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Updated: 18.12.2012 15:51
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Skandal bei Werkstatt Frankfurt e.V.: Wahlbeeinflussung, Kündigungen, "Spezialabteilung" für ehemalige und amtierende Betriebsräte. Entwicklungen bei der Werkstatt Frankfurt e.V., die Schlimmes befürchten lassen.

"Wir bitten um Solidarität mit den Gekündigten und "Strafversetzten" bei der Werkstatt Frankfurt. Der Hintergrund des Konfliktes bildet die Auseinandersetzung, ob 1. Euro Jobber Wahlberechtigte bei einer BR-Wahl waren. Viele der 1 Euro Jobber scheinen notwendige und gesetzlich vorgeschriebene Aufgaben zu erledigen. Auf keinen Fall nur "zusätzliche". Die Bezirksdelegiertenversammlung von Verdi Frankfurt und Region erklärte in 2 Resolutionen/Beschlüssen ihre Solidarität mit den Betroffenen.", so der ver.di-Arbeitskreis in einem Schreiben an die Redaktion LabourNet. Siehe dazu auch weiter unten:

Der Verdi - Arbeitskreis Soziale Vereine trifft sich das nächste Mal am 16. November um 18,00 Uhr im DGB Haus, Jugendclub (Kellerräume)!

Dokumentation des Skandals

Seit 2004 wird die Werkstatt Frankfurt e.V., die größte Beschäftigungsgesellschaft Frankfurts und stadtnaher Verein, drastisch umgebaut. In vorauseilendem Gehorsam wurden bei der "Werkstatt" Langzeitarbeitslose nicht mehr als Arbeitnehmer zum "Werkstatttarif" (WTV), sondern auf schon vorhandene Arbeitsplätze eingestellt. "Gemeinnützige Beschäftigung" (also Ein-Euro-Jobs) sollen aber "zusätzlich" sein.

Damit war ein massiver Konflikt bei der "Werkstatt" vorprogrammiert. Im Verlauf dieser Auseinandersetzung werden die demokratisch gewählte Interessenvertretung der Kolleginnen und Kollegen immer mehr unter Druck gesetzt. Mit Mitteln, die Schlimmes letztlich nicht nur für die Personalpolitik bei der Werkstatt, sondern überhaupt für stadtnahe Vereine befürchten lassen. Betroffen sind Mitglieder des Wahlvorstandes der Betriebsratswahl 2006 und ehemalige Betriebsratsmitglieder.

Wegen rechtlicher Einwände gegen die Wählerliste (weil gemeinnützig Beschäftigte - ausschlaggebend für die Größe des Betriebsrats - mitgezählt worden sind) konnte die BR-Wahl nicht zum 31.05.06 abgeschlossen werden. Damit setzte eine betriebsratslose Zeit ein. Die Geschäftsleitung der Werkstatt Frankfurt nutzte über Nacht die neuen innerbetrieblichen Verhältnisse.

Mitglieder des alten Betriebsrates wurden sofort zum 1.6.06 in eine berufsfremde, unterqualifizierte Tätigkeit "versetzt". Widerrechtlich wurde der alte BR in der letzten Mai-Woche nicht zu diesen Versetzungen angehört. Personalsachbearbeiter, Sozialpädagogen sollen nun stupide Beschäftigtenlisten auf Doppelnennungen und ähnliche fehlerhafte Eintragungen kontrollieren.

Als "Abteilungsleiter" wurde ein "Unternehmensberater" auf Honorarbasis engagiert. Dieser stellte sich vor: Er sei sowohl bei der Post als auch bei der Santander-Bank als selbständiger "Unternehmensberater" engagiert worden.

Dort wurden Rationalisierungs- und Umstrukturierungsmaßnahmen durchgeführt, die zum Ergebnis hatten, dass eine große Anzahl von Mitarbeitern dieser Abteilungen die Unternehmen "verlassen" hatten.

Sonderbar, die bei der Werkstatt neu gebildete Abteilung für "Evaluation" ist speziell nur mit Betriebsräten und Wahlvorständen aus der letzten Wahlperiode besetzt, die ihre Verantwortung als Wahlvorstandsmitglieder wahrgenommen haben, den Arbeitnehmerstatus von 1 Euro Beschäftigung zu überprüfen. Genau diese KollegInnen, die sich in der Verdi-Liste zusammengeschlossen hatten, wurden von der Werkstatt-Geschäfts­leitung von "Vorgesprächen" während der Wahlphase ausgeladen, das von den Wählern neben anderen deutlichen Zeichen als "Wahlempfehlung" der Geschäftsleitung verstanden werden sollte. Der Verdi-BR-Liste wurde unterstellt, dass sie mit der Wahrnehmung ihrer Rechte als Interessenvertretung die Arbeitsplätze bei der Werkstatt gefährden würden. Heutzutage ein besonders harter Vorwurf.

