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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Interview mit einer Kollegin von der Telekom Berlin Ende Mai 2007 "Anlässlich des immer noch andauernden bundesweiten Streiks bei der
Telekom möchten wir ein Interview veröffentlichen, dass wir mit einer
Kollegin von der Telekom Berlin geführt haben. Nicht zuletzt um
Anregungen für den weiteren Verlauf des Streiks zu geben. Für diese oder
nächste Woche wird ein Ergebnis erwartet, von dem jetzt schon bekannt
ist, dass es die Ausgliederung der 50.000 Kolleginnen und Kollegen der
Telekom zu schlechteren Arbeitsbedingungen nicht verhindern wird. Der
Streik könnte angesichts konkreter Ergebnisse nochmal eine andere
Dynamik bekommen." Interview mit einer Kollegin von der Telekom Berlin Ende Mai 2007 Wenn wir jetzt was schaffen, dann ziehen genau in diesem Jahr die Bahn
und die Post auch mit. Wenn wir jetzt vormachen, dass was geht, dann
kriegen die Muffensausen. Deswegen steht auch, sowohl für die als auch
für uns jede Menge auf dem Spiel. Wie es in Zukunft weitergeht. Das ist Kannst du erzählen, wo du genau arbeitest und wie die Telekom aufgeteilt ist inzwischen. Was in den letzten 10 Jahren da auch an permanenter Umstrukturierung stattgefunden hat. Und was das für euch heißt, für eure Arbeit. Wir sind vor elf Jahren Aktiengesellschaft geworden. Da kam dann der Börsengang, da wurde dann suggeriert, dass das Ganze als Rentenversicherung für Kleinanleger funktionieren könnte. Was meiner Meinung nach sich als handfeste Lüge entpuppt hat. Was ich auch nicht so richtig glauben konnte, aber die meisten Leute sind echt gutgläubig und machen uns das jetzt zum Vorwurf, teilweise den Mitarbeitern, als ob die was dafür können und das gewollt hätten. Das war im Grunde die Bundesregierung. Muss man mal ganz klar sagen, die das so haben wollte, um ihre Kassen zu sanieren. Was ja teilweise auch recht gut geklappt hat. Wir sind im Prinzip zu dem Zeitpunkt als der Börsengang stattfand von kleinen Einheitsniederlassungen umstrukturiert worden in einen Geschäftskundenvertrieb, einen Privatkundenvertrieb, einen technischen Kundendienst oder technischen Kundenservice und der technischen Infrastruktur, die die Infrastruktur aufbaut. Der technische Kundendienst ist hauptsächlich dafür da, die Kunden zu betreuen, die jetzt Veränderungen wünschen, Neuanschlüsse, Entstörung, kleine Anlagen liefert und aufbaut. Und wir sind jetzt diejenigen als technische Infrastruktur, die die Kabel aufbauen, die die Technik aufbauen. Praktisch die Netze aufbaut und betreibt. Und der Vertrieb ist ja klar, der eine kümmert sich um große Geschäftskunden und der Privatkundenvertrieb kümmert sich um kleine Geschäftskunden. Anmeldung, Abmeldung, Änderungen - solche Sachen. Neue Angebote, Verkauf von Endgeräten. - Kurze Zwischenfrage: Welche sind jetzt im Streik? Im Streik ist jetzt praktisch der gesamte Servicebereich und die technische Infrastruktur. Also diese zwei Niederlassungssparten, die bundesweit ja in der Fläche auch verteilt sind mit mehreren Niederlassungen. - Die beiden Vetriebe nicht? Die beiden Vertriebe teilweise, weil der Geschäftskundenbetrieb ist als T-Systems International bzw. T-Systems schon ausgetöchtert. Zumindest teilweise. - Zurück zu der Frage. Was hieß das für eure Arbeit? Also, wir hatten Schätzungen zufolge 17 Umstrukturierungen in elf Jahren
konzernweit. Von denen wir vielleicht nicht immer hunderprozentig
betroffen waren, aber mitbetroffen durch wechselnde Kontaktpartner. Wir
müssen ja auch immer mit anderen kommunizieren, mit anderen - Und hat sich der Arbeitsdruck gleichzeitig erhöht? Der Arbeitsdruck hat sich spätestens nochmal erhöht als man uns
gezwungen hat von 38 auf 34 Stunden zu wechseln - man hat gesagt, man
entlässt dadurch zehntausend Leute weniger oder baut - entlassen wurde
ja keiner - dadurch zehntausend Stellen weniger ab. Das war damals der - Und wie geht ihr mit dem Stress um? Viele Kollegen fühlen sich nicht mehr erreicht durch die
Konzernstrategie, viele Kollegen haben innerlich gekündigt. Das hat
jetzt im letzten Jahr nochmal zugenommen, dadurch dass großzügig - Wie war die unmittelbare Reaktion als das mit den 50.000 Stellen klar war? Das war ja noch vor dem Abfindungsangebot. Zwei Jahre ist das jetzt
schon her, dass das im Raum steht oder anderthalb Jahre - wir wollen
jetzt mal so viele Stellen, so viele Kolegen loswerden, dass die
Größenordnung der Opelniederlassung in Deutschland betroffen wäre. Muss
