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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Spaziergänge gegen Ein-Euro-Jobs Wir haben eine fröhliche Tradition der
Berliner Arbeitslosen und Taugenichtse wieder aufgegriffen. Seit Januar
2005 treffen wir uns regelmäßig zu gemeinsamen Spaziergängen,
bei denen wir Dinge tun, die sich alleine niemand traut: Ämter inspizieren,
Kantinen testen, zusammen schwarz fahren, 1-Euro-Sklaven auf der Arbeit
besuchen und dabei auch gleich mal im Büro des Chefs vorbeischauen... Untenstehendes
Flugblatt (und mittlerweile ein
neues )
verteilen wir an diesen Stellen und versuchen, mit den Ein-Euro-Jobberinnen
und auch den regulär Beschäftigten ins Gespräch zu Wir selbst sind arbeitslos oder könnten es jederzeit werden und somit kann es sein, dass wir uns bald in solchen Ein-Euro-Maßnahmen wiederfinden. Daher interessiert uns, wie man gemeinsam gegen die neuen Angriffe auf unsere Lebensbedingungen – Hartz IV genannt – vorgehen kann. Kontakt: eineurojob@gmx.net Spaziergang No° 10, 31.5.2005 Zu sechst waren wir heute unterwegs in Friedrichshain. Ziele waren eine städtische Kita, ein Beschäftigungsträger und ein Verein für die Betreuung von alten Menschen. Die Stimmung beim Beschäftigungsträger reichte von unbeteiligt über genervt bis explosiv. Wir hatten Glück und trafen direkt zur Mittagspause (12-13h) ein. Vor den Werkstätten gibt es Bänke und Sonnenschirme, wo sich die Leute aus den unterschiedlichen Arbeitsbereichen treffen. Die Ausgangslage für Gespräche war gut. Es kamen immer neue Leute, andere mussten zurück zur Arbeit. Einige unterhielten sich untereinander über unsere Flugblätter. Eine ganze Stunde waren wir dort. Auf dem Weg nach draussen kam die Chefin und eskortierte uns das letzte Stück hinaus, mit dem freundlichen Hinweis, das Gelände unverzüglich zu verlassen. Eingesetzt sind dort ungefähr 100 Menschen in den Maßnahmen IDA (Integration durch Arbeit, Träger war vor Hartz IV das Sozialamt), ABM (Arbeits-Beschaffungs- Maßnahme, bisher für ca. 12 Monate bewilligt, anschliessend Anspruch auf ALG I, jetzt rutscht man direkt ins ALG II) und MAE (Mehraufwandsentschädigung = Ein-Euro-Job). Der Träger beherbergt eine Kreativwerkstatt, in der sich die Leute kreativ langweilen können, selbst oder mit Schülern Gestecke und ähnliches basteln und zum Verkauf anbieten. Ausserdem gibt es eine Holzwerkstatt, eine Tischlerei, einen Renovierungstrupp für Arbeiten im trägereigenen Gebäude und für Aufträge von ausserhalb, den Bereich Verwaltung und Büro, Strassen- und Grünflächenreiniger. Die Leute auf IDA sind mit ihrer Maßnahme bald durch, einige von ihnen hoffen darauf, dass der Träger sie als MAElerin weiter beschäftigt. Die Arbeitsagentur hat dem Träger im April das Geld für die Leute in den Maßnahmen verspätet überwiesen. Das Geld, was eigentlich schon am 15.5 da sein sollte war heute, am 31.5., noch nicht da. Eine Frau wusste nicht, wie sie ihre Miete bezahlen soll und will am Donnerstag ins Amt, sich beschweren und Druck machen. Wir haben ihr angeboten, dass wir mitkommen und sicherlich noch ein paar weitere Leute dafür mobilisieren könnten. Sie hat auf unser Angebot sehr positiv reagiert und wollte unser Flugblatt haben, was sie kurz vorher dankend abgelehnt hatte. Falls das Geld bis Donnerstag nicht auf ihrem Konto ist, will sie uns kontaktieren. Die Jungs vom Renovierungstrupp, die den vom Träger neu erworbenen Seitenflügel des Gebäudes in Schuss bringen, kotzen über ihre Arbeit ab. Die meisten dort sind unter 25 und zwangszugewiesen, mindestens einer davon mit abgeschlossener Ausbildung (Schlosser). Sie erledigen alle Renovierungsarbeiten. "Mal unter uns...", meinte der eine, auf ihre Arbeitsnachweiszettel dürfen sie nur bestimmte Sachen schreiben. Malerarbeiten z.B. werden als Flurverschönerung bezeichnet. Malerarbeiten dürften sie offiziell nicht machen, weil das keine zusätzliche Arbeit ist und als Auftrag an den 1. Arbeitsmarkt gegeben werden müsste. Warum sie das mit sich machen lassen, haben wir gefragt. Sie hätten keinen Bock und Schiss vor einer Kürzung ihrer Leistung um 30%. Wir haben dann noch versucht klar zu machen, dass sie keine Kürzung dafür bekommen, dass der Träger bescheisst. Aber was wirklich passiert, wenn sie den Träger anschwärzen, wissen wir natürlich auch nicht und schon gar nicht können wir dafür garantieren, dass sie nicht doch irgendwie Ärger bekommen. Die Kreativwerkstatt war zum einen besetzt mit Frauen mit migrantischem Hintergrund, zum anderen mit Deutschen unter 25, überwiegend Frauen, insgesamt 40 Leute, MAElerinnen und AsS (Arbeit statt Strafe). Obwohl es sich um eine Gruppe handelt, wirkte es doch wie zwei. Während die migrantischen Frauen eher zurückhaltend auftraten in unserem Gespräch, plauderten die unter 25jährigen fröhlich, frustriert und genervt aus dem Nähkästchen. Die Massnahme sei total sinnlos, langweilig, es sei ihnen versprochen worden, einen Schulabschluss nachmachen zu können. Jetzt ist klar, dass das nicht realistisch ist. Ausserdem werde keine wirkliche Arbeitsleistung abgefordert, sie könnten auch die ganze Zeit Zeitung lesen. Die MAE-Stelle wurde als Job in der Arbeitsagentur angkündigt und nicht als Massnahme. Die Qualifizierungsmassnahmen besteht aus einmal wöchentlich stattfindenden Fortbildungen. Es werden Schulfächer unterrichtet wie Mathe und Deutsch, Arbeitsrecht ist Thema und es gibt Bewerbungstrainings. Die Frauen waren hochgradig unzufrieden. Der städtische Kindergarten, den wir aufsuchten, verwies uns auf eine Gesellschaft, die hier in Friedrichshain mehrere 100 MAElerinnen an Kitas und Schulen vermittelt. An der angegebenen Adresse des Hauptsitzes dieser Gesellschaft fanden wir jedoch nicht diese vor, sondern einen grossen Wohlfahrtsverband, dessen Geschäftsführer auch der Chef der Gesellschaft ist. Was diese Verquickung zu bedeuten hat, ist unklar. Wir schauten dann spontan bei einem Verein vorbei, der hauptsächlich mit alten Menschen arbeitet, d.h. ambulante Altenbetreuung, Freizeitaktivitäten und vereinzelt Kindergärten betreibt. Insgesamt beschäftigt der Träger 110 MAElerinnen. Davon 55 in Stadtteilzentren (5 über 55 jährige, 25 unter 25 jährige (U25)), sowie 55 im Mobilitätsdienst. Nach dem gescheiterten Versuch der Sekretärin uns abzuwimmeln, bat uns die Geschäftsführerin zum Gespräch in ihr Büro. Wir hatten uns zunächst als Ein-Euro-Job Suchende ausgegeben, machten aber recht schnell deutlich, dass es uns um eine Auseinandersetzung über diese geht. Es stellte sich heraus, dass sie selbst aktiv