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Mag Wompel [1]

Bausteine für Infos der Interessenvertretung an die Belegschaft über Kranken-Rückkehrgespräche im Betrieb


Vorwort

Die Idee für die nachfolgenden Bausteine für eines oder eine Reihe von Flugblättern ist in einem Betriebsräteseminar zu Arbeit und Gesundheit (oder besser: Gesundheit trotz(t) Arbeit) geboren und in weiteren vertieft/überarbeitet worden. Ich danke allen KollegInnen für die Mithilfe!

Ausschlaggebend für diese Idee war die breit geteilte Überzeugung, dass Rückkehrgespräche nach der krankheitsbedingten Abwesenheit nichts mit der oft vorgeschobenen Gesundheitsförderung oder Fürsorge zu tun haben und, dass die breite Information und Einbeziehung aller Kolleginnen und Kollegen den besten Schutz gegen mögliche negative Folgen (Druck auf kranke KollegInnen, Spaltung der Belegschaft, krankheitsbedingte Kündigung) darstellen.

Das Ziel der vorliegenden Bausteine ist es, den Betriebs- und Personalräten (und/oder Vertrauensleuten, Schwerbehindertenvertretern etc. - im Folgenden Interessenvertretung) zu helfen - über eine breite Informationsarbeit - zusammen mit den Kolleginnen und Kollegen Rückkehrgespräche als eine Form des Drucks auf Kranke abzuwehren. Neben dem Kampf gegen die Rückkehrgespräche und eine entsprechende Betriebsvereinbarung (oder für ihre möglichst ungefährliche Ausgestaltung) ist es außerordentlich wichtig, die Kolleginnen und Kollegen ausreichend über ihre Rechte zu informieren, damit sie sich einerseits in den Gesprächen nicht "um Kopf und Kragen reden" und damit andererseits die durch den Arbeitgeber erhofften Aushorch-, Entsolidarisierungs- und Disziplinierungseffekte verpuffen.

Nur der Vollständigkeit halber sei erwähnt, das die in den Bausteinen erwähnten möglichen Kampfmaßnahmen einer gründlichen Vorbereitung bedürfen. Die Betriebs- und Personalräte, die sich entschließen, gemeinsam mit der gesamten Belegschaft gegen diesen Druck auf Kranke und für einen besseren Gesundheitsschutz im Betrieb zu kämpfen, sollten unbedingt die gewerkschaftlichen Vertrauensleute und die zuständigen Stellen ihrer Gewerkschaft einbeziehen!

Zur vertieften Information über Krankenrückkehrgespräche, sonstige Maßnahmen zur Fehlzeitenreduktion sowie Argumentations- und Handlungsmöglichkeiten hiergegen sei auf entsprechende Literatur im Anhang verwiesen. Darüber hinaus besteht für den Betriebs- und Personalrat die Möglichkeit, eine kompetente Beratung einholen.[2]

Mag Wompel

 


Zum Aufbau der Bausteine
für Infos der Interessenvertretung an die Belegschaft über Kranken-Rückkehrgespräche im Betrieb:

Es werden 3 (optionale, farblich unterschiedene) Infos und 4 je nach betrieblicher Situation einzubauende Bausteine (schattiert) angeboten.

Diese Bausteine sind wahlweise der jeweiligen Situation im Betrieb und dem Stand der Kampagne angepaßt einzusetzen. Die vorgeschlagenen Maßnahmen stellen selbstverständlich nur die mögliche und auszuwählende oder zu ergänzende Bandbreite dar. (Über die Information über gemachte Erfahrungen oder evtl. Ergänzungen bin ich sehr dankbar!)

I. Infos der Interessenvertretung 1 - 3

Das Info 1: (Farbe grün)
bildet mit den ersten grundlegenden Informationen über Rückkehrgespräche den Grundstein für die Betriebs- und Personalräte-Infos, es ist in allen Fällen einzusetzen. Es kann auch in zwei aufeinander folgende Flugblätter/Aushänge aufgeteilt werden. 

Info 2: (Farbe gelb)
informiert über den allgemeinen Umgang mit Rückkehrgesprächen: Was müssen die KollegInnen grundsätzlich wissen / beachten?

(das Info 1 ist bereits erschienen)

Info 3: (Farbe rot)
Umgang mit Rückkehrgesprächen speziell:
Die Belegschaft besitzt die Grundinformationen über die Fallstricke von Rückkehrgesprächen aus den Infos 1 - 2 , nun ist ein konkreter Entwurf oder eine abgeschlossene Betriebsvereinbarung da:

Was ist anhand der konkreten Ausgestaltung von Rückkehrgesprächen im Betrieb zu beachten?

