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Updated: 18.12.2012 15:51
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IG Metall : Mehr Eigeninitiative statt Mindestlohn ? - und ein Paradigmenwechsel bei der SPD - ein europäischer Blick

Ach ja, es ist gut , dass diese Stimme für mehr Eigeninitiative der deutschen Gewerkschaften noch auf den Tisch kommt, denn sie ist so "gängig" in den Gewerkschaften - nur leider bleibt sie in dieser nationalen "Beschränkung" stehen. Warum leider ? Würde man französische und andere europäische Gewerkschafter mit an dieser Diskussion beteiligen, könnte sich diese Meinung als ziemlicher ökonomischer und sozialer "Un"sinn entpuppen - oder einfach durch lautes Auflachen hervorrufen verbunden mit der Frage , wo wart ihr denn in den rund letzten 10 Jahren mit eurer "Eigeninitiative" ? - , denn die deutschen Gewerkschaften sind dabei das "Europäische Sozialmodell" mit ihrem fast ein Jahrzehnt währenden "Lohndumping" - im europäischen Maßstab - auf Grund zu fahren..

Haben es andere Länder mit ihren Gewerkschaften bei der Lohnentwicklung doch zu deutlichen Steigerungen gebracht - bei den deutschen Gewerkschaften Fehlanzeige. Es gibt jetzt verschiedene Möglichkeiten:

  • entweder gucken sich die deutschen Gewerkschaften einmal in den Nachbarländern um, um herauszubekommen, wie so etwas möglich ist - und wieso es eben - vielleicht strukturell bedingt ? - in Deutschland so wenig "Eigeninitiative" zur Lohnsteigerung gibt
  • oder man beginnt doch zu begreifen, dass das deutsche Gewerkschaftsmodell dieser politischen "Abstützung" durch einen Mindestlohn bedarf, um auf diesem Sockel aufbauend noch ein volkswirtschaftlich sinnvolles Lohnniveau hinzubekommen, das die Gewerkschaften in den anderen europäischen Ländern nicht durch Lohnunterbietung in immer ärgere Bedrängnis bringt.

Es könnte sein, dass in dieser Frage die SPD jetzt klüger und weitsichtiger handelt als es diese Position in den Gewerkschaften zunächst vermuten lässt. Hatte die SPD noch mit den Hartz-"Reformen" den freien Fall der Löhne über die Arbeitslosigkeit organisiert, so versucht sie diesem jetzt von unten einen Riegel vorzuschieben. Sozusagen ein Paradigmenwechsel in der politischen Abstützung des Lohnsystems : Wurde früher über den Schutz der Qualifikation das Abgleiten der Löhne politisch abgestützt, so soll jetzt einfach für die nominale Lohnhöhe eine Untergrenze fixiert werden..

Legitimatorisch ist das ein Eingeständnis von Schwäche für die Gewerkschaften. Nur lässt sich diese nicht mit "Sprüchen" von mehr Eigeninitiative wieder herstellen, sondern allenfalls durch Analyse dieser strukturbedingten "Schwäche" - und eben erst einmal mit dem Durchsetzen eines Mindestlohnes !!!

Wie im europäischen Maßstab dann dieses Projekt Mindestlohn betrachtet wird, dafür hat die französische Wirtschaftsministerin Lagarde im Kabinett von Sarkozy ein schönes Beispiel abgegeben ,als sie bei einem Besuch der CSU-Bundestagsfraktion in Berlin, die CSU ermunterte weiter gegen den Mindestlohn in Deutschland zu sein (SZ vom 9.1.08) - es könnte ja dann sein, dass die Angriffe in Frankreich auf das bisherige Lohnsystem mit dem SMIG (Mindestlohn) ihre Grundlage verlieren, wenn die Deutschen Gewerkschaften dadurch in die Lage versetzt würden, dass das permanente Abgleiten der Löhne in Deutschland gegenüber den anderen europäischen Ländern beendet werden könnte - und so der "Wettbewerb" der europäischen Nationen - vor allem unter dem Dach der gemeinsamen Währung - nicht in einem Wettlauf nach unten hineingesteigert wird.

Heiner Flassbeck prognostizierte, dass die deutsche Lohnzurückhaltung das gemeinsame Dach des Euro in die Luft sprengen könnte - aber es gibt im gemeinsamen Währungsraum eine Alternative dazu: durch gemeinsame Anstrengungen der konservativen Regierungen das "Europäische Sozialmodell", das sehr stark auf den Löhnen basiert, in Grund und Boden zu rammen - und die Gewerkschaften damit nachhaltig zu beschädigen.

Kommentar von Volker Bahl vom 9.1.08

Es ist ein Kommentar zu: "Wir sind bei Mindestlöhnen zu zahm"
Der neue IG-Metall-Chef von Nordrhein-Westfalen, Oliver Burkhard, mahnt Gewerkschaften zu mehr Eigeninitiative - statt nach der Politik zu rufen. Interview von Eva Roth mit Oliver Burkhard in Frankfurter Rundschau vom 08.01.2008 externer Link


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