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Die derzeitige Krise in der südafrikanischen Arbeiterbewegung*

Vortrag vor der Konferenz über Geschichte der Arbeit in Nordamerika, Detroit. Oktober 2000

Peter Rachleff

Professor of History
Macalester College
St. Paul Minnesota 55105
651-696-6493
fax: 651-696-6498
email: rachleff@macalester.edu

 

Während der meisten Zeit unseres Erwachsenenlebens war Solidarität mit der Anti-Apartheid-Bewegung in Südafrika ein wichtiger Bestandteil fortschrittlicher Aktivitäten in den USA. Immer wieder brachte dieser Kampf Unterstützer/innen und aktuelle Themen konstruktiv zusammen: In den frühen 70ern informierte die Bewegung für einen Rückzug der US-Investitionen sowohl in den Unis als auch in der allgemeinen und Öffentlichkeit, wie US-Unternehmen bei der Ausbeutung farbiger Menschen auf der halben Welt Komplizen sind. Wir lernten die inneren Mechanismen der neuen globalen Ökonomie - und stellten sie in Frage -, lange bevor Begriffe wie NAFTA und WTO in den allgemeinen Wortschatz eingingen. 1980, als die neuen Gewerkschaften der COSATU eine führende Rolle im Kampf einnahmen, bauten wir direkte Kontakte zwischen Gewerkschaftsgruppen auf und stellten die Unterstützung der AFL-CIO für die "falschen" Gewerkschaften Südafrikas in Frage. Unsere aktive Unterstützung für den tausende Meilen entfernten Kampf gegen Rassismus half uns, unsere Arbeiterorganisationen mit der Community und farbigen Arbeitern in unserer eigenen Nachbarschaft zu verbinden. Auf diese Weise half uns xdie internationale Solidarität, den Weg für einen Richtungswechsel der AFL-CIO zu ebnen, der ein Jahrzehnt später stattfand. In den frühen 90ern feierten wir die Aufhebung des Verbots des African National Congress (ANC), die Befreiung Nelson Mandelas und 1994 die Machtübergabe von der rassistischen Nationalpartei an den vom Volk gewählten ANC. Der Sieg des ANC lehrte uns, dass eine Basisarbeit erfolgreich sein kann, die auf die Verbindung zwischen Kolleg/innen, Gemeinden und politischen Organisationen setzt. Die Solidarität im Kampf für soziale Gerechtigkeit und politische Gleichheit in Südafrika war eine wichtige Schule für eine Generation amerikanischer Aktivisten.

Heute möchte ich darüber sprechen, was wir immer noch vom Kampf unserer Brüder und Schwestern in Südafrika lernen können. Ihr Kampf macht deutlich, was die Befürworter der globalen Ökonomie für uns auf Lager haben und sie zeigen auch, wie schwer es ist - und weiter sein wird - gegen sie zu kämpfen. Gleichzeitig kann die Unbeirrbarkeit der südafrikanischen Kolleg/innen als Ansporn für uns dienen. Sie nicht in Zynismus und Verzweiflung, trotz der Belastungen, die die veränderten Lebensbedingungen für sie bedeuten. Wenn wir ihnen zuhören, hören wir diese Botschaft laut und deutlich, eine Botschaft, die wir in diesen komplizierten Zeiten so verzweifelt nötig haben.

Ich möchte das Augenmerk auf einen einzelnen Konflikt richten - den Streik mehrerer tausend VW-Arbeiter im letzten Winter in Uitenhage, bei Port Elizabeth, einer Region, die als "Detroit Südafrikas" bekannt ist. Dabei ist mir wichtig, den Zusammenhang zwischen der sich verschlechternden materiellen Lage der meisten Südafrikaner und der wachsenden politischen Verwirrung und Spannung innerhalb der regierenden "Dreierallianz" zu zeigen, zu der der African National Congress (ANC), der Verband Südafrikanischer Gewerkschaften (COSATU), und die Südafrikanische Kommunistische Partei (SACP) gehören. Momentan verschärft sich in Südafrika der Kampf um Privatisierung und Wiederaufbau. Die Auseinandersetzung ist noch nicht entschieden. Sie wird zwischen Beschäftigten im Öffentlichen Dienst und dem vom ANC geführten Staat geführt. Folge ist eine wachsende Gegnerschaft zwischen COSATU und ANC, vorangetrieben vom Streit zwischen Unterorganisationen der COSATU über die Privatisierungen, bei denen es um die Bezahlung von Beschäftigten im Öffentlichen Dienst geht und um die Forderung der Gegenseite, die Arbeitsgesetze aus dem Jahre 1984 zu verschlechtern. Diese Konflikte belasten natürlich ebenso wie die allgemeine wirtschaftliche Lage auf Südafrikas Stellung in der Weltwirtschaft. Indem wir die internationalen Reaktionen auf die südafrikanische Krise untersuchen, können wir nicht nur etwas über die Herausforderungen der wirtschaftlichen Globalisierung lernen, sondern auch über die Aussichten, dagegen vorzugehen.

Im letzten Januar konnte ich Südafrika drei Wochen lang besuchen. Ich traf dort eine Reihe von Aktivisten aus Gewerkschaft, Gemeinden und Kultur in Pretoria, Johannesburg, Soweto, Durban und Kapstadt. Am Tag, als ich die Rückreise nach Minnesota antrat, am 31. Januar, verließen 300 Arbeiter bei Volkswagen in Uitenhage ihren Arbeitsplatz. Sie protestierten in einem illegalen Streik gegen die Entlassung von dreizehn Vertrauensleute(Vertrauensleute). In den Wochen darauf wuchs die Zahl der Teilnehmer auf 4.000, von denen schließlich 1.386 entlassen wurden. Gleichzeitig hagelte es Beschuldigungen zwischen dem Management von VWSA, der NUMSA (die nationale Metallarbeitergewerkschaft Südafrikas, die die Arbeiter vertrat) sowie den Streikenden und ihren Unterstützern in der Community. Als ich anfing, diesen Streik und die total unterschiedlichen Geschichten, die ihre Vorkämpfer erzählten, zu entwirren, begann ich es als ein Abbild der beunruhigenden Lage schwarzer Arbeiter im heutigen Südafrika zu sehen.

VW hatte das Werk in Uitenhage 1946 als Konsequenz der Zerstörung deutscher Einrichtungen am Ende des 2. Weltkriegs eröffnet. In dieser Zeit wurde das Apartheidsystem durch die von den Buren dominierte Nationalpartei, die eine der entschiedensten Unterstützer des Nazi-Regimes gewesen war, errichtet. Mehr als ein halbes Jahrhundert war das Werk eines der bedeutendsten - und profitabelsten - Automobilfabriken gewesen, in einer Region gelegen, die von der Regierungspolitik der "Dezentralisierung der Städte" geprägt worden war. Auf ihren für Fahrzeuge mit Rechtslenkung eingerichteten Bändern produzierte sie sowohl für den Export nach Großbritannien als auch für den heimischen Markt. In den 1980ern arbeiteten dort zwischen 4.000 und 6.000 Leute, die großenteils ihre Familien in den "Homelands" Ciskei und Transkei zurückgelassen hatten, während sie, durch das Pass-System reguliert, in werkseigenen Unterkünften oder zusammengewürfelten Hütten in den Townships KwaNobuhle und Langa wohnten. Sie waren aktive Teilnehmer einer aufkommenden militanten Arbeiterbewegung, die ein wesentlicher Teil des Anti-Apartheid-Kampfes war. "So viel Widerstandsgeschichte befindet sich hier" bemerkte ein Reporter im Februar 2000, "die Landschaft scheint sie förmlich auszuschwitzen".[1]

