Home > Diskussion > Arbeit: Prekär > Existenzgeld > LinksKritik > thier | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
Linke und das BGE KeineR muss sich für das Bedingungslose Grundeinkommen (BGE) begeistern. Wer weiterhin einer Erwerbsarbeit nachgehen will, kann das auch nach Einführung des BGEs tun. Das BGE ist eine Erlösung für all die, die unter ihrer Erwerbsarbeit leiden, die keine Lust auf Masochismus haben und nicht an die Illusion eines gerechten Wettbewerbs im herrschenden System glauben. Dabei ist es aus linker Sicht nicht Sinn und Zweck eines BGEs, einem nicht mehr finanzierbaren Sozialstaat zu helfen, einen Niedriglohnsektor zu beseitigen oder die internationale Konkurrenzsituation zu verbessern. Dies alles sind Nebenprodukte der Umsetzung des Rechts auf ein gutes Leben eines jeden Menschen, ohne dass er dafür eine Gegenleistung erbringen muss. Deshalb die klare Forderung nach 1500 € monatlich netto für jedeN in Deutschland bei Einführung des BGE in der ganzen Europäischen Union. Deshalb wird zur Finanzierung des BGEs auch Geld von oben nach unten umverteilt und das Geld, das über eine gutes Leben hinausgeht, der Dritten Welt zur Verfügung gestellt. Über die Höhe der Unternehmens-, Vermögens-, Erbschafts- und Börsenumsatzsteuer entscheidet das Volk. Mit diesem Konzept sind Arbeitszeitverkürzung und Mindestlöhne überflüssig, weil Menschen nicht länger einer Erwerbsarbeit nachgehen, als sie Lust haben, und ihre menschenwürdige Existenz gesichert ist. Für Linke geht die Entwicklung jenseits des BGE-Horizonts weiter: Viele werden kostenlos arbeiten. Viele werden sich zu gemeinsamer Produktion zusammentun und das Erwirtschaftete mit anderen nicht tauschen, sondern teilen. Der Staat fördert solche Selbstversorgungs-Gemeinschaften und -Netzwerke, bis diese sagen: "Wir brauchen kein BGE mehr. Wir brauchen keine Förderung mehr. Der Staat hat seine Schuldigkeit getan, der Staat kann gehen." Menschen liefern den praktischen Gegenbeweis zum herrschenden Wirtschaftssystem: "Es geht auch anders. Wir können auch anders." Menschen erinnern sich an eine Form des Wirtschaftens, wie sie in der Geschichte der Menschheit die meiste Zeit üblich war und heute noch in manchen Winkeln der Erde ist. Menschen atmen auf und denken darüber nach, was sie eigentlich tun. Was sie produzieren und konsumieren und ob das eigentlich sinnvoll ist. Sobald Menschen Gelegenheit haben nachzudenken, funktioniert der Markt/der Kapitalismus nicht mehr. Sozialismus wird hier verstanden als ein Wirtschaften ohne Tauschverhältnisse und ohne Geld, weil notwendig im Kapitalismus landet, wer sich auf Tauschverhältnisse einlässt (nachzuvollziehen an der Geschichte der Menschheit), und weil in naher Zukunft die internationalen Finanzsysteme zusammenbrechen werden. Sozialismus steht deshalb unabwendbar auf der Tagesordnung der Weltpolitik. Damit korrespondiert die zunehmende Zahl der Menschen mit dem dunklen Gefühl: "Nicht so weitermachen wie bisher. Die eigenen Bedürfnisse zur Geltung kommen lassen." Mehr für Menschenrechte tun? Mehr für die Reduzierung der Treibhausgase tun? Nein, die Menschenrechte absolut realisieren und den Anstieg der Treibhausgase absolut verhindern. Sozialismus wird hier auch verstanden als Selbstbestimmung und Selbstorganisation der Menschen (Demokratie). Menschen, vor allem junge Leute, Positionen beziehen und sie sich im Austausch mit der Praxis entwickeln lassen. Damit ist der Sozialismus schärfer definiert als in der Vergangenheit. Damit hebt er sich klarer vom Kapitalismus ab. Damit ist aber auch klargestellt, dass es keinen dritten Weg zwischen Kapitalismus und Sozialismus gibt. Historisch lässt sich das an Josip Broz Tito und Gerhard Schröder nachvollziehen. Arbeit ist kein notwendiges Übel, sondern macht Spaß, solange sie selbstbestimmt ist. Denn sie verschafft Selbstbewusstsein und Anerkennung als nützliches Glied einer Gemeinschaft. Jedem Menschen ist es Bedürfnis, sich seinen Mitmenschen nützlich zu erweisen, wenn er ausgeschlafen und gut gefrühstückt hat. Von einigen Indianerstämmen ist uns überliefert, dass sie sich zusammentun, wenn eineR ein Haus braucht, es gemeinsam bauen und immer wieder ein Fest einlegen, wenn sie keine Lust mehr haben. Bleibt noch der theologische Einwand gegen das BGE: Es gäbe kein richtiges Leben im falschen. Wirklich? Ich kann mich nicht menschlich verhalten im Kapitalismus? Ich kann meine Würde im Kapitalismus nicht bewahren? Dann können wir gleich einpacken. Linke in Deutschland haben gute Gründe, in der Diskussion zum BGE mitzureden und ihr Licht nicht unter den Scheffel zu stellen. Wie das im einzelnen funktionieren kann, ist nachzulesen auf www.kthier.de/KT/id2.htm . Karl-Heinz Thier |