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Updated: 18.12.2012 15:51
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Ausbeutung abschaffen?

Nadja Rakowitz zu den Streiks und Tarifverhandlungen der angestellten Ärzte

Am 13. September 2005 präsentierte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske im Haus der Bundespressekonferenz zusammen mit dem - noch amtierenden - Bundesinnenminister Otto Schily, Münchens Personaldezernent Thomas Böhle und dem Vorsitzenden der Tarifunion des Deutschen Beamtenbundes (dbb tarifunion), Frank Stöhr, das neue Tarifrecht für Bund und Kommunen, den TVöD, der am 1. Oktober 2005 in Kraft getreten ist und für 2,3 Millionen Arbeiter und Angestellte in Bund und Gemeinden gilt. Dem »Jahrhundertwerk« hatte am 10. September die ver.di-Bundestarifkommission für den öffentlichen Dienst mit großer Mehrheit zugestimmt. Der Jubel war groß - zumindest bei den Funktionären und in der Öffentlichkeit.

Am gleichen Tag beschloss die Hauptversammlung des Marburger Bundes (mb), der Standesorganisation der Ärzte, die sich selbst gerne und jetzt erst recht als Gewerkschaft der Ärzte versteht, die 55 Jahre alte Verhandlungsgemeinschaft mit der damaligen DAG (Deutsche Angestellten Gewerkschaft) und heutigen Gewerkschaft ver.di zu beenden und in Zukunft eigenständig Tarifverhandlungen für ihre Mitglieder, 80000 angestellte und verbeamtete Ärzte (FR, 12. September), zu führen.

Dem vorausgegangen war der Abbruch der Tarifverhandlungen zwischen ver.di/mb und der Vereinigung Kommunaler Arbeitgeber (VKA) über den TVöD durch den mb. Wie die Ärzte Zeitung berichtete, »hatten die kommunalen Arbeitgeber dem Marburger Bund ein Angebot unterbreitet, das für einen 28-jährigen verheirateten Krankenhausarzt in den ersten zehn Berufsjahren im Durchschnitt einen Einkommensverlust von 4,5 Prozent bedeutet hätte. Nicht akzeptabel für den mb. Erneut lehnte ver.di eine eigenständige Entgeltordnung für Ärzte ab. Der bis dahin erreichte Verhandlungsstand sah vor, dass das Einstiegsgehalt der Klinikärzte bei gut 3000 Euro liegen sollte, das erreichbare Tarif-Endgehalt bei gut 5000 Euro«. (Ärzte Zeitung (ÄZ), 12. September)

Der dennoch für die ÄrztInnen vereinbarte Abschluss innerhalb des TVöD wird nun also nur für die ver.di-Mitglieder (www.verdi.de externer Link, 14. September) unter den ca. 1000 ÄrztInnen (Stuttgarter Zeitung, 16. September), und von denen auch nur für die in bundeseigenen und kommunalen Kliniken gelten. Für die Mitglieder des mb gilt zunächst weiterhin der alte Bundes-Angestelltentarifvertrag (BAT). (www.verdi.de externer Link, 14. September) Der mb fordert nun alle »öffentlichen Krankenhausarbeitgeber auf, in Verhandlungen für einen eigen-ständigen Tarifvertrag für Ärzte« (Marburger Bund, 12. September) zu treten, und strebt dabei perspektivisch einen Flächentarifvertrag an. (ÄZ, 13. September 2005)

Der Ausbeutung ein Ende setzen...

