Home > Branchen > Sonstige > Maschinen-/Anlagebau > ixion > ixion_pomrehn
Updated: 18.12.2012 15:51
Aktuelle Meldungen im neuen LabourNet Germany

»Firma will nicht Kapitalist genannt werden«

Maschinenbauer klagt gegen Labournet.de. Unternehmen fürchten Imageverlust durch Berichterstattung. Ein Gespräch mit Mag Wompel

Interview: Wolfgang Pomrehn, zuerst erschienen in der jungen Welt vom 16.08.2007

Mag Wompel ist Redakteurin von Labournet.de, eines deutschsprachigen Internetmagazins, das sich um die Rechte der Lohnabhängigen und Erwerbslosen kümmert

Die Hamburger Staatsanwaltschaft ermittelt gegen Sie. Was wirft man Ihnen vor?

Zum einen hat die Firma Ixion, ein Werkzeugmaschinenhersteller aus Hamburg, gegen uns eine Unterlassungsklage angestrengt. Behauptungen, die in einem anonymen Labour.net-Beitrag eines Ixion-Mitarbeiters stehen, seien unwahr und geschäftsschädigend. Wir sollen uns mit einer Erklärung verpflichten, nie mehr über dieses Unternehmen zu berichten. Derlei Forderungen nach entsprechenden Unterlassungserklärungen erhalten wir des öfteren. Wir bemühen uns in solchen Fällen, die beanstandeten Texte gerichtsfest zu untermauern, und was den jetzigen Fall angeht, sind wir zuversichtlich.

Es kommt hinzu, daß Ixion wegen Beleidigung klagt. Bereits im Frühjahr waren wir von der Staatsanwaltschaft aufgefordert worden, den Autoren des Beitrags zu nennen, was wir unter Hinweis auf den Informantenschutz verweigert haben. Jetzt versucht man, gegen uns vorzugehen. Gegen mich als verantwortliche Redakteurin wurde Anzeige bei der Staatsanwaltschaft in Hamburg wegen Beleidigung und Verleumdung in einem besonders schweren Fall gestellt.

Wodurch fühlt man sich beleidigt?

Es geht um Behauptungen, wonach Betriebsräten gekündigt wurde und die Belegschaft erpreßt worden sei, schlechtere Arbeitsbedingungen zu akzeptieren. Diesbezüglich müssen wir nun nachweisen, daß diese Aussagen zutreffen. Daneben geht es aber mit der Anzeige jetzt um zwei Dinge, die von übergeordneter Bedeutung sind: Ixion fühlt sich insbesondere durch die Begriffe »Erpressung« und »Kapitalist« beleidigt. Der Autor des entsprechenden Beitrags hatte da, wo andere Arbeitgeber sagen würden, einfach Kapitalist eingesetzt. So will die Firma nicht bezeichnet werden. ­Ixion meint, daß diese Bezeichnung im Volksmund einen negativen Klang hätte. Das freut uns natürlich, aber unser Anwalt hat den Anwalt der Gegenseite auf die gebräuchliche Definition verwiesen, wonach ein Kapitalist schlicht ein Mensch ist, der über Produktionsmittel verfügt. Wenn die Ixion-Besitzer sich also daran stören, dann sollten sie diese vielleicht abgeben.

Das andere ist der Begriff »Erpressung«. Der wurde im Text benutzt, so wie ich und viele andere Journalisten und Gewerkschafter es tagtäglich tun: Erpressung ist, wenn die Macht im Betriebe ausgenutzt wird, um die Beschäftigten vor die Alternative zu stellen, Verschlechterung der Arbeitsbedingungen oder keine Arbeitsplatzsicherheit.

Wenn sich Ixion mit dieser Rechtsauffassung durchsetzen würde, hätte das weitreichende Folgen...

Ja, zum einen für gewerkschaftliche Arbeit, zum anderen ist das auch ein Angriff auf die Pressefreiheit. Ich habe mich deshalb schon an die Deutsche Journalisten-Union gewandt, die sehr freundlich reagiert hat. Dort wird noch überlegt, in welcher Form vorgegangen werden kann.

Sie erwähnten, daß Labournet.de des öfteren mit Verlangen nach Unterlassungserklärungen zu tun hat. In gewisser Weise kann man das als Erfolg werten, oder?

Ich denke, an den Reaktionen der Unternehmen kann zweierlei abgelesen werden. Erstens wächst unsere Leserschaft. Wir haben inzwischen weit über 300000 Leser im Monat. Zweitens verändert sich der Umgang mit dem Internet, und das hat vor allem mit der Suchmaschine Google zu tun. Potentielle Kunden und Geschäftspartner informieren sich mit der Suchmaschine über ein Unternehmen und stoßen dabei oft auf unsere Beiträge. Das liegt daran, daß die bei Google wegen unserer hohen Zugriffszahlen sehr weit oben erscheinen, manchmal noch vor den Webseiten der Unternehmen. Das wiederum führt dazu, daß die in unseren Beiträgen kritisierten Unternehmen sehr empfindlich reagieren. Sie befürchten einen Imageschaden, und den nehmen sie ernst. Denn Image ist heute ein sehr wichtiger Faktor in der Konkurrenz auf dem Markt. Daher geht es bei diesen Klagedrohungen auch immer gleich um mindestens 750 000 Euro. Käme ein Unternehmen damit durch, dann wäre nicht nur das Projekt gestorben, sondern auch ich als verantwortliche Redakteurin bis ans Lebensende verschuldet.

Spendenkonto: labournet.de e.V., Postbank Dortmund, BLZ: 44010046, Kto.-Nr.: 263 526 467


Home | Impressum | Über uns | Kontakt | Fördermitgliedschaft | Newsletter | Volltextsuche
Branchennachrichten | Diskussion | Internationales | Solidarität gefragt!
Termine und Veranstaltungen | Kriege | Galerie | Kooperationspartner
AK Internationalismus IG Metall Berlin | express | Initiative zur Vernetzung der Gewerkschaftslinken
zum Seitenanfang