Nach dem Ende des Apartheidsregimes stellte sich VW auf die neuen Gewerkschaften ein. Die Firmenzentrale antwortete auf den internationalen Druck wie viele multinationale Gesellschaften, indem es das Werk dem nationalen Management übergab. Als Folge der Aufhebung des rassistischen Pass-Systems und der damit neu gewonnenen Freizügigkeit wuchsen die örtlichen Townships wie in ganz Südafrika bis zum Platzen an. Ein Arbeiteraktivist schätzte die Arbeitslosenquote in Langa und KwaNobuhle auf 60%. Aus diesem Grunde gerieten die öffentlichen Einrichtungen wie Schulen, Unterkünfte und Krankenhäuser schnell in eine Krise. Trotz - oder vielleicht wegen? - dieser harten Lebensbedingungen erhöhte VW International 1998 sein Engagement in Uitenhage, indem es das örtliche durch ein deutsches Management ersetzte und größere Investitionen in neue Maschinen ankündigte. Ziel war die Umsetzung des größten Exportauftrag in der Geschichte der südafrikanischen Automobilindustrie, die Produktion von 68.000 Golf A4 innerhalb von 18 Monaten für Großbritannien und eine Gesamtproduktion im Wert von ca. 30 Milliarden Rand für die nächsten sechs Jahre.[2]

Die Arbeiter lernten schnell, diese Entwicklung nicht einfach zu feiern. Aus Anlass der Ankündigung des Vertrages über die "Golf" bemerkte ein südafrikanischer Wirtschaftsjournalist: "Die Anforderungen der Globalisierung - eine flexible und wettbewerbsfähige Wirtschaftslandschaft - scheinen in direktem Gegensatz zu Südafrikas neuer Arbeits- und Sozialgesetzgebung (d.h., im Gefolge der vom ANC geschriebenen Verfassung von 1994) zu stehen." Diese Arbeiter verdienten, muss ich rasch hinzufügen, etwas mehr als 7 Rand Stundenlohn (kaum mehr als 1 US-Dollar), während die Autos, die sie herstellten, auf dem Europäischen Markt mit hohen Einkommen und Preisen verkauft wurden. Gleichwohl verlor das neue VW-Management wenig Zeit, um die "Flexibilität", die sie "benötigten, um in der globalen Wirtschaft wettbewerbsfähig zu bleiben" voranzutreiben. Die Politik der Werksleitung brachte einen "kontinuierlichen Produktionsplan" mit sich. Diese "Kontinuität" stellte sich für die Arbeiter in einer Woche mit sechs Arbeitstagen und einem rotierenden freien Tag dar. Die Bezahlung der Überstunden am Wochenende wurde gestrichen, die Kollegen zu unangekündigten Überstunden verpflichtet. Weiter wurden die Schichten auf bis zu zwölf Stunden und 70-Stunden-Wochen ausgedehnt und die Teepausen von zwei auf eine pro Schicht reduziert. Zum Plan gehörten schließlich auch die Neuordnung des jährlichen Urlaubs, angefangen bei der traditionellen dreiwöchigen Werksschließung zu Weihnachten/Neujahr bis zu einem individuellen Urlaubsplan für jeden Arbeiter, die Abschaffung der Waschzeiten, die Einführung eines "Pass-Systems", um die Bewegungen der Arbeiter von einem Teil des Werkes in einen anderen zu kontrollieren, die Auszahlung der Löhne durch eine örtliche Bank, die sechs Prozent Bearbeitungsgebühr abzog und Änderungen im unternehmerseitigen Pensionsfonds, die die Arbeiter 17% Zinsgebühren kosten. Binisile Mzeku, einer der während des Streiks entlassenen Arbeiter, berichtete deutschen VW-Arbeitern im April:

Mit dem Ende der Apartheid und der Wahl einer neuen Regierung, die durch unsere Stimmen an die Macht gekommen war, hatten wir große Hoffnungen, dass sich unsere Lage verbessern würde. Verbesserungen, die wir in der Zeit der Apartheid schrittweise gewonnen hatten, wurden zurückgenommen. Löhne und Arbeitsbedingungen bei VW sind jetzt schlechter als zu Zeiten der Apartheid.[3]

Eine Errungenschaft der nach dem Ende des rassistischen Regimes erreichten Freizügigkeit war, dass die Arbeiter bei ihren Familien leben konnten. Dies war erst nach 1994 der Fall, aber die neuen Arbeitspläne entfernten die Arbeiter von ihren Kindern, die am Sonnabend und Sonntag schulfrei haben und traditionelle Ferien Ende Dezember / Anfang Januar. Der neue Plan und das Bezahlungssystem drückten zudem die ohnehin mageren Löhne der Beschäftigten noch weiter und raubten ihnen noch mehr Zeit. Und das neue "Pass-System" erinnerte die Menschen an die meistgehasste Einrichtung des Apartheid-Systems. Alles zusammen tiefgreifende und schmerzhafte Veränderungen und Rückschritte.

Anläßlich des Streiks zeigte sich , dass der Konflikt nicht nur zwischen VW und den Arbeitern bestand, sondern auch zwischen den Arbeitern und ihrer Gewerkschaft. Die NUMSA, seit ihrer Gründung im Jahre 1987 und mit ihrer Beteiligung an der Anti-Apartheid-Bewegung als eine der militantesten Gewerkschaften Südafrikas bekannt, hatte allen diesen Änderungen zugestimmt, ohne den Arbeitern auch nur einmal die Möglichkeit zu geben, zuzustimmen oder abzulehnen. Die Akzeptanz der Veränderungen durch die Gewerkschaftsvertreter, die nicht unter ihnen arbeiten mussten, verärgerte nicht nur die Arbeiter, sondern widersprach auch der örtlichen Tradition der innergewerkschaftlichen Demokratie. Viele der Arbeiter sind jung und in den 90ern neu eingestellt und kannten daher diese Traditionen nicht aus eigener Erfahrung. Aber das Gewerkschaftsbüro bei VW war durch die alten Aktivisten der Antiapartheitsbewegung geprägt, die ein Kollege so beschrieb: "Sie kommen aus der alten Tradition der FOSATU, die besagt, dass das höchste Entscheidungsgremium auf Werksebene die Vollversammlung der Arbeiter ist".

FOSATU hatte eine Tradition von informellen "Veteranenkomitees" entwickelt, die als Kontrollkomitees der Arbeiter die Aktivitäten der Vertrauensleute (=shop stewards) kontrollierten. Trotz ihres Charakters als informelle Gruppen unterwarfen sie ihre Vorschläge immer der Vollversammlung der Arbeiter, die das letzte Wort hatte. Als NUMSA 1987 gegründet wurde, wurden diese informellen Strukturen bekräftigt und als "shopfloor committees" (Arbeiterkomitees) institutionalisiert.[4]

1996 verringerten die Veteranen ihre direkte Beteiligung in der Gewerkschaft und ermutigten die Arbeiter, "frischem Blut eine Chance zu geben" und eine Reihe neuer Vertrauensleute zu wählen. Zwischen ihrer Unerfahrenheit und der anscheinenden Akzeptanz der Forderungen von VWSA nach der notwendigen "Flexibilität" durch die NUMSA-Führung verschlechterte sich die Lage im Werk ständig. "Im Laufe der Zeit", berichtete ein Aktivist, "wurde deutlich, dass die neuen Vertrauensleute sich nicht der Vollversammlung gegenüber verantwortlich fühlten und mehr und mehr vom Management vereinnahmt wurden". Ein anderer beschwerte sich darüber, dass VW "schwarze Gesichter in der Gewerkschaft benutzte", um die Vertragsänderungen "absegnen" zu lassen. Und ein dritter stellte die Verbindung zwischen den beiden Elementen der Situation her: "Während der letzten sieben Jahre gab es eine steigende Tendenz, die Stimme der Arbeiter zu unterdrücken. Dies ging einher mit der Praxis, die Rechte und den Lebensstandard der Arbeiter anzugreifen". Ein südafrikanischer Akademiker, der nach einem Grund für die Differenzen zwischen den frustrierten Arbeitern und ihren Vertretern suchte, bemerkte, dass "diese jüngere Führungsschicht gegen massive Arbeitslosigkeit und andere neue und komplexe Themen kämpfte, in einer Zeit, in der Mitbestimmung das Stichwort war". Die meisten Arbeiter scheinen weniger bereit zu sein, die Komplexität der Lage zu verstehen, sondern sind vielmehr entschlossen zu handeln, um sie zu ändern.[5]