bei den Montagsdemonstrationen dabei war und konstatierte enttäuscht, dass sie keinen weiteren Festangestellten des Trägers zur Teilnahme bewegen konnte. Sie erkenne die Brisanz der Situation um Ein-Euro-Jobs, aber sie könne ja nix daran ändern. Ja ja, wir sind alle so unschuldig. Zumindest versucht sie in Bewerbergesprächen herauszufinden, ob die Leute freiwillig kommen oder eigentlich nur aus Zwang diesen Job machen würden. Die Träger müssen jede Ablehnung mit zwei, drei Zeilen begründen. Steht da dann sowas wie "nicht motiviert genug", kann das eine Kürzung des Arbeitslosengeldes zur Folge haben. Bei ihr "hat bisher noch keiner eine Sperre bekommen." (Immerhin) Wir sechs waren uns während des Gespräches, das ca. 15 Minuten dauerte, nicht wirklich über unsere Strategie einig. Während einige sehr provokative Fragen stellten und kontrovers diskutieren wollten, lobten andere sie für ihr vorbildliches Verhalten den Unwilligen gegenüber, d.h. denen, die nicht auf einer MAE Stelle arbeiten möchten. Was solche Gespräche mit Chefs bringen, ist eher unklar. Manchmal finden wir dabei Sachen raus, die wir sonst nicht erfahren hätten, aber ansonsten reden wir uns den Mund fusselig, ohne das es etwas bewirken würde. Anschliessend haben wir im Cafe ein paar Eindrücke und Ergebnisse vom Spaziergang zusammengetragen. Wir haben festgestellt, dass wir nochmal konkreter überlegen müssen, was wir den Leuten für Handlungsmöglichkeiten anbieten können, ohne das unmittelbar eine Sperre droht. Was konkret kann Widerstand in solchen Einrichtungen bedeuten? Neu auf dem Spaziergang war, dass Jobberinnen von sich aus Aktionen machen wollten und wir dafür konkret Unterstützung anbieten konnten (s.o). Für die nächsten Spaziergänge ein wichtiger Ansatzpunkt. Wir werden immer wieder gefragt, wie solche Spaziergänge vorbereitet werden können. Deswegen an dieser Stelle zwei, drei Tipps dazu. Es sollten vorher Stellen gefunden werden, wo klar ist, dass es dort Ein-Euro-Jobberinnen gibt. Für uns sind mittlerweile hauptsächlich die grossen Werkstätten oder Träger von Interesse, wo viele Jobberinnen auf einem Haufen anzutreffen sind. Es gibt Trägerverzeichnisse, wo die grossen Beschäftigungsträger aufgelistet sind. Dort kann angerufen werden. Praktisch ist es, sich als Suchende für einen Ein-Euro-Job auszugeben. Fragt, in welchen Arbeitsbereichen die Leute eingesetzt werden, ob man sich vorher eine solche Stelle mal ansehen könnte. Manchmal, obwohl doch eher selten, rücken die Träger mit Adressen 'raus. Dann macht es auch Sinn und Spass, bei der Vorrecherche einfach durch die Strassen zu ziehen und Beschäftigungsträger oder soziale Einrichtungen, die ihr unterwegs entdeckt, zu inspizieren. Manchmal wissen die Ein-Euro-Jobberinnen von weiteren Einsatzstellen. Flugblätter sind auf dem eigentlichen Spaziergang hilfreich, um Gespräche mit den Jobberinnen anzufangen und um nochmal intensiver darzustellen, worum es bei den Spaziergängen geht. Im Anschluss einen Bericht schreiben und diesen der Öffentlichkeit zugänglich machen wäre gut, damit die ganzen Informationen nicht verloren gehen. SPAZIERGANG No. 9, Mai 2005 Mit sieben, teils neuen Leuten waren wir diesmal unterwegs in Kreuzberg. Diesmal trafen wir in den Schulungsräumen auf einen Kurs Ein-Euro-Jobberinnen, die im Umgang mit Textverarbeitung an Computern qualifiziert wurden. Wir gingen etwas unschlüssig in den noch laufenden Unterricht rein, erklärten kurz wer wir sind und das wir mit der "Klasse" gerne über ihre Jobs diskutieren würden. Von den Jobberinnen selber kam keine Reaktion, ausser von ein oder zwei, die von ihren Rechnern zu uns rüber schauten. Die Lehrerin bat uns dann noch fünf Minuten bis Unterrichtsende zu warten, was wir dann auch etwas frustriert taten. Aber selbst dann gab es von seiten der Jobberinnen kaum Interesse an uns. Zwei, drei recht kurze Gespräche kamen zwar zustande, aber auch erst auf hartnäckiges Fragen unsererseits. Einsatzorte der Leute dort waren Hausmeisterstellen in Allgemeinbildenden und Volkshoch-Schulen, Pädagogische Betreuung im evangelischen Kindergarten und einem Obdachlosenheim. Alle üben ihre Jobs "freiwillig" aus, sind froh über das bisschen mehr Geld am Monatsende und über die halbwegs sinnvollen Tätigkeiten. Ansonsten kamen die üblichen Kritikpunkte, die wir aus so vielen anderen Gesprächen schon kennen: die fehlende Hoffnung auf den ersten Arbeitsmarkt zu gelangen, Frust über die Perspektivlosigkeit der Gesamtsituation, aber sich irgendwie, so gut es geht, in dieser Scheissituation einrichten. Eine Frau erzählte uns, dass sie sich mit einigen anderen Frauen einmal zusammengesetzt hat, um zu überlegen, was sie gegen die Situation, in der sie stecken, tun können. Und sind auf das Ergebnis gekommen, dass sie aufgrund der drohenden Gefahr einer Kürzung des Arbeitslosengeldes, eigentlich nix tun können oder wollen. Der Ablauf dieser Gespräche in denen uns viele Sachen berichtet wurden, die wir in ähnlichen Versionen bereits von vielen anderen Jobberinnen kannten und das eher mangelhafte Interesse mit uns zu reden, löste bei uns zunächst die Frage aus, wie wir bei der nächsten Station auftreten und ob wir die Gespräche, so wie wir sie bisher angegangen sind, weiterhin führen wollen. Einig waren wir uns darüber, wieder wesentlich offensiver aufzutreten und in den Gesprächen noch mehr über Ausbeutungsmechanismen, Widerstand am Arbeitsplatz und die uns aufgezwungenen Arbeits- und Lebensbedingungen zu diskutieren und weniger deren Arbeits- und Lebensumstände abzufragen. Die nächste Station war ein recht grosser Gebäudekomplex des gleichen Trägers, in dem ungefähr 60 Ein-Euro-Jobberinnen und ABM-Kräfte in einer Schlosserei, Metall- und Holzwerkstatt, Kleiderkammer und einer Kantine mit Küchenbereich eingesetzt sind. Ein Teil der Leute sind jung, meistens ohne Ausbildung, andere haben ne Ausbildung und teils langjährige Berufserfahrung, so z.B. in der Holzwerkstatt, in der 4 von 6 Leuten ausgebildete Tischler sind. Einer der Jobber in der Metallwerkstatt erzählte, dass der Träger Geldprobleme hat und deswegen ziemlich viele Leute einstellt, die aber aufgrund der fehlenden Arbeitsaufträge nicht wirklich was zu tun haben. Die meisten scheinen in Ruhe gelassen zu werden und waren über das
Arbeitsklima und das was sie dort tun zufrieden. Deswegen würden sich die
Leute in dieser Einrichtung auch nicht beschweren oder wehren, schätzte ein
Tischler die Situation ein. Vor kurzen hat der Oberchef gewechselt und
seither werden die Arbeiterinnen nicht mehr so kontrolliert.