Weil sie unter besonderem Druck stehen, haben die Länder schon am 10. September Gesprächsbereitschaft mit dem mb signalisiert. [1] Da die Unikliniken - solange sie nicht privatisiert werden [2] - Ländersache sind, sind die insgesamt ca. 22000 beim zuständigen Land beschäftigten Uniklinik-Ärzte in einer besonders prekären Situation. Wie bekannt, hatten mehrere Länder im Mai 2004 die Vereinbarung zu Arbeitszeit und Sonderzahlungen gekündigt und sind einige aus der Tarifgemeinschaft der Länder (TdL) ausgetreten. Folgerichtig ist die TdL im April 2005 aus den Verhandlungen zum TVöD ausgestiegen. (Financial Times Deutschland (FTD), 14. September) Die Folge in den Ländern war, dass Mediziner (und natürlich auch andere Krankenhausbeschäftigte) vor allem mit neuen oder verlängerten Verträgen von Arbeitszeitausweitungen und unbezahlten Überstunden sowie der Kürzung von Weihnachts- und Urlaubsgeld betroffen sind. Laut mb führen diese Verschlechterungen bei den ÄrztInnen zu Einkommensverlusten von bis zu 15 Prozent. Hinzu kämen Dauerüberlastung und »Marathonschichten« von 24 Stunden und mehr. (jw, 3. August) Für die beim Land angestellten Uniklinik-Ärzte ist die Übergangsfrist, in der diese Regelungen gelten, aber bald zu Ende. Der mb fordert - wenn nicht bis dahin ein neuer Ärzte-Tarifvertrag mit entsprechenden Ausnahmen abgeschlossen ist - dazu auf, ab dem 1. Januar 2006 »geltendes Arbeitszeitrecht eins zu eins« zu exekutieren. Das hieße: »Kein Bereitschaftsdienst, maximal zehn Stunden Arbeit am Tag, maximal 48 Stunden in der Woche.« (ÄZ, 12. September) Das würde für die Bundesländer erst recht teuer werden, denn dann müssten sie neues Personal einstellen, um die entstandenen Lücken zu füllen. Um den Forderungen Nachdruck zu verleihen, sind für den 19. Oktober weitere bundesweite Demonstrationen der Klinikärzte in verschiedenen deutschen Städten geplant, an denen sich nicht nur Uniklinikärzte sondern auch Kollegen der kommunalen Kliniken beteiligen sollen. Das soll auch den Druck auf die kommunalen Arbeitgeber erhöhen.

... mit ständischer Politik?

An den Verhandlungen über einen solchen arztspezifischen Tarifvertrag für Klinikärzte an den Universitäten sitzen nun der mb und die TdL seit 15. September in Stuttgart. Die Länderfinanzminister scheinen zwar zu Zugeständnissen bereit (FAZ, 11. September), aber wie groß die Differenzen sind, zeigen die Forderungen, mit denen der mb in die Gespräche gegangen ist:

  • Wiederherstellung tariflich gesicherter Arbeitsbedingungen;
  • Rücknahme der Kündigung der Tarifverträge zur Arbeitszeit sowie zum Weihnachts- und Urlaubsgeld, die zu Einkommensverlusten von 15 bis 20 Prozent geführt hat;
  • Perspektiven zur Erhöhung der Ärzteeinkommen um 30 Prozent;
  • vollständige Vergütung sämtlicher erbrachter Arbeitsleistungen;
  • geregelte Arbeitszeiten statt Marathondienste zu Lasten der Ärzte und Patienten;
  • Abschaffung kurzzeitig befristeter Arbeitsverträge;
  • Abbau bürokratischer patientenferner Tätigkeiten;
  • Sicherstellung von Forschung und Lehre innerhalb der Arbeitszeit. (mb, 12. September)

Diese - im Vergleich zu üblichen Gewerkschaftsforderungen der letzten Jahre - sehr hohen und durchaus nachvollziehbaren Forderungen erinnern an die Piloten-Vereinigung Cockpit, die Anfang der 90er Jahre aus dem Tarifverbund des öffentlichen Dienstes ausgestiegen ist und im Jahr 2001 in einer spektakulären Tarifrunde eine Gehaltserhöhung von 30 Prozent durchgesetzt hat. Die Airlines reagierten damals darauf mit rigorosen Stellenstreichungen und weit reichendem Outsourcing im Bereich des Boden- und Flugbegleiterpersonals. (jw, 14. September) Die Piloten freuten sich trotzdem über ihren Erfolg, aber ihre Begründung, dass es ohne sie keinen Flugbetrieb gäbe und sie deshalb besonderen Druck machen könnten und auch besonders viel verdienen müssten, ist genauso wenig einsichtig wie die der Ärzte, dass es ohne sie keinen Krankenhausbetrieb gäbe. Denn es gäbe auch keinen Flugbetrieb ohne z.B. das Bodenpersonal oder die Flughafenfeuerwehr, genauso wenig gäbe es einen Krankenhausbetrieb ohne PflegerInnen. Und ohne Putzkolonnen gäbe es beides nicht. Trotzdem scheint die Mehrzahl der Ärzte bzw. ihre Standesvertretung eine ähnliche Entwicklung wie in der Luftfahrt billigend in Kauf nehmen zu wollen und sich darauf zu verlassen, dass ihre Verhandlungsposition ähnlich wie die der Piloten insofern privilegiert ist, als es auf dem Arbeitskräftemarkt für sie keine allzu große Konkurrenz gibt. Aus Äußerungen Montgomerys schimmert entsprechender Dünkel: »Vom Baggerfahrer in der Lausitz bis zum Chefarzt in Berlin - das kriegen Sie nicht alles in einen Tarifsack.« [3] Diese Haltung wird z.B. von dem Vorstandsmitglied des Berliner mb-Landesverbands und Präsident der Berliner Ärztekammer, Günther Jonitz, geteilt: Er sagte der taz, dass bei ver.di-Verhandlungen »unten das ganze Geld verteilt« werde - und das gehe zu Lasten der Ärzte. (taz, 12. September)