Veteranen-Aktivisten fingen an, die Unzufriedenheit der Arbeiter zu organisieren und zu mobilisieren. Sie beriefen in den Mittagspausen Vollversammlungen ein, in denen die Arbeiter ihre Enttäuschung äußern und Gegenstrategien diskutieren konnten. Sie wurden als indlu ye ngwevu bekannt, d.h. "Ältestenhaus" oder "Senatorenhaus". Im März 1999 wurden 13 von ihnen als Vertrauensleute gewählt, trotz ihrer Opposition zur NUMSA-Führung. Sie verstärkten die interne Gegenwehr gegen die Änderungen in den Arbeitsverträgen. Auch brachten sie ihre Kritik an der NUMSA-Führung zum Ausdruck, darunter den Vorwurf, dass die Gewerkschaftsfunktionäre vom Unternehmen mit VWs ausgestattet und damit privilegiert worden waren. Im Juli berief die NUMSA einen stadtweiten Kongress der Vertrauensleute ein, der für den Ausschluss der stewards von VW aus der Gewerkschaft stimmte. Aber die Vollversammlung der VW-Arbeiter protestierte und begann einen wilden Streik, der nach drei Tagen endete, als VWSA eine Verfügung vor dem Arbeitsgericht durchsetzte. Daraufhin machte NUMSA einen Rückzieher und setzte sie wieder ein. Die Gewerkschaft informierte die Medien, die stewards und die Basis:

Alle Vertrauensleutemüssen die Autorität der Gewerkschaft in Bezug auf Entscheidungen, Politik und die Satzung der Gewerkschaft akzeptieren. NUMSA toleriert kein Verhalten oder Aktionen gegen ihre Politik und wird Disziplinarmaßnahmen gegen Mitglieder ergreifen, die ihre Satzung verletzen; das Komitee der Vertrauensleute handelt im Interesse von NUMSA und seiner Mitglieder, um die Einheit der Arbeiter und die Lebensfähigkeit des Unternehmens zu fördern und jede Struktur, die innerhalb von VWSA existiert, außer der vom Unternehmen eingerichteten, muss mit sofortiger Wirkung abgeschafft werden.

Als die oppositionellen Vertrauensleute ihre eigenen Wahlen für zusätzliche Positionen durchführten und eine Reihe von Streiks zu planen schienen, schloss NUMSA sie erneut wegen "Aufhetzung und Irreleitung" der Arbeiter aus. Sie wandte sich dann an das Management von VWSA, das die dreizehn stewards am 17. Dezember 1999 entließ, eine Woche vor der verkürzten Schließung wegen der Ferien.[6]

Am 1. Januar feierte Südafrika die Jahrtausendwende mit rauschenden Festen in Durban und Kapstadt. Nelson Mandela wurde mit einem Feuerwerk an seinem einstigen Gefängnis, Robben Island, gefeiert und der neue Präsident, Thabo Mbeki, ließ sich beredsam über "Afrikanische Erneuerung" aus, in die, wie er erwartete, Südafrika die ganze Region des südlichen Afrika führen würde. Was dachten die VW-Arbeiter in Uitenhage? Wenn wir das auch nie erfahren mögen, ist es doch interessant, Wilfus Ndandanis Kommentaren einige wenige Monate nach der Jahrtausendfeier zu lauschen. Als alter Gewerkschaftsaktivist, der gerade aus dem Goodyear-Werk in Uitenhage gefeuert worden war, wurde Ndandani Vorsitzender des örtlichen "Krisenkomitees", das gegründet worden war, um die VW-Arbeiter zu unterstützen. Er sagte gegenüber einem Reporter des südafrikanischen "Star": "Für die Bewohner von Langa hat der Kampf gerade erst begonnen. Wir fordern unseren Platz an der Sonne und das bedeutet, die Räuber zu bekämpfen, die uns in Armut halten wollen."[7]

Am 10. Januar erhielt die NUMSA eine gerichtliche Anordnung, dass die Vertrauensleute, jetzt sowohl von der Gewerkschaft wie vom Unternehmen ausgeschlossen, aus ihren Gewerkschaftsbüros auszuziehen und der örtliche Sheriff diese Anordnung durchzusetzen hätte. Eine Woche später versammelten sich 2.000 Arbeiter in einer Massenversammlung, um ihre Lage zu klären. Sie stimmten dafür, die anstehende Quartalsvollversammlung der Gewerkschaft zu boykottieren, auf der, wie es in einer Resolution auf dieser Rumpfversammlung hieß, "das VW-Management versucht, der Arbeiterschaft die Notwendigkeit einzutrichtern, das Unternehmensergebnis zu verbessern". Trotz dieses Widerspruchs fand die Versammlung wie geplant statt. Es war kaum überraschend, dass der Besuch dürftig war. Obwohl sie nicht beschlussfähig war, behandelte die NUMSA-Führung sie wie eine reguläre Gewerkschaftsversammlung, die sie nutzte, um den Ausschluß der oppositionellen Vertrauensleute absegnen zu lassen. Kurz danach verließen 300 Arbeiter ihren Arbeitsplatz und verlangten die Wiedereinsetzung der Vertrauensleute. Als ein Journalist die Streikenden fragte, ob sie gegen die NUMSA gestreikt hätten, antwortete einer, "es ist gerade für die NUMSA, dass wir streiken!"[8]

Sowohl VW als auch NUMSA gaben der ganzen Angelegenheit ihre eigene Wendung, eine Wendung gegen die Streikenden, versteht sich. VW betonte, dass sie überhaupt nicht beteiligt seien, das Ganze sei eine "rein interne Gewerkschaftsangelegenheit". Während sie den 300 Streikenden mit Entlassung drohten, wenn sie nicht unverzüglich an die Arbeit zurückkehrten, verkündeten sie, dass das Werk auf unbestimmte Zeit geschlossen würde. Auf einer Pressekonferenz in Port Elizabeth drohten sie, "die Produktion von Exportfahrzeugen für den europäischen Markt nach Europa zurück zu verlagern" und verkündeten ihre Absicht, eine "harte Haltung" einzunehmen. "Wir sind bereit, das Werk Uitenhage so lange geschlossen zu lassen, bis normale Arbeitsstabilität ins Werk einkehrt". Auch NUMSA rief die Streikenden auf, an die Arbeit zurückzukehren und kündigte an, dass sie "sich nicht von einer Gruppe undisziplinierter Vertrauensleute als Geisel nehmen" lasse. Gewerkschaftssprecher Dumisa Ntuli beschuldigte die Vertrauensleute, die anderen Arbeiter mit "Druck und Drohungen" zum Streik gezwungen zu haben. Er erklärte auch, dass NUMSA nichts gegen die Absicht VWs unternehmen würde, gegen den Streik eine gerichtliche Verfügung zu beantragen. Diese Verfügung wurde nach drei Tagen gebilligt. Am Mittwoch, den 26. Januar, kündigte VW an, dass es 350 "Störenfriede" ausschließen würde, was von der örtlichen Presse als Schritt in die richtige Richtung freudig begrüßt wurde.[9]

