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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Zweiter Streiktag bei Neupack und schon Zuspitzung des Kampfes Für Empörung sorgte bei den Streikenden die Nachricht, daß die Firmenleitung 10 Packer bestellt hat bei der Leiharbeitsfirma Work Express in Katowice (früher Kattowitz) in Polen. Angeblich für das Weihnachtsgeschäft- sie sollen Montag schon anfangen und sieben Wochen arbeiten. Mit dem Auftrag für polnische Leiharbeiter dürfte die Hoffnung des Bestellers verbunden sein, in den Polen sprachunkundige und gefügige Arbeiter zu finden. Der Betriebsrat bestreitet, daß Arbeitskräfte für ein Weihnachtsgeschäft gebraucht werden. Ebenso erstaunt waren die UnterstützerInnen in HH-Stellingen aus dem Soli-Kreis. Sie wollen am Montag dabei sein, wenn die uninformierten polnischen Kollegen ankommen. Wir bitten alle Jour Fixe TeilnehmerInnen, sofern möglich, um 5 Uhr 30 nach Stellingen in den Doerriesweg 15 zu kommen! (S-Bahn Stellingen, auf dem Bahnhofsvorplatz links Randstr., dann Rohlfsweg). Der erste Streik-Tag war sehr erfolgreich verlaufen: Durch eine "Diskussionskette" verwickelten die Streikenden zusammen mit dem zuständigen IG BCE Sekretär, Rajko Pientka, die KollegInnen, die arbeiten wollten, bis zu einer halben Stunde in aufklärende Gespräche, machten sie auf dem Folgen ihres Streikbruches aufmerksam - daß der Streik nur unnötig länger dauert, falls sie reingehen. Das war erfolgreich, weil einige Kollegen in die IG BCE eintraten oder einige Gewerkschaftsmitglieder vom Streikbruch abgehalten werden konnten. Einige wenige KollegInnen wurden mißbilligend und kopfschüttelnd durchgelassen. Mehrere PolizistInnen schauten sich das den ganzen Tag an. Ich mußte an den Text von Jack London über Streikbrecher denken, wo er diese als verächtlich als Tiere und Geschmeiß bezeichnet. Ich wurde gestern in keiner Sekunde an diesen Text erinnert! Im Gegenteil: Auch, wenn sie noch so energisch waren mit ihrer Diskussionskette und das Verhalten der Streikbrecher sehr mißbilligten, gab es nicht mal Beschimpfungen! Sie brachen die emotionalen Brücken zu ihren streikbrechenden KollegInnen nicht ab! Auch schon der erste Streiktag war durch das Verhalten von Arbeitgeberseite und von Streikbrechern durchaus nicht harmonisch verlaufen. In Rotenburg wurde ein Kollege von einem Angestellten angefahren und mußte behandelt werden, in Hamburg wurde eine Kollegin tätlich angegriffen. Die Geschäftsleitung läßt rechtswidrige Videoaufnahmen machen. Die IG BCE hat den bekannten Anwalt für Arbeitskamprecht Christian Schoof eingeschaltet, um mit ihm gegen die Rechtsbrüche vorzugehen. Wer alles da war mit Grußbotschaften: Ein türkischstämmiger Abgeordneter der Linkspartei und eine türkischstämmige Abgeordnete der Grünen aus der Bürgerschaft, die die Anwesenden mit "liebe Genossen" anredete. Ein Kollege von der Sozial-AG von Attac aus Hamburg, ein Kollege von United, einem Bündnis, daß eine Veranstaltung in Hamburg zum14.11., dem internationalen Streiktag in Europa vorbereitet, worauf der Kollege hinwies. Ein Kollege vom Solidaritätskomitee mit den iranischen ArbeiterInnen, der die Situation der iranischen Arbeiter benannte, denen eigene Gewerkschaften verboten sind - nur Staatsgewerkschaften sind erlaubt - und die wegen des Aufbaus unabhängiger gewerkschaftlicher Strukturen oft verhaftet und gefoltert werden. Am Montag um 12 Uhr will die vielen schon bekannte Gruppe Gutzeit kommen. Vor allem war erfreulich, daß viele junge Kolleginnen und Kollegen gekommen waren, um sich zu informieren und mit den Streikenden Gespräche zu führen. Was noch fehlt: Die Mobilisierung in Hamburger Betrieben, wo in vielen Betrieben ähnliche Mißstände herrschen dürften oder ganz einfach BetriebsaktivistInnen aus dem Grunde selbstverständlicher Solidarität zu Besuchen vorbeikommen sollten! Es gibt mehr als die Rödelei der täglichen Betriebsrats- oder Vertrauensleutearbeit. Einer der türkisch-stämmigen Kollegen sagte: Das hätte ich nie gedacht, daß so viele hierherkommen und sich stundenlang hier aufhalten, einige sogar zweimal am Tag. Wenn das hier zu Ende ist, müssen wir das alles zurückgeben. Im gestern aufgebauten Zelt (eine Jurte) mit ca. 40 Plätzen, das beheizt ist, wurde fleißig gearbeitet: Informationsbretter wurden angebracht und besseres Oberlicht. Es wurde ein Komitee mit sieben KollegInnen gebildet, für Sauberkeit, Essen, Zeltbewachung usw. Ich fühlte mich etwas an den Platz von Occupy auf dem Gerhard Hauptmann Platz erinnert, wo vor einem Jahr Zelte aufgebaut wurden und die AktivistInnen Aufgaben übernahmen und rumwerkelten. Unterstützer werden weiterhin gebeten, zu den Schichtwechseln (um halb sechs morgens und halb zehn abends) zu kommen und sich in die Liste (Wohnwagen bzw. Streikzelt) einzutragen. Ein Interview zum gestrigen Streiktag in Rotenburg folgt demnächst auf JOUR FIXE INFO. Dieter Wegner, Soli-Kreis Hamburg, 03.11.2012 |