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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Langfassung des Textes von Gaby Weber für das LabourNet Germany: Bodenlos: Warum "Kapitalist" kein Schimpfwort ist Im Juli 2006 stand die Hamburger Ixion GmbH & Co. KG kurz vor dem Bankrott. Sie wollte sich retten, indem sie das tat, was Produktionsmittel-Besitzer in solch einer Situation meist tun: sie fragte die Nicht-Besitzer der Produktionsmittel, ihre Mitarbeiter also, ganz höflich, ob sie nicht vielleicht, bitte bitte, unter Umständen und natürlich ganz freiwillig, wieder vierzig Stunden bei gleicher Entlohnung arbeiten und auf Urlaubs- und Weihnachtsgeld verzichten wollen. Und bis auf sieben Widerborstige fügte sich die Belegschaft. So etwas passiert täglich und ist eigentlich keine Nachricht wert. Auch nicht, als ein Widerborstiger im Internetportal "Labournet" seine Erfahrungen über die "Erpressung der Arbeitgeber" veröffentlichte und schrieb. Zitat: "So reibungslos, wie die Kapitalisten es sich vorstellen, klappt es nicht immer mit Angriffen auf Lohnbestandteile und Arbeitsbedingungen". An sich ist dies auch keine Sensation. Überraschend ist eher, daß sich EINER durch die Bezeichnung als "Kapitalist" beleidigt fühlte, entehrt, als Opfer von Diffamierung und Diskriminierung: der Chef der Ixion GmbH & Co KG. Er erstattete Strafanzeige gegen die verantwortliche Redakteurin des Labournet, Mag Wompel, wegen Verbreitung verleumderischer Behauptungen. Das Wort "Kapitalist", so begründete sein Anwalt, sei ein "eindeutig negatives Urteil", ein "Schimpfwort", "Schmähkritik". Eine strafbare Beleidigung für die Arbeitgeber und auch für die Staatsanwaltschaft, die offensichtlich nichts besseres zu tun hat, als fröhlich drauf los zu ermitteln, ob es beleidigend sei, wenn man "du Kapitalist" sagt. Vielleicht werden die Staatsanwälte einen Gutachter bestellen, der im Duden nachschlägt wo steht, daß ein Kapitalist jemand ist, "der Kapital besitzt". Oder der bei Wikipedia liest, daß erstmals 1817 die "Privateigentümer und Grundherren" als "Kapitalisten" bezeichnet wurden. Dann kam Karl Marx mit seiner Definition des "Kapitalisten" als einer Person, die über Produktionsmittel verfügt", der Bourgeois. Im Gegensatz zum "Protelarier", der seine Arbeitskraft verkaufen muss, ein beneidenswerter Zeitgenosse ist er also, der Kapitalist. Möglicherweise wird der Gutachter bei der Deutschen Financial Times landen, einem Blatt, das nicht gerade sozialismusverdächtig ist aber dem "Kapitalisten" sogar einen eigenen Blog gewidmet hat. Im positiven Sinn. Dort ist ein Kapitalist jemand, der sein Vermögen mehrt, das Bruttosozialprodukt steigert, Arbeitsplätze schafft. Ein Erfolgsmensch. Kein Scheiß-Kapitalist oder so etwas. Aber vielleicht bemüht die Staatsanwaltschaft gar keinen Gutachter sondern zieht als Begründung für die Ehrverletzung die Worte des amerikanischen Bürgerrechtlers Malcom X heran, der einmal verkündet hatte, daß "ein Kapitalist ist, wer das Blut von jemand anderem saugt". Ein Halsabschneider also, ein Blutsauger. Ja, und so was geht natürlich nicht. Trotzdem. Auch wenn alles schief geht und sich die Staatsanwälte auf Malcom X stützten, hat die beschuldigte Redakteurin immer noch die Möglichkeit, den Wahrheitsbeweis anzutreten, das heißt, zu beweisen, dass die Firma Ixion das Blut der anderen saugt. Oder aber, sie beantragt die Hinzuziehung eines Psychiaters, der den Fabrikbesitzer auf Schuldgefühle untersuchen wird, die darauf schließen lassen, daß er genau weiß, daß er Blut saugt. |