Aber die Arbeiter weigerten sich, VW und der NUMSA zu gehorchen und bereiteten sich darauf vor, ihren Kampf auszuweiten. Sie organisierten Märsche, sowohl zum Werk als auch zum NUMSA-Büro. Die Parole dieser Märsche war "Arbeiterkontrolle und demokratische Teilhabe". Aktivisten aus neun Werken Uitenhages organisierten ein "Krisenkomitee", dem der erwähnte Mxolisi Ndandani und Myali Davis vorstanden, beide ehemalige aktive NUMSA-Gewerkschafter bei Goodyear bzw. United National Standards, die vor kurzem gefeuert worden waren. Das "Krisenkommitee" verkündete die Absicht, standhaft zu bleiben, ebenso wie die Erwartung, dass viele weitere Arbeiter sich ihrer Bewegung anschließen würden. "Die NUMSA von heute", klagten sie, "ist nicht die kämpfende NUMSA der 80er Jahre. Heute ist die Gewerkschaftsführung immer mehr in die Partnerschaft mit den Bossen eingebunden worden".[10]

Die NUMSA-Führung und das VW-Management handelten ein Abkommen über die Wiederaufnahme der Arbeit aus, obwohl die streikenden Arbeiter die NUMSA nicht mehr als ihre legitime Vertretung anerkannten. Die Sozialpartner kamen überein, dass das Werk am 31. Januar wieder geöffnet werden sollte und dass es einige neue Arbeitsregeln geben sollte. Zuspätkommen sollte ein Entlassungsgrund sein. Die Arbeiter mussten um Erlaubnis bitten, um zur Toilette zu gehen. Und die wieder eingestellten Arbeiter mussten akzeptieren, dass sie in neue Abteilungen im Werk versetzt wurden. NUMSA und VW veröffentlichten eine gemeinsame Erklärung, die "den illegalen Streik verurteilte". Darin wurden unter anderem folgende Bedingungen aufgeführt:

"Die Parteien sehen die dringende Notwendigkeit, langfristige Arbeitsstabilität zu etablieren.

Sollten NUMSA-Mitglieder weiterhin an illegalen Streikaktionen zu diesem Thema teilnehmen, behält sich die Nationale Gewerkschaft das Recht vor, gegen diese Disziplinarmaßnahmen zu ergreifen.

Bevor sie ihre Arbeit nach Streikende anbieten, müssen alle Beschäftigten folgende individuelle Verpflichtung unterschreiben, in der es heißt, ‚dass ich sowohl jetzt als auch in Zukunft, normal im Sinne meines Arbeitsvertrages arbeiten werden, was einschließt, dass alle kollektiven Abkommen für mich bindend sind".

In diesem Dokument werden mit keinem Wort die Interessen der VW-Kollegen erwähnt, von der Veränderung ihrer Beschäftigungsbedingungen, Arbeitsregeln, Bezahlung und Prämien bis zur Entlassung ihrer gewählten shop stewards. Kritiker der NUMSA-Führung zeigten schnell auf, dass "die NUMSA-Funktionäre dieses Dokument ohne Mandat der Arbeiter unterzeichneten".[11]

Als VW versuchte, das Werk wieder zu öffnen, wuchs die Zahl der Streikenden auf einige tausend. Ende der zweiten Woche berichtete das Management, dass der "Abwesenheitsstand" immer noch 45% betrug, trotz der Drohungen, die Streikenden zu feuern und einer verstärkten Polizeipräsenz rund um das Werk, um die Arbeiter vor "Einschüchterung" durch die Streikenden zu beschützen. Der Druck auf die Streikenden wuchs. Am 1. Februar bezeichnete Zwelinzima Vavi, nationaler Sekretär der COSATU, den Streik als "illegal" und sagte, dass einige "Provokateure" dafür verantwortlich seien. VWSA stellte ein Ultimatum - Rückkehr an die Arbeit bis zum 3. Februar oder Entlassung. "Lange Schlangen Arbeitsuchender", 3.000 nach einer Zeitung, bewarben sich um die Arbeitsplätze der Streikenden. "Die Menge", so schrieben sie, "setzte sich aus Vertretern aller Ethnien zusammen, darunter auch einige Weiße, und es gab eine beträchtliche Anzahl weiblicher Bewerber. Am 4. Februar meldete VW, dass 1.300 Arbeiter gefeuert und ersetzt worden seien. Sie behaupteten, dass sich innerhalb von weniger als drei Wochen 23.000 Bewerber im Werk gemeldet hätten, während die NUMSA ihr kollektives Haupt schüttelte und darauf hinwies, dass die Arbeitslosenquote in Uitenhage 63% betrug. Silumko Nondwangu, ein NUMSA-Sprecher, sagte der Presse, dass "es unglücklich und bedauerlich sei, dass gewisse NUMSA-Mitglieder bei VWSA sich entschieden hatten, dem Aufruf der Gewerkschaft, an die Arbeit zurückzukehren, nicht Folge zu leisten".[12]

Zusätzlicher Druck kam von keinem geringeren als Staatspräsident Thabo Mbeki, der in seiner Ansprache zur "Lage der Nation" am 4. Februar die 3,1 Millionen Arbeitstage, die seit 1999 durch Streiks verloren gegangen waren, beklagte. 2,3 Millionen waren es ein Jahr vorher gewesen, Ursache der Erhöhung sei der Konflikt bei VWSA . Solche Streiks, sagte der Präsident, "können nicht geduldet werden", und er warnte, dass "das Ansehen des ANC in den Augen der Investorengemeinschaft nicht als Geisel genommen werden kann, um eigensüchtige und antisoziale Interessen durchzusetzen". Das Programm des ANC hatte den VW-Arbeitern oder ihren Kollegen im Land gleichzeitig wenig zu bieten. Mbeki brachte seine Absicht zum Ausdruck, Wechselkurskontrollen aufzuheben, um ausländische Investitionen zu erleichtern, die Privatisierung staatlicher Betriebe auszuweiten, den Öffentlichen Dienst umfassend umzustrukturieren, die öffentlichen Ausgaben zu reduzieren und das nationale Arbeitsrecht zu verbessern, um den Schutz der Arbeiter gegen Entlassungen einzuschränken. Er gab außerdem bekannt, dass der ANC einen Internationalen Investitionsrat gegründet hatte, der aus den Leitern der dreizehn multinationalen Unternehmen besteht, die er als Südafrikas "Freunde bei jeder Wetterlage" bezeichnete. Einen Monat später traf Mbeki sich privat mit dem internationalen Management von VWSA und VW beim Weltwirtschaftsforum in der Schweiz. Über den Inhalt dieses Treffen wurde niemals etwas bekanntgegeben.[13]