Allein die Erhöhung der Gehälter der Ärzte um die geforderten 30 Prozent würde die Budgets der Krankenhäuser mit fünf Prozent oder rund 2,5 Milliarden Euro zusätzlich belasten. Nicht eingerechnet sind die zusätzlichen Kosten für Überstunden, die bislang häufig nicht entgolten werden, sowie die Kosten für Forschung und Lehre, die vor allem bei jungen Ärzten mehr und mehr zur Freizeitbeschäftigung geworden seien. (ÄZ, 13. September) Die Krankenkassen haben schon signalisiert, dass sie diese Kostensteigerungen nicht tragen werden. (Neue Osnabrücker Zeitung, 17. September) Es dürfte klar sein, wo das Geld - sollten sich die Ärzte nur ansatzweise durchsetzen - geholt werden wird: bei den von den Arbeitszeitverlängerungen, Streichungen etc. genauso betroffenen anderen Landesbeschäftigten an den Unikliniken oder bei den Patienten.

Es ist hier die ständische Perspektive der Argumentation der Ärzte, weniger der Inhalt der Forderungen, der zunächst zu kritisieren ist. Im Gegenteil, die Forderungen heben sich wohltuend von vielen Gewerkschaftsforderungen der letzten Jahre ab. Manch ein Kollege im Krankenhaus wünschte sich, dass endlich ein ver.di-Vertreter so wie Montgomery auftreten und die Bundesländer auffordern würde, den »Radikalabbau tariflich gesicherter Arbeitsbedingungen« rückgängig zu machen. (jw, 3. Mai) Überhaupt findet Montgomery im Moment deutliche Worte für die herrschenden Zustände, wenn er davon spricht, dass es an »frühkapitalistische Ausbeutungsmanieren« grenze, »wenn man Ärzten, die mit rund elf Euro brutto die Stunde jetzt schon unanständig wenig verdienen, noch mal rund zehn Prozent ihrer Einkommen stehlen will«. [4]

Leider ist der hier zugrunde gelegte Begriff der Ausbeutung zum einen insofern ständisch, als er die Missstände in den Krankenhäusern bloß bei den Ärzten sieht und nicht bei den anderen Beschäftigten, und zum anderen bloß auf's Quantitative beschränkt, weil die Ausbeutung anscheinend dann ein Ende hätte, wenn die Ärzte ihren (Vor-)Leistungen gemäß entlohnt würden. Entsprechend hat der mb schon früher vor einer »falschen Front im Kampf gegen Ausbeutung« (mb, 31. Januar 2002) explizit gewarnt und hämisch an den Bund gewerkschaftlicher Ärzte (BgÄ) [5] innerhalb der ÖTV erinnert, der DAG und mb als gegnerische Organisationen betrachtet habe. (FR, 11. Februar 2002) Ebenfalls außerhalb des Horizonts des mb scheinen die hierarchischen, geradezu feudalen Abhängigkeitsverhältnisse innerhalb der Krankenhausärzteschaft zu liegen.

Ein überfälliger Protest

»Es ist keine Seltenheit, daß bei Wochenarbeitszeiten von oft über 70 Stunden mehr als 30 Überstunden pro Woche entstehen, die nicht entlohnt werden«, so beschrieb im Zuge der Proteste im August ein Assistenzarzt der Uniklinik Freiburg Arbeitsverhältnisse im Krankenhaus (jw, 3. August) - ein Beispiel, das für viele Assistenzärzte, nicht für Ober- und Chefärzte steht. In einem Punkt unterscheiden sich diese Ärzte nämlich dramatisch von den Piloten: der Arbeitszeit. Während ein Pilot sofort aus dem Dienst genommen wird, wenn er seine vorgeschriebene Dienstzeit auch nur um Bruchteile einer Stunde überschreitet, sind bei den Ärzten Arbeitszeiten in einem Ausmaße üblich, wie sie in keinem anderen Bereich angestellter Tätigkeit vorkommen: 30 Stunden ohne Pause und Wochenarbeitszeiten von 60 bis 80 Stunden als Regel, und nicht als Ausnahme. (FR, 31. Januar 2002)

