessen zu verfolgen, wäre bitter, sondern vor allem die Tatsache, dass dann einige Leute in der IG Metall in erster Linkie um Posten und Einfluss rangeln und sich erst in zweiter Linie um die kollektive Interessenvertretung kümmern.
Warum wird die Diskussion um die zukünftige Strategie nicht auf dem Gewerkschaftstag geführt? Haben einige Funktionäre Angst, ihre Meinung ist nicht mehrheitsfähig, weil die Mitglieder eine andere Politik wollen? Will man sich mit einer vorzeitigen Personalentscheidung an dieser notwendigen Diskussion vorbeimogeln?
Lieber Kollege Zwickel,
um weiteren Schaden von unserer IG Metall abzuwenden, kann ich Dich daher nur auffordern, Dich dafür einzusetzen, dass klar und schonungslos die Rolle aller Akteure (also auch der anderen Bezirksleiter und Vorstandsmitglieder) einer kritischen Bewertung unterzogen wird und somit dem demokratisch legitimierten Souverän unserer IG Metall, dem Gewerkschaftstag, die Chance gegeben wird, zuerst über Inhalte und danach über Personen zu entscheiden.
Dass ich meine Meinung in Form eines offenen Briefes sage, hängt einzig und allein damit zusammen, dass auch alle anderen Akteure die Debatte über die Medien führen. Besser und sinnviller wäre sie intern zu führen gewesen.
LabourNet Germany | Top ^ |