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Updated: 18.12.2012 15:51 |
"Hier kommt jeder mal dran". Von Ein-Euro-Jobs, Statistiken und Lobbyisten. Artikel von Ingo Jäckels vom 26.09.2006 Wenn ein Mensch entlassen wird, so bricht - heute zumindest - für ihn ein Stück Welt zusammen. Wir leben immer noch im alten Glauben, dass man sich über seine Arbeit zu definieren hat, natürlich, wir hören es jeden Tag auf die ein oder andere Art und Weise. Im Fernsehen wird uns klar gemacht, dass wir zunächst einen regulären Job brauchen, das ist normal, das ist Pflicht - dass auf dem reellen Arbeitsmarkt mittlerweile allerdings nur noch eine Fluktuation stattfindet, und keine Schaffung neuer Stellen, wird jedoch gerne unter den Tisch fallen gelassen. Man wird eingestellt, nach einer bestimmten Zeit wieder entlassen, um einem anderen Platz zu machen, welcher ebenfalls wieder nach einer bestimmten Zeit entlassen wird. So kommt jeder mal dran. Neben diesen "regulären" Jobs sollte man natürlich noch einen oder auch zwei Nebenjobs übernehmen, denn irgendwie muss man das Geld ja rein bekommen. Statt neuer Stellen werden immer neue Methoden gefunden, einen
Arbeitslosen aus der Statistik zu entfernen -
Wiedereingliederungsmaßnahmen, so genannte "1 € Jobs" werden geschaffen. Dass dies gewollt ist, erkennt man, wenn man sich - zumindest im Bereich
der Sicherheitsdienstleistungen, Zugbegleiter - die Anforderungen an
reguläre Bewerber betrachtet und im Vergleich die Voraussetzungen von
Arbeitslosen. Als regulärer Bewerber muss man mindestens eine, meist
privat finanzierte, Prüfung (Sachkundeprüfung §34 a welche durch die IHK Wieso dieser Unterschied und wieso lassen Arbeitslose sich derart
ausnutzen? Der Unterschied kommt nicht von ungefähr: Anbieter von 1€
Jobs erhalten von der jeweils zuständigen ARGE 200 - 500€ monatlich, im
Gegenzug zahlt der Arbeitgeber dem Arbeitslosen eine
Aufwandsentschädigung von 1 - 1,50€ die Stunde. Fahrtkosten oder
Verpflegung werden nicht erstattet, ebensowenig gibt es eine
Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder rentenwirksame Abgaben. Der
Arbeitgeber ist natürlich dazu verpflichtet dafür zu sorgen, dass die
Arbeitsgelegenheit dem öffentlichen Interesse dient. Eine Stolperfalle
hierbei ist folgender Punkt: Alle Aufträge, die ein Arbeitgeber von der Nun zu den Arbeitslosen - diese haben die Wahl; entweder sie nehmen eine
derartige Wiedereingliederungsmaßnahme an, oder sie haben Kürzungen zu
erwarten, welche die Existenz gefährden - über 25 Jahre sind dies 30% von
ALG2 (ALG2 = 347€ pro Monat) und bei unter 25 jährigen in aller Regel
sogar 100% des ALG2. Sie handeln also unter Zwang und dienen keinesfalls Wie es dazu kommen kann? Dazu muss man sich nur einmal betrachten, welche
Organisationen und Personen die Bundesregierung - also den Gesetzgeber -
beraten; es handelt sich ausschließlich um Wirtschaftsvertreter, die
natürlich nur im Interesse der Wirtschaft handeln. Ebenfalls interessant
sind die Nebeneinkommen und Aufsichtsratsposten diverser Abgeordneter - Es sind Lobbyisten, die in Deutschland die Gesetze machen, und diese dienen nicht mehr dem Volk, sondern einzig den Unternehmern, welche es sich leisten können Spenden und Schmiergelder zu zahlen. Hier ist die Gesellschaft gefragt, Veränderungen zu bewirken - Gesellschaft, das bedeutet, dass jeder Einzelne daran mit trägt, ob er dieses System weiterhin unterstützen will oder ob er Veränderungen zum wohle der hier lebenden Menschen erwirken möchte. Es wird, so wie es derzeit läuft, keinesfalls besser, sondern für den Einzelnen - ob arbeitend, Rentner, Student, Kleinunternehmer oder arbeitslos - in jedem Fall schlimmer. |