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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Lagard (Frankreich) und die Lohnentwicklung in Deutschland und Frankreich: Im Schatten des deutschen Exportwunders - Vor einer Diskussion im Ecofin-Rat Oder auch die begründete Erwartung, dass die "ökonomischen Ungleichgewichte" in der EU Beachtung finden. Nun entsteht doch der Eindruck, "man" scheint sich nun doch schon ein wenig "geistig" auf den Lagarde-Bericht im Oktober gegenüber Ecofin einzustellen und nicht einfach abzutauchen wie bisher - und erfreulicherweise steigt die FR schon einmal ein: Lohnentwicklung: Im Schatten des Exportwunders Der höhere Überschuss in der Leistungsbilanz beruht auch auf niedrigeren Interessanterweise wird in anderen Medien zwar noch dieses Zurückbleibender Löhne in Deutschland thematisiert: Die Löhne in Deutschland sind gemäß dem Statistischen Bundesamt so langsam gestiegen wie in keinem anderen EU-Land. Unter Berücksichtigung der Inflationsrate sind die Löhne sogar zum Teil gesunken. (www.sueddeutsche.de/karriere/gehaeltervergleich-arme-reiche-deutsche-1.997508 ) - aber dann werden jedoch keineswegs mehr die Folgen für die "anderen" in Europa - insbesonder unter dem Dache des Euro - genauer thematisiert, sondern eher "vernebelt". Und eine Diskussion im Ecofin-Rat Dabei steht eine Diskussion in der Euro-Gruppe der Europäischen Union an. In dem Gremium der Finanzminister der Euro-Gruppe - umgangssprachlich einfach "Ecofin" genannt (siehe http://de.wikipedia.org/wiki/Rat_f%C3%BCr_Wirtschaft_und_Finanzen ) - wird die französische Wirtschafts- und Finanzministerin Lagarde im Oktober einen Bericht vorlegen (www.sueddeutsche.de/wirtschaft/wirtschaftspolitik-einladung-zur-ruege-1.974516 ). Sie hatte vorher klar ihr Missfallen an dem Lohndumping aus Deutschland bekundet (www.spiegel.de/wirtschaft/soziales/0,1518,684061,00.html ). Ein Zankapfel der politisch "entfachte" Niedriglohnsektor in Deutschland Der politisch angetriebene Niedriglohnsektor scheint für die deutsche "Öffentlichkeit" anscheinend so etwas wie ein Tabu darzustellen - obwohl der damalige SPD-Bundeskanzler Schröder mit der Absicht in "aufblühen" zu lassen in Davos geprahlt hatte. (www.nachdenkseite.de/?p=4480 ) Wie "verklemmt" die deutschen Medien schon bisher mit diesem Thema umgingen, zeigt schon die Tatsache, dass, als der Vorsitzende dieser mächtigen "Ecofin"-Gruppe, Jean-Claude Juncker, mit dem Vorwurf des Sozialdumping aus Deutschland der Lagarde zur Seite sprang, dies jedoch glatt von "unseren" Medien einfach totgeschwiegen wurde. (www.nachdenkseiten.de/?p=6480#h03 ) Dabei fiel - auch soweit berichtet wurde - der Kern des Anliegens der französischen Wirtschaftsministerin Lagarde - nämlich der exorbitante Niedriglohnsektor auch in der deutschen Berichterstattung unter den Tisch, wenn uns nicht die TAZ davon Kenntnis gegeben hätte. (www.taz.de/1/zukunft/wirtschaft/artikel/1/billigloehne-auf-kosten-anderer/ ) Und von der wissenschaftlichen Seite bezog ja dann noch der französische "Wirtschaftsweise" Patrick Artus Stellung und stellte die "lohndumpenden" Arbeitsmarktreformen in den Mittelpunkt seiner Überlegungen (http://library.fes.de/pdf-files/wiso/06933.pdf ) Heiner Flassbeck hatte dabei schon frühzeitig (2005) vor der "Sprengkraft" dieses deutschen Lohndumping für den Euro gewarnt (www.boeckler.de/320_57951.html ) Und Frankreich ist verhindert beim politischen Lohndumping. Wieso eine konservative Regierung in Frankreich nicht einfach - gerade bei den strikt intitutionellen Vorgaben von EU und EuGH! - eine solche lohnsenkende Politik a la Schröder & Co. nachmachen kann, das wurde schon andernorts ausführlich erörtert (z.B. Seite Drei bei www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/real/dgbstruktur_bahl.html oder auch S.2 f.bei www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/tarifpolitik/tarifeinh_bahl.html ) Das Defizit in der deutschen Arbeitskultur Zum deutschen "Defizit" in diesem Clash der Arbeitskulturen mit dem fehlenden politischen Streikrecht beachte auch noch Werner Sauerborn (Verdi) (www.labournet.de/diskussion/gewerkschaft/erfahrung/sauerborn2.html auch: www.nachdenkseiten.de/?p=6675#h14 ). Die Gewerkschaften "institutionell" derart zu beschädigen, wie das in Deutschland der Fall war, konnte wegen des "effizienteren" Streikrechtes in Frankreich u.a. eben nicht nach"vollzogen" werden. Die deutschen Gewerkschaften richten ihre Anforderungen an die EU. Dabei stehen "im Prinzip" die deutschen Gewerkschaften durchaus in der Solidarität der europäischen Gewerkschaften und hatten durch einen Appell an die EU in dem Abschnitt zur Euro-Zone dieses Defizit klar formuliert: "Zwar weise die EU-Kommission in ihrem Strategiepapier in Nebensätzen darauf hin, dass die "ökonomischen Ungleichgewichte in der EU" überwunden werden müssen. Eine Analyse der strukturellen Gründe erfolge jedoch nicht - Ross und Reiter werden nicht benannt. Dass die ungleiche Entwicklung der Lohnstückkosten (!) in der Eurozone zu wachsenden Leistungsbilanzüberschüssen Deutschlands und wachsenden Defiziten in Frankreich, Italien, Spanien, Portugal und Griechenland geführt haben, bleibt unerwähnt" - "So wird die zentrale Bedrohung der Stabilität der Eurozone (...) vollständig ausgeblendet". (Siehe Appell von Sommer (DGB), Bsirske (Verdi) und Rhode (IG Metall) http://library.fes.de/pdf-files/id/ipa//07294.pdf ) Verlierer bei den "ökonomischen Ungleichgewichten": auch der deutsche Arbeitnehmer - am Beispiel der Lohnquote - Es kann einfach noch einmal ganz kurz auf die "Wirkungen" dieser Politik auch in Deutschland eingegangen werden: Ökonomisch ist das dramatische - im internationalen Vergleich ziemlich einmalige - Absinken der Lohnquote ein Problem für die Binnennachfrage (www.nachdenkseiten.de/?p=3209 ) und aus dieser so drastisch verkürzten Lohnquote dürfen diese Steuerzahlerauch noch 50 Milliarden Unterstützung für die existenzbedrohten Niedriglöhner überweisen (www.nachdenkseiten.de/?p=6459#h09 ) -wieder zu Gunsten der profitierenden Unternehmen! Demokratieschädlicher Verdruß als Folge Kein Wunder also, wenn dies immer mehr auch zu einem - sogar unsere Demokratie bedrohenden - Verdruß bei den Bürgern führt (www.nachdenkseiten.de/?p=3746 ) - leider machen auch die ganz aktuellen Zahlen zur Leistungsbilanz wieder deutlich, wie wir weiter in Deutschland regelrecht am "Tropf" der Ausfuhr hängen (www.nachdenkseiten.de/?p=6694#h02 ). Und wie aller "Aufschwung" seit rund 2000 vor allem ein "Aufschwung der schlechten Jobs" wurde, zeigt uns noch einmal Verdi (www.nachdenkseiten.de/?p=6694#h03 ). Und jetzt die Hoffnungen auf die EU für eine ausgeglichenere ökonomische Balance So richten sich jetzt die Hoffnungen - vor allem der deutschen Gewerkschaften - auf die Entscheidungen der EU - insbesondere innerhalb der gemeinsamen Währungszone. Um derartige Problem anzugehen, eignet sich zunächst insbesondere der "Ecofin" mit den zuständigen Finanz- und Wirtschaftsministern (beachte noch einmal oben die Benennung des Problems durch Jean-Claude Juncker). So werden wir gespannt auf den Oktober 2010 blicken, wo ein Ergebnis für diese widersprüchlichen politischen Interessenlagen - hier die Bundesregierung mit ihrem "Exportwachstumsmodell über Lohndumping", dort die anderen EU-Länder, die diesem "Modell" nicht folgen können oder wollen - erwartet werden muss. Und daran wird sich weisen, ob die Institutionen der EU geeignet sind ,diese unterschiedlichen ökonomischen Länder-Interessen sinnvoll zu lösen - oder lediglich das "Juristensyndrom" (Heiner Flassbeck) zuschlägt, wo ökonomisch-unsinnige Kompromisse gesucht werden und man sich irgendwie so durchzuschlängeln versucht - letztendlich die Krise verschärfend? Kommentierte Presseschau von Volker Bahl vom 21.10.2010 |