 


II. Bausteine A - D
(optional einzubauen in die Infos der Interessenvertretung 1-2)

Bei den Bausteinen werden folgende (schattierte) betriebliche Fälle unterschieden:

Baustein A:
Im Betrieb gibt es inoffizielle Rückkehrgespräche und es gilt zunächst, den Nachweis der Mitbestimmungspflicht zu führen, weil der Arbeitgeber nicht zugibt, daß diese Gespräche systematisch stattfinden (kollektiver Bezug, §87 Abs.1 Nr.1 und Nr.7 BetrVG).

Baustein B:
setzt Grundinformationen an die Belegschaft im Info 1 voraus und geht vom folgenden Fall aus: Der Arbeitgeber will eine BV zu Rückkehrgesprächen — wie verhindern (oder mildern) wir diese alle gemeinsam?

Baustein C:
setzt Grundinformationen an die Belegschaft im Info 1 (und evtl Info 2 ) voraus und geht vom folgenden Fall aus: "Das Kind ist in den Brunnen gefallen" und eine Betriebsvereinbarung zu Rückkehrgesprächen da — wie blockieren wir ihre Umsetzung gemeinsam?

Baustein D:
Die Stimmung im Betrieb ist schlecht und es gibt auch unter den KollegInnen böses Gerede über "Blaumacher" ?
- wie entschärft die Interessenvertretung diese Spaltung und Hetze untereinander?

Die Infos und Bausteine sind natürlich nur Vorschläge, die die Informationsarbeit des Betriebsrats erleichtern sollen. Natürlich können sie - und sollten es sogar - an die betriebliche Situation und die übliche optische/sprachliche Flugblattgestaltung des jeweiligen Betriebs-/Personalrats angepasst werden!

Literaturverzeichnis

 Für Rückfragen und Hilfestellung stehe ich gerne zur Verfügung!

=>zum Anfang 


Teil I : Infos der Interessenvertretung 1 - 3

 


[ Anfang Info 1 ]

INFORMATION DER INTERESSENVERTRETUNG:

RÜCKKEHRGESPRÄCHE IM BETRIEB !

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Seit geraumer Zeit werden Rückkehrgespräche geführt und protokolliert. Es handelt sich dabei um Befragungen durch den Vorgesetzten nach der Rückkehr aus der Krankheit. Jeder freut sich, wenn er freundlich begrüßt wird, aber oft werden die Kolleginnen und Kollegen unter dem Vorwand der Gesundheitsförderung und Fürsorgepflicht ausgefragt und unter Druck gesetzt. Auch in einem freundlichen Gespräch kann ich mich um Kopf und Kragen reden!

[ Optional ANFANG Baustein A ]

Die Geschäftsleitung bestreitet, dass sie systematisch Rückkehrgespräche durchführt.

Betroffene KollegInnen fordern wir deshalb auf, solche Gespräche unverzüglich beim Betriebsrat/Personalrat zu melden und keine Gespräche ohne ihn zu führen!

[ ENDE Baustein A ]

Was möchte die Geschäftsleitung wissen?

Die Geschäftsleitung verfolgt damit folgende Ziele:

ACHTUNG!!!

Kolleginnen und Kollegen, Ihr seid nicht verpflichtet dem Arbeitgeber Auskunft über Eure Krankheit, Eure familiäre Situation sowie Euer persönliches Verhalten zu geben.

Redet Euch nicht um Kopf und Kragen, sondern kommt zum Betriebsrat.

Wehrt Euch mit uns gemeinsam, denn durch Rückkehrgespräche wird kein Kranker gesund!

[ Hier sind die Bausteine A oder/und B einzusetzen]

Die "grundsätzlichen Gebote" für den Umgang mit der eigenen Gesundheit und das Verhalten in Rückkehrgesprächen lauten:

Im nächsten Info folgen genaue Anweisungen zum Verhalten in Rückkehrgesprächen.

[ Ende Info 1 ]

 =>zum Anfang 


[Anfang Info 2 ]

INFORMATION DER INTERESSENVERTRETUNG:

RÜCKKEHRGESPRÄCHE IM BETRIEB - WAS MÜSSEN WIR BEACHTEN ?

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Wir haben bereits darüber informiert, dass in unserem Betrieb Rückkehrgespräche nach krankheitsbedingter Abwesenheit stattfinden. Wir haben auch darüber informiert, was die Geschäftsleitung sich davor erhofft.