Dass der Kampf gerade bei den Krankenhausärzten notwendig und überfällig war, zeigen die Proteste der Uniklinikärzte dieses Jahres. Zusätzlich zu den ohnehin unglaublich langen Arbeitszeiten und unsicheren, immer wieder befristeten Arbeitsverhältnissen hatten, wie bereits erwähnt, viele Bundesländer neu eingestellten Klinikärzten in den vergangenen Monaten eine Wochenarbeitszeit von 42 statt der bisher üblichen 38,5 Stunden verordnet und Urlaubs- und Weihnachtsgeld gekürzt. Das brachte das Fass endgültig zum Überlaufen. Zunächst streikten im Mai ca. 5000 Uniklinikärzte, und Anfang August beteiligten sich ca. 10000 Ärzte der Unikliniken an Protesten und Streiks. Am 6. September kamen mehr als 5000 Ärzte zum zweiten zentralen Streik- und Protesttag nach Stuttgart. Seit über 30 Jahren hat es an deutschen Kliniken Streiks in diesem Ausmaß nicht mehr gegeben. Zu Recht verweist allerdings z.B. Bezirksleiterin von ver.di Baden-Württemberg, Sybille Stamm, darauf, dass die beklagten Verhältnisse nicht auf jeden Krankenhausarzt zutreffen. Denn während Assistenzärzte nicht selten 80-Stunden-Wochen gegen geringen Lohn ableisten, seien Chefärzte und Klinikprofessoren teils extrem gut versorgt. Jahresgehälter in Millionenhöhe seien keine Seltenheit. Ebenso wie streng hierarchische, bisweilen paternalistische Strukturen. Keine Berufsgruppe habe eine so exorbitante Spreizung wie die der Ärzte. Die ver.di-Funktionärin lehnt die »Cockpit-Politik« der Ärzteschaft zwar ab, will zugleich jedoch »alles tun, damit die Belegschaft nicht gespalten wird«. (FR, 14. September)

Trotzdem müsste sich jeder Gewerkschafter zunächst über diese massiven Proteste freuen oder mindestens der Mobilisierungsfähigkeit des mb Respekt zollen - um dann zügig auf die Idee zu kommen, den Protest zu ergänzen durch Proteste von KrankenpflegerInnen und allen anderen Klinikbeschäftigten mit ähnlichen - und nicht weniger berechtigten - Forderungen. Das ist aber im Moment nicht der Horizont des mb. Bei ver.di (zumindest in Baden-Württemberg) wacht man allerdings langsam auf. Die Proteste der Schwestern und Pfleger am 5. Oktober haben es gezeigt.

Niemandem soll es schlechter gehen

Die vornehme Zurückhaltung von ver.di in diesem Zusammenhang ist vor dem Hintergrund der Verhandlungen über den TVöD zu betrachten. Während Montgomery - und zwar zunächst berufsübergreifend - am TVöD kritisiert, dass es leider nicht »um dringend nötige Einkommenszuwächse der Beschäftigten« gegangen sei, sondern bloß um einen aufkommensneutralen Systemwechsel« (mb, September), ist es genau dieser Aspekt, den der Chef der Gewerkschaft ver.di, Frank Bsirske, hervorhebt, indem er beteuert, dadurch könne man »den öffentlichen Dienst konkurrenzfähig« halten« (www.verdi.de externer Link, 14. September). Trotz der Aufkommensneutralität behauptet ver.di, durchgesetzt zu haben, dass in die Besitzstände kaum eingegriffen wird. Nur zum Teil soll sich die Leistungsentlohnung daher aus dem Urlaubs- und Weihnachtsgeld speisen, das es mit dem BAT gab. (FR, 14. September) Kein Mitarbeiter werde im neuen System schlechter gestellt als vorher [6], so beteuern alle ver.di-Funktionäre landauf landab in Bezug auf den TVöD.

