letzte Änderung am 2. März 2004 | |
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Durch die Veränderungen in der Arbeitsmarktpolitik der vergangenen Jahre - Stichworte: JOB-AQTIV-Gesetz, Hartz-Gesetze I bis IV und Agenda 2010 - ist das Thema Niedriglohn zu dem Lösungsmodell bundesrepublikanischer Arbeitsmarktmiseren avanciert. Der Niedriglohnsektor soll massiv ausgeweitet werden. Die Wirklichkeit macht deutlich, dass einige bundesrepublikanische Berufssparten im Niedriglohn schon lange angekommen sind; dazu gehört auch das Sicherheitsgewerbe.
Jobangebote wie diese auf der Homepage der Bundesagentur für Arbeit sind keine Ausnahme: "Wachmann/-frau, Objektschutz, 3,96 + Zuschläge, Vollzeit/72 Stunden." Arbeitgeber ist die Securicor Sicherheitsdienste GmbH aus Magdeburg, die zwei WachschützerInnen für das anhaltinische Klietz sucht. 4,12 Euro will der Hebold Sicherheitsdienst an seine Beschäftigten im Osten Deutschlands zahlen, und in Berlin versuchte es eben jenes Unternehmen gar mit 3,65 Euro pro Stunde. Für diese Summe sollen die Beschäftigten die Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (BfA) bewachen. Mithin sind bereits die bisher bestehenden Tarifverträge nicht gerade ein Zuckerschlecken für die Beschäftigten.
Schon heute müssen eine Vielzahl von Beschäftigten im kommerziellen Sicherheitsgewerbe ergänzende Sozialhilfe beantragen, um sich und ihre Familien ernähren zu können. Angesichts der erschreckenden finanziellen Lage der Beschäftigten im kommerziellen Sicherheitsgewerbe hat der Bundesvorstand von ver.di 2002 ein Modellprojekt auf den Weg gebracht, das sich mit dieser Problematik auseinander setzt. Ziel es ist, mehr Beschäftigte für ver.di zu werben, vor allem Beschäftigte, die sich wehren wollen. Der Bundesvorstand hatte diesem Modellprojekt zugestimmt, nachdem klar war, so Gerald Richter, bei ver.di für die Wachschutz-Beschäftigten zuständig, "dass wir im Interesse der Beschäftigten dringend auch im Billiglohnbereich handlungs- und kampffähig werden müssen".
Der Fachbereich 13 ist bei ver.di derzeit der einzige, der während der vergangenen Monate Mitglieder-Zuwächse verzeichnen konnte. Zwar steht eine abschließende Bewertung noch aus, doch scheint gesichert, dass für den Bereich etwa 1.200 Kolleginnen und Kollegen neu gewonnen werden konnten.
Waldemar Marks ist Arbeitsdirektor bei einem der Marktführer der Sicherheitsbranche, der Securitas GmbH, und an verantwortlicher Stelle beim von Mitgliederschwund gezeichneten Bundesverband Deutscher Wach- und Sicherheitsunternehmen (BDWS) tätig. Er gilt ver.di als potenzieller Bündnispartner für Flächentarifverträge auch im Osten, die es im Westen - zumindest noch - gibt. Der BDWS seinerseits verspricht sich wieder mehr Einfluss, wenn er mit ver.di in Tariffragen - zumindest vorerst - zusammengeht. Bedenklich muss allerdings stimmen, dass kein Wort zur anstehenden EU-Osterweiterung und den dort bereits aufgebauten Securitas- und anderen Filialen verloren wird, obwohl bereits heute klar ist, dass dies erneut den Lohndruck verstärken wird. Schon heute verlagern kommerzielle Sicherheitsdienste ihre Zentralen aus Niedersachsen nach Mecklenburg-Vorpommern und aus Bayern in die südlichen neuen Länder, um so die höheren Tarife in den westlichen Bundesländern zu umgehen. Die Beschäftigten werden dann von dort eingesetzt, um etwa Geld- und Werttransporte zu übernehmen.
"Der BDWS ist", so Marks, "gegen Niedriglöhne eingenommen" und für "gelebte Tarifverträge empfänglich", aber nur, so stellte der Verbandsvertreter der für ihren eigenen Profit arbeitenden Unternehmen klar, "wenn der Markt das hergibt". Tatsächlich waren im Jahr 2003 Tarifverträge zwischen ver.di und dem BDWS in Berlin auf der Basis eines Grundlohns von 5,25 Euro abgeschlossen worden (in der Tabelle nicht enthalten). Vergleichbare Vereinbarungen lagen mit ver.di in Sachsen in greifbarer Nähe, scheiterten dann aber an den Arbeitgebern. Zuletzt wurden am 22. Januar die Tarifverhandlungen in Thüringen abgebrochen, weil die Arbeitgeber auf einer Nullrunde für das Jahr 2004 beharrten.
Mit der Kooperationswilligkeit des BDWS scheint es also nicht gut bestellt. Dafür spricht auch, dass dessen Statthalter in Sachsen, der als Hardliner bekannte Landesvorsitzende Feuerstein, in Tarifverhandlungen ver.di als "Organisation von Streik und Randale" bezeichnete und letztlich einen Vertrag mit einer sich selbst als Gewerkschaft Öffentlicher Dienst (GÖD) bezeichnenden Organisation gegen organisationsinterne Widersprüche durchboxte. Pikant für ver.di: BDWS-Vertreter Feuerstein war einst ihr Mann, hatte dann aber die Seiten gewechselt. Doch auch ohne Feuerstein bleiben für die ver.di-Betriebsräte genug Schwierigkeiten, denn eine Strategie der Gewerkschaft gegen den Schröder-Kurs ist genauso wenig zu erkennen, wie es bisher an einem Kurs gegen die Verfestigung eines Niedriglohnsektors jenseits einer BDWS-Orientierung fehlt.
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