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Updated: 18.12.2012 15:51
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Paradiesapfel-Feilschen

McDonalds willigt in höhere Bezahlung für Landarbeiter in Florida ein

Nur wenige Tage, bevor migrantische Landarbeiter zusammen mit der Coalition of Immokalee Workers (CIW) [1] planten, ihre Kampagne gegen McDonalds auszuweiten, gab der Fast Food-Gigant gegenüber all ihren Forderungen nach. McDonalds kündigte am 9. April an, dass sie einen Cent mehr pro Pfund Tomaten zahlen würden und dass dies an die Arbeiter in Form einer Lohnerhöhung weitergeben werden soll.

Die Stückpreise für Tomaten stagnieren seit den 1970ern mit Löhnen von 40 bis 45 Cents für jeden gepflückten 32-Pfund-Eimer Tomaten. Der zusätzliche Cent pro Pfund verdoppelt die üblichen Stückpreise annähernd.

McDonalds ist das zweite große Unternehmen, dass den Landarbeitern ihre Forderungen zugesteht, nachdem die CIW nach einem vierjährigen Boykott 2005 zunächst eine Übereinkunft mit Taco Bell erreicht hatte – die ebenso eine durchgereichte Preiserhöhung von einem Cent pro Pfund, systematische Kontrolle der Arbeitsbedingungen und einen schärferen Verhaltenskodex beinhaltete. [2] Nur zwei Jahre nachdem die CIW diesen ersten Sieg gegen Taco Bell errungen hat, ist die CIW näher denn je dabei, die Veränderungen, für die sie kämpft, branchenweit durchzusetzen.

Gar nicht so entfernter Traum

Die Vereinbarung mit McDonalds geht einen Schritt weiter als die im Präzedenzfall mit Taco Bell. McDonalds erklärte sich einverstanden, bei der Schaffung eines unabhängigen Überwachungsverfahrens zu helfen, dass für die ArbeiterInnen und die in der Branche tätigen Unternehmen Transparenz schafft bei der Kontrolle, ob der zusätzliche Cent auch »durchgereicht« wird, die Arbeitsbedingungen auf den Feldern vereinbarungsgemäß verbessert und der Verhaltenskodex eingehalten werden. Darüberhinaus hat McDonalds einen Anreiz für Landwirte geschaffen, das Unternehmen auch unter den neuen Bedingungen weiterhin zu beliefern, indem es ihnen pro Packeinheit Tomaten einige Cents mehr zahlt.

CIW-Mitbegründer und Landarbeiter Lucas Benitez berichtet, dass, als die CIW die vergleichbare Vereinbarung mit Taco Bell 2005 erzielte, dies als der erste Schritt auf dem Weg zu dem »weit entfernten Traum« von garantierten Menschenrechten für Landarbeiter gegolten hätte. Mit dem McDonalds-Sieg sieht ihr Traum schon eher nach Realität aus.

In einer gemeinsamer Pressemitteilung mit McDonalds sagte Benitez: »Wir sind zwar im Moment noch nicht soweit, aber wir werden dorthin kommen, und die heutige Vereinbarung sollte eine deutliche Botschaft an den Rest der Restaurant- und Supermarktbranche senden, dass es nun Zeit ist, hinter den Lebensmitteln, die sie verkaufen, zu stehen – vom Feld bis auf den Tisch.«

Nach ihrem erfolgreichen vierjährigen Boykott gegen Taco Bell im Jahr 2005 fragte die CIW andere große Fast Food-Unternehmen, einschließlich McDonalds, Burger King und Subway, ob sie eine entsprechende Vereinbarung wie mit Taco Bell unterzeichnen würden. Keines der Unternehmen war dazu bereit, McDonalds wich den Forderungen der Arbeiter durch die Behauptung aus, dass die Landarbeiter Floridas gut bezahlt seien.

