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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Rainer Roth Bedingungsloses Grundeinkommen - flächendeckende Lohnsubvention! Vortrag bei einer Veranstaltung von Ver.di und EhE e.V. in Duisburg am 19.01.2007
I) Einleitung Ende Dezember 2006 habe ich der jungen welt ein Interview zum Thema Bedingungsloses Grundeinkommen gegeben. Die Redaktion der jw hat mir auf der Titelseite zur Ankündigung des Interviews die Auffassung unterschoben, dass ich angeblich das BGE für nichts als eine Illusion halte. Dieser Meinung bin ich nicht. Es ist in der Tat eine Illusion, weil seine linken Anhänger glauben, dass auf dem Boden des Kapitalismus Armut und Zwang zur Lohnarbeit abschaffbar wären. Aber das BGE spiegelt auch Bedürfnisse wieder, die nicht illusionär, sondern völlig berechtigt sind.
Gefördert wird diese Entwicklung durch Krisen, die periodisch alle 8 bis 10 Jahre auftreten. Der gegenwärtige Aufschwung bereitet die nächste Krise vor, die vermutlich in zwei-drei Jahren ausbrechen wird. Das wird den Sockel der Arbeitslosigkeit erneut aufstocken. Das Gefühl, dass sich grundlegend etwas ändern müsste, wächst auch dadurch, dass die Verwertungsschwierigkeiten des Kapitals zunehmen. Der Druck auf die Renditen steigt, je mehr LohnarbeiterInnen durch Maschinen und Anlagen ersetzt werden. Immer weniger LohnarbeiterInnen müssen höhere Gewinne erarbeiten, damit die wachsende Masse an investiertem Kapital wenigstens dieselbe Profitrate abwirft. Der Druck auf die Renditen steigt auch, je höher der Kapitalüberschuss wird, der nach Anlagen sucht. Die weltweite Konkurrenz der Konzerne verschärft sich. All das führt dazu, dass das Kapital und seine politischen Parteien aggressiver werden und Lohn- und Sozialabbau selbst in Zeiten guter Konjunktur durchsetzen wollen. Meines Erachtens steht das gesamte Lohnsystem, steht die Kapitalverwertung, stehen die Eigentumsverhältnisse insgesamt in Frage, wenn immer mehr Menschen trotz steigenden gesellschaftlichen Reichtums unter diesen Bedingungen nicht mehr über die Runden kommen können. Darum geht es und nicht nur um eine Modifikation des Lohnsystems unter Beibehaltung der Kapitalverwertung und der entsprechenden Eigentumsverhältnisse. II) Bündnis Erwerbstätige und Erwerbslose stärken Der Haupthebel zur Senkung der Löhne ist die Arbeitslosigkeit. Sie fördert die Konkurrenz zwischen den Arbeitskräften. Die Spaltung zwischen Erwerbslosen und Beschäftigten maximal zu verstärken, ist das Ziel des Kapitals. Ihr maximal entgegenzuwirken, müsste umgekehrt unser Ziel sein. Diese Einheit zu fördern, ist absolut notwendig, um Lohn- und Sozialabbau unter den gegenwärtigen Bedingungen entgegenzutreten. Auf der Tagesordnung steht dabei der Kampf für einen gesetzlichen Mindestlohn von mindestens zehn Euro, wie es der Frankfurter Appell fordert und die Forderung nach einer Erhöhung des Eckregelsatzes von 345 Euro auf mindestens 500 Euro. Da das Hartz-Niveau eine Art Mindestlohn definiert, müssen beide Forderungen immer zusammen aufgestellt werden, um die gemeinsamen Interessen von Erwerbstätigen und Erwerbslosen zu fördern. Die DGB-Führung tut das nicht. Sie stellt keine Forderung nach einer Regelsatzerhöhung auf, sondern nur die nach einen gesetzlichen Armutslohn von 7,50 Euro. Die DGB-Führung hat Mehrwertsteuererhöhungen sogar gefordert, um die sogenannten Lohnnebenkosten, d.h. die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung senken zu können. Als Abfallprodutk würden dann auch Erwerbstätige ihr Einkommen erhöhen. Aber dadurch, dass es bei Erwerbslosen real gesenkt wird. III) Jetzt zur Sache Es ist völlig richtig, ein höheres Grundeinkommen für Erwerbslose zu fordern und die gegenwärtigen Bedingungen zu bekämpfen, unter denen es gezahlt wird. Es ist auch richtig, dass es für diejenigen Erwerbslosen, die für das Kapital auf Dauer überflüssig sind, ohne Bedingungen gezahlt werden sollte. (Beispiel: 58er Regelung) In dem Moment aber, wo ein bedingungsloses Grundeinkommen für alle Menschen verlangt wird, gehen die Wirkungen dieser Forderung weit über das Interesse von Erwerbslosen hinaus, ihre Lage zu erleichtern. Denn die Bedingungslosigkeit schließt ein, dass für Dutzende Millionen Lohnabhängige nicht mehr der Lohn und die von ihm abgeleiteten Zahlungen