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Updated: 18.12.2012 15:51
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Ketzerische Bemerkungen zur IG Metall

Noch ein paar ketzerische Bemerkungen zur IG Metall - aus dem aktuellem Anlass ihres Gewerkschftstages - und der Medienberichterstattung darüber

Es ist ein besonderes Phänomen des Blickes auf die IG Metall - ob bei Gewerkschaftsfreunden oder -feinden - dass man eindeutig Partei ergreift für die eine oder andere Seite - und damit auch Personen.

Etwas realistischer ging schon die TAZ ran, die einfach es genauer wissen wollte, wie funktioniert die IG Metall? (vgl TAZ vom 3./4. November 07 - Tagesthemen, S.5 ) Und als Ergebnis konnte eine deutliche Wende zur "Betriebsbasierung" hin - gerade auch mit dem württemberger Abschluss und der Öffnungsklausel - konstatiert werden.

Dass diese Entwicklung ein aus der deutschen Institution "Mitbestimmung" resultierendes Ergebnis ist, dort stark zu werden, wo die rechtlich-institututionelle Stärke der Gewerkschaften in den ökonomisch schlechten Zeiten mit hoher Arbeitslosigkeit liegt: bei den Betriebsräten, geht einfach "verloren".

Vielleicht muss man noch etwas zurückgehen auf den historisch gewachsenen "Pluralismus" à la IG Metall, der mich inzwischen sehr stark erinnert an die politische Kultur der KPCh: da wird ein "rechter" und ein "linker" in der Führung installiert und der ganze Apparat "vibriert" entlang diesen Schemas. Das schafft auch die Möglichkeit einer gewissen Lernfähigkeit. Da alle Menschen - und das gehört zu dieser Kultur: eine gewisse Ausschließlichkeit - Zugang entweder zu dem einen oder anderen Lager haben, wird eben je nach Gesinnung oder eben einfach Beziehung das eine oder andere Lager für die einzig "wahre" politische Lösung gehalten. Auch "intern" muss man wohl zu einem Lager gehören, um den jeweiligen Kommunikationsströmen beteiligt zu sein.

So ist es typisch - was Eva Roth heute zitiert externer Link - dass ein Funktionär des Huber-Lagers nach der Wahl von Peters 2003 (schön vorher zum Austarieren des "Gesamten" intern ausgekungelt) geäußert haben soll " das ist der "Gau" (="größte anzunehmende Unfall")!

Während die Süddeutsche heute zu Huber in ihrem Kommentar wenigstens noch feststellt, "aber erstaunlicherweise hat die Zusammenarbeit der beiden über diese Periode besser funktioniert als viele erwartet hatten". Dabei liegt das Problem mehr bei denen "die erwartet hatten" - und damit auf die - vielleicht auch dem Medienzirkus geschuldete - Lager-Hysterisierung reingefallen sind.

Die IG Metall ist eine Gewerkschaftsorganisation, die entlang des in Deutschland vorgebenen institutionellen Sets ziemlich optimal sich zu organiseren versteht. Und neben dieser "Lager-Hysterisierung" gibt es ja dann auch deutlich das "Familien-Bild" in der IG Metall. Um jetzt ein wenig weg zu gehen von der KP Chinas, da uns diesbezüglich die genaueren Beobachtungen fehlen, nehme ich das Bild der Familie: intern muss man sich immer wieder "fetzen", aber nach außen vertritt man die Einheit und kommt der Sehnsucht nach Harmonie nach.

Und so hat die IG Metall "Metall-Politik" unter Peters gemacht - und wird sie weiter unter Huber machen. Dieses Gesumse, dass sie SPD mit Huber besser könne als mit Peters, halte ich wieder für ein Märchen - denn den "Stein des Anstoßes", die Hartz-Gesetzgebung, hat die SPD erst einmal selber - ein Stück weit wenigstens - aus dem Wege geräumt. Insoweit kann Huber dann auch anders mit Beck wieder umgehen. Aber umgekehrt wird Huber auch weiter IG Metall-Politik machen und das Beste für die Mitglieder der Organisation "herausholen".

Man kann ruhig das "abziehen", was ich unter Rethorik verbuchen möchte: diese Kritik gegenüber der Politik, für die man selbst nicht "zuständig" ist - jedenfalls nach dem deutschen Streikrecht - anders als in Frankreich.

Der "Neue" Detlef Wetzel verdankt doch sein Amt der Tatsache, dass er es mit seiner Poltik geschafft hat, wieder positive Mitgliedszahlen zu verbuchen - auf Grund einer sehr Mitglieds- und betriebsnahen Politik. Und dafür wird jeder IG Metall-Vorsitzende "offen" sein - auch wenn wie Schröder (früher IGM - jetzt Uni Kassel) meint - wohl auf Grund der wirtschaftlich beseren Verhältnisse -, dass sich der Wind vom Verzicht um Arbeitsplätze zu erhalten hin wieder zu einem "Mehr" an Lohn in den Gewerkschaften und der IG Metall - als häufiger Vorreiter - dreht.

Hieße das jetzt auch, dass Huber - jetzt! - der falsche Vorsitzende zur falschen - ökonomischen! - Zeit ist, während sich die IG Metall "unter" Peters, dem "Dogmatiker", schon längst zur stark "betriebszentrierten" Organisation "modernisiert" hatte? Es wäre gut, man würde Gewerkschaft - auch in ihrer speziellen politischen Kultur, mit diesem "Pluralismus" der Lager - in der jeweiligen ökonomischen Situation beschreiben.

Aber damit bliebe man allein bei den Möglichkeiten des deutschen "institutionellen Sets" - einer Betriebsverfassung mit einem unheimlich restriktiven Streikrecht, das in Deutschland auch den Gewerkschaften "gehört". Dieser "Set" reduziert in schwierigen Zeiten sehr schnell die Handlungsmöglichkeiten auf die betriebliche, um nicht zu sagen betriebswirtschaftliche, Ebene. Nicht nur zum Nachteil - wie die Position des Exportweltmeisters zeigt!

Schon ein Blick ins europäische "Ausland" nach Frankreich zum Beispiel würde schnell zeigen, dass dieser Pluralismus - im Gegensatz zu dieser im deutschen "Set" wohl recht effizienten Form des Pluralismus der IG Metall - in Frankreich bei einem individuellen Streikrecht "natürlich" weitaus offener ausgetragen werden kann.

Diese Lagerbildung in der IG Metall - medienmäßig wieder einmal exzentrisch abgebildet - schafft nur einen Pluralismus, der aller absoluten "Herrschaft" eine Riegel vorschiebt und Lernfähigkeit ermöglich - ob bei der KPCh oder der IG Metall.

Um das noch zuspitzend abzubilden, sei ein Bezirksleiter zitiert, der gerade auch angesichts der Peterswahl 2003 feststellt : Beide Lager sind gleich stark. Es geht eben nur mit beiden zusammen. Und auch das ist ein so wichtiges Element der IG Metall-Kultur - wie in einer Familie - jeder kalkuliert auch ein, dass eventuell auch der Andere recht hat - und dann kann man eben gemeinsam wieder in diese - erfolgreichere - Richtung ziehen. Aber man/ frau oder eben Funktionär ist auch offen für das "Andere", das Experiment.

Kommentar von Volker Bahl vom 6.11.07


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