Obwohl das Krisenkomitee tatkräftig arbeitete, um Nahrung und Geld für die Streikenden zu sammeln, verschlimmerte sich ihre Lage immer weiter. Ende Februar berichtete ihr "Update": "Der Streik geht jetzt in seine sechste Woche. Trockenes Weißbrot wurde längst durch trockenes Schwarzbrot und Wasser ersetzt. Die Kinder der Streikenden gehen barfuß und ohne Essen zur Schule." Anfang März wurde die medizinische Versorgung für die Streikenden und ihre Familien durch die Unternehmensseite eingestellt. Ein Streikender starb, als er wegen der fehlenden Krankenversicherung aus dem örtlichen Krankenhaus entlassen wurde. Einigen Streikenden und ihren Familien wurden ihre Häuser und Möbel beschlagnahmt, weil sie die Kreditraten nicht bezahlen konnten. Als Ende März Gerüchte über ein symbolisches eintägiges "Fernbleiben" aller Arbeiter in Uitenhage auftauchten, kündigte die Regierung (jawohl, die ANC-Regierung) an, dass sie die ohnehin starke Polizeipräsenz in der Stadt noch erhöhen und Armeeeinheiten zu ihrer Unterstützung schicken würde, während die NUMSA ihre Mitglieder in den Werken in der ganzen Stadt drängte, nicht daran teilzunehmen. Zweihundert bewaffnete Polizisten patrouillierten jetzt regulär durch die Straßen der Stadt. Einmal wurde die Wohnstadt der VW-Arbeiter, KwaNobuhle, um drei Uhr nachts abgeriegelt und Haus für Haus durchsucht, später wurde ein Versammlungsort der Arbeiter überfallen, um dort nach "gestohlenen Waren" zu suchen. Der Arbeitsminister, Membathisi Mdladlana, berichtete Reportern, dass "wenn Leute sich dem Gesetz widersetzen, dies Investoren verschreckt". Ostern erließ das Komitee einen anklagenden Aufruf: " Während Millionen das Oster-Wochenende genießen, haben die entlassenen VWSA-Arbeiter und ihre Familien nicht einmal ein Stück Brot".[14]

Trotz dieses Drucks gaben die VWSA-Arbeiter und ihre Unterstützer nicht nach, obwohl 1.450 Arbeiter ihren Arbeitsplatz, ihr Einkommen und ihre medizinische Versorgung verloren hatten. Sie wussten, dass sie VWSA zig Millionen Rand an Einnahmen gekostet hatten und noch kosten würden. Die Streikenden versuchten unter der Führung ihrer Vertrauensleute, mit den Arbeitern im Werk und der örtlichen Organisation der NUMSA zu kommunizieren. Sie veranstalteten Massentreffen in Kommunikationszentren, Märsche zum Werk und zur NUMSA-Halle sowie Sitzstreiks von Schulkindern und Frauen beim Uitenhager Rathaus. Sie machten Druck auf Vertreter der Stadt, um VWSA zu drängen, die Streikenden wieder an ihren Arbeitsplatz zu lassen. Ende Februar wurde berichtet, dass VWSA die Werkzeugmacherei und die Formgießerei (den die shop) ausgelagert hatte und dass die Bedingungen im Werk durch das Abkommen zwischen NUMSA und dem Management nach dem Streik "nur als Straflager bezeichnet werden können". Sie nahmen auch Kontakt mit VW-Gewerkschaftern in Mexiko, Brasilien und Deutschland auf, was dazu führte, dass deutsche Gewerkschafter auf einer Solidaritäts-Webseite neue Nachrichten und Solidaritätsaufrufe veröffentlichten. Delegationen aus Deutschland und Brasilien besuchten Uitenhage und die Streikenden schickten ihrerseits Delegationen zu Versammlungen bei VW in diesen Ländern. Das Krisenkomitee versuchte, Geld und Nahrung für die Streikenden zu sammeln und ihre Moral aufrecht zu erhalten. Die Lage wurde noch verwickelter, als eine neue Organisation auf der Bildfläche erschien - der Vereinigte Gewerkschaftsbund der Öl-, Chemie- und allgemeinen Arbeiter (OCGAWU). Etwa vier Jahre alt, war diese Gewerkschaft von Oppositionellen aus der Chemiearbeitergewerkschaft gegründet worden, nachdem deren Exekutivrat den Präsidenten, Abraham Agulhas, ausgeschlossen hatte. Nach einer Reihe von Auseinandersetzungen über die Haltung der CWU zu multinationalen Unternehmern und dem zunehmenden Schwenk Südafrikas in Richtung Neoliberalismus drängten Agulhas und die OCGAWU auf ein Programm der Militanz, Solidarität und des Widerstands. Jetzt erschienen sie in Uitenhage und hunderte der von ihrem Arbeitsplatz verdrängten Streikenden schlossen sich ihr an.[15]

Ironischerweise veranstalte die COSATU am 10. Mai einen medienwirksamen eintägigen nationalen "Generalstreik", um gegen die sich verschlimmernde Arbeitslosigkeit und die mangelnde Einbeziehung der Gewerkschaften anläßlich von Werksschließungen und Umstrukturierungen zu protestieren. Der Streik war seit Monaten geplant und es war immer klar, dass er symbolisch und auf einen Tag beschränkt sein würde. Beobachter berichteten, dass etwa 4 Millionen Arbeiter daran teilnahmen, einige der Märsche und Versammlungen waren ganz energisch und einige Reden der Gewerkschaftsführer waren ziemlich militant. Die Demonstrationen in Johannesburg waren besonders wild und Automobilarbeiter waren wichtige Teilnehmer des Streiks. Daimler Chrysler, BMW, Nissan, Toyota, Samcor und Delta Motors schlossen für einen Tag, aber die VWSA-Arbeiter in Uitenhage nahmen nicht teil.

Der andauernde Konflikt bei VW in Uitenhage zeigte die Brüchigkeit der Beziehung zwischen Südafrikas einst militanten und akzeptierten Gewerkschaften und ihren eigenen Mitgliedern. Ein Streikender erklärte dies einem deutschen Journalisten :"In Südafrika gibt es eine Reklame für eine Schokolade. Als Antwort an seinen Freund, der ein Stück abhaben möchte, sagt der mit der Schokolade 'zerstöre unsere Freundschaft nicht!'. So geht es uns mit der COSATU in Südafrika."[16]

Im Mai riefen die Streikenden den Schlichtungs- und Versöhnungsrat (CCMA) an, eine durch die Verfassung von 1994 geschaffene Regierungseinrichtung, um eine Wiedereinsetzung in ihre Jobs zu erreichen. Die Ergebnisse waren entmutigend. Der Rat kam zu dem Schluss, dass die Vermittlung gescheitert sei und vertagte die Anhörung auf den 31. Juli, an dem er seine Entscheidung bekannt geben würde und verschob damit eine Lösung um weitere sechs Wochen. Schlimmer noch, das Arbeitsministerium kündigte an, dass den Streikenden, da sie noch immer Anspruch auf diese Arbeitsplätze erhöben, die Arbeitslosenunterstützung gestrichen würde. Dies war das erste Mal seit 1994, dass die Regierung Streikenden die Arbeitslosenunterstützung versagt hatte. Natürlich war es kein Zufall, dass dies ebenfalls seitdem der längste Streik ohne offiziellen Segen der Gewerkschaft war. Zwei Wochen später, nach einem Sitzstreik im örtlichen Büro des Arbeitsministeriums, wurde das Arbeitslosengeld wieder gezahlt.[17]