wie Renten, Arbeitslosengeld usw.. Grundlage für die Bestreitung ihrer Lebenshaltungskosten sind, sondern aus Steuern bezahlte staatliche Leistungen. Die Bedingungslosigkeit verwandelt das Grundeinkommen in eine massive flächendeckende Lohnsubvention, die das Tarifsystem und das Sozialversicherungssystem von der Wurzel her angreift und auch tendenziell an die Stelle eines gesetzlichen Mindestlohns tritt. Die Bedingungslosigkeit verwandelt das Grundeinkommen in ein Trojanisches Pferd, mit dem Flächentarifverträge völlig untergraben werden. Aber nein, antworten Vertreter des BGE: Das wollen wir doch gar nicht. So sprach Katja Kipping, stellvertretende Vorsitzende der Linkspartei und eine der SprecherInnen des Netzwerks Grundeinkommen davon, dass " sagen wir 1.000 Euro Grundeinkommen zum Lohn dazu kommen ". (jw 18.12.2006) Ebenso äußert sich auch ihr Mitarbeiter Roland Blaschke. Ob ein staatliches Grundeinkommen zum Lohn dazu kommt, wird aber letztlich nicht durch politische Absichtserklärungen entschieden, sondern durch die Gesetze des Arbeitsmarkts. Die Arbeitskraft ist eine Ware, die zu einem bestimmten Preis verkauft wird. Der Preis dieser Ware ist der Lohn. Der Lohn dient nicht dazu, "die Leistung" oder "die Arbeit" abzugelten, sondern dazu, dass Arbeitskräfte ihre Arbeitskraft täglich wiederherstellen sowie den Nachwuchs an Arbeitskräften großziehen können. In demselben Umfang, in dem dieser Zweck aus Steuermitteln befriedigt wird, müssen die Käufer der Ware Arbeitskraft nicht mehr über den Lohn für die Erhaltungskosten der von ihnen gekauften Ware aufkommen. Wenn Preise von Waren aus staatlichen Mitteln gedeckt werden, sinkt der Preis für den Käufer dieser Ware. Das gilt nicht nur für Subventionen des Preises der Ware Arbeitskraft, sondern auch für Subventionen des Kohlepreises, für Subventionen der Fahrpreise für öffentliche Verkehrsmittel usw.. Die Finanzierung der Reproduktionskosten aus Steuermitteln macht Lohnsenkungen möglich. Das BGE wird von seinen VertreterInnen zu einem Zeitpunkt in den Mittelpunkt des Interesses der Sozialen Bewegungen gestellt, in dem das Kapital sein Interesse an Lohnsubventionen in verschiedenen Formen stärker zum Ausdruck bringt. a) Die CDU will Löhne mit 50% Steuermitteln befristet subventionieren, wenn über 50-jährige oder unter 25-jährige eingestellt werden. b) Die SPD favorisiert z.Zt. die Übernahme der Sozialversicherungsbeiträge alleinstehender Arbeitnehmer durch den Staat bis zu einem Vollzeiteinkommen von 750 Euro, bzw. Paaren bis zu 1.300 Euro. Der Nettolohn würde sich damit um rd. 150 bzw. 260 Euro erhöhen. Zweck ist nicht, Arbeitsanreize für an Lohnarbeit desinteressierte Erwerbslose zu erhöhen. Letzter Zweck ist, die Lohnkosten für das Kapital zu senken, teurere durch billigere Arbeitskräfte zu verdrängen und damit die Profite zu steigern. Jede Verbilligung der Ware Arbeitskraft für den Käufer dieser Ware ist ein Anreiz die Bruttolöhne zu senken, sofern das aufgrund der jeweils noch bestehenden Tarifstrukturen möglich ist. Je stärker Lohnsubventionen ausgebaut werden, desto stärker wird der Anreiz für das Kapital und der staatlichen Arbeitgeber, aus dem jetzigen Tarifvertragssystem auszutreten, um die Möglichkeit in Anspruch zu nehmen, die Bruttolöhne zu drücken. Diese Marktgesetze wirken unabhängig vom Willen von Politikern. Sie setzen sich durch, auch wenn Kräfte, die den staatlichen Einfluss für ausschlaggebend halten, verkünden, sie würden sich nicht durchsetzen. Politiker haben häufig Illusionen in die Reichweite der Politik gegenüber der Ökonomie. Auch wenn die CDU sich z.B. wünscht, dass die Nettoverschuldung bis 2011 auf 0 heruntergefahren wird: die nächste Krise wird dem genauso einen Strich durch die Rechnung machen wie dem früheren Finanzminister Eichel, der 1999 die Beseitigung der Nettoneuverschuldung bis 2005 versprochen hatte. Leider hatte er vergessen, dass es ökonomische Krisen gibt. Die Vorstellung, dass Lohnsubventionen im Prinzip in Ordnung sind, aber nicht die Folgen haben dürfen, die sie haben müssen, wird von der DGB-Führung verbreitet. Sie will damit die SPD unterstützen. "Den Überlegungen der SPD, Geringverdiener durch Steuergutschriften bei den Sozialabgaben zu entlasten, steht der DGB grundsätzlich offen gegenüber. ... Nach Meinung des DGB muss