Auf den Schwung ihres Taco Bell-Boykotts aufbauend, erhielt die McDonalds-Kampagne der CIW in bemerkenswert kurzer Zeit breite Unterstützung. »Jobs with Justice«, AFL-CIO Präsident John Sweeney, SEIU-Vizepräsident Eliseo Medina sowie die Vorstände mehrerer Landeskirchen unterstützten mit ihrem Gewicht den Weg der Landarbeiter im Hinblick auf höhere Löhne und die Einführung eines Verhaltenskodex mit den großen Aufkäuferunternehmen.

Im Frühjahr 2006 veranstalteten CIW-Landarbeiter ihren ersten großen Protest beim McDonalds-Hauptquartier in der Nähe von Chicago. CIW-Landarbeiter und Verbündete waren am 13. und 14. April schon in den Bussen auf ihrem Weg von Immokalee nach Chicago zu den Protesttagen gegen McDonalds, die auch Tausende von Verbündeten angezogen hätten – und die wahrscheinlich zur Ankündigung eines nationalen Boykotts geführt hätten –, als McDonalds plötzlich einlenkte. Die CIW hatte zweitägige Aktionen geplant, inklusive eines neuerlichen Protests vor dem Hauptsitz von McDonalds und einer Demonstration, die zu verschiedenen McDonalds-Filialen in Downtown Chicago führte.

Die CIW teilte mit, dass die Aktionen in Chicago fortgesetzt würden, und was zunächst als ein McDonalds-Protest geplant war, in eine Siegesfeier umgewandelt werden solle. Organizer hoffen diesen Schwung beizubehalten, um Druck auf den Rest der Fast Food-Industrie auszuüben. So meinte CIW-Organizerin Julia Perkins: »Wir setzen unsere Aktionen in Chicago wie geplant fort. Wir demonstrieren dem Rest der Industrie die Macht der Landarbeiter und der Konsumenten, wenn diese zusammenkommen.«

Landarbeiter gegen Burger King

Schneller, als man »Erfolg« sagen kann, machte die CIW klar, dass sie ihren Blick auf einen anderen Industriegiganten richten würde. Als die CIW 2005 in Richtung Burger King aktiv geworden war, signalisierte das Unternehmen, dass es kein Interesse daran habe, den Forderungen der CIW nachzukommen.

Da McDonalds nun mittlerweile am Verhandlungstisch sitzt, beschlossen die ArbeiterInnen, ihre Kampagne gegen McDonalds zugunsten von Burger King fallen zu lassen. »Wir wechseln zum nächsten großen Akteur in der Fast Food-Industrie, der schon klar gemacht hat, dass er nicht willens ist, den Cent mehr pro Pfund zu bezahlen«, sagt Perkins. »Sie haben mitgeteilt, dass sie nicht mit uns zusammen arbeiten wollen im Hinblick auf eine Reformierung ihrer Zulieferbeziehungen.« Statt wie McDonalds die Anliegen der Landarbeiter Ernst zu nehmen, so Perkins weiter, habe »Burger King sogar angeboten, Immokalee-Landarbeiter zu Arbeitnehmern von Burger King umzuschulen. Es ist ein Schlag ins Gesicht«.

Die CIW hofft, dass ihre Verbündeten dazu bereit sind, schnell umzuschalten, denn ihr branchenweiter Kampf wird nicht nachlassen. »Dies war nie ein Kampf mit einem Unternehmen, wir haben branchenweite Veränderungen im Auge und – basierend auf dem, was wir bisher in der Lage waren zu erreichen – werden wir diese erzielen«, so Perkins.

Tiffany Ten Eyck, aus: Labor Notes, Nr. 338, Mai 2007

Übersetzung: Jörg Waschatz

Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 5/07


(1) Die Coalition of Immokalee Workers (CIW) ist der 1993 in Immokalee – dem landwirtschaftlichen Zentrum Floridas – gegründete Landarbeiterverband.

(2) Vgl. dazu Heinrich Geiselberger: »Tomaten des Zorns«, express, Nr. 6-7/2005.


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