Die Anhörung vor dem CCMA war nicht ohne Gewicht. Die Zeugenaussage des Personalchefs von VWSA während der Anhörung brachte ziemliches Licht in die Entwicklung der Situation. Er belegte, dass der Streik VWSA mit 3.300 Einheiten des Golf "A4" in Rückstand brachte, was einen Verlust von 275 Millionen Rand bedeutete. Er enthüllte, dass die NUMSA das Management von VWSA um die Entlassung der dreizehn shop stewards gebeten hatte, dass John Gomomo, einstiger Gewerkschaftsaktivist bei VW, der regionaler Vorsitzender der COSATU geworden war und nun Parlamentsabgeordneter, NUMSA-Funktionäre und ANC-Generalsekretär Kgalema Motlanthe sich mit dem VWSA-Mangement nach dem Beginn des Streiks getroffen hatten, aber noch bevor irgendwelche Streikenden gekündigt oder ersetzt worden waren. Die Funktionäre hatten sich mit der Haltung des Unternehmens einverstanden erklärt, das dem Arbeitsminister über den sich abzeichnenden Konflikt geschrieben hatte, einen Tag bevor der Streik überhaupt begonnen hatte, um ihn um sein Eingreifen zu bitten, der aber nicht einmal geantwortet hatte; Weiter berichtete der Personalchef, dass die meisten Streikenden niemals eine formelle Aufforderung erhalten hatten, die Arbeit bis zum 3. Februar aufzunehmen oder gefeuert zu werden; dass VWSAs eigenes Handbuch für die Arbeitnehmerbeziehungen die Anhörung von Entlassung bedrohter Arbeiter vorsieht, aber dass es keine einzige solche Anhörung gegeben hatte; dass die unnachgiebige Haltung des Unternehmens durch eine öffentliche Erklärung des Generalsekretärs der COSATU, Zwelinzima Vavi, vom 3. Februar, in der der Streik verurteilt wurde, bestärkt wurde; dass das VWSA-Management sich hartnäckig geweigert hatte, mit dem Krisenkomitee zu sprechen und dass die OCGAWU dem VWSA-Management die Mitgliedserklärungen von 1.123 gefeuerten und anwesenden Arbeitern vorgelegt hatte und eine Wahl darüber forderte, ob sie oder die NUMSA die Arbeiter repräsentierte.[18]

Der Konflikt bei VWSA wurde eine konkrete Verkörperung der wachsenden Krise in den Arbeitsbeziehungen in Südafrika, da die "Dreierallianz" an der Regierung ihrem neoliberalen GEAR (Wachstum, Beschäftigung und Umverteilung)-Programm verpflichtet blieb, während immer mehr Arbeiter ihre Opposition dazu zum Ausdruck brachten. Wie ein Reporter bemerkte: "Es ist schließlich bei VW, in der östlichen Kap-Provinz, wo die Arbeiter versuchen, GEAR zurückzudrehen".[19]

In den späten 90ern, als Nelson Mandela die Regierungszügel an den an der Universität von Sussex ausgebildeten Thabo Mbeki übergab, wurden Globalisierung, Privatisierung, Deregulierung, freier Handel und Flexibilität die Stichworte des wirtschaftlichen Übergangs, während wachsende Arbeitslosigkeit, Wohnungsnot und sich verschlechternde öffentliche Dienstleistungen, ein versagendes Schulsystem, steigende Kriminalitätsraten, eine Krise der Gesundheitsversorgung, gekennzeichnet durch eine regelrechte AIDS-Epidemie, drohende Preiserhöhungen für Wasser und Elektrizität, das Zurückbleiben von Löhnen und Einkommen hinter den steigenden Lebenshaltungskosten und wachsender Druck am Arbeitsplatz das Los südafrikanischer arbeitender Männer und Frauen wurden. Mandelas RDP (Wiederaufbau- und Entwicklungsprogramm) wurde durch Mbekis GEAR (Wachstum, Beschäftigung und Umverteilung) ersetzt, das all die neoliberalen Maßnahmen einlöste, die von solchen internationalen Organisationen wie WHO, IMF und der Weltbank befürwortet und von den internationalen Konzernen als notwendige Bedingung für Kapitalinvestionen gepriesen wurde. Die ANC-Regierung bot wesentliche Anteile der wichtigsten staatlichen Unternehmen wie South African Airlines, Telefon- und Stromgesellschaften privaten Investoren zum Kauf an. Die Stadtverwaltungen schickten sich an, mit ihren Wasserwerken ähnlich zu verfahren, während Dienste wie die Müllabfuhr an neugegründete Privatfirmen vergeben wurden, unter dem Deckmantel einer "Stärkung der Schwarzen". Öffentliche Universitäten wurden umstrukturiert, indem Aufsichts- und Dienstleistungen ausgegliedert und Kurse an Teilzeitlehrkräfte vergeben wurden. Im Sommer 2000 eröffnete die Regierung eine Debatte über eine große Arbeitsrechtsreform, um die "Flexibilität" zu erhöhen, indem die Pflicht der Unternehmer, mit den Gewerkschaften über Werkschließungen und Stellenabbau zu verhandeln, eingeschränkt wurde, indem kleinere Unternehmer davon befreit wurden, die Standard-Arbeitsbedingungen einzuhalten, die mit größeren Unternehmen ausgehandelt worden waren, so dass sie mehr als 45 Stunden Arbeit pro Woche fordern konnten und die gesetzliche Regelung, dass Sonntagsarbeit mit Überstundenzuschlägen bezahlt wurde, außer Kraft gesetzt wurde. Es wurde ebenfalls ein Limit von 6% für Lohnerhöhungen für Beschäftigte im Öffentlichen Dienst festgelegt, während die Gewerkschaften 9% und mehr gefordert hatten. Trotz der im allgemeinen kapitalfreundlichen Politik der Regierung seit dem politischen Übergang 1994 (der ANC hatte beispielsweise weder die Minen verstaatlicht, noch das Land umverteilt, trotz seit langem geäußerter Versprechen, genau das zu tun), gab es einen Netto-Abfluss von Privatkapital, eine Netto-Abwanderung reicher, gebildeter Weißer und einen Mangel an multinationalen Investitionen. Die Arbeitslosigkeit unter den schwarzen Bürgern war zwar schwer exakt zu erfassen, aber wurde in verschiedenen Regionen auf zwischen 30 und 50% geschätzt. Die Gewerkschaften, mit der COSATU verbunden, die wiederum mit dem ANC verbunden war, und ihre ideologischen Köpfe in der SACP waren kaum in der Lage, ein alternatives Wirtschaftsprogramm zu artikulieren, trotz ihrer einst ausgesprochenen Befürwortung eines Basis-Sozialismus.[20]

Die sich verbreiternde Kluft - in der täglichen Erfahrung, in der persönlichen und politischen Perspektive - zwischen Führern und Mitgliedern der Gewerkschaften machte es den unzufriedenen Arbeitern schwer, wirkungsvolle Mittel zu finden, ihre Ansichten darzulegen, ganz zu schweigen davon, irgendeine kollektive Macht zu zeigen. Die COSATU-Führung organisierte weiterhin symbolische Proteste wie den eintägigen "Generalstreik" vom 10. Mai und Demonstrationen an Sonn- und Feiertagen, um gegen GEAR, Privatisierungen oder die Ankündigung von untertariflichen Löhnen für die Arbeiter im Öffentlichen Dienst zu protestieren, hielt sich aber zurück, zu Streiks, Dienst nach Vorschrift oder anderen Formen der direkten Aktion aufzurufen, weder gegen Unternehmer noch gegen die Regierung auf örtlicher, regionaler oder Landesebene. Wie die Geschichte bei VWSA zeigt, waren die Gewerkschaftsführer eher bereit, als Erfüllungsgehilfen der Pläne der Manager gegen die einfachen Arbeiter zu dienen. Der Verfall des Innenlebens der südafrikanischen Arbeiterbewegung seit Mitte der 80er ist erschütternd.[21]