Übrigens in einem ersten Arbeitsgerichtsverfahren zeichnet sich ab, dass die Versetzungen offensichtlich nicht rechtlich haltbar sind. Nicht nur für die anstehenden Auseinandersetzungen vorm Arbeitsgericht benötigen die Kolleginnen und Kollegen Solidarität.

Pikanterweise beschäftigte die Werkstatt Frankfurt zwei 1-Euro-Jobber auf dem Arbeitsplatz eines Personalsachbearbeiters, der zur "Evaluation" "versetzt" wurde. Der Vorschlag des Arbeitsrichters, diesen Personalsachbearbeiter zum Teil mit seinen bisherigen Aufgaben zu betrauen und andere Sachbearbeiter zum Ausgleich auch teil zu versetzen, lehnte die Geschäftsleitung ab. Vor dem Arbeitsgericht befürchtete sie erstaunlicher­weise, eine Versetzung wäre arbeitsrechtlich nicht durchsetzbar.

Der ehemalige Betriebsratsvorsitzende A. B. wurde zunächst betriebsbedingt gekündigt, unwiderruflich von der Arbeit freigestellt und dann während der "Freistellungsphase" zur Sicherheit schließlich fristlos gekündigt.

Anlass für die fristlose Kündigung: Kollege B. habe unentschuldigt gefehlt. Ein sonderbares Fehlen. Zum fraglichen Zeitpunkt hatte Kollege B, die Stimmzettel der BR-Wahl 06 öffentlich mit ausgezählt - übrigens in Anwesenheit der an der Kündigung Beteiligten! Wie kurz doch nur das Gedächtnis funktioniert.

Der neu gewählten Betriebsrat weiß um diese Tatbestände. Die Mehrheit widersprach dennoch der Kündigung nicht.

Sozialdezernent U. Becker wurde verschiedentlich auf diese ungeheuerliche Personalpolitik der Werkstattbetriebsleitung aufmerksam gemacht. Er sieht keinen Grund einzugreifen.

Kennt Sozialdezernent Becker seine satzungsgemäßen Pflichten und Rechte als Vorsitzender des Vereins Werkstatt Frankfurt und als Magistratsmitglied nicht? Wir befürchten, die schikanösen Kündigungen trotz Kündigungsschutz für ehmalige und auch jetzige Funktionsträger bei der Werkstatt werden politisch gedeckt.

Mehrere Mitarbeiter wandten sich in ihren arbeitsrechtlichen Angelegenheiten an politisch Verantwortliche der Stadt Frankfurt. In der Hoffnung, dass der Werkstatt-Geschäftsleitung Einhalt geboten wird, durch unangemessenen Versetzungen und Kündigungen weiter zermürben zu wollen. Auch die Kündigung des Haustarifvertrages für die Stammmitarbeiter/innen der Werkstatt spricht für ein konzertiertes Vorgehen, das letztlich auf alle Beschäftigen bei der Werkstatt zielt.

Die Merkwürdigkeiten sind nicht nur als Schikane zu interpretierenden. Die Vorgänge bei der Werkstatt Frankfurt, lassen Schlimmes befürchten. Die betroffenen Kolleginnen und Kollegen brauchen Eure Solidarität. Diese Praktiken dürfen nicht durchgehen und Schule für eine Personalpolitik bei stadtnahen Vereinen und in der Stadtverwaltung machen.

Aus: Abenteuer Sozialarbeit, Oktober 2006; eine Veröffentlichung des Arbeitskreises Soziale Vereine von ver.di Frankfurt am Main und Region


Initiativantrag für Solidarität mit den gewählten und ehemaligen Verdi-Betriebsräten bei der Werkstatt Frankfurt e.V.

Die Delegiertenkonferenz möge folgende Resolution beschließen:

  • Die Delegierten der Verdi Bezirksdelegiertenkonferenz verlangen die arbeitsvertragsgemäße Weiterbeschäftigung der Mitglieder des ehemaligen Wahlvorstands und der bisherigen und derzeitigen Betriebsräte bei Werkstatt Frankfurt e.V.
  • Die Delegierten der Verdi Bezirksdelegiertenkonferenz 06 verurteilen die massive Beeinträchtigungen der Arbeit des Wahlvorstands während der BR-Wahl 06 und die Versetzungen und Kündigungen von gewählten und ehemaligen ver.di - Betriebsräten bei der Werkstatt Frankfurt durch die Geschäftsführung der Werkstatt Frankfurt e.V.
  • Jede Belegschaft muss weiterhin das Recht auf freie gewerkschaftliche Interessenvertretung wahrnehmen können.

Die Delegierten der Bezirkskonferenz fordern die Verdi - Bezirksverwaltung auf, alle rechtlichen, politischen und öffentlichkeitswirksamen Mittel einzusetzen, gegen den Skandal vorzugehen.