[ hier evtl. Bausteine A - D einfügen, oder für diese ein extra Info erstellen ]

Beachtet bitte im Falle von Rückkehrgesprächen grundsätzlich folgende Hinweise:

Beachtet bitte im Rückkehrgespräch folgende Hinweise:

Bei vielen Modellen gibt es bei wiederholter Erkrankung in einem bestimmten Zeitraum ein Gespräch, das bei der Personalabteilung stattfindet. Dieses dient direkt der mittel- bis langfristigen Vorbereitung einer Kündigung aus krankheitsbedingten Gründen! Hier auf keinen Fall ohne Betriebsrat und ohne besonders gründliche Vorbereitung teilnehmen!

Wichtig: Die Beachtung dieser Hinweise bietet einen gewissen Schutz. Dennoch nicht vergessen: Dies ist und bleibt eine systematische Jagd auf Kranke, die wir gemeinsam verhindern/abwehren müssen !!!

[ Ende Info 2 ]

 =>zum Anfang 


[ ANFANG Info 3 ]

INFORMATION DER INTERESSENVERTRETUNG:

BETRIEBSVEREINBARUNG ÜBER RÜCKKEHRGESPRÄCHE IM BETRIEB !

Liebe Kolleginnen und Kollegen!

Die Geschäftsleitung will in Rückkehrgesprächen von Euch Informationen erhalten, um auch zukünftige Fehlzeiten abschätzen zu können:

Oft wird dabei auch versucht, Euch gegeneinander aufzuhetzen und/oder Euch schlechtes Gewissen einzureden. Kolleginnen und Kollegen: Niemand muss sich schämen, weil sie/er krank war!

Wichtig ist, dass das Gespräch niemanden unvorbereitet trifft. Lest daher bitte die Fragen, mit denen Ihr im Rückkehrgespräch rechnen müsst, redet miteinander darüber und bereitet Euch mit der Interessenvertretung Eures Vertrauens darauf vor.

[ Hier den Fragebogen einfügen (bei angestrebter oder bestehender BV) sowie Hinweise zum richtigen Verhalten bei den einzelnen Fragen und evtl. Antwortvorschläge (siehe hierzu die Fußnoten 1 und 2) ]

Achtung: Scheinbare Fürsorge! Eure Krankheit ist Privatsache. Nichts unterschreiben! Krankheitsbedingte Kündigung droht — die Interessenvertretung berät!

[ ENDE Info 3 ]

 =>zum Anfang 


Teil II : Bausteine A - D

(optional einzubauen in die Infos der Interessenvertretung 1 - 2)

 


[ ANFANG Baustein A ]

KollegInnen: Wie können wir uns wehren?

Wer hat oder hatte Rückkehrgespräche? Bitte beim Betriebsrat/Personalrat melden — wir beraten!

Die Meldung aller Rückkehrgespräche ist aber auch wichtig, damit der Betriebsrat /Personalrat diese kontrollieren und verhindern kann!

Rückkehrgespräche = Aushorchgespräche und Anschißgespräche

Vorsicht! (krankheitsbedingte) Kündigung droht!

Informiert den Betriebsrat/Personalrat, wenn der Vorgesetzte Euch zum Gespräch ruft und zieht den Betriebsrat /Personalrat mit hinzu!

Sagt nichts über Eure Erkrankung und unterschreibt nichts!

[ ENDE Baustein A ]

 =>zum Anfang 


[ ANFANG Baustein B ; Info 1 sollte vorher erschienen sein ]

Liebe Kolleginnen und Kollegen,

Die Geschäftsleitung will eine Betriebsvereinbarung zu Rückkehrgesprächen. Ihr kennt bereits unsere Position zu Rückkehrgesprächen. Deshalb informieren wir heute, wie wir vorhaben, eine solche Betriebsvereinbarung zu verhindern oder zumindest zu beeinflussen, denn das können wir nur alle gemeinsam!

[hier ggf. einen vorliegenden Entwurf der Geschäftsleitung einfügen]

Wir lehnen den vorliegenden Entwurf ab!

Unsere bisherige Argumentation:

Diese weiteren Abwehrmöglichkeiten stehen uns noch zur Verfügung:

[ Aus der nachfolgenden Checkliste sollte der Betriebsrat / Personalrat geeignete Maßnahmen auswählen und die Belegschaft über die nächsten Schritte informieren: ]

All dieses müssen und wollen wir nur gemeinsam angehen! Wir werden über weitere Schritte informieren.

Liebe Kollegin, lieber Kollege,

redet darüber miteinander und macht bitte weitere Vorschläge für Aktionen. Und denkt daran:

Kränkungen, Streß und Angst um den Arbeitsplatz machen krank - sich wehren und seine Interessen (gemeinsam) vertreten stärkt den Rücken!