bei der weiteren Konkretisierung des SPD-Konzepts sichergestellt sein, dass durch die Erstattung der Sozialabgaben für Geringverdiener das Lohnniveau nicht nach unten gezogen wird ." (einblick vom 15.01.2007, 1/07, 2) So Annelie Buntenbach. Genauso könnte man sagen: wir begrüßen dunkle Wolken, müssen aber sicherstellen, dass es nicht zum Regen kommt. Die Beschönigung der Eigeninteressen des Kapitals ist typisch sozialdemokratisch. Bestreben ist, dem Kapital ein soziales Mäntelchen umzuhängen. Dennoch gilt: In dem Maße, in dem der Staat Lohnkosten übernimmt, muss das Kapital sie nicht mehr tragen. Das steigert seine Profite. Und das ist auch der Zweck von Lohnsubventionen. Im gleichen Sinn hat sich Buntenbach positiv dazu geäußert, dass die Beiträge zur Arbeitslosenversicherung auch aus Mitteln der erhöhten Mehrwertsteuer gesenkt worden sind. Erwerbslose z.B. zahlen ab 1.1.2007 mit einer realen Senkung der Regelsätze dafür, dass Arbeitnehmer zumindest zeitweilig Vorteile haben und die Arbeitgeberbeiträge des Kapitals sinken. Erhöhung der Mehrwertsteuer, um die sogenannten Lohnnebenkosten zu senken, ist eine alte Forderung von Sommer und Co.. Dass das bedingungslose Grundeinkommen das Ergebnis und von ihrem Stanpunkt auch den Zweck hat, Bruttolöhne und Sozialversicherungsbeiträge zu reduzieren, sprechen Vertreter des Kapitals offen aus. Sie kennen die Gesetze des Kapitalismus und die Interessen des Kapitals besser als Linke, die vergeblich daran arbeiten, die Saulusse des Kapitals in Paulusse zu verwandeln. Thomas Straubhaar, Direktor des Hamburger Welt-Wirtschaftsinstituts z.B., ein intelligenter Botschafter der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft und des Bedingungslosen Grundeinkommens, formuliert das Interesse des Kapitals an flächendeckenden Lohnsubventionen glasklar. "Sie (die staatliche Grundsicherung, d.V.) darf an keine Bedingung geknüpft sein. Alle 80 Millionen Bundesbürger sollen sie bekommen. ... Wir müssen dann aber auch akzeptieren, dass es extrem niedrige Löhne geben kann ." (in: Berliner Zeitung 17.03.2006) Eben weil sie durch das steuerfinanzierte BGE entsprechend ersetzt werden können. Es geht um höhere Profite, um was sonst. Thomas Straubhaar erklärt weiterhin:" In meinem Modell würde ich völlig abschaffen alles, was heute mit dem Etikett soziale Sicherungssysteme bezeichnet wird. Die brauchen wir ja dann nicht mehr, weil wir dieses Grundeinkommen haben, ..." (Straubhaar ebda.) Je höher das (steuerfinanzierte) Grundeinkommen ist, desto mehr können die Beiträge zur Sozialversicherung gesenkt werden. Das BGE wirkt gegenüber der Sozialversicherung ähnlich wie gegenüber dem Lohn insgesamt. Lohnsenkung und Abschaffung der Sozialversicherung ist Ziel. Das BGE fördert solche Bestrebungen, auch wenn seine linken Vertreter erklären, das nicht zu wollen bzw. den Glaubenssatz verkünden, dass Lohnsubventionen selbstverständlich nicht der Senkung der Löhne dienen. Das Netzwerk Grundeinkommen möchte auch das Kapital für das BGE gewinnen. In seiner Grundsatzerklärung erklärt es deshalb:" Auch die Unternehmen gewinnen: motivierte MitarbeiterInnen, mehr Risikobereitschaft aufgrund der Einkommenssicherheit, niedrigere Lohnnebenkosten wegen der Verlagerung auf Steuerfinanzierung ." Wenn Renten und Arbeitslosengelder aus Steuermitteln getragen werden, müssen die Arbeitgeber im selben Umfang keine Sozialversicherungsbeiträge mehr zahlen. Als Lohnnebenkosten gelten nur die Arbeitgeber-, nicht aber die Arbeitnehmerbeiträge. Die Unternehmen "gewinnen", sagt das Netzwerk dazu, d.h. ihre Profite steigen. Die Profite steigen, weil Arbeitgeberbeiträge zur Renten- und Arbeitslosenversicherung mit dem BGE sinken oder sogar völlig entfallen können. Das BGE ersetzt aber nicht nur die Arbeitgeberbeiträge zur Sozialversicherung (die sog. Lohnnebenkosten) durch Steuermittel, sondern auch die Tariflöhne. Wieso soll das BGE nur für Unternehmen positive Folge haben, die Arbeitgeberbeiträge zu senken, nicht aber auch die positive Folge, die Bruttolöhne zu senken? Genauso wenig, wie das BGE bei den Lohnkosten für Sozialversicherungen dazu kommt, kommt es zum Lohn dazu. Es ersetzt ihn. Es ist Heuchelei, wenn das Netzwerk Unternehmen mit dem Köder Lohnsenkungen und Profitsteigerung gewinnen will, andererseits aber bestreitet, dass