Teilnehmer und Beobachter des Kampfes bei VWSA haben seine symbolische Bedeutung hervorgehoben. Das VW-Management - und andere Multis - wollte sich von der Art militanter Arbeiter befreien, die diesen Streik initiiert hatten. Als Veteranen der hochpolitischen Kämpfe der 80er, so drückte es ein Journalist aus, "bezeichneten sie das Management, weiß oder schwarz, weiterhin als 'Buren'". Die Führer von COSATU und NUMSA teilten großenteils die Ansichten von VWSA.. Ein COSATU-Funktionär bezeichnete indlu ye ngwevu als "übriggebliebene Radikale und ideologisch Ewiggestrige", die "unerfüllbare Forderungen erhoben und die Erwartungen der Arbeiter hochschraubten". Er sagte einem Reporter, dass "es einen anderen Typ Gewerkschafter erfordert, um sich mit dem Management zusammenzusetzen und Export- und Produktionsstrategien zu entwickeln". Die NUMSA-Führer waren noch feindseliger. Sie behaupteten, die stewards wollten "ein Chaos verursachen", um die "Arbeiterbewegung und die Allianz von ANC, COSATU und SACP zu diskreditieren". Arbeitsminister Membathisi Mdladlana drückte seine Besorgnis (und die der Regierung) aus, dass "starke" Gewerkschaften, d.h. Gewerkschaften, die verhandeln und die Ordnung aufrecht erhalten können, für die Regierung, die Arbeiterbewegung und die Unternehmer wünschenswert seien, "weil die Alternative schwache Gewerkschaften und Abspaltungen seien, die drohten, das Arbeitsrecht mit illegalen Streiks zu mißachten". Mdladlana äußerte unverblümt die Furcht, dass als "unangenehme Nebenwirkung" des VWSA-Streiks die NUMSA die "Kontrolle" über ihre Mitglieder "verlieren" können, was "Ultralinken" Raum geben würde, um eine Lage zu schaffen, in der sich "die Gewerkschaften vermehren und die Unternehmer größere Kräfte einsetzen müssten, um mit ihnen zu verhandeln". Darüber hinaus verstärke die Art von Störung wie bei VWSA "Auffassungen, dass das Land mit nicht handlungsfähigen Arbeitsbeziehungen belastet ist", wobei er gebetsmühlenartig wiederholte, was Präsident Mbeki seit seinem Amtsantritt deklamiert hatte.[22]

Auf der anderen Seite haben die Streikenden und ihre Unterstützer - das Krisenkomitee Uitenhage, der Vereinigte Gewerkschaftsbund der Öl-, Chemie- und allgemeinen Arbeiter, die Workers International Vanguard League und andere - ihre Kritik an NUMSA, COSATU, SACP und ANC und deren gemeinsame Praxis, dem multinationalen Kapital im Namen der Entwicklung gefällig zu sein, verschärft. Eine wachsende Zahl örtlicher und selbst nationaler Gewerkschaften haben wie sie den Platz der COSATU in der "Dreierallianz" in Frage gestellt. Die Perspektive dieser Gewerkschafter beginnt ganz unten, in Angelegenheiten der Arbeitsplatzsicherheit, Löhnen und Unterstützung, Arbeitsbedingungen, Bandgeschwindigkeit, Arbeitsordnung und -plänen und dem Recht der Arbeiter, ihre eigene Organisation zu kontrollieren. Sie messen dann die existierenden gewerkschaftlichen und politischen Organisationen am Maßstab der eigenen Definition der Arbeiterinteressen. Sie sind immer mehr zu der Auffassung gelangt, dass diese Organisationen nicht die Interessen der Arbeiter vertreten, sondern ihnen aktiv entgegenstehen. "Eine der wesentlichen Vorschläge der VWSA-Bosse", so beschreibt es aktuelles Positionspapier der Workers International Vanguard League, "war, dass die Gewerkschaft die Disziplinierung ihrer eigenen Mitglieder unterstützen sollte". Vor diesem Hintergrund sei kaum überraschend, dass "es nicht im Interesse von NUMSA, dem ANC oder VW liegt, dass militante Arbeiterführer wie die shop stewards 1999 grundlegende Kritik artikulieren, wie es z.B. anhand der Folgen der neuen Produktionstechniken für das kulturelle Leben der Arbeiter geschehen ist." Interssanterweise wurde diese Kritik kürzlich von Dale McKinley, dem Vorsitzenden des Johannesburger Verbandes des SACP wiederholt, bis er in einem Untersuchungsverfahren in diesem Sommer ausgeschlossen wurde, der COSATUS "ideologische Abweichung" auf Grund "zweier verwandter Annahmen" in Frage stellte:

dass die neue Runde globaler Akkumulation des Kapitalismus (durch komplizierte Mittel der imperialen Beherrschung) bedeutet, dass die zentrale Rolle und der Charakter der Gewerkschaften sich geändert hat. Es ist zum Gemeinplatz geworden, dass COSATU-Führer argumentieren, dass wegen der 'Vorherrschaft des Kapitalismus' und neuer 'globaler Realitäten' die Gewerkschaften ihre strategischen Visionen grundlegend ändern müssen, um 'bedeutend' zu bleiben.

Mit anderen Worten, 'wenn du sie nicht besiegen kannst, schließ dich Ihnen an;'" und

dass der demokratische Umbruch von 1994 signalisiert hat, dass die Tage, als die Gewerkschaften den aktiven politischen Kampf für den Sozialismus an die erste Stelle der Tagesordnung gesetzt hatten, vorbei sind oder zumindest tief in der stattfindenden 'nationalen demokratischen Revolution' verborgen werden müssen.[23]

Diese Kritik an der aktuellen Richtung der südafrikanischen Arbeiterbewegung weist, über die Bedeutung von Basis-Militanz und Gewerkschaftsdemokratie hinaus, auf die Notwendigkeit hin, sich international zu organisieren. Wie wir sahen, nahmen die Streikenden bei VWSA Kontakt zu ihren Kollegen in Deutschland, Mexiko und Brasilien auf - mit interessanten Ergebnissen. Tatsächlich streikten mexikanische VW-Arbeiter, die in einer unabhängigen Gewerkschaft außerhalb der kompromisslerischen Vereinigung Mexikanischer Arbeiter organisiert sind, Ende August eine Woche lang und erreichten eine Lohnerhöhung von 15%. Die Streikenden betonten, dass internationale Arbeitersolidarität eine entscheidende Rolle gespielt habe, insbesondere, dass sie die Regierung von einem Eingreifen abgehalten habe. Die Kommunikation über das Internet haben den Informations- und Erfahrungsaustausch und sogar gelegentliche Solidaritätsaktionen (siehe die Fußnoten dieses Artikels!) vereinfacht. Arbeiteraktivisten außerhalb der südafrikanischen Hauptströmung haben betont, dass multinationale Konzerne wie VW - oder Ford, 3M Honeywell, Siemens und viele, viele andere, nicht in einem Land allein in ihre Schranken gewiesen werden können und dass der sich ausweitenden wirtschaftlichen Globalisierung eine internationale Organisation der Arbeiter entgegengetreten werden muss.[24]

Zurück nach Südafrika: Die genannten Organisationen und Einzelpersonen kritisieren nicht nur ANC, COSATU und ihre angeschlossenen Gewerkschaften und die SACP. Sie handeln auch, um die Interessen der Arbeiter durchzusetzen. Die OCGAWU übt weiterhin Druck auf eine Reihe von Mitgliedsorganisationen der COSATU aus, indem sie den Arbeitern in einer Auswahl von Industrien eine Alternative zu den offiziell genehmigten Gewerkschaften bietet, während einige der Gewerkschaften des Öffentlichen Dienstes von Tag zu Tag offen oppositionellere Standpunkte einnehmen. Im Werk Uitenhage von VWSA, hat die OCAGAWU mehr als 2.000 Arbeiter organisiert und erhöht den Druck auf die NUMSA, um offiziell anerkannt zu werden. Die Workers International Vanguard League, die International Labour and Research Group, unabhängige Arbeiterbildungszentren in Johannesburg, Durban und Kapstadt sowie Gruppen wie das Krisenkomitee Uitenhage bieten Räume für die Diskussion kritischer Ideen, sammeln Geld für Arbeiter in Kämpfen und stellen Kontakt mit internationalen Sympathisanten her. In Johannesburg hat sich um die Kritiker der Umgestaltung der Universität von Witswatersand (Wits 2001) und des Ausverkaufes städtischer Unternehmen und Dienste (iGoli 2002) eine eindrucksvolle Anti-Privatisierungskoalition gebildet. Aktivisten in örtlichen Gewerkschaften und Basisorganisationen wie Earthlife Africa, Jubilee 2000, dem Soweto Electricity Crisis Committee, dem Anti-Privatisierungs-Forum, der Kampagne gegen Neoliberalismus in Südafrika, und dem Komitee für Menschenrechte kamen zusammen, um ein Komitee "S26" zu gründen und sich an den internationalen Protesten gegen WHO, IMF und Weltbank zu beteiligen. In Kapstadt organisierte das "Örtliche Forum zur Regierungsumbildung", an dem sich örtliche Gliederungen der COSATU und der SACP, Ortsgruppen der Südafrikanischen Union städtischer Arbeiter sowie der Vereinigten Nationalen Gewerkschaft für Erziehung und Gesundheit, Jubilee 2000, katholisches Komitee für Frieden und Gerechtigkeit, International Labour Research and Information Group, Lotus River Grassy Park Residents Association, Athlone Concerned Residents and Ratepayers Association, und die Western Cape Civics Organization beteiligten, einen Massenprotest gegen die Pläne der städtischen Regierung zur Privatisierung.[25]

