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Updated: 18.12.2012 16:09

ver.di hat vor wenigen Tagen eine Broschüre herausgebracht, die in erster Linie als Handreichung und Argumentationshilfe für die gewerkschaftlichen MultiplikatorInnen in Betriebsräten und Vertrauensleutekörpern fungiert. Der Titel lautet: "Finanzkapitalismus - Geldgier in Reinkultur!". Die Broschüre arbeitet extensiv mit der antisemitisch besetzten Heuschreckenmetapher. Bereits auf dem Titelbild wimmelt es von diesen Insekten. Es wäre falsch und unfair, den Verantwortlichen böse Absichten zu unterstellen. Alarmieren muss aber nicht nur die hartnäckige Ignoranz gegenüber Geschichte und Problematik dieser Metapher. Auch inhaltlich ist die Broschüre weit entfernt von einer nicht regressiven Kapitalismuskritik: Die Vorstellung vom schlimmen Finanzkapital und dem weniger schlimmen Kapital begegnet der Leserin dort ebenso wie die positive Bezugnahme auf das nationale Kollektiv der Deutschen und die Freude darüber, wenn "Oldenburg" gegen "New York" gewinnt. Auch ihre Einschätzung der wachsenden Rolle der Finanzmärkte als einer angeblich reinen Folge politischer Entscheidungen und nicht etwa der krisenhaften Verlaufsform des Prozesses der Wertverwertung selbst hält einer kritischen Bewertung nicht stand. Die "Finanzkapital AG" beim ver.di-Bezirk Stuttgart hat eine ausführliche Kritik der Broschüre herausgegeben und wir laden zur Debatte ein!

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Weltmarktbeben. Über die tieferliegenden Ursachen der aktuellen Finanzmarktkrise new

Artikel von Norbert Trenkle vom Mai 2008 pdf-Datei. Dieser Artikel zur Analyse der gegenwärtigen ökonomischen Krisenentwicklung und den ideologischen Reaktionen darauf nimmt u.a. Bezug auf die Debatte um die ver.di-Broschüre zum Finanzkapital

Elmar Altvater zu "Heuschrecken"

""...Darin steckt eine Gefahr, der man mit Marx begegnen kann. Denn im Alltagsbewusstsein bekommt der Finanzfetisch sehr oft eine Gestalt, zum Beispiel als "Heuschrecken", die im Schwarm über einen "Standort" herfallen und ganze Unternehmen samt Arbeitsplätzen auffressen. Mit diesem Bild wird nichts erklärt; es verdunkelt vielmehr grundlegende Zusammenhänge und erschwert eine Antwort auf die Frage, wie die globalen Finanzmärkte zu regulieren wären.
Richtig gefährlich wird der Fetisch der Finanzmärkte dann, wenn ihm ein Gesicht gegeben, wenn auf einmal zwischen "raffendem" und "schaffendem" Kapital unterschieden wird. Nur eine gründliche Kapitalismusanalyse ist in der Lage, die Beziehungen der scheinbar verselbstständigten Finanzmärkte zur realen Ökonomie von Arbeit und Produktion aufzuzeigen und den fetischhaften Schein ihrer Verselbstständigung kritisch zu hinterfragen..
.." Zitiert aus "Nicht tot zu kriegen. Karl Marx´ Analyse des so genannten "fiktiven Kapitals" aus dem 19. Jahrhundert wird durch die Finanzkrisen des 21. Jahrhunderts bestätigt". Artikel von Elmar Altvater im Freitag Nr. 12 vom 20.3.08 externer Link

"Heuschrecken-Debatte" nun auch Thema auf offizieller ver.di-Diskussionsseite "verdi-Perspektiven"

Die Debatte innerhalb von ver.di um die Bewertung der Finanzmärkte und die Verwendung der "Heuschrecken"-Metapher geht weiter. Jetzt wurde die Diskussion auch auf der offiziellen ver.di-Diskussionsseite - ver.di Perspektiven - eröffnet. Siehe http://perspektiven.verdi.de/debatte_um_finanzmaerkte externer Link. Es finden sich aktuell zwei Beiträge: Von Stephan Kaufmann, Wirtschaftsredakteur bei der Berliner Zeitung und von Ralf Krämer, Gewerkschaftssekretär beim ver.di Bundesvorstand im Bereich Wirtschaftspolitik.