das BGE zu Lohnsenkungen führt, sondern zum Lohn dazu kommt. Das BGE ist ein Trojanisches Pferd. Die Interessen von Erwerbslosen dürfen nicht so vertreten werden, dass mit ihrer Verwirklichung die beschäftigten LohnarbeiterInnen in die Pfanne gehauen werden, in dem ihre Tarifverträge und die Sozialversicherung zum Einsturz gebracht werden. Die linken BefürworterInnen des BGE bestreiten das. Sie sprechen im Gegenteil davon, dass im Gegenteil die Verhandlungsposition der Lohnabhängigen gestärkt würde. Blaschke verspricht sogar, dass sie " die Verhandlungspositionen der Arbeitskraftanbieter entscheidend verbessern und die selbstschädigende Konkurrenz um 'Arbeitsplätze" minimieren wird ." (nach Rainer Roth, Zur Kritik des Bedingungslosen Grundeinkommens, Frankfurt 2006, 17) Merkwürdigerweise wird diese Meinung auch von Thomas Straubhaar geteilt, der nicht gerade als Vertreter der Arbeiterbewegung bekannt geworden ist. "Ich könnte Sie (den Interviewer, R.R.) nicht für jeden Betrag gewinnen, unangenehme Arbeit zu machen, weil Sie ja nicht mehr existenziell auf einen Job angewiesen sind. Ihre Marktmacht steigt also." .... "Deswegen muss der Arbeitgeber Ihnen einen höheren materiellen Anreiz geben ." (Hinz & Kunzt 163/September 2006, 23) Seit wann setzen sich offene Vertreter des Kapitals für die Stärkung der Marktmacht von LohnarbeiterInnen ein? Muss da nicht etwas faul sein? Riecht das nicht nach Trojanischem Pferd, nach einem "Geschenk", das genau die gegenteilige Wirkung von dem hat, was es verspricht? Straubhaar appelliert an das individuelle Interesse. Mit "Marktmacht" meint er nicht die gewerkschaftliche Organisierung aller LohnarbeiterInnen, seien sie beschäftigt, erwerbslos oder in Rente, die kollektiv und in enger Zusammenarbeit ihre gemeinsamen Interessen gegen das Kapital in harten Kämpfen vertreten. Die also kollektiv ein Lohnniveau und ein Sozialleistungsniveau erkämpfen, dass im Durchschnitt die Lebenshaltungskosten deckt, die einen gesetzlichen Mindestlohn erkämpfen, der einigermaßen reicht usw.. Das meint er nicht. Er meint den vereinzelten Lohnarbeiter, der 620 Euro bedingungslos bekommt und dann individuell mit den Käufern seiner Arbeitskraft aushandelt, für welchen Bruttostundenlohn er wieviele Stunden z.B. Toiletten putzt. Es stimmt: Wenn Grundbedürfnisse aus Steuermitteln gedeckt sind, muss man nicht unbedingt noch Lohnarbeit verrichten. Arbeitslosenunterstützungen in ausreichender Höhe, die mit möglichst wenig Bedingungen verknüpft sind, haben dieselbe Wirkung. Sie mildern die Konkurrenz unter Arbeitskräften ab. Von daher ist da was dran. Aber die Orientierung geht auf individuelle "Marktmacht" als Trojanischem Pferd für die Zerschlagung des Tarifsystems. Straubhaar:" Ich schlage ja vor, das wir den Arbeitsmarkt ... zum Markt mit auch geringen Löhnen machen, also viel Lohnspreizung in Kauf nehmen, Löhne, die an Ort und Stelle verhandelt werden ." (nach Rainer Roth, ebda., 17) Nehmen wir an, Herr B. hat 620 Euro Grundeinkommen, wie Straubhaar es vorschlägt, und will 380 Euro dazu verdienen. Auf diese Summe käme er, wenn er bei dem Von Straubhaar vorgeschlagenen Einheitssteuersatz von 33 Prozent, 575 Euro dazu verdienen würde. Er würde nun individuell verhandeln, wieviel Stunden zu welchem Lohn er bereit ist zu arbeiten? Wenn er bereit wäre, 20 Stunden die Woche zu arbeiten, hätte er bei einem Stundenlohn von 6,63 Euro sein Ziel erreicht, 380 Euro dazu zu verdienen. Er hätte mit einem Arbeitsaufwand von 20 Stunden die Woche 1.000 Euro netto und damit einen "Stundenlohn" von netto 11,55 Euro. Herr B. könnte deshalb auch durchaus mit 5 Euro brutto die Stunde zufrieden sein. Er hätte dann rd. 290 Euro netto mehr und insgesamt immer noch pro Stunde 10,50 Euro netto "verdient". Dank der Lohnsubvention. Die individuelle Bereitschaft, für untertarifliche Löhne zu arbeiten, steigt mit der Höhe der Lohnsubvention, da der Lohn dann immer stärker nur zum Beiprodukt des Grundeinkommens wird. Der Verdängungswettbewerb findet auch hier statt, da man es sich ja leisten kann, auch für 4 Euro brutto zu arbeiten, wenn man die bedingungslosen 620 Euro netto vom Staat schon bekommen hat. Dadurch, dass gewerkschaftliche Tarifkämpfe durch Einzelverhandlungen ersetzt werden, wird die Kampfkraft der Arbeiterbewegung nicht "entscheidend verbessert", wie es aus dem Hause Kipping verlautet, sondern entscheidend geschwächt. Auch Arbeitszeitverkürzungen werden mit dem BGE auf die individuelle Ebene verlagert, denn die Arbeitszeit, die vor Einführung des BGE notwendig war, um den Lohn zu erarbeiten, kann man sich jetzt sparen, da sie sich aus der persönlichen in allgemein gesellschaftliche Arbeitszeit verwandelt hat, die von irgendwem anders abgeleistet werden muss. Diese antigewerkschaftlichen Nebenwirkungen kann man dann in Kauf nehmen, wenn es BGE-VertreterInnen z.B. hauptsächlich um die staatliche Finanzierung von Selbstständigen geht bzw. einer alternativen, von Steuermitteln abhängigen Ökonomie. Selbständige handeln Preise für ihre Aufträge individuell aus und haben Interesse an staatlich subventionierten Löhnen, sofern sie selbst damit Arbeitskraft von LohnarbeiterInnen billiger ankaufen können. Ihr Interesse an Tarifverträge ist gering. Man kann sie auch dann in Kauf nehmen, wenn man die Interessen von Erwerbslosen ohne Rücksicht auf die Gesamtinteressen von LohnarbeiterInnen formuliert. Wenn aber Erwerbslose verkünden: was interessieren mich Löhne und Beschäftigte, dann müssen sie es auch für richtig halten, dass Erwerbstätige ihre Lohninteressen ohne Rücksicht auf Arbeitslose verkünden und nicht bereit sind, Gelder für Erwerbslose aufzubringen. Die Spaltung wäre dann vollzogen, an der das Kapital so intensiv arbeitet. All diese Überlegungen zeigen, dass das BGE aus seiner inneren Logik heraus auch mit der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn auf Kriegsfuss stehen muss. Sicherlich vertreten eine Reihe von Anhängern des BGE diese zwei Forderungen gleichzeitig und halten sie für vereinbar. Wozu braucht man aber einen geseztlichen Mindestlohn, wenn die Reproduktionskosten einer Arbeitskraft schon mit 950 Euro (so Kipping) gedeckt sind? Das BGE ersetzt nicht nur den Tariflohn, sondern auch den gesetzlichen Mindestlohn. Es macht ihn tendenziell überflüssig. Vorkämpfer des BGE wie Kippings Mitarbeiter Ronald Blaschke treten denn auch trotz mancher Winkelzüge offen gegen einen gesetzlichen Mindestlohn an. Blaschke wirft mir z.B. vor, dass ich das Lohnarbeitsprinzip zwar verbal geißele, dieses Prinzip aber mit der Forderung nach einem Mindestlohn"geld" faktisch akzeptiere oder verteidige. (Ronald Blaschke, Sklaverei der Lohnarbeit als Ziel? Kritik der Kritik von Rainer Roth am Bedingungslosen Grundeinkommen (BGE), Oktober 2006, 12) Er wirft mir vor, die Lohnsklaverei zu verteidigen, weil ich Lohnforderungen aufstelle. Wer sich also den Vorwurf, die Lohnarbeit zu akzeptieren, nicht zuziehen will, darf nicht für Mindestlöhne eintreten, sondern muss das BGE vertreten. Denn das BGE akzeptiert angeblich die Lohnarbeit nicht. Dass das BGE Lohnarbeit nur den individuellen Ausstieg aus der Lohnarbeit anstrebt, nicht aber den kollektiven, dass es Lohnarbeit voraussetzt, weil es sonst gar nicht finanzierbar wäre und dass der Kampf für höhere Löhne durchaus mit einem Kampf gegen das Lohnsystem insgesamt verbunden werden kann, stört weiter nicht. An anderer Stelle warf mir Kippings Mitarbeiter vor, ich würde Spaltung zwischen Erwerbslosen und Beschäftigten betreiben, weil ich zwei verschiedene Forderungen befürworten würde, einen gesetzlichen Mindestlohn für Beschäftigte und einen höheren Eckregelsatz für Erwerbslose. Das BGE dagegen würde Erwerbslose und Beschäftigte vereinen, weil es nur eine Forderung für alle wäre. Auch das läuft auf die Ablehnung der Mindestlohnforderung hinaus, aber auch auf die Ablehnung einer Regelsatzforderung. Tatsache ist jedoch, dass Erwerbslose jährlich zu Hunderttausenden Lohnarbeit aufnehmen und nicht mit 5 Euro die Stunde oder den 8 Euro der Linkspartei abgespeist werden wollen, die noch unterhalb der Pfändungsfreigrenze liegen. Tatsache ist auch, dass Erwerbstätige, wenn sie erwerbslos werden und in Hartz IV rutschen, nicht mit 345 Euro vegetieren wollen. Blaschke greift die Forderungen nach einem gesetzlichen Mindestlohn und nach der Erhöhung des Eckregelsatzes als Verteidigung von Entfremdung und Lohnsklaverei an und stellt dem das BGE als Befreiung aus der Lohnsklaverei gegenüber . " Das BGE und weitere Formen von Aneignungs- und Tätigkeitsbedingungen dagegen ermöglichen die Selbstbefreiung des Menschen