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Updated: 18.12.2012 16:00 |
»Butter bei die Fische« Rede von Thomas Thielemann, stellvertretender BR Vorsitzender G+J Verlag Hamburg, auf der gemeinsamen Betriebsversammlung der G+J Wirtschaftsmedien und der G+J AG & Co KG. vom 29.11.2012 Liebe Kolleginnen und Kollegen. Bevor ich zu unserer Stellungnahme und Reaktion auf die Ereignisse komme möchte ich auf Wunsch vieler Kolleginnen und Kollegen der FTD an Hand von drei Beispielen aufzeigen, welche Wirkung der Vorstandsbeschluss, die FTD einzustellen, bei zahlreichen großen Unternehmen hervorgerufen hat: Eine Daimler-Managerin: Wenn man seine Aufgabe so engagiert und mit Herzblut betreibt, wie ich das bei Ihnen immer wieder erlebt habe, dann macht man nicht einfach nur irgendeinen "Job", sondern identifiziert sich mit seinem Beruf und den Gestaltungsmöglichkeiten. Insofern kann ich mir gut vorstellen, dass Sie die aktuelle Entwicklung bei FTD nicht einfach so "wegstecken". Eine Mail aus der Pressestelle Continental: mit Schrecken und Bestürzung habe ich erfahren, was bald mit der FTD geschehen wird. Für mich kam dies in seiner Plötzlichkeit doch überraschend - trotz aller Gerüchte, die es immer wieder einmal gab. Ich kann nur sagen, dass die FTD in Ihnen und vielen Ihrer Kollegen exzellente Journalisten an Bord hatte. An der Qualität der Berichterstattung und an der professionellen Einstellung der Macher lag der Misserfolg sicher nicht. Vielleicht liegt die Ursache darin, dass heute die Menschen zwar von allem den Preis kennen, aber von nicht den Wert. Denn sonst müsste Qualität im Internet auch bezahlbar sein und bezahlt werden. Pressestelle Puma: „Wir möchten Ihnen auf diesem Wege einfach nur sagen, dass wir sehr traurig sind und einfach noch nicht glauben können, ihr wunderbares und prägnantes "Financial Times Deutschland, (…) " am Telefofon künftig nicht mehr zu hören..... Wir würden Sie gerne bei passender Gelegenheit (…) treffen, um nochmal "Danke" zu sagen, danke für eine Art von Journalismus, der vielleicht nicht immer bequem war für uns als Unternehmen, aber doch aus unserer Sicht geprägt war von gegenseitigem Respekt und Fairness - denn keiner war so leidenschaftlich, engagiert und professionell in der Sache wie Sie.“ Ich komme nun zu unserer Stellungnahme: Liebe Kolleginnen und Kollegen, Dieser Tag ist ein historischer Tag. Mag der Vorstand gehofft haben, die Schließung der FTD unterhalb der öffentlichen Wahrnehmungsschwelle durchzuziehen, so stellen wir fest, diese Hoffnung war vergebens: das Gegenteil ist der Fall. Heute sind wir alle hier versammelt als eine Gruner und JahrBelegschaft. Wir sind heute aufgestanden, um allen von Entlassungen bedrohten Kolleginnen und Kollegen unsere Solidarität zu zeigen und sie mit Rat und Tat zu unterstützen. Wir haben soeben in den einzelnen Beiträgen gehört, unter welchen Bedingungen und Belastungen die Kolleginnen und Kollegen der WIME die FTD und die drei Magazine bis heute produziert haben. Worum muss es uns heute in dieser Versammlung gehen? Es geht zum einen umdie Erhaltung von so viel wie möglichen Arbeitsplätzen für die Kolleginnen und Kollegen der Wirtschaftsmedien. Aber die desaströse Kommunikation der vergangenen Wochen macht dies mehr oder weniger unmöglich. Durch gezielte Veröffentlichungen aus Führungskreisen von Gruner und Jahr oder Bertelsmann wurde die FTD regelrecht sturmreif geschossen. So hat man Bedingungen geschaffen, dass auch die letzte Chance für eine Weiterführung der Zeitung zerstört zu sein scheint. Das ist skandalös und niederträchtig. So geht man nicht mit Kollegen um. Hier geht es nicht mehr um Schadensbegrenzung, hier geht es um Wiedergutmachung. Die Suche nach Ersatzarbeitsplätzen scheint angesichts der bereits überall runtergesparten Belegschaften die Quadratur des Kreises zu sein. Der Vorstand, die Chefredakteure, die Verlagsgeschäftsführer, die Leitungen aller Angestelltenbereiche und auch wir Kolleginnen und Kollegen sind ab sofort aufgefordert, nach Weiterbeschäftigungsmöglichkeiten zu suchen, damit wenigstens eine gewisse Zahl von Kollegen in Lohn und Brot bleiben kann. Es geht zum Anderen - und dieser Punkt ist genauso wichtig - um finanzielle Wiedergutmachung, für die Mehrheit der Kollegen der Wime, die ihren Arbeitsplatz verlieren sollen. Dabei meinen wir nicht nur die Kollegen, die das Glück hatten, fest beschäftigt zu sein, - sondern ausnahmslos auch die 60 Studenten, die 40 Freien, die Pauschalisten und die befristet Beschäftigten. Herr Blum hat bei der Verkündung am Freitag auf die Frage eines Kollegen, ob die untertarifliche Bezahlung vieler WIME-Kollegen bei den Abfindungen berücksichtigt wird, Folgendes gesagt: ich zitiere: „Uns ist bewusst, dass das eine besondere Lage ist, Wir beziehen das ein.