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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Rede von Frank Jäger (BAG-SHI) am 06.11.2004 auf der Demo „"Gemeinsam gegen Sozialraub, Agenda 2010 und Hartz IV!...“ in Nürnberg. Liebe Mitstreiterinnen und Mitstreiter gegen die Hartzgesetze und Agenda 2010! Die Abschaffung der Arbeitslosenhilfe durch Hartz IV ist das größte Enteignungs- und Entrechtungsprogramm einer Bundesregierung. Gleichzeitig ist es eine Zumutung für alle lohnabhängig Beschäftigten. Arbeitslose werden als Drückerkolonne zur Senkung von Löhnen und Arbeitsbedingungen missbraucht. BezieherInnen von Arbeitslosengeld II ist jede Arbeit zumutbar, zu der sie irgendwie in der Lage sind. Die untere Grenze für die Löhne wird dann von der Sittenwidrigkeit gezogen. Darüber hinaus können Arbeitslose zum Arbeitsdienst
gezwungen werden, um für einen Euro die Stunde nahezu alle Arbeiten
von öffentlichem Interesse zu verrichten. Das Entfernen von Hundekot,
Laubrechen oder die Reinigung von Parkbänken sind aber alles Tätigkeiten,
die eine Eingliederung in Arbeitsmarkt nicht verbessern, sondern verschlechtern.
Ihre berufliche Qualifikation wird so vernichtet. Werden Arbeitslose dagegen
in die Pflege und Betreuung von Kranken, Behinderten, alten Menschen und
Kindern gedrängt, führt auch das zur Verdrängung ausgebildeter
Arbeitskräfte. 1-Euro-Jobs vernichten reguläre Arbeitplätze!
Sie verschlechtern die Pflege- und Betreuungssituation für hilfebedürftige
Menschen auf drastische Weise! Mit Hartz IV erfüllt die rot-grüne Bundesregierung eine langjährige Forderung der Arbeitgeberverbände: Alle Langzeitarbeitslosen landen im Arbeitslosengeld II unterhalb des heutigen Sozialhilfeniveaus. Die Regierung verkündet, Sozialhilfebezieher seien Gewinner von Hartz IV und erhielten höhere Leistungen. Das ist dreiste Propaganda. Alle LeistungsbezieherInnen sind Verlierer, denn sie werden künftig weniger in der Tasche haben als mit der heutigen Mindestsicherung, der Sozialhilfe. Die Gewinner sind hier allein die Arbeitgeber und Kapitaleigner, denn sie erzielen Extraprofite. Aber das ist ihnen nicht genug. Bereits jetzt fordert Arbeitgeberpräsident Hundt die weitere 30%ige Kürzung der Leistungen, damit der Existenzdruck auf Arbeitslose noch steigt, jede Arbeit um jedem Preis anzunehmen. Das ist ein Angriff von unten auf das gesamte Lohngefüge. Leistungskürzungen gehören genauso zur Strategie der Arbeitgeberseite. wie der aktuelle Schlag der Konzerne wie Siemens, Daimler-Chrysler, General Motors oder VW, gegen Löhne und Arbeitsbedingungen ihrer Stammbelegschaften. Diese Zangenbewegung macht deutlich, dass die Spaltung von Arbeitslosen und Beschäftigten überwunden werden muss für einen gemeinsamen Kampf um ihre Existenz und ihre Rechte. Nur zusammen können wir diesem Angriff etwas entgegensetzen! 30%, das ist die magische Zahl, die zurzeit hoch im Kurs steht: 30% Senkung von Löhnen und Lohnersatzleistungen und 30% Leistungskürzung wenn Arbeitslose nicht spuren. Ein Gnadenbrot von 30% unter dem Existenzminimum wurde seit vielen Jahren bei AsylbewerberInnen erprobt. Kein Zufall also, wenn nun die Kapitalisten fordern, dass auch das Arbeitslosengeld II um 30% gekürzt werden soll. Alle, die von dieser menschenverachtenden Politik betroffen sind, Arbeitslose und Beschäftigte, MigrantInnen, Behinderte, Kranke, Ältere, SchülerInnen und Studierende müssen sich dem Sozialraub solidarisch entgegenstellen. In diesem breiten Bündnissen stellen wir außerdem unmissverständlich klar, dass wir rassistischen und faschistischen Bestrebungen keinerlei Raum lassen. Die immer unverschämteren Kürzungspläne der Arbeitgeber und die sich zuspitzenden Auseinandersetzungen in den Betrieben zeigen, dass wir uns auf eine lange Auseinandersetzung einrichten müssen. Wie aber können wir soziale Proteste verstetigen und ihnen eine neue Qualität verleihen? Neben der bundesweiten Vernetzung und Koordination
brauchen wir vor allem aktionsfähige Bündnisse vor Ort. Die
Auseinandersetzung um Sozial- und Lohndumping muss in die Städte
und Regionen getragen werden und darf vor den Betriebstoren nicht halt
machen. Das Thema 1-Euro-Jobs z.B. bietet eine Fülle von lokalen Eingriffsmöglichkeiten. Macht die für den organisierten Arbeitszwang verantwortlichen Institutionen kenntlich, die mithelfen berufliche Qualifikation und reguläre Arbeitsplätze zu vernichten. Diese Jobs sind nichts anderes als Lohndrückerei und Erniedrigung der Arbeitskraft. Stellt die Beschäftigungsträger an den Pranger. Wenn wir den nötigen Druck erzeugen, werden sich vielleicht noch mehr Regionalverbände von Caritas und Diakonie den Arbeitsdiensten verweigern! Die Gewerkschaften und Wohlfahrtsverbände fordern wir auf, sich gefälligst für die Arbeitslosen einsetzen, anstatt ihre maßlose Ausbeutung in 1 Euro-Jobs zu unterstützen! Um die Lügen von der Politik zu entlarven, benötigen wir eine andauernde ideologische Auseinandersetzung. Dazu gehört vor allem die öffentliche Skandalisierung der Willkürverhältnisse, in die Erwerbslose und Bedürftige gezwungen werden. Dazu gehört auch eine stärkere Selbstorganisation der Betroffenen und der Ausbau solidarischer Beratungs- und Lebensstrukturen. Unser Kampf wird lange dauern, denn wir kämpfen für sozial und arbeitsrechtlich gesicherte Arbeitsverhältnisse mit Tariflöhnen, die für ein selbstbestimmtes Leben reichen! Wir kämpfen für das Recht auf Berufsausbildung und Qualifizierung für alle! Wir kämpfen für Gesundheitsversorgung und Alterssicherung, die uns wirklich schützen! Und wir kämpfen für ein Grundeinkommen, das die Existenz und eine Teilhabe am gesellschaftlichen Leben sichert und uns vor staatlich organisiertem Arbeitszwang bewahrt! Doch demonstrieren allein genügt nicht! Wir müssen uns subversiver und eskalierender Widerstandformen bedienen und wir brauchen Streiks. Nur das ist die Sprache die verstanden wird! Wie wäre es denn, wenn wir künftig direkt in den Arbeitsagenturen über unsere Positionen diskutieren und über das Arbeitslosengeld II aufklären? Dezentrale Aktionstage zum Kampf für Arbeitszeitverkürzung und gegen Sozial- und Tarifdumping am 17. November, zur Aktion Sankt Nikolaus am 6. Dezember sowie zum Agenturschluss am 03. Januar 2005 gegen Hartz IV können für unsere Kämpfe ein guter Auftakt sein. Unser Ziel bleibt nach wie vor: Weg mit
Hartz und Agenda 2010! |