aus dieser Sklaverei ." (a.a.O., 14) Blaschke stellt Tagesforderungen dem BGE entgegen. Hier zählt keine Triade mehr. Hier gibt es nur noch Monade. Die Monade wird zur Li"monade", wenn er behauptet, das BGE ermögliche die Selbstbefreiung des Menschen aus der Lohnsklaverei. Das ist linke Phrase und Schaumschlägerei. Das Bedingungslose Grundeinkommen setzt Kapitalverwertung und damit Lohnsklaverei voraus. Kapitalverwertung ohne Lohnsklaverei ist vergleichbar einem runden Quadrat. Das Kapital lebt von Lohnsklaverei. Es setzt den Lohnarbeiter als eigentumslosen Menschen voraus und fördert seine Eigentumslosigkeit. Das Kapital hat nicht den Zweck, die Lohnarbeiter vom Zwang unabhängig zu machen, das Kapital zu vermehren. Die Selbstfreiung des Menschen aus der Lohnsklaverei ist nach dem Modell des Selbstständigen gestrickt, der sich ja bekanntlich auch, solange es geht, aus der Lohnsklaverei befreien möchte und der meint, seine Freiheit sei verwirklicht, wenn er als Warenverkäufer Sklave von Zulieferern, Banken und Abnehmern bzw. Sklave der Warenmärkte ist. Den befreiten Menschen mit dem Nicht-Lohnarbeiter gleichzusetzen, der unter der Herrschaft des Finanzkapitals und unter den Bedingungen der Kapitalverwertung mit 1.000 Euro sein Leben fristet, ist nur möglich, wenn man die Aufhebung der Lohnsklaverei schon dann für verwirklicht hält, wenn man ihr persönlich entkommen ist. Das allerdings als Aufhebung von Entfremdung und Sklaverei überhaupt zu etikettieren, setzt eine ziemliche Beschränktheit auf individuelle Interessen und eine große Bescheidenheit voraus. Es ist Unfug, dass man den Kapitalismus verteidigt, wenn man Lohnforderungen stellt, den Kapitalismus aber angreift, wenn man letztlich dafür eintritt, Löhne massiv durch Steuern zu ersetzen. Auch Steuern müssen von LohnarbeiterInnen erarbeitet werden. Selbst dann, wenn es sich um Gewinnsteuern handelt, also Teile des Mehrwerts, die an den Staat fließen. Es sei denn, man meint, Gewinne und die daraus entspringenden Steuern hätten nichts mit Arbeit zu tun, wären von Arbeit entkoppelt. Da LohnarbeiterInnen Warenverkäufer ihrer Arbeitskraft sind, müssen sie mit den Käufern der Ware Arbeitskraft verhandeln, wie hoch der Preis sein soll. In der Tat tun sie das auf dem Boden des Kapitalismus. Wenn sie Lohnkämpfe als systemstabilisierend ablehnen und stattdessen für ein angeblich systemüberwindendes staatliches BGE kämpfen würden, würden sie ihre Verhandlungsposition schwächen. Und genau das passiert gerade in gewisser Weise. Das BGE verschmilzt Forderungen, mit denen sich LohnarbeiterInnen gegen die Angriffe der Käufer der Ware Arbeitskraft verteidigen können, mit angeblich systemüberwindenden Zielen und macht sie damit in der konkreten Auseinandersetzung unbrauchbar. Heute geht es darum, einen gesetzlichen Mindestlohn zu erkämpfen und dabei das Lohnsystem insgesamt anzugreifen. Die Lage dafür ist günstig. Die DGB-Führung war gezwungen, sich der Forderung nach einem gesetzlichen Mindestlohn anzuschließen, nachdem sie sie viele Jahre lang aus allen Rohren bekämpft hat. Es geht jetzt in einem heftigen Kampf um die Höhe. 7,50 oder 8 Euro reichen nicht. Die Beträgen liegen unterhalb des Hartz IV-Niveaus bzw. unterhalb der Pfändungsfreigrenze. Statt hier zu kämpfen, die Stimmung zu beeinflussen, diese Fragen mit Tarifkämpfen zu verbinden, die Interessen von Erwerbslosen an einem gesetzlichen Mindestlohn zu fördern, haben die VertreterInnen des BGE, im Gleichklang mit einigen Vertretern des Kapitals, eine Offensive für das BGE gestartet, die solche Fragen in den Hintergrund drängt und Lohnsubventionen fördert. Damit überlässt man der sozialdemokratischen DGB-Führung und der linkssozialdemokratischen Linken das Feld und lähmt die Kräfte, die eine dem Kapital gegenüber selbstständige Position einnehmen können. Linkes, mit Marx-Zitaten geschmücktes Gerede ändert daran nichts. Die Mindestlohnfrage ist jetzt aktuell. Sie wird aber von der sozialen Bewegung kaum aufgenommen. Überall finden Veranstaltungen zum BGE statt, eine vergleichbare Offensive für die 10Euro Forderung gibt es nicht. Die Bundesregierung hat sicherlich nichts dagegen, da es den Druck auf sie reduziert. Bedürftigkeitsprüfung Die Bedingungslosigkeit des Grundeinkommens wird zur Lohnsubvention, in dem jede Bedürftigkeitsprüfung