“ Zitat ende. Auf die Frage aus dem Publikum, dass viele Kollegen mit kurzen Beschäftigungszeiten sich mit einem Gehalt pro Beschäftigungsjahr über den Tisch gezogen fühlten, hat Herr Twardy in derselben Veranstaltung folgendes geantwortet: Ich zitiere „Wir reden hier über Jobs. Eine Abfindung kann alles nur abmildern. Es wird großzügige Lösungen geben.“ Zitat Ende Zum Thema der verheerenden Öffentlichkeitsarbeit des Vorstandes merkte eine Kollegin unter großem Applaus gegenüber Frau Jäkel an, „Wir haben den Eindruck, es fehlt einfach an Achtung.“ Dazu haben Sie Frau Jäkel dann gesagt: Ich zitiere „Das tut weh, ich kann das nicht entkräften. Alles was ich jetzt sage, werdet ihr mir nicht glauben.“ Und sinngemäß weiter: Mit Worten könne man die entstandene Situation nicht bessern. Das gehe nur durch Taten. Und im parallel zur Verkündung veröffentlichten Vorstandbrief vom 23.11. hieß es zum Sozialplan: ich zitiere: "Sie können sich sicher sein, dass wir dies verantwortungsvoll und den guten Usancen des Hauses entsprechend machen werden." Mit diesen eben zitierten Aussagen möchten wir Sie Frau Jäkekl, Herr Twardy, Herr Klein hier und heute beim Wort nehmen: Es geht, wie Sie selbst sagen, um Taten in einer besonderen Lage. Und die Taten beinhalten großzügige Lösungen. Was bedeutet das? Es bedeutet zunächst, dass wir nicht von sogenannten G+J Standard Abfindungen ausgehen. Solche Standardabfindungen hat es nie wirklich gegeben. Schauen Sie sich an, was Springer bei Computerbild gezahlt hat. Dort gab es bis zu zweieinhalb Monatsgehälter pro Beschäftigungsjahr. In den letzten Jahren mussten wir bei der Höhe der Abfindungen bei Gruner und Jahr eine fortschreitende Tendenz nach unten wahrnehmen. Und Sozialpläne enthielten bei der Gehaltsformel ein Gehalt pro Beschäftigungsjahr immer den Zusatz: knapp mehr als ein halbes Gehalt wird zugesichert. Die andere Hälfte gibt es nur, wenn mit Unterschrift auf eine Kündigungsschutzklage vor dem Arbeitsgericht verzichtet wird. Nennt das der Vorstand verantwortungsvoll und den guten Usancen des Hauses entsprechend??!!! Kolleginnen und Kollegen,
Deshalb dürfen und können die Abfindungssummen und Konditionen der Vergangenheit nicht zum Maßstab für die Wirtschaftsmedien gemacht werden. Wir erinnern uns alle an das Jahr 2008 als Herr Buchholz 140 Mitarbeiter, angebliche „Low Performer“ noch mit fürstlichen Aufhebungsangeboten bedacht hatte. Die Konditionen damals: Neben bezahlter Freistellung und einem Gehalt pro Beschäftigungsjahr als Abfindung gab es on Top auch noch eine Turboprämie in Höhe von 50.000 €uro brutto Die besondre Lage der Wirtschaftsmedien ist gekennzeichnet durch jahrelange überwiegend tariflose Bezahlung. Durch überragendes Engagement der Kollegen in Form von tausenden unbezahlten Überstunden, Nachtschichten etc. Sie Frau Jäkel haben sich in den letzten Tagen mehrfach bei den Kolleginnen und Kollegen für die Zumutungen, die Qualen und die Versäumnisse der Vergangenheit entschuldigt. Heute haben sie die Gelegenheit ihren Worten Taten folgen zu lassen. In Erwägung der ausführlich geschilderten Lage der Betroffen fordern wir Sie auf
Liebe Frau Jäkel, lieber Herr Twardy, lieber Herr Klein. Sie haben jetzt die Gelegenheit und Chance unter den Augen der Belegschaften von Gruner und Jahr durch klare und eindeutige Worte und Taten zu den sechs genannten Punkten salopp gesagt - Butter bei die Fische zu bringen. Sie Frau Jäkel haben den Kollegen der Wirtschaftsmedien gesagt, dass Sie ihnen ermöglichen wollen, hier in Würde rauszugehen. Aber bitte schön, um wessen Würde geht es? Es ist doch der Vorstand, der sich würdelos verhalten hat und nun selber um den Rest seiner Würde ringen muss. Springen Sie über Ihren Schatten und beweisen Sie durch großzügige Handlungen, dass sie in der Lage sind, verloren gegangenes Vertrauen zurück zu gewinnen. Wir werden Sie in der nächsten Betriebsversammlung daran messen. |