Die Werkstätten werden angeleitet von jeweils einem "Chef", der
auch auf ABM arbeitet. Der Küchenchef z.B. hat langjährige Berufserfahrung
und drei abgeschlossene Ausbildungen. Zwei der dort beschäftigten Frauen, so um die 50, erzählten, dass sie früher
in der Fabrik gearbeitet haben - die eine bei Bahlsen, die anderen 27 Jahre
lang bei Telefunken. Beide sind krank geworden, bei einer grösseren
Entlassungswelle dann gekündigt worden. Sie sind als schwerbehindert
eingestuft. "Da hast du dein Leben lang gearbeitet und dann braucht Auch in anderen Gesprächen in den Werkstätten haben sich ABMlerinnen
gegenüber Ein-Euro-Jobberinnen als privilegiert beschrieben, man verdiene ja
mehr, oder sogar janz jut und das mit Urlaubs- und Krankengeld sei auch
grosser Vorteil. Der "Chef" der Tischlerei, auch ABM, erzählt, In der Kantine gabs auffällig junge und viele Leute. Im Vergleich schienen die Werkstatträume eher spärlich besetzt zu sein und vorwiegend mit Leuten so um die 40. Einer der Kochgehilfen meinte, er fände es gut hier, braucht kaum was zu machen, gibt keinen Stress. Er macht lieber Massnahmen, wo er in Ruhe gelassen wird, als in nem richtigen Job im Restaurantbetrieb zu arbeiten. Da hetzen sie einen, man hat am Ende Rückenprobleme und ist völlig alle. Die Leute dort haben auch interessiert nachgefragt, was wir machen und uns Tipps gegeben („mit ALG I würde ich auch lieber zu Hause bleiben...). Spaziergang N°8 im April 2005 Spaziergänge als eingreifende Untersuchung Seit vier Monaten sind wir nun regelmäßig zu Trägern und Einsatzorten von Ein-Euro-JobberInnen in Berlin unterwegs, um mit den Leuten, die in den Bereichen arbeiten, zu diskutieren. Wir wollten uns ursprünglich genauer anschauen, wie die Vermittlungspraxis in Ein-Euro-Jobs gehandhabt wird, wie die Leute sich verhalten, ob sich Widerstand dagegen entwickelt. Wir haben bisher viele Informationen sammeln können. Ob die Jobs "zusätzlich" sind, ist eine Frage der Formulierung, die Leute erhalten weder angemessene Qualifizierungen, noch erleichtert ihnen die Maßnahme den Einstieg auf den 1. Arbeitsmarkt. Statt uns aber mit diesen Informationen an die Öffentlichkeit (wer ist das?) zu wenden und die Ein-Euro-Jobs zu skandalisieren (was am Ende wieder verpufft), geht es uns um etwas anderes: Wir begreifen die Spaziergänge als eingreifende Untersuchung. Wir wollen mit den Leuten über Möglichkeiten nachdenken, wie wir uns gegen die Bedingungen wehren können, die uns täglich aufgedrückt werden. Die Ein-Euro-Jobs sind ein Anlass, uns konkret mit (unseren) Arbeits- und Lebensbedingungen auseinander zu setzen. Wenn so viele Leute unzufrieden mit den Verhältnissen sind - wie können daraus Kämpfe entstehen, wie kann sich darin eine Macht entwickeln, diese Verhältnisse umzuwälzen? Auf dem Spaziergang n°7 formulierte einer der Hausmeister auf Ein-Euro-Basis eine spannende Frage: Wenn die Ein-Euro-JobberInnen sich alle gleichzeitig weigern würden, zur Arbeit zu kommen, könnten sie damit was durchsetzen. Wie könnte das konkret aussehen? Genau das ist für uns eine wichtige Frage, die wir auf unseren Spaziergängen mit den Leuten diskutieren wollen. Vor einem Monat waren wir in Neukölln in den Werkstätten eines Vereins, den wir schon desöfteren besucht haben. In den Gesprächen mit den dort arbeitenden ABMlerInnen und Ein-Euro-JobberInnen sind wir auf viel Frust und Unzufriedenheit gestoßen. (Lest dazu Bericht n°6). Wir wollten mit den Leuten in Kontakt bleiben, schauen, wie sich die Situation dort weiterentwickelt. Deshalb sind wir noch einmal dort hin. Zunächst platzten wir in eine vollkommen chaotische Situation: der Verein baut aus, renoviert, expandiert. Bis Juni sollen dort insgesamt 390 Ein-Euro-JobberInnen anfangen. Bisher arbeiten in den Werkstätten ca. 100 ABMlerInnen und 22 Ein-Euro-JobberInnen (in der Holzwerkstatt). Die Umbauarbeiten werden zum Teil von zusätzlichen Ein-Euro-JobberInnen gemacht. Nicht die JobberInnen werden qualifiziert, sondern der Verein greift auf sämtliche Qualifizierungen der Leute zurück, ob nun ausgebildete Tischler, Maler- und Lackierer oder Leute vom Bau, die schnell mal eine Rigipswand einziehen können. Die Leute auf ABM-Basis sind noch bis Ende Mai dort. Einige wenige haben das Angebot bekommen, über einen Ein-Euro-Job dort weiter beschäftigt zu werden. Ansonsten vermuten viele, dass die 390 Ein-Euro-JobberInnen, die ab Juni dort anfangen, unter 25-Jährige sein werden, denen das Arbeitsamt Süd (Neukölln) verstärkt Druck macht. In einem Artikel der Berliner Zeitung vom 01.04.2005 unter dem Titel "Hunderte Jugendliche haben keine Lust zu arbeiten" hieß es, dass alleine in Berlin-Neukölln 6 377 Jugendliche arbeitslos seien. "Viele von ihnen" so die Zeitung, "wollen weder etwas von den Jobangeboten noch von Qualifizierungen hören. Rund 4 000 junge Erwerbslose hat das Jobcenter bisher angeschrieben. Nur rund 1 500 von ihnen meldeten sich zurück." Bei 300 arbeitslosen Jugendlichen unter 25 Jahren habe das Jobcenter bereits Kürzungen des ALG II vorgenommen oder es ganz gestrichen. Als wir diesmal die Werkstätten betraten, wurden wir von einem Werkstattleiter sehr unfreundlich empfangen: "Beim letzten Mal wurde diskutiert, gut, aber heute geht das nicht, heute wird gearbeitet." Das blieb sein Wunschdenken, denn auch diesmal ließen sich die Leute auf Diskussionen mit uns ein. Unser Flugblatt hatte für Diskussionsstoff gesorgt. Auch wenn die Leute über ihre Gruppen hinaus wenig miteinander in Kontakt kommen. Es gibt einige, denen der Kragen platzt und die sich desöfteren mit dem Chef anlegen, zum Beispiel, weil sie die Arbeit verweigern. So erzählten zwei Männer, dass sie - unabhängig voneinander - sich weigerten, an den Umbauarbeiten mit zu machen, schließlich wären sie für die Holzwerkstatt vorgesehen. Der eine wurde von seinem Werkstattleiter als "Arbeitsverweigerer" angepöbelt. Mit dem obersten Chef, der selbst bei dem Verein als ABM-Kraft ma angefangen hatte und einer der vier Festangestellten ist, hatten wir auch diesmal ein längeres Gespräch. Zunächst um Informationen abzugreifen, dann um ihn anzugreifen und um zu verhindern, dass wir rausfliegen. Er wiederholte vieles, was er bei unserem letzten Besuch gesagt hatte. Irgendwie scheint er von etwas anderem zu sprechen. Seiner Meinung nach sind das enthusiastische, arbeitswillige Leute, die hier arbeiten. Er habe eine Warteliste von 50 Leuten, die alle bei ihm anfangen wollen. Stellenweise hatten wir lange und intensive Diskussionen mit den Leuten zu der Frage, ob sie sich nicht gemeinsam wehren könnten. Was würde das heißen, wenn es hier einen Streik gäbe? Viele meinten daraufhin, dass es indirekt ja die Drohung vom Arbeitsamt gibt, dass ALG II zu kürzen. Das würde sicher bei einem Streik die Konsequenz sein. "Hier glaubt zwar keiner daran, einen richtigen Job zu finden. Die meisten haben Frust. Aber am Ende denkt doch jeder an die Miete, die im nächsten Monat bezahlt werden muss. Die Perspektive fehlt. Wir stecken im Zugzwang." Das sagte einer der Ein-Euro-Jobber aus der Holzwerkstatt. Wir haben mit einigen Leuten vereinbart, uns nocheinmal zu treffen und längere Interviews mit ihnen zu machen. Diese Gespräche wollen wir auch nutzen, um mit ihnen weiter an dieser Diskussion dran zu bleiben. Spaziergang N°7 im April 2005 "wenn alle einen Tag sagen würden: is' nich', würde sich was ändern!" Unterwegs mit acht Leuten, führte uns der siebente Spaziergang durch drei Neuköllner Schulen. Angeregt zu dieser Schulrunde hatte uns eine Entdeckung in einer Neuköllner Grundschule auf unserem vierten Spaziergang im Februar und ein Artikel in der Berliner Zeitung vom 23.3.04: "Personalräte an Schulen fürchten um feste Arbeitsplätze". Wir stießen damals in einer einzigen Schule auf 40 ehemals Arbeitslose, die über ABM (ArbeitsbeschaffungsMassnahme), SAM (StrukturanpassungsMassnahme) und MAE (Mehraufwandsentschädigung = 1€-Job) u.a. in der Schulstation, der Kantine, in den Computerräumen und im Bereich des Hausmeisters eingesetzt waren. Die Schule läuft schon seit Jahren über diese Maßnahmen und bis auf die LehrerInnen ist dort quasi niemand regulär beschäftigt. Bei unseren Vorerkundungen stießen wir darüber hinaus in sieben von acht Schulen auf 1€-Job-Hausmeistergehilfen ("facility manager" wie Hausmeister jetzt so schön in den Arbeitsagenturen heißen). Des weiteren fanden wir 1€-Jobber im Bereich Sprachförderung und -unterricht, Bibliothek, in der Biologie (angeblich als Putzkraft), in den Computerräumen und auf dem Sportplatz. Die beiden Hausmeistergehilfen unserer ersten Station luden uns zu einem Gespräch in ihrem Pausenraum ein. Sie waren an der Schule unfreiwillig von der Arbeitsagentur als 1€-Jobber seit März eingesetzt, für insgesamt neun Monate. Beide konnten sich die Jahre zuvor gut mit Schwarzarbeit auf dem Bau, im Fischverkauf bzw. mit ABM im Gartenbau oder bei der BSR über Wasser halten. Schwarzarbeit ist jetzt für sie zeitlich nicht mehr möglich. Einer der beiden überlegt sogar den Job hinzuschmeissen, um wieder schwarz arbeiten zu gehen und würde dafür auch die erste Kürzung von 30% in Kauf nehmen. Er vermutet, dass bei einer zweiten Kürzung nur noch Essensgutscheine ausgegeben werden. Die wöchentliche Arbeitszeit von 30 Stunden müssen
sie nicht ganz ableisten, der festangestellte Hausmeister lässt sie
auch mal eine Stunde eher gehen. Er muss jedoch die Arbeitszeit der beiden
Jobber unterschreiben und hat natürlich Schiss, dass er für
das bisschen Schummeln Ärger bekommt. Wirklich arbeiten müssen
sie effektiv auch nur zwei Stunden pro Tag, aber die Anwesenheit ist wichtig.