beim Grundeinkommen abgelehnt wird, in dem es als Menschenrecht auftritt. Die Formulierung Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung greift nicht nur den berechtigten Widerstand gegen die bestehenden Bedürftigkeitsprüfung auf, sondern richtet sich gegen jede Bedürftigkeitsprüfung. Nicht nur dagegen, dass Eltern für ihre minderjährigen Kinder unterhaltspflichtig sind, sondern auch dagegen, dass Erwerbseinkommen auf das Grundeinkommen angerechnet werden. Wenn man dagegen ist, dass das Grundeinkommen für Erwerbslose als Lohnsubvention wirkt, kann man nicht an der Formel "Grundeinkommen ohne Bedürftigkeitsprüfung" festhalten. Man muss vielmehr konkret erklären, welche Bedürftigkeitsprüfungen man ablehnt. Dass diese Formel auch im Frankfurter Appell von 2004 drinstand, hing damit zusammen, dass die Bedeutung dieser Formel als untrennbarer Bestandteil des Bedingungslosen Grundeinkommens damals nicht klar war. Erst mit der BGE-Offensive des Netzwerks Grundeinkommen ab Mitte 2004 wurde klarer, dass es sich hierbei um ein Einfallstor für Lohnsubventionen handelt. Bis dahin hat jeder sich darunter vorgestellt, was er selbst für richtig hielt. Forderungen müssen aber klar sein und nicht in bedeutendem Maße von Auslegungen abhängig sein. Das Netzwerk Grundeinkommen definiert die Abschaffung jeglicher Bedürftigkeitsprüfung immer als eine Grundbedingung des BGE. Da kann man nicht so tun, als stünde das in keinem Zusammenhang mit dem BGE. Da das BGE natürlich auch Hartz IV ersetzen würde, haben seine VertreterInnen erhebliche Schwierigkeiten, sich für eine Erhöhung des Regelsatzes stark zu machen. Das erscheint vielen als Hartz IV light, als Verbesserung von Hartz IV, die abzulehnen sei, weil Hartz IV doch weg müsse. Es gab 2006 100.000 Klagen und noch mehr Widersprüche. Auf dem Boden von Hartz IV tobt ein heftiger Kampf. Diesen Kampf muss man führen. Und zwar nicht nur individuell, sondern auch kollektiv. Konzentrierter Ausdruck dessen ist die Forderung nach einer deutlichen Regelsatzerhöhung. Viele Einzelkämpfe (sei es gegen die Warmwasserpauschale, die Darlehensvergabe bei früheren einmaligen Leistungen, die Nichtanerkennung von Umgangskosten usw.) hätten nicht mehr diese Bedeutung, wenn der Eckregelsatz deutlich höher wäre. Die Redaktion von Capital, einer Zeitschrift des Bertelsmannkonzerns dagegen klagt: " Jeder Hartz IV-Empfänger konsumiert das Geld, das eigentlich für den Aufbau neuer Arbeitsplätze notwendig wäre ." (23/2006) Also: Hartz IV muss weg, um die Kapitalbildung zu fördern. Üblicherweise wird auf dieser Blaupause als nächster Schritt zur Abschaffung von Hartz IV die gegenwärtige Höhe des Eckregelsatzes angegriffen. Der Sachverständigenrat fordert die Senkung um 30%. Die CDU/CSU tritt für seine Senkung um 25% ein. Prof. Dr. Sinn kämpft für die Beseitigung des Regelsatzes, ebenso wie die Bertelsmann-Stiftung. Die ständige Klage über die 4-köpfige Familie eines Alg II-Beziehers, die keinen Bock auf Arbeit hat, weil Alg II mit 1600 bis 1900 Euro höher ist als ein niedriger Lohn, bereitet Regelsatzsenkungen propagandistisch vor. Aber - man höre - ist für die Financial Times Deutschland dennoch die Regelsatzsenkung " ein Vorschlag, der für die Politik verständlicherweise unannehmbar war ." (09.01.207) Unannehmbar heißt. Die Kämpfer für eine Regelsatzsenkung haben Angst vor der Reaktion der Lohnabhängigen. Statt der Regelsatzsenkung empfiehlt das Kapitalistenblatt des Bertelsmann-Konzerns, das Leistungsniveau anders zu senken, z.B. den befristeten Zuschlag beim Übergang von Alg I zu Alg II zu streichen, die Übernahme der Unterkunftskosten zu erschweren und Bedürftigkeitsprüfungen auszubauen. (Bedarfsgemeinschaft ausdehnen, eheähnliche Gemeinschaft verschärfen, keinerlei individuelle überdurchschnittliche Bedarfe anerkennen usw.) Genau diesen Weg, den Weg der indirekten Regelsatzsenkung, beschreiten die Parteien des Finanzkapitals, die Parteien der Großen Koalition, beschreiten SPD und CDU/CSU. Hier ist genau wie beim Mindestlohn eine Front, an der man antreten muss, von der man sich nicht zugunsten einer angeblich systemüberwindenden Grundeinkommensforderung von 1.000 Euro für jeden und der Formel "Weg mit Hartz IV" entfernen sollte. Die Verlagerung des Gewichts auf das BGE hat zur Folge, dass auch in