Stellungnahme der KollegInnen des Bereichs Wirtschaftspolitik beim ver.di Bundesvorstand

"Liebe Kolleginnen und Kollegen, nach dem Erscheinen unserer neuen Broschüre "Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur" hat uns vereinzelt Kritik erreicht, die sich auf die verwendete Heuschrecken-Metapher und die Differenzierung von Arten des Kapitalismus bezieht. Hierzu nehmen wir wie folgt Stellung." Die Stellungnahme pdf-Datei, dem LabourNet am 14.12.07 zugesandt. Siehe dazu:

  • Entgegnung auf die Stellungnahme der KollegInnen des Bereichs Wirtschaftspolitik beim ver.di Bundesvorstand
    "die Kritik der Finanzkapital AG beim ver.di Bezirk Stuttgart an der "ver.di-Heuschreckenbroschüre" ist auf erfreulich große Resonanz gestoßen. Wir haben - besonders innerhalb von ver.di - weit mehr an Zustimmung erfahren, als wir uns das vorher vorstellen konnten. Wir werden zu Interviews gebeten und zu Diskussionsveranstaltungen eingeladen. Es ist gut, dass sich jetzt auch die VerfasserInnen der Broschüre der öffentlichen Diskussion stellen. Ich verstehe ihre Stellungnahme als Beitrag zu einer dringend notwendigen Diskussion, die in- und außerhalb der Gewerkschaften geführt werden muss und möchte im Folgenden einige Punkte benennen, um die sich die weitere Diskussion aus meiner Sicht drehen sollte." Entgegnung von Lothar Galow-Bergemann vom 7.1.08 pdf-Datei

ver.di-Bundesjugendvorstand: Broschüre entfernen!

"Der Bundesjugendvorstand (BJV) beschließt, die für die Broschüre "Finanzkapitalismus - Geldgier in Reinkultur!" Verantwortlichen aufzufordern, diese sofort aus dem Sortiment und dem Internet zu entfernen. Weiterhin werden die Verantwortlichen aufgefordert eine neue Broschüre frei von verkürzter Kapitalismuskritik und antisemitischen Karikaturen zu entwickeln. Der Antrag wird an den Bundesvorstand und den Gewerkschaftsrat weitergeleitet." Beschluss des ver.di-Bundesjugendvorstandes vom 30.11.-2.12.2007 pdf-Datei. Aus dem Text der Begründung: "Wir meinen, dass Gewerkschaften heute dringender denn je kapitalistische Entwicklung als einen Prozess der selbst verursachten "Sachzwänge" kritisieren müssen - und auch die Diskussion um gesellschaftliche Alternativen vorantreiben sollten! Doch das bedeutet gerade nicht die Ursache allen Elends bei "fremden" Konkurrenten oder den "anonymen Finanzinvestoren" zu suchen! Gewerkschaften müssen aufklären, wie jeder "Standort" mit all den negativen Erscheinungen wie Lohnsenkungsprogrammen auf die verschärfte Konkurrenz am Weltmarkt reagiert und genau dadurch den Zwang zur intensivierten Ausbeutung reproduziert und den Unterbietungswettbewerb weiter verstärkt!.."

Die Geister, die sie rufen

"Nachdem vor zweieinhalb Jahren die IG Metall die deutsche Wirtschaft von blutsaugenden Mücken aus Amerika bedroht sah (siehe KONKRET 6/05), ruft nun die Dienstleistungsgewerkschaft Verdi das Finanzkapital in Form der Heuschrecke zum Grundübel des Kapitalismus aus. Mit vorhersehbaren Folgen." Artikel von Lothar Galow-Bergemann für konkret 12/2007 externer Link. Siehe dazu auch:

Kapitalismuskritik - von Heuschrecken und Stechmücken

Kritische Auseinandersetzung mit (verkürzter) Kritik an Finanzkapitalismus. Anlass ist die aktuelle Broschüre (Okt. 2007) vom ver.di Bundesvorstand mit dem Titel "Finanzkapitalismus. Geldgier in Reinkultur". Die Broschüre vom ver.di-Bundesvorstand steht u.a. in der Kritik, weil sie offensiv mit dem Motiv der Heuschrecke als Symbol für (US-amerikanische) Hedge- und Private-Equity-Fonts arbeitet. Interview mit einem Kritiker von ver.di Bezirk Stuttgart, der in der Finanzkapital AG einen kritischen Gegentext mit dem Titel "Mensch denk weiter. Heuschrecken sind keine Erklärung" mit verfasst hat. Ein Radiobeitrag von coloradio Dresden vom 24.11.2007 externer Link, der bei freie-radios.net angehört / heruntergeladen werden kann (30 Minuten / 28123 kB)

"Finanzkapitalismus - Geldgier in Reinkultur!" externer Link pdf-Datei - die Broschüre von und bei ver.di

Mensch, denk weiter! "Heuschrecken" sind keine Erklärung.
Kritische Anmerkungen zur ver.di - Broschüre "Finanzkapitalismus - Geldgier in Reinkultur!", erschienen im Oktober 2007. Broschüre der Finanzkapital AG beim ver.di-Bezirk Stuttgart vom November 2007 pdf-Datei
Die Broschüre ist sowohl als pdf-Datei als auch (notfalls) in print-Version bei baerbel.illi@verdi.de erhätlich.

siehe auch

Gewerkschaften und die neuen alten Rechten

Heuschreckendebatte bei Wikipedia externer Link


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