Ihren "Chef" finden sie ganz ok und er hat schon ein Auge darauf,
dass sie nicht genauso viel arbeiten wie er. ("Macht mal langsam
- ihr verdient viel weniger als ich"). Vom Aufgabenspektrum machen
sie aber doch irgendwie alles was Hausmeister so machen. Interessant war
dabei auch, dass es sich um wichtige Arbeiten handelt, die ein einzelner
Erschreckend war zu hören, dass der für sie zuständige
Beschäftigungsträger sie nicht über die Inhalte des Vertrages
informiert, sondern auf schnelles Unterschreiben gedrängt hat. Erst
später fanden sie raus, dass sie bei Krankheit nacharbeiten müssen,
ebenso bei Urlaub. Urlaubstage müssen sie übrigens zwei im Monat
nehmen. Geld gibt es wie bei den anderen 1€-JobberInnen weder für
Urlaub noch im Krankheitsfall. So wussten sie bis zu unserem Gespräch
auch nichts davon, dass ihnen eigentlich Qualifizierungsmaßnahmen
zustehen (dafür bekommen die Träger ja Geld). Beide bemängelten,
dass es für sie weder im Amt noch bei diesem Träger konkrete Beide empfinden das Ganze als Abzocke und Disziplinierungsmassnahme,
d.h. lernen morgens aufzustehen. Wir erzählten von unseren Erfahrungen
von den vorherigen Spaziergängen. Beide hörten interessiert
zu und einer der beiden dachte dann länger darüber nach, was
wäre, wenn die 1€-JobberInnen wirklich einen Tag lang ihre Arbeit
nicht machen würden, alle, dann könnten Weiter gings zur nächsten Schule, diesmal eine Grundschule
mit ca. 400 Kindern, 40 Lehrern, 2 Erziehern und 2 Sozialpädagogen
(die jedoch über einen externen Träger angestellt sind und nicht
direkt über die Schule). Auch hier waren zwei 1€-Hausmeister
angestellt. Desweiteren gab es noch Ein Problem sei auch das überalterte Kollegium (Ende
30 und vor allem älter), dass keine neuen Stellen geschaffen werden
und so auch keine jungen Leute nachkämen. Insbesondere im Bereich
Sprachförderung (Deutsch als Zweitsprache und Leseförderung)
würden wohl keine neuen Leute eingestellt. Die Berliner Zeitung schreibt
hierzu: "Über die Arbeitsagentur Süd [Neukölln u.a.]
sollen in nächster Zeit 75 Erwerbslose die Sprachförderung bei
Kindern übernehmen." Darüberhinaus gab es Ende letzten
Jahres vehemente Kürzungen bei Urlaubs- und Weihnachstgeld. "Wir
sind zwar verbeamtet und nicht kündbar, aber unsere Bedingungen ändern
sich." Im Hauptgebäude fanden wir jedoch die beiden 1€-Hilfshausmeister. Sie ließen uns in ihr Büro und zeigten keine Scheu, mit uns zu reden. Einer der beiden ist seit März dort und zwar freiwillig, als Überbrückung bis zum Herbst, dem Beginn seiner Ausbildung. "Dann hat man wenigstens was zu tun und kann sich auch mal Zigaretten kaufen." Er bekommt 180€ im Monat. Sie müssen nicht voll arbeiten und machen die gleiche Arbeit wie der "Meister" - nicht wie bei Praktikas und in der Ausbildung, wo man oft die Drecksarbeit machen müsse und ausgenutzt werde. Der andere arbeitet seit zwei Jahren dort, erst über GZA (Gemeinnützige Zusätzliche Arbeit, lief übers Sozialamt und belief sich auf 3h täglich) und jetzt auf 1€-Basis. (Das haben wir übrigens schon ein paarmal entdeckt, dass Leute über Jahre hinweg auf den gleichen Stellen eingesetzt sind, von GZA, ABM, SAM hin zu 1€-Jobs.) Als dann eine ziemlich krude Diskussion darüber losging,
ob denn das ginge, dass Leute einfach nicht arbeiten wollen und ein so
verschuldeter Staat sich das nicht leisten könne..., unterbrach uns
dieser unwirsche Hausmeister-"Meister" und forderte uns auf,
umgehend das Gebäude zu Beim anschließenden Auswerten in einer dieser urtypischen
Neuköllner Eckkaschemmen, wo der Kaffee wie Bauchschmerzen schmeckt,
aus dem Radio eine Rockballade nach der nächsten dröhnt, die
Luft am Boden hängt und das einzig lebendige die Fische im Aquarium
neben der Tür sind, haben wir versucht, noch ein paar Ideen zu sammeln:
Wie können wir Leuten gegenüber Spaziergang N°6 im März 2005 Wir hatten schönstes Spaziergangwetter und waren 11 Leute. Es gab insgesamt nur zwei Stationen: das Neuköllner Arbeitsamt und ein weiterer Werkstättenbereich eines Vereins, den wir schon des öfteren besucht haben. Unser Spaziergang führte uns ins Industriegebiet Neuköllns, wo Schrottberge mit riesigen Verladekränen bearbeitet werden und Firmen und Werkstätten in verranzten, alten Fabrikgebäuden mit schwarz angelaufenen Fenstern untergebracht sind. Dort sind wir auf über huntert Leute gestoßen, die über ABM oder Ein-Euro-Jobs in verschiedenen Werkstätten des Vereines arbeiten. Viele von denen waren nur am Abkotzen, was sie da überhaupt machen und welche miesen Arbeitsbedingungen sie haben. Aber dazu unten mehr... Arbeitsamt Neukölln Zunächst wollten wir das
neue Flugblatt
im Arbeitsamt Neukölln verteilen und sind auch 300 Stück los
geworden. Wir hätten noch mehr dabei haben können, denn es war
ein riesiges Gebäude und viel Betrieb dort. Gespräche entstehen
bei solchen Verteilaktionen auf den Ämtern kaum. Aber sehr viele
Leute haben das Flugblatt interessiert gelesen. Oder es einfach genommen,
da sie eh ihre Zeit dort rumsitzen müssen oder in der Schlange stehen.