Das sehen wiederum die Ärztevertreter ganz anders. Seit 23. September hat der mb nun eine Tabelle im Internet veröffentlicht, mittels der er auf 20 Jahre vorrechnet, wie groß die Einkommensdifferenz zwischen dem Verbleib im BAT und unter dem TVöD sein würde: Wird ein lediger 27-jähriger Arzt ab 1. Oktober unter den TVöD fallen, wird er in 20 Jahren gegenüber dem BAT insgesamt 3348,47 Euro verlieren, ein 33-jähriger verheirateter Arzt sogar 119758,03 Euro - so der mb. (mb, 23. September) Die Gewerkschaft ver.di bestätigte inzwischen diese Vergleichsrechnung, hob aber einschränkend hervor, dass sie sich nur auf die Konditionen für Berufseinsteiger beschränkten und zudem mit relativ ungewöhnlichen Fällen als Beispielen operiere. »Grundsätzlich aber entspreche die Besserstellung der Jungen und die Schlechterstellung der Älteren durch den Wegfall der Lebensaltersstufen der Systematik des neuen Tarifrechts und sei daher >durchaus beabsichtigt<«, wie ein ver.di-Sprecher gegenüber der FAZ betonte. (FAZ, 22. September) Ver.di macht deshalb weiter Werbung für den TVöD und erklärt, dass für die im mb organisierten Ärzte der alte BAT weiter gilt, »der je nach Einkommensstufe bis zu 560 Euro schlechter ausfalle als der neue TVöD«. Bsirske hofft, »dass die Ärzte die Verbesserungen zu würdigen wissen«. (FR, 14. September) Denen, die das nicht glauben, entgegnet er: »Wir werden es nicht zulassen, dass eine Beschäftigungsgruppe so tut, als ginge sie das alles nichts an«. Er zielt damit wohl nicht nur auf die Ärzte, sondern auf jüngste separatistische Bestrebungen kleinerer Verbände. Mitte September hatten sich lt. Informationen der Financial Times Deutschland auch die Personalräte der Techniker Krankenkasse mit 10000 Angestellten von ver.di losgesagt. (FTD, 14. September) Ob der TVöD tatsächlich hält, was ver.di-Funktionäre behaupten, ist ziemlich umstritten. Sowohl unter den Ärzten, die davon betroffen sind, als auch in anderen Berufsgruppen fangen die Kollegen an zu rechnen und stellen fest, dass es z.T. erhebliche Differenzen zwischen BAT und der entsprechenden Entgeltgruppe im TVöD gibt. Erst kürzlich hat die Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) vorgerechnet, dass »der TVöD verglichen mit dem BAT vor allem den wissenschaftlichen Nachwuchs« benachteilige. (FR, 20. September) Die Krankenschwestern, Friedhofsgärtner und Baggerfahrer können auch rech-nen. Wenn die Rechnungen stimmen, werden sie sich für den TVöD kein Bein ausreißen. Wenn der mb Erfolg hat mit seinem beschränkten Kampf gegen die Ausbeutung, wird ver.di sich eine Strategie (nicht nur) für die Kliniken überlegen müssen.

Wie wär's mit einer Verallgemeinerung der Ärzte-Forderungen?

(Eine ausführliche Literaturliste kann über die Redaktion des Express bezogen werden.)

Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 9/05


(1) mb, 10. September. Im Unterschied zu den Ländern gibt es von den Kommunen noch keine Reaktion auf die Forderung des mb nach einem eigenen Ärztetarif.

(2) Das ist z.B. für die Unikliniken in Gießen und Marburg geplant, für die Charité in Berlin gibt es auch schon konkrete Pläne. Vgl. jw, 6. September

(3) Stuttgarter Zeitung, 16. September - Wahlweise kann hier auch der Friedhofsgärtner o.a. genommen werden. Vgl. mb, 12. September

(4) mb, 12. September - Montgomery bezieht sich auf das oben erwähnte Angebot des VKA. Eine DIW-Studie verweist diese Einschätzung aber in ihre Schranken und zeigt, dass die Einkommenssituation junger Ärzte sich zwar verschlechtert habe, aber im Verlauf des Berufslebens kompensiert werde. Vgl. FR, 25. August.

(5) Die ÖTV hat den BgÄ 1980 aufgelöst. Zur Geschichte des BgÄ siehe: Udo Schagen: »Der Bund gewerkschaftlicher Ärzte (BgÄ) in der ÖTV«, in: Winfried Beck u.a.: »Ärzteopposition«, Neckarsulm 1987, S. 65-80

(6) Ein Schelm, wer dabei nicht an die Versprechungen denkt, die den DDR-Bürgern nach der Wende gemacht wurden.


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