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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Hungerlohn in der Gaststätte Am 20. und 21 Oktober tagte in Berlin der Kongress der Europäischen Gewerkschaftsföderation für Ernährung, Landwirtschaft und Tourismus (Effat). Delegierte von knapp 120 Gewerkschaften aus 35 Ländern waren vertreten. Schon bei der Eröffnungsrede wurde klar, wie notwendig eine stärkere gewerkschaftliche Organisierung in diesem Bereich ist. Europaweit dominieren prekäre Beschäftigungsverhältnisse in sämtlichen Sparten der Branche, lautete der Tenor der Rede. So sind in der Landwirtschaft Zeitarbeitsverhältnisse schon fast die Regel. Aber auch der Gaststättenbereich ist längst ein Niedriglohnsektor. 70 % der Beschäftigten sind in Deutschland davon betroffen. Europaweite Gegenstrategien sind erforderlich. Die vom Vorsitzenden der Gewerkschaft Nahrung Genussmittel Gaststätten (NGG) Frank-Josef Möllenberg geäußerte Hoffnung, dass es bis 2011 einen branchenübergreifenden Mindestlohn geben wird, reicht sicher nicht aus. Die Gewerkschaften müssen sich auch fragen, warum sie so schwer in der Branche Fuß fassen können. An der mangelnden Bereitschaft der Beschäftigten, sich gegen schlechte Arbeitsverhältnisse zu wehren, kann es nicht immer liegen. So protestierten Ende September 2009 ein knappes Dutzend Beschäftige und Unterstützer vor dem Restaurant Reds Deli in Berlin-Kreuzberg. Einer Mitarbeiterin war gekündigt worden, weil sie einen Arbeitsvertrag einforderte. Sie habe für einen Stundenlohn von 4,50 Euro arbeiten und auch das Trinkgeld abgeben müssen, berichtete die Betroffen. Ihre Beschwerden seien erst ignoriert, dann mit der Kündigung beantwortet worden. Die Protestierenden haben ganz ohne Gewerkschaft den Protest organisiert, Flyer gedruckt und Transparente gemalt. Das Beispiel zeigt, dass auch im Niedriglohnsektor Gaststättengewerbe Protest möglich ist. Zumal auch vielen Kunden die Arbeitsbedingungen der Kellnerinnen und Köche nicht egal sein dürften. Daher könnte auch die NGG von den Erfahrungen aus den Arbeitskämpfen im Einzelhandel lernen. Auch dort haben kritische Konsumenten die Forderung nach höheren Löhnen und besseren Arbeitsbedingungen unterstützt. Artikel von Peter Nowak, zuerst erschienen im Neues Deutschland vom 23.10.2009 |