Ein paar Flugblätter hatten wir schon im Bus auf dem Weg zum Arbeitsamt
verteilt und eine Frau grüßte uns, nachdem sie es gelesen hatte
und sagte, dass sie das gut findet. "Wir werden hier kontrolliert arbeitslos gehalten, damit wir nicht schwarz arbeiten gehen." Auf einen unserer vorangegangenen Spaziergänge hatten wir erfahren, dass es auch in Neukölln Werkstätten gibt, in denen Ein-Euro-Jobberinnen und ABMler arbeiten. Vor etwa drei Wochen hatten dort 20 Leute als erste Gruppe Ein-Euro-Jobbern angefangen. Sie arbeiten in der Holzwerkstatt ("Pädagogisches Spielzeug"), daneben gibt es auch eine Metall- und eine Nähwerkstatt. So haben wir uns in dem Gebäude gleich in kleinere Gruppen aufgeteilt, um mit möglichst vielen Leuten zu reden und Flugblätter weiterzugeben, bevor wir wieder rausgeschmissen werden. Das hat auch prima funktioniert. Wir waren fast eine Stunde lang da drin und hatten sehr anregende Gespräche. Dabei spielte der 10 Quadratmeter große Raucherraum
eine zentrale Rolle. Denn wir kamen zwar ungehindert in die Näh-
und Metallwerkstatt, die Holzwerkstatt hatte aber nur einen Zugang über
die Verwaltung und da wurden wir gleich abserviert. Was aber nix machte,
denn die Leute im Raucherraum gingen los und holten Leute aus der Holzwerkstatt
rauf. Und die wiederum nahmen uns dann über den Hintereingang kurz
mit in die Werkstatt. Aber der Raucherraum scheint auch ansonsten ein
wichtiger Treffpunkt zu sein, da sich dort die verschiedenen "Gruppen"
aus den getrennt gehaltenen Werkstattbereichen treffen und sich ungestört
unterhalten können. Wir trafen daneben auch auf Leute, die ganz froh sind, diesen Job zu haben. („Besser als gar nichts.“) In den Gesprächen wurde jedoch immer wieder deutlich, wie unzufrieden die Leute mit den herschenden Arbeitsbedingungen waren und das sie viel darüber diskutierten und zum Teil auch gemeinsam etwas dagegen unternahmen. Beschissene Arbeitsbedingungen
Gabelstapler-Schein als Qualifizierung Fast überall beschwerten sich die Leute darüber, dass sie hier kaum qualifiziert werden. Die meisten häben regelmäßig ein paar Tage Bewerbungstraining (!) und einige konnten einen Gabelstaplerschein machen. Der Kommentar einer Frau dazu: dieser sei Schein eh nur ein Jahr lang gülitg sei und was sie damit anfangen solle! (Der Chef dagegen behauptete, er wäre zwei Jahre lang gültig - was aber auch nicht viel ändert.) Sämtliche Produkte, die in den Werkstätten herstellt
werden, sind für Kitas und Schulen gedacht. Sie werden also nicht
direkt vermarktet. Man könnte allerdings vermuten, dass es im öffentlichen
Bereich andere Wege der Finanzierung gibt, z.B. durch Hin- und Herschieben
von Zuschüssen und Spenden. In den verschiedenen Werkstätten
konnten wir aufwendige und anspruchsvolle Auftragsarbeit sehen, parallel
zu Arbeiten, die als reine „Beschäftigungsmaßnahme“
anmuteten. "Kommt rein in die Rebellenbude" Wir saßen eine ganze Weile mit Leuten aus der Metallwerkstatt
im Raucherraum zusammen. Jedesmal, wenn jemand zum Rauchen in den Raum
kam, hieß es: „Kommt rein in die Rebellenbude!“
Einer der Männer verglich den Verein mit den Bork aus der "Star
Trek"-Serie. "Die verpassen uns Implantate und wollen uns
am Ende ganz assimilieren. Wir werden hier kontrolliert arbeitslos gehalten,
damit wir nicht nebenbei schwarz arbeiten gehen!" Ihre Aufgabe
ist die "Defragmentierung von Elektrogeräten", was im Klartext
heißt, sie müssen alte Geräte auseinander nehmen und brauchbare
Teile ausbauen. Die gehen vor allem an den Schrotthändler. Sie müssen
z.B. die Plastikisolierungen von Kupferkabeln abziehen, damit das Kupfer
wiederverwendet werden kann. Das Arbeitsamt gab ihnen auf den Beschwerdebrief keine Antwort. Dagegen kam zweimal eine angekündigte Delegation vom Arbeitsamt, um sich einen Eindruck vor Ort zu verschaffen. Wir wissen nicht wie, aber die Projektleitung des Vereines hat alles getan, um einen guten Eindruck abzugeben und zu demonstrieren, dass alles in geregelten Bahnen läuft. („In geregelten Parametern...“) Für die Leute aus der Metallwerkstatt war klar, dass der Verein mit dem Arbeitsamt klüngelt und sie dagegen überhaupt nicht ernst genommen wurden und. Es war echt erfrischend mit den Leuten dort zu reden. Wir wollen auf jeden Fall in Kontakt bleiben und des öfteren vorbeischauen. Nicht erst, wenn die Leute wechseln, sondern auch demnaechst, um mit denen, die wir jetzt getroffen haben weiter zu reden und zu schauen, was unser Auftauchen moeglicherweise hinterlassen hat. Der Stimmung nach fehlte nicht viel, dass dort einige mal richtig auf den Putz hauen. Ein-Euro-Job-Spaziergang am 08.03.2005 in Berlin / Prenzlauer Berg TeilnehmerInnen: anfangs ca. 12, später ca. 8 1. Station: Jobcenter in der Straßburger Straße Zur Einstimmung begab sich die Gruppe von Ein-Euro-Job-Betroffenen,
ALG 2-EmpfängerInnen und sonstigen an dem Thema Interessierten um
ca. 11:00 Uhr in das Jobcenter in der Straßburger Straße,
das speziell Jugendliche und junge Erwachsene bis 25 Jahre betreut. Dabei
handelt es Leider haben wir keine Jugendlichen angetroffen, die derzeit entsprechende Maßnahmen absolvieren. Die in den Warteräumen wegen Leistungsbezugs wartenden Jugendlichen (in einem Raum etwa acht, in einem anderen etwa 15 Personen im Alter zwischen ca. 16 und ca. Anfang 20), die wir nach ihrer Einschätzung bezüglich Ein-Euro-Jobs fragten, lehnten diese für sich einhellig ab. Die völlige Abwesenheit von Maßnahmenbetroffenen
machte uns stutzig, weshalb wir bei einer Mitarbeiterin des Jobcenters
nachfragten. Sie versicherte uns, dass dieses Jobcenter sehr wohl schon
umfassend in entsprechende Maßnahmen vermittelt und bat uns, für
weitere Informationen 2. Station: Verwaltung eines im soziokulturellen Bereich tätigen Trägers in Prenzlauer Berg Unangekündigt betraten wir das Büro des für
"Beschäftigungsförderung" zuständigen Mitarbeiters,
Herr R., der die Ein-Euro-Stellen in seinem Haus koordiniert. Nach anfänglichem
Widerstreben zeigte sich Herr R. halbwegs auskunftsbereit. Er weigerte
sich allerdings im gesamten Gesprächsverlauf beharrlich, die Zahl
der von seinem Träger eingesetzten MAE-Beschäftigten Zum Aspekt des Zwangscharakters von MAE-Maßnahmen befragt erklärte er, dass der Träger im Einzelgespräch strikt auf das Einverständnis der / des Betroffenen zu der jeweiligen Maßnahme achte. Dies geschähe insbesondere deshalb, weil die MAE-ler beim Träger vor allem im Bereich der Kinder- und Jugendarbeit tätig sind, in dem unmotivierte MitarbeiterInnen nicht zu verantworten wären. Herr R. stimmte jedoch unserer Einschätzung zu, dass "freiwillig" vor dem Hintergrund des geringen ALG 2-Regelsatzes und der Notwendigkeit für jeglichen - und sei er auch noch so geringfügigen - Zuverdienst nicht wirklich zutreffend ist. Befragt, ob die Beschäftigung von MAE-lern in seinem
Hause reguläre Beschäftigungsverhältnisse gefährde,
vertrat Herr R. den Standpunkt, das Gegenteil sei der Fall, und meinte
damit nicht nur seinen eigenen Job. So sei es für den Träger
mit Ein-Euro-Jobs möglich, Leistungen anzubieten, Besonderen Wert legt der Träger laut Herrn R. auf die
Qualifizierung der MAE-ler. Pro maximal 15 Beschäftigte gebe es einen
Coach und darüber hinaus aufgrund der interdisziplinären Struktur
des Trägers umfassende interne Qualifizierungsmöglichkeiten,
