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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Zahltag! Widerstand gegen ARGE-Schikanen in Köln.
Auf allen 14 Etagen der Kölner Arbeitsagentur Mitte lungert Polizei herum, im Eingangsbereich ein massives Aufgebot. Zahlreiche Transparente verkünden, heute ist "Zahltag!". Dafür wurde bereits im Vorfeld mit 10.000 verteilten Flugblättern an den Kölner ARGEn geworben. Ein Großzelt mit Frühstück und Musik. Auf einmal drängen von drinnen und draußen viele Leute ins Foyer der ARGE. Eine Lautsprecheranlage eröffnet die "Vollversammlung". Eine Beratungsstelle wird eröffnet und die Idee des sogenannte "Begleitservice" erläutert: Erwerbslose setzen heute und morgen gemeinsam die Auszahlung ihrer Kohle oder andere Forderungen durch. Niemand spricht von Besetzung und doch ist irgendwie klar, dass die Leute hier in der ARGE ein echtes Anliegen haben. Das befürchtet auch der stellvertretende Leiter der Arbeitsagentur und will räumen lassen. Trotz massiven Übergriffs durch die Polizei, bei dem zwei Leute vorübergehend festgenommen werden, ist die Menge entschlossen zu bleiben. Trotz des Versuchs jeglicher Presse Hausverbot zu erteilen, scheut die Führungsetage offenbar weitere unschöne Bilder und zieht ihre "Kettenhunde" zurück. Das Foyer ist nun für zwei Tage Veranstaltungsraum der Erwerbslosen und anderer HartzIV-GegnerInnen. Es folgen verschiedene Veranstaltungen zu Widerstandsmöglichkeiten gegen die Schikanierung durch Ein-Euro Jobs und Hausbesuche, zu den Strategien des Profilings und dem Zwang zur Selbstunterwerfung innerhalb eines gesamtgesellschaftlichen Umbaus, ein zynisches Sanktionierungs-Quiz, das zur Schulung der MitarbeiterInnen in der ARGE verwendet wird. Die Gruppe Bundeswehr-Wegtreten zeigt Möglichkeiten auf, den Rekrutierungsbemühungen der Bundeswehr hier am Arbeitsamt entgegenzutreten. Obwohl die Polizei eine kleine Jagd durch die ARGE veranstaltet, bekommt der als besonders eifrige Drangsalierer bekannte Mitarbeiter Dieter Berns (Zimmer 561) die Auszeichnung des "A des Monats überreicht". Er selbst wagt sich jedoch nicht aus dem Büro. Der schützend herbei geeilte Leiter der ARGE Josef Ludwig nimmt das frische Ölgemälde entgegen, versaut sich allerdings den Anzug bei diesem Akt der Mitarbeiterfürsorge. Eine andere größere BesucherInnengruppe stand bei ihrer Exkursion zur Sozialschnüffelabteilung in der rechtsrheinischen ARGE Mülheim vor verschlossenen Türen. Wir wissen nicht ob alle acht SchnüfflerInnen des "Bedarfsermittlungsdienst" zu Hausbesuchen ausgeflogen waren, oder angesichts der gehäuften Aktionen für diese beiden Tage präventiv Urlaub erhalten haben. Neben der Beratung durch Tacheles e.V. Wuppertal hatte der selbsorganisierte "Begleitservice" alle Hände voll zu tun. Trotz des Versuchs der Polizei, Gruppen an der Bewegung in der ARGE außerhalb des besetzten Foyers zu hindern, konnte sich das Begleitteam per Funk auf den jeweiligen Etagen immer wieder versammeln. Die Bilanz ist ermutigend: In allen 13 "Fällen" konnte die zuvor verweigerte Auszahlung beziehungsweise die Auszahlung des fehlenden Betrags bar erzwungen werden. In weiteren Fällen wurde die Herausgabe von angeblich nicht auffindbaren Bescheiden erwirkt, falsche Berechnungen korrigiert, und die "Bearbeitung" von in Zermürbungstaktik mehrfach abgewimmelten Personen erzwungen. Sichtlich begeistert, stellten die BegleiterInnen ihre Ergebnisse der abschließenden Vollversammlung am Dienstag Nachmittag vor und kündigten an, diese Arbeit fortsetzen zu wollen. Die rege Beteiligung von etwa 150 Erwebslosen und die Entschlossenheit, diese Ansätze von kollektiver Gegenwehr auch gegen ein massives Polizeiaufgebot durchzusetzen machen uns Mut und bestätigen uns in der Überzeugung, dass soziale Rechte nicht erbettelt, sondern erkämpft werden. Agenturschluss-Bericht vom 4.10.07 mit einigen Bildern der Aktion von der Arbeiterfotografie - wir danken unserem Kooperationspartner! |