man ja nochmal vergleichsweise so sagen. 50.000 ist das Opelwerk. Das
hat natürlich dann irgendwo zu 'ner Empörung geführt, die der Firma mehr
geschadet als genutzt hat von der Mitarbeitermotivation her. Weil das
eben wahnsinnig Diskussionen auslöst, die natürlich in der Arbeitszeit
geführt werden. Und dass dann auch Kollegen einfach nicht mehr motiviert
sind, so wie bisher weiter zu arbeiten. Das dann eben auch so 'ne
ungewollte Frustration einsetzt. Dass man sich jeden morgen fragt, wozu
gehe ich da eigentlich noch hin. Zusätzlich zu den ganzen anderen
Faktoren, mit denen man vorher schon unzufrieden war. - Also ihr seid nicht unmittelbar ersetzbar? Wir sind nicht unmittelbar ersetzbar und es war auch nicht erwünscht, da jemanden zu ersetzen. Die Leute haben einfach aufgehört und die Stellen waren frei. - Ich meine jetzt diejenigen, die im Streik sind. Man könnte ja auch davon ausgehen, dass die schnell über Leiharbeitsfirmen Leute einsetzen. Nun hat ja Telekom schon eigene Leiharbeitsfirmen, die teilweise mit dem
Programm arbeiten, mit dem wir arbeiten, so dass so ein Ersetzen,
zumindest in 'ner schlechteren Qualität durchaus möglich wäre. Die Frage
ist, ob die Kapazitäten da sind. Nun haben wir jetzt auch Leiharbeiter - Das hört ihr also täglich, ihr seid zu teuer? Das hören wir täglich und das ist demotivierend. So sieht es aus. - Und gab es Diskussionen bei dir im Betrieb, auch vor dem Streik? Mit Sicherheit. Wenn man einen Kollegen persönlich aufsucht, um Dinge zu klären, dann kommt man immer wieder zwangsläufig zu diesem Thema. Das ist teilweise schon besser geworden, ich werde nicht mehr angemacht, sondern wir unterhalten uns dann ganz allgemein über die missliche Lage. Teilweise war das eben auch unschön, weil man dieses gegenseitige Angemotze auch hatte. Das hat sich aber glaube ich jetzt wieder ein bisschen gegeben. Kann man ja auch nicht auf sich sitzen lassen. - Und ändert sich durch den Streik was. Also, was ich mitbekomme: die Leute sind schon recht wütend, aber auch relativ ratlos, was man jetzt der Situtaion machen könnte. Ja, die Kollegen sind vor allen so ein bisschen, wie soll ich denn sagen: sie sind streiken nicht mehr gewöhnt. Der letzte Streik - gab esüberhaupt mal einen in 'nem Staatsunternehmen? Telekom? Ich weiß es nicht. Als wir noch Monopol waren, da gab es keinen wirklichen Streik. Und ich denke mal, dass die Kollegen das aus eigener Erfahrung nicht wirklich kennen. Es wurde immer nur verhandelt und die Verhandlungsführer waren relativ abgekoppelt von der Belegschaft. - Und wie werden Entscheidungen gefällt, jetzt während dem Streik. Werden Versammlungen angesetzt, wo alle mitreden können? Bis jetzt ist es noch nicht so gewesen. Bis auf die Urabstimmung, wo ja auch wirklich jeder gefragt wurde, haben wir jetzt nur, dass wir hingehen und uns in die Streikliste eintragen, dass wir namentlich unterschreiben müssen und uns auf einem Zettel für das Streikgeld den Stempel holen. Das ist eigentlich bisher alles gewesen. Und sonst haben eigentlich im Prinzip die Kollegen nur untereinander diskustiert, aber am Mikrofon sind dann glaube ich eher doch die Gewerkschaftsvertreter und die freigestellten Betriebsratsmitglieder. - Und was wird untereinander diskutiert? Untereinander kommen dann auch so Sachen, warum stehen wir jetztüberhaupt hier drinnen, man sieht ja draußen gar nichts. Und dann kommen
dann auch so Frustrationen hoch, Befürchtungen hauptsächlich auch, dass
man wieder übern Tisch gezogen wird, dass faule Kompromisse jetzt schon
ausgehandelt werden. Und was es überhaupt bringt, weil wir das
eigentlich gar nicht wollen, weil die Arbeit sich stapelt. Solche Sachen
halt. Und eben die Befürchtung, dass man die GmbH ja nicht verhindern
kann rein juristisch, dass die wahrscheinlich uns auf jeden Fall Ende
Mai die Briefe schicken werden. Rein juristisch können wir gegen dieÜberführung in die GmbH nichts machen. Ein Widerspruch unsererseits käme
einer Kündigung gleich. Und das einzige, was die Gewerkschaft für uns
tun könne, wäre: in die GmbH überführen zu vernünftigen Konditionen.
Also diese Geschichte ist dann praktisch unter welchem Tarifvertrag die
GmbH dann nun läuft. Und das fragwürdige an diesem Angebot, was uns
gemacht wurde, ist eigentlich das, dass wir nicht wissen, was wir jeden - Ja, oder zumindest, dass es so rüberkommt, dass man aus den Fehlern, die die gemacht haben, auch lernt. Wenn jemand über'n Tisch gezogen wurde, heißt es ja auch, dass er sich ziehen lassen hat. Ja, durch Unwissenheit oder durch Beschiss. |