die auch wahrgenommen würden. Nicht Grundsätzlich habe es sich der Träger bei der Entscheidung über den Einsatz von Ein-Euro-Jobbern nicht leicht gemacht und sich letztlich dafür entschieden, weil die positiven Aspekte für die Betroffenen überwögen. Insgesamt zeigte sich Herr R. mit unseren Argumenten gegen Ein-Euro-Jobs vertraut und kannte auch einige Veröffentlichungen Hartz-kritischer Gruppen, was sich wahrscheinlich aus dem alternativen Duktus des Trägers erklärt. Im weiteren Verlauf des Spaziergangs hatten wir dann die Möglichkeit, uns auch mit den Positionen von bei diesem Träger beschäftigten Ein-Euro-JobberInnen, sozusagen "der anderen Seite", vertraut zu machen. 3. Station: zwei im Bereich Kinder und Jugendliche tätige Einrichtungen dieses Trägers Die Leiterin der ersten der beiden von uns besuchten Einrichtungen erklärte, dass sie aus grundsätzlichen Erwägungen den Einsatz von Ein-Euro-JobberInnen in ihrer Einrichtung ablehne, was der Träger offenbar akzeptiere. In der zweiten Einrichtung trafen wir eine etwa 40jährige Ein-Euro-Jobberin, die früher als Sekretärin tätig war und nun für den Träger ebenfalls Sekretariatsarbeiten erledigt. Die ihr durch den Träger angebotenen Qualifizierungsangebote betrachtet sie als für sich nicht wirklich sinnvoll und versucht daher, sich unabhängig vom Träger selbst weiterzubilden. Eine Rückkehr in den 1. Arbeitsmarkt erwartet sie nicht mehr. 4. Station: eine im Bereich Kinder und Jugendliche tätige Einrichtung des Trägers In der Einrichtung trafen wir vier Ein-Euro-JobberInnen an. Leiterin war eine Mitarbeiterin mit einem Halbjahresvertrag. Alle vier MAE-ler haben ihre Tätigkeit noch in 2004 aufgenommen, arbeiten also "freiwillig", da im letzten Jahr bei Ablehnung noch keine Kürzung der Bezüge erfolgte. Eine der vier MAE-ler hat sich sogar gezielt um die Stelle beworben, um in ihrem Berufsfeld tätig sein zu können. Die Mehraufwandsentschädigung beträgt EUR 1,50 pro Stunde bei 30, häufig auch mehr Wochenstunden. 10 Wochenstunden seien für Jobsuche vorgesehen, wobei ein Nachweis der Suche nicht erforderlich sei. Tatsächlich hält die Menge der Arbeitsstunden die Befragten nach eigener Aussage von der Jobsuche ab. Die Einrichtung verfügten in dieser Abteilung bis 2001/2002, als radikale Kürzungen vorgenommen wurden, über mehrere feste Stellen. Nach deren Wegfall wurden ABM- und SAM-Kräfte eingesetzt, die wiederum Ende 2004 von den vier MAE-lern sowie der Leiterin ersetzt wurden. Einhellig betonen die MitarbeiterInnen die bezirksweite Bedeutung ihrer Einrichtung, die Serviceleistungen für Schulen erbringt, die diese bislang noch auf Eigeninitiative hin nutzen. In naher Zukunft wird den Schulen jedoch voraussichtlich vorgeschrieben werden, derartige Serviceleistungen anzubieten, wodurch der Stellenwert der von uns besuchten Einrichtung deutlich steigen wird. In einem derartigen Fall ließe sich allerdings nicht mehr von "Zusätzlichkeit" sprechen, was aber ein entscheidendes Kriterium für Ein-Euro-Jobs darstellt. Wie auch andere MAE-lern in vergleichbaren Situationen äußerten
die Befragten bezüglich ihrer Arbeit den Wunsch, "sich nötig
zu machen". Mit dem durch sie zu erbringenden Nachweis der "Unentbehrlichkeit"
ihrer Einrichtung verbinden sie die diffuse Hoffnung zu festen Stellen
zu kommen - wenn auch zugestanden wird, dass diese Aussicht de facto kaum
besteht. Lediglich einer der vier MAE-ler bewertet seine Situation auf
dem Arbeitsmarkt als positiver als vor der Maßnahme und rechnet
sich Chancen für eine reguläre Beschäftigung aus, während
die übrigen sich keinerlei Verbesserungen erwarten. Eine Frau sprach
sogar von einem "Missbrauch von Die Arbeit im Team empfinden alle als sehr positiv, leiden jedoch unter der fehlenden Perspektive und dem bevorstehenden Auseinanderbrechen der Gruppe. Alle möchten gute Arbeit leisten und würden diese gerne weitermachen, dürfen aber nicht. Als besonders problematisch für die Gruppenarbeit wird die hohe Fluktuation der Beschäftigten betrachtet. Zum Thema Qualifizierung im Rahmen der Maßnahme äußerten sich die MAE-ler skeptisch. Zwar gebe es Angebote durch den Träger, diese seien aber nicht immer spezifisch für ihren Arbeitsbereich. Außerdem würden z.B. auch allgemeine Teamsitzungen als Qualifizierung zählen, was man als Indiz für die Entwertung des Anspruchs auf Qualifizierung betrachten kann. Im Endeffekt fahren die MAE-ler daher die Strategie, sich die sie interessierenden bzw. betreffenden Qualifizierungsmöglichkeiten selbst zu suchen und vom Träger genehmigen zu lassen. Die trägerseits für Qualifizierung und administrative Betreuung zur Verfügung stehenden ca. EUR 300,00 pro Monat und MAE-ler würden für Qualifizierungszwecke jedoch niemals ausgeschöpft. Widersprochen wird der von Seiten von Trägern häufig vorgebrachten Behauptung, Ein-Euro-JobberInnen machten für den Träger mehr Arbeit als sie Nutzen brächten. Im Gegenteil vertraten unsere GesprächspartnerInnen die Einschätzung, dass Ein-Euro-Stellen bei ihrem Träger geschaffen wurden um Geld zu machen. Allgemein waren die MAE-ler offenbar froh, mit Interessierten
über ihre Erfahrungen sprechen und sich austauschen zu können.
Einer bedankte sich gar "für den frischen Wind". Es wurde
deutlich, dass von Seiten der Betroffenen Bedarf an Gesprächen über
diese Art von Arbeit und die ihr 4. Berliner 1€-Job Spaziergang Zusammengefunden hat sich diesmal eine Gruppe von 10-12 Leuten, dabei einige neue Gesichter und ein Kleinkind. Erste Station war ein Beschäftigungs- und Qualifizierungsträger und dessen Geschäftsführung. Ziel war eine Adressenliste der konkreten Einsatzorte zu bekommen. Die wollten oder konnten sie uns nicht geben und haben uns auf andere Filialen verwiesen. Von dort aus werden die 1€ Jobber vermittelt, d.h. dort sind die Einsatzorte bekannt. Die Einsatzbereiche erstrecken sich laut deren Flugblatt auf eigentlich alles: von technischen und handwerklichen Tätigkeiten über Obdachlosenhilfe bis zur Herstellung von Behindertenhilfsmitteln. Einer der Mitarbeiter verabschiedete sich mit den Worte, er findet es gut, wenn Leute sich wehren... bla bla. Weiter gings in die unteren Stockwerke. Dort finden Aus-
und Weiterbildungskurse, d.h. auch die sog. Qualifizierungsmaßnahmen
für 1€ Jobber, ABM,... statt. Die Klassenräume in der 1.
und 2. Etage waren leider fast alle leer. Die Schüler, die wir noch
antrafen, nahmen an Sprach- und Berufsvorbereitenden Kursen statt. Einige
Lehrkräfte verwiesen uns nach Anfrage in welchen Räumen und
wann Kurse für 1€ Jobber stattfänden auf die Geschäftsführung.
Letzte Station war ein sogenannter linksalternativer Träger, der Projekte im soziokulturellen Bereich anschiebt und betreut. Dort sind ca. 30 Stellen beantragt, von Seiten des Senats jedoch noch nicht bewilligt. Einsatzgebiete sind Hof+ Gelände, Kultur und Büro. Der Verein hat bisher auch GZA Stellen betreut, was jetzt weggefallen ist. Die Überraschung war gross, als wir dort mit unserem „Trupp der öffentlichen Kontrolle“ reinkamen (wie immer halt). Die Anwesenden liessen sich jedoch bereitwillig auf eine Diskussion mit uns ein. Eine Frage unsererseits war, warum sich gerade viele alternative Projekte regelrecht auf die 1€ Jobs stürzen, wo sich andere Projekte noch in Zurückhaltung üben. Sie hätten über die politische Dimension der MAE’s diskutiert und wissen eigentlich auch, dass es scheisse ist. Es seien jedoch mehrfach Leute auf sie zugetreten und hätten gefragt, ob sie nicht im Rahmen einer solchen Maßnahme im Verein tätig werden können und zwar die Leute, die eh schon seit langem ehrenamtlich dort arbeiten. Der Frage, was sie denn bei Leuten machen, die vom Amt zwangszugewiesen werden (zB stempel für geleistete Arbeit geben und wieder wegschicken) und ob die Leute die wöchentlichen 30 Stunden ableisten müssten wichen sie aus. Die Gelder, die vom Amt für Betreuung und Qualifizierungsmassnahmen an die Träger gezahlt werden (ca. 300€ monatlich) will der Verein in die Projekte investieren, in denen die 1€ Jobber dann tätig sind (z.B. Fahrradwerkstatt, Gelder für Werkzeuge nutzen), damit sich die Leute ein Standbein aufbauen können und auch nach Ende der Massnahme weiterhin arbeiten können (-ehrenamtlich?). Unsere Frage, warum nicht der gesamte Betrag (500€) direkt an die Leute ausgezahlt werden kann und diese das für welche Zwecke auch immer ausgeben, wurde nicht beantwortet. Dann gab es ne längere Diskussion mit einem zukünftigen 1€ Jobber, der ein Musikprojekt hochziehen will und der eigentlich nur nochmal das bestätigte, was die Frau aus dem Büro schon erzählt hatte. Er sei froh wenn er endlich mal Geld bekäme für seine Arbeit hier. Seit einigen Jahren engagiert er sich im Verein schon und nur einmal für wenige Monate sei er über GZA finanziert worden. Er sei interessiert daran was andere Leute gegen diese Art der Arbeitsmarktpolitik machen und hätte auch Lust sich zu beteiligen. Er stellte uns noch einen weiteren Zukünftigen vor,