dieser Frage das Feld wie schon beim Mindestlohn den Gewerkschaftsführungen überlassen wird bzw. der Linkspartei mit ihren 420 Euro. Immerhin stellt die IG Metall seti kurzem abundzu ebenfalls die Forderung nach einer Erhöhung des Eckregelsatzes auf 420 Euro. Die DGB-Führung fordert hier aber noch gar nichts. Das BGE setzt der herrschenden Propaganda des Kapitals nichts entgegen außer dem Seufzer: "Wie schön wäre es doch, wenn ich ein Grundeinkommen ohne Bedingungen hätte." Und von diesem Wunschtraum versucht man auch noch, das Kapital und seine Parteien zu überzeugen. M.E. ist die Forderung von mindestens 500 Euro gut begründet und nachvollziehbar. (vgl. Thesen von Klartext, November 2006, www.klartext-info.de) Diese Forderung greift immer mehr um sich. Sogar die BAG der Erwerbslosen- und Sozialhilfeinitiativen, die sich bisher geweigert hatte, eine Regelsatzforderung aufzustellen und das BGE favorisiert hat, erlaubt Vorstandsmitgliedern jetzt, 500 Euro zu fordern und untersagt es ihnen nicht. Die Forderung von 500 Euro wird von BGE VertreterInnen tendenziell auch deswegen als inakzeptabel angesehen, weil sie unterhalb der 850, 950 oder 1.000 euro -Forderungen liegen würde. Die Auseinandersetzungen über das BGE lähmen die soziale Bewegung und verstricken sie in sich selbst, so dass nicht zuletzt aus diesem Grund ihre Wirkung nach außen geringer geworden ist. Letztes bedauerliches Produkt der BGE-Anhänger und des entsprechenden Einflusses aus den Reihen von Linkspartei/WASG ist die Forderung nach einem Grundeinkommen für Erwerbslose mit einem Eckregelsatz von 500 Euro ohne Bedürftigkeitsprüfung und Arbeitszwang, die auf der Konferenz des Bündnisses 3. Juni am 3.Dezember 2006 in den Frankfurter Appell aufgenommen wurde. Das macht den neu verabschiedeten Frankfurter Appell unbrauchbar. Das sage ich als einer der Mitverfasser des ursprünglichen Frankfurter Appells von 2004. Die Stellungnahme der Initiatoren eines Neuentwurfs des Frankfurter Appells zur schließlich verabschiedeten Neufassung des Frankfurter Appells findet man auf der website www.protest2006.de. Zum Schluss Die Unzufriedenheit mit dem gegenwärtigen Wirtschaftssystem nimmt zu. Es ist notwendig, die gnadenlose Mechanik dieses Systems nüchtern zu analysieren und die Analyse der Logik der Kapitalverwertung und den aktuellen Stand der Kapitalverwertung, ihre Entwicklung usw. in den Mittelpunkt zu stellen. Das BGE verzichtet völlig darauf. Es geht von der modellhaften Annahme aus: Nehmen wir an, jeder hätte soundsoviel Geld, welche positiven Wirkungen hätte das? Wir sollten nicht von Modellen ausgehen, sondern die Verantwortlichkeit des Kapitals für Arbeitslosigkeit, Armut und wachsende Existenzunsicherheit herausarbeiten, entsprechende Forderungen gegen das Kapital stellen und die Zusammenarbeit der Gewerkschaftsführungen mit dem Kapital angreifen. Die VertreterInnen des BGE dagegen streben an, alle Menschen für die Verwirklichung eines Menschenrechts auf ein Grundeinkommen zu gewinnen, auch die Menschen, die Inhaber des Kapitals sind. Sie streben eine sozial gerechte kapitalistische Gesellschaft an. Das BGE ist ihrer Meinung nach eine Forderung, die für das Kapital und für beschäftigte und erwerbslose LohnarbeiterInnen eine win-win-Situation schafft. Sie ist in ihrer Grundstruktur eine sozialpartnerschaftliche Forderung und wird deshalb vor allem in politischen kreisen vertreten, die an soziale Gerechtigkeit auf dem Boden des Kapitalismus glauben. Je früher diese Illusionen begraben werden, desto besser. Dennoch wäre es möglich, auf der Basis einer kämpferischen Plattform eine größtmögliche Einheit zu schaffen, wenn man weltanschauliche Bekenntnisse zurückstellen und sich auf ein Minimalprogramm einigen würde. Leider ist diese Bereitschaft nicht vorherrschend, so dass der Frankfurter Appell, der eine solche Basis bisher war, jetzt zu einer Plattform für eine Übergangsforderung zum BGE geworden ist. Die Taktik, Teilforderungen in Richtung BGE überall zu verankern, die von der BAG Grundeinkommen in der Linkspartei festgelegt wurde, hatte Erfolg. Ich hoffe, dass das auf der nächsten Konferenz der sozialen Bewegung korrigiert werden kann. Der Frankfurter Appell muss wieder zur Grundlage des Bündnisses zwischen erwerbslosen und erwerbstätigen LohnarbeiterInnen werden. |