[ ENDE Baustein B ]

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[ ANFANG Baustein C ; Info 1 sollte vorher erschienen sein ]

Liebe Kollegin, lieber Kollege,

wir haben eine Betriebsvereinbarung zu Rückkehrgesprächen - sie ist uns durch die Einigungsstelle aufgezwungen worden/abgepreßt worden/....

Beachtet bitte die Hinweise zu Rückkehrgesprächen aus dem Flugblatt vom..... [ Info 1 ]

Wir werden im nächsten Info den Inhalt der Betriebsvereinbarung abdrucken, erläutern und mit Verhaltenshinweisen versehen; sie kann aber bereits jetzt bei uns abgeholt werden.

Wenn ihr

dürfte die Geschäftsleitung schnell das Interesse an diesen Gesprächen verlieren.

Wir haben noch weiteres vor, um die Durchführung so teuer und umständlich wie möglich zu machen und die Geschäftsleitung kann dies ruhig wissen:

[ ENDE Baustein C ; das Thema ist damit natürlich noch lange nicht "vom Tisch"! ]

 =>zum Anfang 


[ ANFANG Baustein D zum Thema "Blaumacher"
( Info "extra" oder ein Kasten in Info 1 - 2 ) ]

"Die, die wirklich krank sind, die sind ja gar nicht gemeint...."

Das heißt, der Arbeitgeber will an die "Blaumacher" ran. Das sagt er nur nicht so direkt.

Dabei scheint es auf den ersten Blick vielen doch ganz in Ordnung.

Fast jede/r glaubt schließlich auch "Blaumacher" zu kennen, ärgert sich über sie oder beneidet sie vielleicht sogar.

Auf den zweiten Blick entdeckt man jedoch die Gefahren:

  1. Mit der Aussage, daß "nur die Faulkranken" gemeint sind, kann jeder/r verdächtigt werden.
  2. Auch ich könnte so verdächtigt werden. Und müßte mich vor allen ausziehen, um den Verdacht zu entkräften.
  3. Ich müßte jemanden sehr gut kennen, um wirklich wissen zu können, daß eine Krankheit "nicht echt" ist.
  4. Eine ungezielte Verdächtigung - und jede/r kann zum Detektiv werden, jede/r fühlt sich schuldig. Das macht krank.

Also: Die Diskussion über "Blaumacher" machen wir nicht mit.

Sie wird zu leicht mißbraucht, um alle Kranken unter Druck zu setzen.

Unserer Gesundheit nützt sie nichts.

[ ENDE Baustein D ]

 =>zum Anfang 


ANMERKUNGEN:

1) Kontakt: Mag Wompel, Saladin-Schmitt-Str. 23, 44789 Bochum; Tel: 0234-34022; mail: mag.wompel@labournet.de

2) Beauftragung Sachverständiger nach § 80 Abs. 3 BetrVG oder Seminarteilnahme (Freistellungsanspruch nach § 37 Abs. 6 BetrVG, erforderlich: Beschluss des Betriebsrats)

3) Z.B. in Zusammenarbeit mit dem LabourNet Germany (http://www.labournet.de); Kontakt siehe Fußnote 1

 

LITERATUR ZUM THEMA:

Wompel, M. (1998): Jagd auf Kranke - Rückkehrgespräche auf dem Vormarsch, Offenbach. (ISBN 3-88534-318-5) Bestelladresse (für 10,- DM plus Porto): AFP e.V. Postfach 10 20 62, 63020 Offenbach, oder Bleichstraße 9, 63065 Offenbach, Telefon (069) 88 50 06, Fax (069) 82 11 16; e-mail: express-afp@t-online.de

Wompel, M. (1997): Krankenrückkehrgespräche: Kommunikation um jeden Preis? In: Arbeit & Ökologie-Briefe Nr. 20 vom 1.10.1997, 9-10.

Bueren, H./Wompel, M. (1998): Krankenrückkehrgesprächegespräche vor, während + nachher. Hinweise und Argumentationshilfen für Betriebsräte und KollegInnen, hrsg. von Landesarbeitsgemeinschaft Arbeit und Leben NW e.V., Düsseldorf. (ISBN 3-925724-11-7)

Wompel, M. (1999): "Anwesenheit im Krankheitsfall". Effekte und Schlupflöcher von Konzepten zur Fehlquotensenkung, in: express 1, S. 7.

LabourNet Germany: Beiträge zum Thema "Arbeit trotz(t) Gesundheit unter: http://www.labournet.de/diskussion/arbeitsalltag/index-gh.html

=>zum Anfang 



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