der ein Cafe/ Bar auf dem Gelände des Vereins zZt ehrenamtlich betreibt
und über die 1€ Stelle und später mit dem Existenzgründerzuschuss
auf Selbständigkeit hofft und davon leben zu können. Auch er
sieht das Problem, das wenn man Bericht von einem Spaziergang im Februar: Ein weiterer Spaziergang in Berlin Unsere Liste von Beschäftigungsträgern, die Ein-Euro-Jobber
vermitteln, ist inzwischen sehr lang geworden. Die haben so schöne
Namen wie KEBAB oder BEQUIT oder GBB. Die Einsatzorte sind aber sehr unterschiedlich
und schwieriger rauszufinden. Bisher können wir feststellen, dass
die ALG II plus MAE-Job* bringt am Ende mehr Kohle als die meisten anderen Stellen für geringqualifizierte, Vollzeitstellen gibt es eh kaum noch. Wir überlegen auch, die Spaziergänge nicht nur zu Ein-Euro-Jobs zu machen, sondern auch mal bei Schlecker oder Lidl vorbeizuschauen und mit den Leuten dort zu reden. Die Stimmung auf dem Spaziergang war gut. Wir waren zwölf
Leute, ein paar neue Gesichter dabei. Die Vorbereitung übernehmen
zur Zeit immer wieder andere Leute, so dass das nicht an zwei Leuten hängen
bleibt. Wenn wir das weiter so hinbekommen, können die Spaziergänge
auch in den nächsten Monaten starten. Wir hoffen auch darauf, dass
woanders Leute die Idee übernehmen und selbst losziehen. Wir bekommen
jetzt einiges aus Berlin mit, interessant Zunächst waren wir im Arbeitsamt. Wir haben dort an
die 300 Flugblätter*
verteilen können. Die Leute waren meistens interessiert. Richtige
Gespräche sind leider kaum zustande gekommen. Das liegt wohl an der
allgemeinen Atmosphäre dort und daran, dass wir nichts konkretes
fragen können. Die Stelle für die ALG II - Anträge war
knackevoll. Da meinten ein paar Leute, dass sie den Antrag abgegeben hätten
und immer noch kein Geld da wäre. Ein weiteres Flugblatt war an die
Sachbearbeiterinnen gerichtet, die bei der Agentur angestellt sind. Wir
sind einfach in die Büros rein und haben ihnen das Fugi in die Hand
gedrückt. Nur zwei von ihnen reagierten darauf, Dann sind wir zu einer Grundschule in Neukölln. Auf dem Weg dahin mit der U-Bahn sind wir gemeinsam schwarz gefahren. Falls sie kontrollieren, können diejenigen von uns, die eh eine Monatskarte haben, die Kontrolleure aufhalten oder ablenken und den anderen den Rücken frei halten, dass sie wegkommen. Wir hatten gehört, dass in der Schule etwa 40 Leute nur auf Maßnahmen-Basis arbeiten, also ABM, SAM, GZA und jetzt Ein-Euro-Jobber. Alle von den unterschiedlichsten Trägern vermittelt. Während einige von uns mit den Leuten geredet haben, die wir auf dem Flur, in der Kantine oder im Computerraum antrafen, gingen andere zur Schulleiterin. Wir wollten in ihr Büro und durchsetzen, dass sie uns Kopien von einer Hartz-IV-Infobroschüre machen lässt. Leider hat das nicht geklappt, wir haben uns zu schnell aus ihrem Amtszimmer rausschicken lassen. Sie kam mit uns ins Gespräch. Die Schule läuft schon seit Jahren über Maßnahmen und ohne die rund 40 Stellen (30 ABM oder SAM und 11 MAE* - bis auf die Lehrerinnen und Lehrer ist dort niemand regulär beschäftigt) würde der Schulbetrieb überhaupt nicht funtkionieren. Wie uns die Ein-Euro-Jobberinnen von der Schulstation erzählten, gab es dort vor einigen Jahren noch zwei feste Stellen für Erzieherinnen, später wurden daraus ABM, jetzt sind es die Ein-Euro-Jobs. Kurz vorher hatte uns die Schulleiterin versichert, dass alle Stellen, die über Maßnahmen laufen, auf jeden Fall zusätzlich seien und dadurch keine festen Stellen weggefallen wären. Außerdem präsentierte sie uns diesen Schulbetrieb als tolles Projekt, schließlich bekämen Arbeitslose hier wieder eine Chance. Auf dem Flur begegneten wir einem jungen Typen Anfang Zwanzig,
der inmitten von Kinderfaschingsgegröle die Wände renovierte.
Er ist ausgebildeter Maler und Lackierer und macht hier in der Schule
Hausmeisterarbeiten auf Ein-Euro-Job-Basis. Zur Zeit eben die Renovierung
der Treppenhäuser und Flure. Einen Hausmeister gibt es außerdem
noch. Er fand das ganz gut, den Die Kantine der Schule untersteht nicht der Schulverwaltung. Die läuft über eine private Firma. Die Frauen in der Küche waren uns gegenüber sehr offen. Sie arbeiten dort auch alle auf ABM-Basis. Eine Frau sagte, sie hoffe, dass sie anschließend übernommen wird. Die Kantinen-Chefin dagegen meinte, die würden hier doch alle wissen, dass sie nicht übernommen werden. Die bekommen ihr Zeugnis am Ende und fertig. Die Küche würde ohne diese Maßnahmen-Finanzierung nicht laufen. Außerdem beschwerte sie sich noch, dass die ABMlerinnen ihren Job nicht ernst nehmen und viel zu oft blau machen. Dann gab es noch ein sehr langes ausführliches Gespräch
mit drei Frauen, zwei ebenfalls Anfang Zwanzig, die dritte schon älter.
Die beiden jüngeren waren neu an der Schule, als Ein-Euro-Jobberinnen.
Die andere seit fünf Jahren ohne Unterbrechung, immer über GZA
vom Sozialamt finanziert. Sie sind hauptsächlich auf der Schulstation,
ihr Job wurde vor Jahren von zwei Erzieherinnen abgedeckt. Sie geben dort
Hausaufgabenhilfe und sich beschäftigen sich mit den Kids. Nachdem
die drei anfangs erzählt haben, dass sie den Job auf jeden Fall freiwillig
machen würden, sie sich gerne nützlich machen wollten und voll
zufrieden wären, bröckelte ihre Eindeutigkeit nach einigen Fragen
immer weiter ab. So meinte eine von ihnen, dass sie lieber diesen Job
machen würde als von 9-21 Uhr Brötchen zu verkaufen, was ihr
vorher mal als Job angeboten wurde. Und dabei kaum mehr als Arbeitslosenkohle
zu verdienen. Der Ein-Euro-Job sei halt eine Möglichkeit, etwas dazu
zu verdienen. Aber wegen der Freiwilligkeit: klar, wenn eine von Schließlich trafen wir noch oben im Computerraum auf fünf Männer zwischen 19 und 50 Jahren. Sie sagten, sie wären alle als ABMler in der Schule beschäftigt. Einer von ihnen hatte gerade sein Germanistikstudium abgeschlossen. Die ABM-Stelle wurde ihm letzten Herbst angeboten. Er und ein anderer, sehr junger Typ, waren als "Gebäudeassistenten" dort angestellt. Sie zeigten uns den Vertrag, in dem als Aufgabenbereiche u.a. Unterrichtshilfe oder Betreuung der Computeranlagen aufgeführt waren. Der junge Mann erzählte uns, er hätte keine Ausbildungsstelle bekommen und die ABM sei jetzt Überbrückung bis er was findet. Er muss manchmal im Unterricht eines Lehrers ein schwieriges Kind aus der Klasse rausnehmen und mit ihm Einzelfallbetreuung machen, damit der Unterricht für die anderen reibungslos läuft. Ansonsten leitet er die Fußball-AG, damit die Kids ein bißchen mehr Bewegung haben. Letzte Station auf unserem Spaziergang war ein Beschäftigungsträger
in Neukölln, der gerade vom dortigen Jobcenter 100 Ein-Euro-Jobberinnen
zugewiesen bekommen hat. Bis Ende des Jahres sollen es 1000 werden. Zur
Zeit läuft die Vermittlung nur über die Zentrale des Trägers,
demnächst soll auch die Außenstelle, in der wir waren, das
übernehmen. Bezeichnenderweise ware sämtlichen Beschäftigten,
mit denen wir geredet haben, selbst ABMlerinnen. Früher waren es
feste Stellen. Von ihrem Büro aus läuft die Projektverwaltung
(Projekte, in denen Leute mit Maßnahmen eingesetzt werden), sie
machen aber auch Beratung. Wir konnten unsere Flugblätter zu ihrem
Infomaterial legen. Auch sie blieben eine Weile mit uns im Gespräch.
Untereinander würden sie viel über Hartz IV und die Folgen diskutieren.
