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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Ziviler Ungehorsam in Aschersleben (Sachsen- Anhalt) Ungenehmigtes Zeltcamp vor der "Agentur für Armut" Im Anschluss an unsere 104. Montagsdemo am 31. Juli, zogen wir vor das Gebäude der ARGE in Aschersleben, und bauten auf den Grünflächen ein kleines Zeltlager auf. Pünktlich zum Inkrafttreten der neuen Verschärfungen von Hartz- IV wollten wir zum 1. August dem Amt unsere ständige Verfügbarkeit unter Beweis stellen. Es beteiligten sich 20 Mitstreiter an der Aktion, die natürlich auch viele Vertreter der Medien auf den Plan rief. Unterstützt wurden wir von der Bundestagsabgeordneten der Linksfraktion Frau Elke Reinke und der Kreistagsfraktion der Linkspartei.PDS. Aber auch die Arbeitsloseninitiative Aschersleben und die Gewerkschaft ver.di bekundeten ihre Solidarität. Die ARGE reagierte erst einmal, indem sie uns die Polizei und das städtische Ordnungsamt auf den Hals schickte. Wir gaben aber nicht klein bei, und leisteten deren Aufforderung den Platz zu räumen nicht Folge. Notfalls hätte uns die Polizei wegtragen müssen. Nach einigen Diskussionen auch mit unserem Anwalt verzogen sich die Ordnungshüter, die Stadt verzichtete auf eine Anzeige, da sie negatives politisches Aufsehen befürchtete, und wir zogen das Camp noch die ganze Woche bis zum Freitag durch. Natürlich kamen wir während dieser Woche auch mit vielen Betroffenen, die Termine in der ARGE hatten in' s Gespräch. So konnten wir auch zwei Bürgern bei ihren Problemen behilflich sein. Ein Alg- II Empfänger aus Nachterstedt hatte ein Schreiben bekommen, in dem ihm mitgeteilt wurde, dass ihm auf Grund einer fehlenden Betriebskostenabrechnung ab 1.8. sämtliche Leistungen gestrichen werden, und er lediglich einen Anspruch auf zwei Lebensmittelgutscheine zu je 65 Euro hätte. Wir schalteten "unsere" Bundestagsabgeordnete und die Presse ein, und siehe da es wurde eine Lösung gefunden, der Vermieter des Nachterstedter Bürgers reicht demnächst die Abrechnung nach, und er erhält weiter seine normalen Leistungen. Auch eine Ascherslebener Bürgerin die von Zwangsumzug durch die ARGE bedroht wurde, wendete sich an uns. Wir informierten wieder die Presse und machten Termine mit der ARGE- Chefin und der Leiterin des Sozialdezernats des Landkreises. Der Fall wird noch mal geprüft, und es wurde versprochen "Fingerspitzengefühl" walten zu lassen. Dieser Aufwand wegen 6,2 Quadratmeter zu hoher Wohnfläche, aber Mietkosten, die durchaus im erlaubten Bereich liegen. Wir haben aber wieder einmal gesehen: "Wer sich nicht wehrt, der lebt verkehrt!" So können wir nach dieser Woche resümieren, unser ziviler Ungehorsam hat die Öffentlichkeit erreicht. Die Regierung konnte ihre neuerlichen den Sozialabbau verschärfenden Gesetzesänderungen nicht stillschweigend einführen, und wir konnten sogar noch Betroffenen helfen. Nur die ARGE hat anscheinend immer noch nichts begriffen. Wir hatten nämlich auch einen Briefkasten aufgestellt, in den aktuelle Jobangebote für uns direkt eingeworfen werden sollten. Der Kasten blieb bis zum Freitag leer. Über einen "V- Mann" von uns bei der ARGE erfuhren wir sogar von einem Vorschlag, der innerhalb der ARGE unter den Mitarbeitern angesichts unserer Aktion aufkam. Man kam auf den Gedanken, den Teilnehmern an unserer Zeltaktion für diese Woche die Kosten der Unterkunft zu streichen, da wir ja unsere Wohnung nicht genutzt hätten. Mit solcherlei Verhalten provoziert die ARGE natürlich nur weitere Proteste, und wir müssen leider zu der Feststellung gelangen: "Die ARGE Aschersleben ist ihrer Mitwirkungspflicht bei der Vermittlung von Arbeitsplätzen nicht nachgekommen!" Axel Schmidt |