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Updated: 18.12.2012 15:51
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Nächster Zeitarbeitsdeal

Nun auch Branchenzuschläge für Leiharbeiter bei der Bahn vereinbart. Geringere Zulage als bei der IG Metall. Ver.di vor erstem Sondierungsgespräch

Nach der IG Metall und der IG BCE hat auch die Eisenbahn- und Verkehrsgewerkschaft (EVG) mit den Zeitarbeitsverbänden einen Kompromiß über Branchenzuschläge erzielt. Wie beide Seiten am Freitag bekanntgaben, entspricht die Einigung in der Struktur den anderen bislang vereinbarten Regelungen. Auch die in der Schienenverkehrsbranche tätigen Leiharbeiter sollen demnach nach Einsatzdauer gestaffelte Zuschläge erhalten. Allerdings liegen diese deutlich unter den von der IG Metall durchgesetzten Zulagen. Ver.di bleibt unterdessen skeptisch, ob auch in den von ihr vertretenen Branchen eine Einigung möglich ist.

»Die EVG hat nach langen Verhandlungen erreichen können, daß der unterschiedlichen Bezahlung von Stammbeschäftigten und Leiharbeitern ein Ende bereitet wird«, heißt es in der Pressemitteilung der Gewerkschaft. »Künftig werden die Löhne von Leiharbeitern, je länger diese in einem Eisenbahnunternehmen arbeiten, immer stärker denen der Stammbelegschaft angepaßt.« Einen ersten Zuschlag erhalten die Betroffenen ab einer Einsatzzeit von sechs Wochen, die maximale Zuzahlung wird erst nach neun Monaten ununterbrochenen Einsatzes in der Branche fällig. Während aber im IG-Metall-Vertrag die Zuschläge bei zehn Prozent des Leiharbeiter-Grundlohns beginnen und nach neun Monaten 50 Prozent erreichen, ist es bei der ehemaligen Transnet und heutigen EVG deutlich weniger. Beschäftigte der Entgeltgruppe eins – die bei einem Stundenlohn von 7,01 Euro im Osten und 7,89 Euro im Westen anfängt – erhalten ebenso wie ihre Kollegen in den Gruppen zwei, vier und fünf im ersten Schritt vier Prozent mehr. Nach neun Monaten erhöht sich dieser Zuschlag schrittweise auf 14 Prozent. In der Entgeltgruppe drei liegt die Spanne zwischen drei und zehn Prozent, während die oberen Einkommensgruppen leer ausgehen.

»Mit dieser Regelung hat die EVG für alle Zeitarbeitnehmer der Branche Schienenverkehr endlich eine einheitliche Regelung erreicht«, erklärten die gewerkschaftlichen Verhandlungsführer, Heinz Fuhrmann und Regina Rusch-Ziemba, per Mitteilung. Zugleich betonten sie, daß die sogenannte Arbeitnehmerüberlassung keine Regelarbeit verdrängen dürfe. »Wir werden auch weiterhin sehr genau darauf achten, daß Zeitarbeit nur da zur Anwendung kommt, wo dies betrieblich notwendig ist.«

Sowohl die EVG als auch die von den Unternehmerverbänden BAP und iGZ gebildete Verhandlungsgemeinschaft Zeitarbeit (VGZ) erklärten, durch die Vereinbarung »schließt sich künftig die Tariflücke zur Stammbelegschaft«. Ob damit die Stammbeschäftigten der Bahn AG gemeint sind, blieb allerdings unklar. BAP-Sprecher Michael Wehran sah sich auf jW-Nachfrage außerstande zu erklären, ob eine Differenz zwischen den erhöhten Leiharbeiterentgelten und den regulären Bahntarifen bestehen bleibt und wenn ja, wie hoch diese ist. EVG-Sprecher Uwe Reitz wollte sich in dieser Frage kundig machen und zurückrufen, was leider unterblieb. Fest steht: Selbst bei der IG Metall wird »Equal Pay«, also die gleiche Bezahlung von Leih- und Stammbeschäftigten, auch in der höchsten Zuschlagsstufe nicht erreicht. Die Benachteiligung könne im Einzelfall »immer noch einige tausend Euro im Jahr ausmachen«, so IG-Metall-Sprecher Jörg Köther kürzlich gegenüber jW. Es ist zu vermuten, daß es bei der Bahn ähnlich bzw. eher schlechter aussieht.

Nichtsdestotrotz nannte der stellvertretende VGZ-Verhandlungsführer Holger Piening die Vereinbarung »ein klares Zeichen, daß die sachgerechte Lohnangleichung Priorität« habe. Sein Kollege Thomas Bäumer ergänzte: »Nach der Vereinbarung mit der IG Metall im Mai und zwei Verträgen mit der IG BCE im Juni und August hat die VGZ nun den vierten Abschluß mit einer Einzelgewerkschaft erreicht und so die Forderung der Politik nach Equal Pay auf tariflichem Wege weitreichend erfüllt.« Soll heißen: Die von Bundesarbeitsministerin Ursula von der Leyen (CDU) ursprünglich angedrohte Gesetzesinitiative sei unnötig. »Wir hoffen, daß uns ähnliche Regelungen auch mit den anderen Einzelgewerkschaften gelingen«, sagte Bäumer.

Bei ver.di bleibt man dennoch skeptisch. Es gebe bislang keine regulären Verhandlungen mit der VGZ, betonte deren Sprecher Jan Jurczyk auf jW-Nachfrage. Am 20. August werde man sich erstmals zu einem Sondierungsgespräch treffen um auszuloten, »ob Verhandlungen prinzipiell möglich sind«. Die von IG Metall, IG BCE und nun auch der EVG akzeptierten Fristen, wonach die ersten sechs Wochen zuschlagsfrei sind und erst nach neunmonatigem Einsatz der Maximalbetrag fällig wird, seien für ver.di jedenfalls zu lang. Jurczyk begründete dies u. a. mit den vielfach deutlich kürzeren Einsatzzeiten von Leiharbeitern im Dienstleistungsgewerbe. Vermutlich auch mit Blick auf diese ver.di-Argumentation betonte VGZ-Mann Bäumer: »Das grundsätzliche System und die zeitlichen Abläufe der Zuschlagszahlungen sollten identisch sein, um Bürokratie und Mißverständnisse zu vermeiden.«

Artikel von Daniel Behruzi aus der jungen Welt vom 13.08.2012


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