Einige von ihnen haben nach der neuen Regelung im Anschluss an die ABM
keinen Anspruch auf Arbeitslosengeld, würden also direkt ins ALG
II Wir sind dann noch gemeinsam Pizza essen gegangen und haben die einzelnen Details für den Bericht zusammengetragen oder weiter diskutiert. *MAE = Mehraufwandentschädigung, offizielle Bezeichnung für Ein-Euro-Jobs Bericht von einem Spaziergang im Januar Als wir morgens losgehen wollten, erwarteten uns schon zwei Bullenwannen am Treffpunkt, die wir aber abhängen konnten. Wir haben zunächst einige Beschäftigungsträger abgeklappert, die für die Vermittlung von Ein-Euro-Jobbern und -Jobberinnen zuständig sind. Wir trafen dort auf befristet Angestellte, die selbst vorher arbeitslos waren. Sie beteuerten uns, sie würden nur Leute vermitteln, die einen Ein-Euro-Job auch machen wollten, andere könnten problemlos wieder nach Hause gehen. Wie sie aber mit den neuen Regelungen ab Januar 2005 umgehen werden, wollten sie uns nicht sagen. Sie fänden natürlich nicht in Ordnung, dass die Industrie daran verdienen solle. Mehr könnten sie dazu nicht sagen, wir sollten lieber zu ihren Chefs gehen. Das haben wir dann auch getan, allerdings meinten die Frauen dort im Büro, sie wären seit Jahren zuständig für die Vermittlung versicherungspflichtiger Ein-Jahres-Verträge für Sozialhilfeempfänger. Mit Ein-Euro-Jobs hätten sie (noch) nichts zu tun, sie wären auch nicht die Chefetage des Trägers? Wo sind die Chefs? Unsere nächste Station war die CARITAS, die ja mehrfach
verkündet hat, Ein-Euro-Jobs einzurichten und sich damit vor allem
für die „berufliche Qualifizierung jugendlicher Arbeitsloser
unter 25 Jahren zu engagieren“. Wir trafen zunächst nur auf
Angestellte einer Sozialstation von Caritas. Die Frauen dort wollten keine
persönliche Meinung zu den geplanten Ein-Euro-Jobs äußern
und weigerten sich auch, unsere Fragen – zum Beispiel zu nötigen
Qualifikationen für Ein-Euro-Jobberinnen im Pflegebereich zu beantworten.
Auch sie verwiesen uns an die zentrale Verwaltung der Caritas... Am Ende wurde es dann endlich nochmal richtig interessant, als wir in eine Werkstatt reinplatzten, wo etwa 40 Leute, meist Frauen und fast alle – mit Ausnahme der Vorgesetzten - migrantischer Herkunft, an Nähmaschinen saßen und Stofftiere für Kindergärten und Kitas herstellten. Fast so, wie man es sich in einem Sweatshop vorstellt... Alle Arbeiterinnen dort waren entweder ABM-Kräfte oder Ein-Euro-Jobberinnen (etwa die Hälfte). Trotz der aufgebrachten Aufseherin, die uns verbieten wollte, mit den Arbeiterinnen zu reden und Flugis zu verteilen, kamen wir mit einigen der Ein-Euro-Jobberinnen ins Gespräch. Sie erzählten, dass es sie nerve, keinen Anspruch auf Urlaub zu haben und im Krankheitsfall keine Kohle zu bekommen. Bezahlt blau machen ginge hier nicht. Ansonsten sei die Arbeit aber ganz locker, man würde sich nicht „totmachen“. Eine Gruppe von sechs Frauen, die sich schon vorher kannten, erzählte uns, wie sie zu ihrem Ein-Euro Job gekommen waren. Sie hatten einen Brief vom Arbeitsamt erhalten, in dem ihnen diese Arbeitsstelle vorgeschlagen wurde, und beschlossen dort gemeinsam anzufangen, um zu verhindern, später einzeln in verschiedene Stellen vermittelt zu werden. Die Ein-Euro-Jobberinnen fanden es gut, dass sich jemand für ihre zum Teil beschissenen Arbeitsbedingungen interessiert. Während unserem Gespräch mit ihnen, lief die Projektleiterin wütend zum Telefon, um die Bullen zu rufen. Wir sind dann gegangen. Wir werden dort auf einem der nächsten Spaziergänge sicher wieder vorbeischauen. Da der Zwangscharakter der Ein-Euro-Jobs erst mit Hartz IV seit Anfang diesen Jahres durchgesetzt wird, kann man davon ausgehen, dass gerade damit begonnen wird, die neuen Maßnahmen durchzusetzen. Wir werden wahrscheinlich erst im Laufe der nächsten Monate auf Ein-Euro-Jobber stoßen, die unter Androhung der Kürzung ihres ALG II den Job machen müssen. Schwierig bleibt es auch, im Vorfeld abzuklären, was uns bei den jeweiligen Stellen erwartet und mit wem wir es direkt zu tun haben. Wir wollen weiter mit Ein-Euro-Jobberinnen und „regulär“ Beschäftigten diskutieren. Den Chefs dagegen sollten wir ausdrücklich klar machen, dass sie zukünftig Stress bekommen und die Durchsetzung der Ein-Euro-Jobs nicht ohne Widerstand geschieht. Alles in allem machen diese Spaziergänge Spaß. Es gibt Gelegenheit, zu diskutieren, Infos auszutauschen und neue Leute kennen zu lernen. Falls Ihr Lust bekommen habt, kommt mit oder zieht selbst
los: zwei zuverlässige Leute planen eine Route, ihr verabredet einen
Treffpunkt und sagt interessierten Leuten Bescheid. Zwischendrinn kann's
auch mal langweilig werden, weil nicht jede Adresse gleich ein Volltreffer
ist. Berlin, Januar 2005 Die 1-Euro-Jobber kommen! Sie arbeiten vielleicht in einem Betrieb oder einer Einrichtung,
wo demnächst sogenannte „Ein-Euro-Jobs“ auftauchen werden
oder bereits zum Alltag gehören. Oder Sie sind schon auf den bitteren
Geschmack dieser mit den Hartz IV-Gesetzen eingeführten Maßnahme
gekommen und als Wir wollen uns hier kurz einmischen, da wir arbeitslos sind oder es jederzeit werden könnten, und Hartz IV für uns wie für Sie ein Angriff auf unsere Lebensbedingungen ist. Der Ein-Euro-Job ist der moderne Arbeitsdienst der Bundesagentur
für Arbeit. Bezieher von Arbeitslosengeld II werden auf einen Arbeitsplatz
vermittelt, an dem sie zusätzlich zur Sozialleistung etwa 1,50 Euro
pro Stunde bei maximal 30 Wochenstunden dazuverdienen können. Besser
gesagt, sollen, denn wer nicht will, dem wird die Stütze gekürzt
oder gestrichen. Unter diesen Bedingungen ist es wohl kaum verwunderlich,
wenn die Motivation eines „zugeteilten“ Ein-Euro-Jobbers,
recht fleißig und kooperativ zu sein, gegen Null geht Sicher wird man als Ein-Euro-Jobber keinen Abschluss machen
können, der einem auf dem Arbeitsmarkt was nützt. Regulär
Beschäftigte werden (neben ihren Arbeitsaufgaben) die Leute anlernen
müssen. Die Jobberinnen verlassen aber bald wieder den Betrieb, da
ein Ein-Euro-Job längstens neun Monate dauert. Danach beginnt alles
von vorne. Die Maßnahmen dienen Wenn es aber dazu kommen sollte, dass Ein-Euro-JobberInnen
einem Laden tatsächlich wirtschaftlich Nutzen bringen, glauben Sie
nicht auch, dass dann die Geschäftsführung die Löhne der
anderen Beschäftigten bald viel zu hoch finden wird? Sie werden überlegen,
wie sie die Struktur des Unternehmens so anpassen können, dass sie
so viele JobberInnen wie möglich Die gegen Arbeitslose gerichteten Disziplinierungsmaßnahmen
dieser „Arbeitsmarkt-Reform“ wirken also auch gegen die bisher
regulär Beschäftigten. Die werden wahrscheinlich froh sein über
ihre Situation, ihre „Rechte“ als Gnade empfinden und an den
Jobbern sehen, was sie sonst zu Das wichtigste Mittel dagegen ist, sich diesem Druck gemeinsam
zu verweigern, anstatt sich gegeneinander ausspielen zu lassen. Solidarität
unter den Kolleginnen und Kollegen, auch wenn sie unter verschiedenen
Bedingungen in der Einrichtung oder dem Betrieb arbeiten, wäre eine Wenn Ihr Erfahrungen mit Ein-Euro-Jobs habt, was unternehmen
wollt oder meint, wir könnten mal auf einem unserer Spaziergänge
in Eurem Betrieb vorbeischauen, dann meldet Euch doch. |