Updated: 18.12.2012 15:51 |
Das Aus für die Arcelor-Mittal Hütte in Gandrange /Frankreich - Den Widerstand ausdehnen Das Stahlrevier in der Grossregion, die sich geographisch, soziologisch und ökonomisch aus dem Dreiländereck zwischen Frankreich, Belgien und Luxemburg zusammensetzt, wurde erneut tief greifenden Umstrukturierungen ausgeliefert, deren Auswirkungen mittelfristig mit Sicherheit nicht nur europa- sondern gar weltweit spürbar sein werden. Der Verwaltungsrat des Stahlriesen Arcelor-Mittal hat sich die Hütte aus Gandrange (bei Thionville/Lothringen) als ersten Standort ausgesucht, der auf dem Altar der hemmungslosen Profitakkumulation geopfert werden soll. Bis 2009 sollen die Elektrohochöfen sowie die meisten Walzstrassen stillgelegt werden: rund 700 Arbeitsplätze werden vernichtet. Eine angekündigte Schliessung, obwohl Lakshmi Mittal himself das Werk gerne als Vorzeigewerk nutzte, um seine Geschäftspraktiken in Europa schmackhaft zu machen. Soll das Werk 2005 noch 16 Millionen an Gewinn erwirtschaftet haben, so befand es sich bereits 2 Jahre später angeblich mit 30 Millionen Euro in den Miesen. Zudem, so argumentiert die Geschäftsleitung, sind die CO2 Emissionswerte der Anlage absolut nicht mehr tragbar. Es stellt sich die Frage, wer diese katastrophale Entwicklung verschuldet hat. Dass es innerhalb der Arcelor-Mittal Gruppe früher oder später zu einer radikalen Reorganisation kommen würde, war natürlich vorhersehbar, handelt es sich doch letztendlich um die logische Folgeerscheinung der enormen Kapitalkonzentration, die mit der Elefantenhochzeit zwischen Mittal und Arcelor 2006 freigesetzt wurde. Die Karten in dieser kapitalistischen Pokerpartie werden neu gemischt, es kommt zu einer Neuaufteilung des Stahlmarktes. Arcelor-Mittal ist getrieben vom Willen, eine Monopolstellung einzunehmen. Jedes Mittel ist recht, um die Preise für Stahlprodukte auf einem höchstmöglichen Niveau zu halten und die Gier der Aktionäre nach immer grösseren Profitraten zu befriedigen: Abbau von Überkapazitäten durch Werksschliessungen, Auslagerung von Produktionsabläufen in die Dritte Welt, verstärkter Wettkampf zwischen den vielen Personalkategorien sowie Leistungsverdichtung und Steigerung der Arbeitskadenzen. Ein Multi der tötet ! Es klebt Blut an den Profiten des Multis: Mitte Januar wurden 30 Bergarbeiter in Kasachstan in einer Erzmine des Konzerns lebendig begraben. Allerdings muss man nicht unbedingt im Kasachstan leben, um bei Arcelor-Mittal durch einen Arbeitsunfall sein Leben zu verlieren. 2007 kamen wenigstens 4 Mitarbeiter in der Grossregion ums Leben. In die Arbeitssicherheit wird nur dann investiert, wenn sie der Imagepflege dient und ein paar Extragewinne einfährt. Im wachsenden Umfeld von Subunternehmern und Leiharbeit bleibt die Sicherheit am Arbeitsplatz jedoch meist eine leere Floskel. Und die Gewerkschaften ?? Seit die Grossregion Ende der 70er Jahre von einem fatalem Kahlschlag in der Stahlindustrie heimgesucht wurde, haben sich weder die französischen noch die belgischen oder luxemburgischen Gewerkschaften von den zahlreichen Niederlagen erholt und schlussendlich Sozialplan nach Sozialplan unterzeichnet. Obwohl bereits seit Mitte des letzten Jahres der vom Arcelor-Mittal Management ausgearbeitete Restrukturierungsplan « Lux 2010 » bekannt ist, hüllt sich der europäische Betriebsrat auch weiterhin in lähmendes Schweigen. Was tun? 2007 haben sich die Arcelor-Mittal Aktionäre einen satten Gewinn von 2,15 Milliarden € teilen können. Solche Resultate regen den Appetit an und verleiten den Stahlriesen zu neuen Spekulationen an der Börse. Nach einem lukrativem Exkurs in den Eisenbahnsektor treibt es Arcelor-Mittal ins nicht wenige rentable Geschäft mit der Energie, eine weitere für den Globalplayer lebensnotwendige Ressource, die es zu kontrollieren gilt. Während Millionen für Börsenspiele freigesetzt werden, schickt man die Metallarbeiter aus Gandrange in den frühzeitigen Ruhestand, verfrachtet sie in andere Werke oder setzt sie ganz einfach auf die Strasse. Gerade jetzt gilt es den Widerstand auszudehnen. Die Antwort auf diese massive Vernichtung von Arbeitsplätzen muss unter allen Umständen eine internationalistische Dimension haben. Gandrange wird lediglich der erste Dominostein sein, der im Verlauf der strukturellen Umwälzungen umgekippt wird. Viele weitere werden folgen. Die Koordination des Widerstandes und die Einheit aller Arcelor-Mittal Lohnabhängigen ist unabdingbar für einen erfolgreichen Kampf in Lothringen, Luxemburg und Belgien! Im Raum Lüttich sind die Stahlarbeiter bereits in den Arbeitskampf getreten, um sich gegen die geplante Stilllegung einer Arcelor-Mittal Hütte zu wehren. Auch wenn Herr Mittal versucht, den französischen Präsidenten Sarkozy zu bezirzen, indem er lauthals verkündet, dass es keinesfalls zu Entlassungen kommen wird, so geben sich die Beschäftigten aus Gandrange keinen falschen Illusionen hin: mittelfristig ist das ganze Werk von der Schliessung bedroht! Als direkte Folge dieser Teilstilllegung in Gandrange wird in Luxemburg die Hütte in Schifflingen erneut ganz oben auf der Abschussliste stehen, auch wenn die lokale Direktion im Moment noch eine rosige Zukunft verspricht: Arcelor-Mittal spielt geschickt mit der nicht nur geographischen Aufsplitterung der Belegschaften. Der Anfang ist gemacht, weitere Werke werden kurzfristig folgen. Das Arcelor-Mittal Management verhöhnt nicht nur die Belegschaften der Werke, sondern auch eine ganze Region. Die Metall-und Stahlarbeiter müssen ihren Kampfgeist, ihre Energie und ihren Mut aufbringen, wenn sie dieser unerträglichen Arroganz die Stirn bieten wollen. Ganz sicher haben sie ihre alte Stärke, die Solidarität, die nicht vor Grenzen halt macht, noch nicht verloren, genauso wenig wie ihre Fähigkeit, Streiks zu organisieren, die sich nicht nur auf ein Werk beschränken. Zeigen wir ihnen, dass unsere Leben viel mehr wert sind als ihre Profite!
LIGUE COMMUNISTE REVOLUTIONNAIRE /Französische Sektion der 4ten Internationalen: Zelle Luxemburg-Frankreich |