Erlebnisbericht von einem Besuch beim Philips-Stand auf der IFA in Berlin
Bilder und weitere Berichte im Forum filipsworld
Am 06.09.2005 fuhren wir, 70 Metaller von Semiconductors Hamburg, zur Internationalen Funkausstellung nach Berlin,
um gegen die Streichung der Schichtzulagen bei den ca. 800 Schichtarbeitern zu protestieren. Schon während der
Bahnfahrt bereiteten wir unsere Aktionen vor und probten diese auch ein. Das war bei allem ernst auch eine sehr
lustige Angelegenheit. In Berlin angekommen, machten wir uns direkt auf den Weg zum IFA Messegelände und dort zu
unserem Ziel, der Philips-Ausstellungshalle. Diese wurde zunächst einmal erkundet und dann ein Ort für "unseren
Auftritt " ausgemacht. 18 unserer Kollegen bauten sich auf einer Bühne in der Halle auf, die anderen Kollegen
verteilten sich davor.
Auf ein Zeichen wurden die bis dahin verdeckten Buchstaben der 18 Kollegen sichtbar, so daß sie den weithin
sichtbaren Satz: "LOHNKLAU BEI PHILIPS" bildeten. Gleichzeitig machten alle anderen ihre T-shirts frei, auf deren
Rücken ebenfalls, wie schon bei der Mahnwache am 29.08., der Satz: „LOHNKLAU BEI PHILIPS“ stand. Durch lautes
Klatschen und den Einsatz von Trillerpfeifen wurden alle Messebesucher in der Halle aufmerksam und scharten sich um
uns, um zu fotografieren und Fragen zu stellen.
Das kam bei vielen der Besucher so gut an, daß sie uns fragten, wo es die T-shirts, die wir trugen, gibt. Leider
hatten wir nur noch welche in der Größe XXL übrig, sonst hätten wir noch viel mehr davon absetzen können. Einige der
Kollegen hielten Schilder in die Höhe, auf denen eine Zahl den Verlust darstellte, den sie durch die Kündigung der
Schichtzulagen erlitten. Außerdem wurden Flugblätter an die Besucher verteilt. Viele der Besucher zeigten sich
interessiert und wollten mehr über die Hintergründe der Aktion erfahren. Manchmal kam es jedoch auf Grund des
internationalen Publikums zu Verständigungsproblemen. Falls es noch einmal zu einer ähnlichen Aktion kommen sollte,
wäre es wünschenswert, auch Flugblätter in englischer Sprache anzubieten. Während der ganzen Zeit wurde viel von
Besuchern, Presse und Ordnungskräften fotografiert. Dieses ganze erste „Happening“ dauerte ca. 20 Minuten.
Widerstand der Ordnungskräfte gab es nicht. Im Anschluß an diese Aktion machten wir einen Umzug durch die Halle.
Um 12.00 Uhr wiederholten wir unsere Protestaktion auf einer anderen Bühne. Eine dort tätige Animateurin überließ
einer bekannten Metaller-Kollegin kurz ihr Mikrofon und diese konnte dem anwesenden Publikum unsere Situation kurz
schildern. Wir übrigen Kollegen unterstützten das ganze wiederum akustisch. Und auch bei dieser Aktion griff niemand
ein. Wir konnten ungehindert unsere Flugblätter verteilen und mit dem anwesenden Publikum diskutieren.
Ein Pressefotograf und eine Journalistin aus Berlin waren übrigens von Anfang an dabei, um zu dokumentieren!
Nach der Mittagspause begab sich eine engagierte Kollegin in Begleitung anderer Metaller zu dem auf der Messe
anwesenden Herrn Kamp, Chef von Philips Deutschland, um mit ihm über die gegenwärtige Situation in Hamburg zu
sprechen. Sie bekam auch relativ problemlos einen Termin und kam anschließend gemeinsam mit Herrn Kamp zu den
wartenden Kollegen. Inzwischen hatte sich auch die Presse eingefunden (RTL-Fernsehen) und Herr Kamp gab zunächst ein
kurzes Statement, indem er die üblichen Sätze aus seinem „Baukasten“ verwendete und davon sprach, daß es ihm
natürlich leid tut, für die Betroffenen, aber der Markt und die gnadenlose Konkurrenz usw. lassen ihm keine Wahl…
Außerdem hätten ja 84% der Beschäftigten in Hamburg in der Mitarbeiterumfrage den Kurs der GL unterstützt. Nach
Aussage von Herrn Kamp kann der Konflikt aber beigelegt werden, wenn man sich auf eine Kostensenkung von 12% einigen
könnte.
Nach der kurzen Ansprache von Herrn Kamp hatten wir Gelegenheit ihm Fragen zu stellen, was viele Kollegen auch
nutzten. Von Kollegen wurde noch einmal deutlich gemacht, daß es aus unserer Sicht nur um eine Umverteilung geht, da
die AT-Angestellten von den Kostensenkungen nur unterproportional oder gar nicht betroffen würden. Außerdem machte
man ihn darauf aufmerksam, daß durch die Demotivierung des Stammpersonals die Produktivität des Unternehmens sinkt,
daß es z. Zt. erhebliche Qualitätsprobleme gibt und daß Aufträge verloren gehen und damit der gesamte
Halbleiter-Standort Hamburg in Gefahr gerät.
Er wurde gefragt, ob ihm bekannt ist, daß allein bei ICFH im Zusammenhang mit dem Tarifkonflikt inzwischen Verluste
von 6,5 Millionen Euro aufgelaufen sein sollen.
Herr Kamp hatte es dann eilig, seine Verpflichtungen auf der Messe wieder wahrzunehmen und verließ uns mit der
Zusicherung, sich für eine Lösung des Konfliktes einzusetzen.
Insgesamt wurde dieser Tag von allen Teilnehmern an den Aktionen sehr positiv bewertet. Es ist uns gelungen, unsere
Botschaft wirksam zu vermitteln.
Berlin, 06.09.2005
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