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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Tschüss, Proletarier! Stellungnahme von Karl-Heinz Pachura zur Ablehnung des Existenzeinkommens durch ver.di * Heike Langenberg praktiziert ein unverantwortliches Hand in Hand gehen mit einer stalinistischen Argumentation (Spalter) und einer neoliberalistischen Argumentation (Faulheit), die beide darauf abzielen, den bisherigen geduldeten gesellschaftlichen Zustand, das Hunger, Krankheit und Obdachlosigkeit für Arme ein natürlicher Zustand sein soll, zu festigen. Michael Schlecht redet vom Recht auf den kollektiven Freizeitpark, wie ihn sich heute viele leisten, und verbindet dies dann völlig unmotiviert mit der Sehnsucht von 10-20 Millionen Menschen (gleich ¼ der Gesellschaft) nach Lebenssicherheit. Diese Menschen müssten auch eine Zielgruppe von Gewerkschaften sein, denn dies ist die proletarische Reservearmee, die ohne bedingungsloses Existenzgeld und ohne Mindestlohn den Druck auf die Erwerbseinkommen auslöst, der auch die jetzigen Erwerbstätigen in den Strudel von Not und Armut reißen kann. Was die weiteren angedeuteten neoliberalistischen Thesen bei einer Diskussion über ein bedingungsloses Existenzgeld zu suchen haben, bleibt nebulös. Götz Werner gehört in das Umfeld der esoterischen Zirkel der Anhänger von Rudolf Steiner, und deren Slogan "Freiheit statt Vollbeschäftigung" hat nichts mit Neo-Liberalismus zu tun. Denn dieser Slogan gibt auf hellsichtige Art und Weise die Tatsache wieder, dass in Zukunft Vollbeschäftigung nur zu Armutslöhnen möglich ist. Dieses aber kann keine Perspektive für Gewerkschaften sein. Bernhard Jirku warnt nicht nur vor trojanischen Pferden, sondern gesteht auch ein "es macht uns ein Geschwätz nicht satt". Meint aber nicht sich selber, sondern die BGE Befürworter, und unterstellt dabei, daß das BGE eine Forderung von Faulen ist, die den Arbeitnehmern das Geld aus der Tasche ziehen wollen. Diese selbsternannten proletarischen Vordenker, die so wie Jirku argumentieren, wissen, dass dies aber auch eine weit verbreitete und deckungsgleiche Denkweise von Menschen ist, die ihr Einkommen ausschließlich aus der Arbeitstätigkeit anderer Menschen ziehen, dazu gehören auch die neoliberalistischen Führer von Henkel bis Glos, die diesen Marktradikalismus predigen und transportieren, und damit das Konstrukt des neuen Untermenschen erzeugen: Den nicht mehr markttauglichen Menschen! Und dieses aus dem Munde der stalinistischen Speerspitze, die es lieber sieht, wenn Menschen Massenhaft im Elend sitzen, als dass durch gesellschaftliche Reformen der Staat an Gerechtigkeit zu gewinnt, und nur, weil Jirku sich mit denen in ein Boot setzt, für sie "Reformismus" auch heute noch ein Schimpfwort ist. Außerdem sollte sich Jirku einmal um seinen Begriff der Arbeit kümmern, da sein Begriff der Arbeit zutiefst neo-liberal ist, und er damit den Erwerbstätigen schadet. Denn Erwerbstätigkeit ist nicht gleich Arbeitstätigkeit. Arbeitstätigkeit ist an die Strukturen der Arbeit gebunden. Dort, in den Strukturen der Arbeit, befindet sich der einzige materiellen Wert schaffende Bereich in der Gesellschaft; wo durch Arbeitstätigkeit die Basis für alles materielle in der Gesellschaft erzeugt wird. Alles außerhalb der Strukturen der Arbeit und der Arbeitstätigkeit gehört der Aneignungs- und der Umverteilungssphäre an. Tätigkeiten an den kulturellen Strukturen der Gesellschaft sind unternehmerische Tätigkeit, politische Tätigkeit, Verwaltungstätigkeit, Bildungstätigkeit, Pflegetätigkeit, also alles was im Kulturbereich an Erwerbstätigkeiten und