Begründung

Der Wahlvorstand und ehemalige Betriebsräte der Werkstatt Frankfurt e.V. haben ihre Rechte und Pflichten aus dem Betriebsverfassungsgesetz wahrgenommen und sind bei der Prüfung der Betriebsgröße davon aus gegangen, dass die "gemeinnützig Beschäftigten" die die Werkstatt FFM in die betrieblichen Abläufe als Arbeitnehmer eingegliedert hatte, in die Wählerliste aufzunehmen waren, obwohl sie mit "Ein-Euro-Jobs" beschäftigt wurden. Vor diesem Hintergrund kam es bei der Werkstatt Frankfurt e.V. zu einer massiven Behinderung der Betriebsratswahl und des Wahlvorstands. KollegInnen. Während der Wahl wurden Wahlvorstandsmitglieder ohne Anhörung des Betriebsrates und entgegen ihrer bisherigen Arbeitsplatzbeschreibungen und Qualifikation in eine "Spezial­abteilung" versetzt. Gleichzeitig wurden zum Ausgleich "gemeinnützig Beschäftigte" auf einem Arbeitsplatz eines betroffenen Kollegen eingesetzt, um ihm die Rückkehr an den eigenen Arbeitsplatz verweigern zu können (näheres siehe auch abenteuer sozialarbeit, Nr 11, "Skandal bei Werkstatt Frankfurt am Main"). Es ist nicht hinnehmbar, dass die KollegInnen wegen ihrer Tätigkeit im Gewerkschaftlichen Sinne und in ihrer Funktion als Wahlvorstände von der Geschäftsführung eines öffentlich geförderten Vereins drangsaliert werden.


Initiativantrag: Die Delegiertenkonferenz von Verdi Frankfurt und Region möge beschließen, dass folgender Brief an Herrn Sozialdezernenten Becker gerichtet wird:

Wir fordern Sie in Ihrer Funktion als Vorsitzender des Vereinsvorstandes Werkstatt Frankfurt gegenüber der Werkstatt Frankfurt auf, Sorge zu tragen, dass die Geschäftsleitung der Werkstatt Frankfurt gesetzliche Vorgaben aus dem Arbeitsrecht respektiert, insbesondere den besonderen Schutz von Betriebsräten und Wahlvorstandsmitgliedern vor Kündigungen und Versetzungen auch innerhalb eines Jahres auch nach Beendigung ihrer Amtszeit beachtet und eingehalten werden.

Aktuelle Versetzungen und Kündigungen von Betriebsratsmitgliedern und ehemaligen Wahlvorständen lassen uns befürchten, dass die Geschäftsleitung der Werkstat Frankfurt diese gesetzlichen Schutzbestimmungen für ausgeschiedene und aktive Funktionsträger nicht beachtet. Dies erfüllt uns mit großer Sorge. Wir erwarten, dass kommunale Einrichtungen und bei stadtnahen Vereinen ein korrekter Umgang mit Beschäftigten gewährleistet ist und Sie als Sozialdezernent und Arbeitgebervertreter die besondere Verantwortung übernehmen, dass gesetzliche Bestimmungen eingehalten werden und eine diskriminierungsfreie Arbeitsatmosphäre gewährleistet wird.

Wir bitten Sie die Versetzungen von ehemaligen Funktionsträgern während der Schutzfrist und die Kündigungen des ehemaligen BR-Vorsitzenden und seines Stellvertreters nochmals auf ihre Rechtmäßigkeit zu prüfen und darauf zu achten, dass die Schutzfrist aus dem Betr. VG nach § 78 von der Geschäftsführung der Werkstatt Frankfurt beachtet wird.


Brief an OB Roth, Römerberg 23, 60311 Frankfurt

Sehr geehrte Frau Oberbürgermeisterin Roth

Der Wahlvorstand und Betriebsräte der Werkstatt Frankfurt problematisierten, dass bei der Werkstatt FFM viele "1 Euro - Jobber" mit regulären Arbeiten beschäftigt wurden. Der Wahlvorstand für die BR Wahl 06 bei der Werkstatt setzte sich dafür ein, dass diese "1 Euro Jobber" als Arbeitnehmer und Wähler in die Wählerliste aufgenommen werden sollten.

Betriebsräte und Wahlvorstände bei der Werkstatt Frankfurt, die diese Pflichten aus dem Arbeitsrecht ernst nahmen, werden jetzt schikanös versetzt und gekündigt. Wir verurteilen die Kündigungen und Behinderungen des Wahlvorstandes der BR - Wahl 06 und fordern die vertragsgemäße Weiterbeschäftigung der ehemaligen Wahlvorstandsmitglieder, sowie ehemaliger und amtierender Betriebsratsmitglieder.


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