letzte Änderung am 14. Juni 2002

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"Wir sollten 90 % fordern!"

Das meinte die Betriebsrätin bei der Telekom Serviceniederlassung Berlin Katharina Eichholtz als sie gefragt wurde, welche Tarifforderung sie aufstellen würde. Aufgebracht sind die Telekom-Beschäftigten besonders über die unverschämte Gehaltserhöhung von 8 Vorstandsmitgliedern der Telekom um 90 %, also um 8,2 Mio Euro.

Am Montag, den 10.06.02 beteiligten sich ca. 400 KollegInnen der Deutschen Telekom Kundenniederlassung Berlin am ersten Warnstreik. Es wurde ein Berliner Standort für 3 ½ Stunden dicht gemacht. Insgesamt streikten 8.000 von 120.000 Beschäftigten in 15 Städten zum ersten Mal seit 1994. Für mich war es der erste Streik überhaupt. Ver.di fordert 6,5 %, wobei die Betriebsgruppe in Berlin 7 % beschlossen hatte. Die KollegInnen protestierten vor allem gegen die Forderungen des Arbeitgebers, der 30.000 Arbeitsplätze vernichten, den Einsatz der KollegInnen flexibilisieren, die Arbeitszeit ohne Lohnausgleich verkürzen, Beschäftigte an andere Unternehmen vermitteln und die Qualifizierung der KollegInnen in die Freizeit verlegen will. Die meisten Berliner KollegInnen beteiligten sich, sogar die meisten Beamte verhielten sich solidarisch. Erstaunlich war, dass selbst, die KollegInnen, im Gebäude auf die Toilette gingen, wieder zurückkamen. Ein Problem allerdings war die mangelnde Erfahrung mit Streiks. Es gibt keine Strukturen mehr dafür und die Aktion wurde sehr kurzfristig vorbereitet. Nur wenige Streikposten diskutierten offensiv. Als sich die Geschäftsleitung mit Hilfe der Polizei durch die Streikposten drängelte, gab es keine Reaktion.

Politisierung

Wir hatten über das "Netzwerk für eine kämpferische und demokratitsche ver.di" eine Unterschriftenliste und eine Resolution mit Forderungen nach Urabstimmung und Vollstreik, max. Laufzeit von 1 Jahr, gemeinsamer Streik mit den anderen KollegInnen in Tarifverhandlungen und kein Abschluss ohne Urabstimmung. Ebenfalls hatten wir vom ver.di-Netzwerk eine Solierklärung, die wir beim Warnstreik vorgetragen haben und die gut bei den KollegInnen ankam. Das war der erste politische Beitrag, denn wir erklärten darin dass die Krise in der Telekommunikationsbranche eine Folge von Privatisierung ist und die Betriebe wieder in öffentliches Eigentum überführt und unter demokratische Kontrolle von Beschäftigten und Nutzern gestellt werden müssen.

Arbeitgeber provozieren

Der Arbeitgeber reagierte auf den Warnstreik mit dem Angebot von 2,8 % ab Juli 2002 und 3,0 % für 2003 bei einer Laufzeit von 24 Monaten und die Erhöhung der leistungsbezogenen Gehaltsbestandteile auf 7 %. Seiner Meinung nach wäre das ein Gesamtvolumen von 3,8 %, nach genauer Betrachtung (Nullmonate, nichtbetroffene Beschäftigte) sind es nur ca. 3 %. Die nächste Verhandlungsrunde findet zwischen dem 27./28. Juni in Berlin statt. Ver.di kündigt weitere Arbeitskampfmassnahmen an und überlegt, eine Urabstimmung durchzuführen.

Druck der Basis nötig

Doch nachdem auch die Post nur mit 3,5 % abgeschlossen hat, ist es fraglich, ob sich ver.di an ihre kämpferischen Flugblätter erinnert. Die erste Reaktion der Gewerkschaftsführung war, das Angebot als Provokation zurückzuweisen, dennoch ist eine Menge Druck von unten nötig, um eine Weiterführung und Ausweitung des Streiks zu erreichen. Die Sammlung von Unterschriften ist ein Anfang, um mit den KollegInnen darüber zu diskutieren, wie die Forderungen voll durchgesetzt werden können.Die ver.di Landesbezirksfachbereichsjugendkonferenz Berlin Brandenburg im FB 9 beschloss einen Tag nach dem Warnstreik zwei Resolutionen mit den Forderungen der Netzwerkliste.

Deshalb rufe ich alle KollegInnen und Kollegen der Telekom in anderen Städten auf: macht ebenfalls Druck für "6,5% und keinen Cent weniger".

 

Alexandra Arnsburg, ver.di-Vertrauensfrau, JAV-Mitglied Telekom Berlin.

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