Aneignungstätigkeiten ausgeführt wird. Arbeitstätigkeit ist eine besondere Form der Tätigkeit, und findet an den Strukturen der Arbeit statt. Alle anderen Tätigkeiten finden an den Strukturen der Kultur statt. Aber der Unterschied ist: Arbeitstätigkeit schafft materielle Werte, Kulturtätigkeit verzehrt materielle Werte. Arbeit und Mühsamkeit ist nicht dasselbe. Interpretiere ich aber jede Tätigkeit, also auch jede Erwerbstätigkeit als Arbeitstätigkeit, kann ich nur den falschen Schluss ziehen: Wer kein Einkommen hat, ist faul! Wer kein Einkommen hat, muss auf jeden Fall nachweisen, dass er sich abmüht! Da, jetzt kommt wieder der Fehlschluss, da Mühsamkeit = Arbeit! Die Verausgabung körperlicher Leistungsfähigkeit ist aber erst recht keine Arbeit und braucht noch nicht einmal Tätigkeit zu sein, sonst würde jede Kniebeuge zu Hause den materiellen Reichtum der Gesellschaft mehren. Aber genau dies wird von den Faulheitspredigern unterstellt, anstatt die folgende Tatsache festzuhalten: Ja, wir alle Leben von dem materiellen Wert, der im Prozess der Arbeit als Referenzgröße erzeugt wird. Der Kapitalist, der sich in der kapitalistischen Produktion Wert und Mehrwert aneignet, die Bürokratie, die sich Wert und Mehrwert aneignet, der Bundestags-, Landtags- und sonstige Abgeordnete, die Banken und Sparkassen, die Krankenkassen, die Krankenhäuser, die Mediziner, die Polizei, die Armee, die Richter und Anwälte, die (Sozial) Pädagogen, die Universitäten, Makler, die Hausbesitzer, die Vermieter, die Ladenbesitzer und alle die, die ich nicht aufgezählt habe. Die gesamte Gesellschaft lebt von den in den Arbeitstrukturen durch Arbeitstätigkeit geschaffenen materiellen Werten. Es ist mehr als ungerechtfertigt, die Befürworter eines BGE´s als Ausbeuter der Arbeiter hinzustellen. Die gesamte Gesellschaft beutet die Arbeitstätigen aus, wenn ich mit Kampfbegriffen argumentiere; der gesamte materielle Reichtum der Gesellschaft basiert auf der Arbeitstätigkeit und auf den dort erschaffenen materiellen Werten, wenn ich es mit den Abhängigkeitsbeziehungen der Gesellschaft von der Arbeit ausdrücken will. Die BGE Befürworter fordern eine andere Umverteilung, und keine zusätzliche Belastung von Erwerbstätigen. Die angeblichen Linken mit ihren neoliberalen Thesen in den K-Gruppen, bei der Partei DieLinke, bei den Grünen, der SPD und den Gewerkschaften müssen sich von ihrem Arbeitsfetischismus lösen, der nur auf der Gleichsetzung von Arbeitstätigkeit mit kultureller Tätigkeit beruht. Die Aneignungssphäre (Kultur) und die Erschaffungssphäre (Arbeit) müssen fein säuberlich auseinander gehalten werden. Genauso fein muss Aneignung von Arbeitswerten in der kapitalistischen Produktion von der Erzeugung von materiellen Werten im industriellen System getrennt werden. Kapitaleigner arbeiten nicht, sondern eignen sich Arbeitswerte an. Kulturtätige arbeiten nicht, sondern leben in der Umverteilungssphäre von den materiellen Werten, die bei der Arbeitstätigkeit erzeugt werden. Und der Markt, erzeugt schon gar keine Werte. Dort treten die materiellen Werte zusätzlich noch in Beziehung zu den nicht materiellen Werten. Darum kann alles einen Marktwert erlangen, aber nicht alles kann einen materiellen Wert hervorbringen. Der materielle Wert, der in den Strukturen der Arbeit erzeugt wird, ist die Referenzgröße für alle anderen mit Wert belegten Größen, die auf dem Markt ausgetauscht werden. Ein BGE lässt alle Menschen an diesem Austausch teilhaben. Es handelt sich um einen - nicht abgedruckten - Lesebrief zum Artikel "Der große Wurf?" von Heike Langenberg in ver.di publik Ausgabe 06/07 |