Aktivisten waren außerdem damit beschäftigt, Arbeiter außerhalb der Bereiche der institutionalisierten Arbeiterbewegung zu organisieren. In Durban organisierten sich Straßenverkäuferinnen der Zulu in der "Self-Employed Women's Union" (SEWU), um Druck auf die Stadtverwaltung auszuüben, dem Bedarf ihrer Mitglieder nach zeitweiligen Unterkünften, Warenlagerung und Kinderbetreuung nachzukommen und sie vor Verbrechen und Ausbeutung zu beschützen. SEWU bekämpft auch die Art, wie wirtschaftliche Strukturen die traditionellen patriarchalischen Beziehungen verstärken, lenkt die öffentliche Aufmerksamkeit auf Gewalt in der Familie und fördert die Beweglichkeit zwischen den formellen und informellen Sektoren der Wirtschaft, indem sie Rassen- und Geschlechterdiskriminierung zerstört. Verachtet von ANC (da viele dieser Frauen als Zulus aus der Provinz KwaZulu-Natal mit der Inkatha Freiheitspartei verbunden sind) und COSATU (wie können sie eine "Arbeiter"organisation gründen, da sie keine Chefs haben?) nutzte SEWU öffentliche Versammlungen und Demonstrationen, das Singen von Liedern ("Wenn du eine Frau anfasst, fasst du einen Felsen an", eine Hymne der Anti-Apartheid-Bewegung, ist ihr Versammlungslied geworden), die Verbreitung von Petitionen und politischen Druck, um ihre Forderungen voranzutreiben. SEWU bietet außerdem politische und ökonomische Schulung ihrer Mitglieder und ermutigt sie, ihr Verhältnis zum öffentlichen Leben in Südafrika zu überdenken. 1997 gab SEWU eine Schrift mit dem Titel "Die Wirtschaft verstehen" in Englisch und Zulu heraus und verteilte sie an alle ihre Mitglieder. SEWU hat außerdem Verbindungen ihrer Mitglieder zu Straßenverkäuferinnen in anderen südafrikanischen Städten und in Indien hergestellt.[26]

In Kapstadt und East London fördern Aktivisten Zusammenkünfte von Hausangestellten, auf denen sie ihre Geschichten berichten, ihre Arbeitssituation diskutieren und die Fehler früherer Versuche, sich gewerkschaftlich zu organisieren analysieren (eine Gewerkschaft die 1989 80.000 Mitglieder hatte, war verschwunden) sowie ihre eigenen Erfahrungen während der Apartheid und seit ihrer "Überwindung" Zusammenhang im Zusammenhang zu sehen. Sie kämpfen mit der Art, wie die Wahrheits- und Versöhnungskommission ihre "Chronik der Tränen" delegitimiert und ihre Geschichten über "das normale Leiden im alltäglichen Leben" bearbeitet hatte - die kleinen und nicht so kleinen Entwürdigungen, die auf die schwarzen Hausangestellten aufgehäuft wurden, Vergewaltigung und sexueller Missbrauch, Hungerlöhne, Arbeitszeiten, die Frauen von ihren Familien fernhalten und "schlimmer behandelt als ein Hund". Wenn diese Geschichten erzählt - und angehört - werden, beginnen diese Frauen, ihre Bedürfnisse, Ziele und Träume zu diskutieren, und die möglichen Mittel, um sie Realität werden zu lassen. Dies ist der langsame Beginn einer Organisation der Hausangestellten, aber er steht auf solidem Fundament.[27]

In Kapstadt hat das Gewerkschaftsbibliotheks- und Erziehungszentrum (TULEC) ein Projekt mit Arbeiterinnen in der Nahrungsmittelindustrie begonnen. Das Zentrum hat einen Studienkreis für Erwachsene organisiert, der von einer jungen Frau aus der Belegschaft koordiniert wird und der sich wöchentlich trifft. Die zehn Frauen kommen zusammen und diskutieren ihre Erfahrungen am Arbeitsplatz, die Kämpfe mit ihrer Gewerkschaft sowie mit dem Management, das Verhältnis von ihrem Arbeits- und Familienleben und wie sie Strategien entwickeln können, um ihre Lage zu verbessern. Dann setzen sie sich vor die Computer und senden ihre Geschichten per Email an ähnliche Gruppen von Arbeiterinnen aus der Lebensmittelindustrie in einem Dutzend anderer Länder. Sie erhalten im Austausch deren Geschichten, die sie diskutieren und beantworten. Wie so viele südafrikanische Arbeiter sehen sie sich in einem weiteren Zusammenhang, während sie gleichzeitig mit beiden Füßen auf der Erde bleiben.[28]

Ich meine nicht, dass alle diese Basisprojekte miteinander verbunden sind - bewußt oder organisatorisch - oder dass sie alle deutlich kritisch gegenüber ANC, SACP und COSATU und deren Anpassung an den Neoliberalismus der Weltwirtschaft eingestellt sind. Ich schlage vor, dass wir (...) uns dieser Entwicklungen in Südafrika bewusster werden sollten. Wir werden, wie immer wieder in der Vergangenheit, uns selbst in den Spiegeln sehen, die unsere Kollegen uns dort vorhalten, und, aus diesen Widerspiegelungen ein schärferes und besser definiertes Verständnis unser eigenen Situation erarbeiten können.

 

Fußnoten

* Mein Besuch in Südafrika im Januar 200 wurde teilweise vom Macalester College finanziert. Mein Verständnis der dortigen Situation wurde durch Unterhaltungen mit meinen Kolleginen, insbesondere Beth Cleary and Leola Johnson, bereichert. Dutzende Südafrikaner opferten von ihrer wertvollen Arbeitszeit, um zu helfen, mich zu informieren. Mein besonderer Dank gilt David Monyae, Jeffrey Ndhuye, Lucien van der Walt, Gerry Maree, Lianne Loots, Jay Pather, Kessie Moodley, Nisa Malange, Lorelle Royeppur, Ari Sitas, Astride von Kotze, David Jarvis, Gary Phillips, Keyan Tomaselli, Amanda Swarr, Susie Bullington, Premesh Lalu, Linda Cooper, Jonathan Grossman, Martin Jansen, Sisonke Msimang, Pat Horn, Inkuleko und Thabo von der Western Cape Action Tours, Angela Impey, Saranel Benjamin und meinen amerikanischen Freunden, darunter John Hinshaw, Joel Wainwright, Meghan Dudle, Colette Gaiter, and Marcus Widenor, die mir halfen, Kontakte aufzunehmen.

1) Information von der Website von VWSA', http://www.vwsa.org/. Hintergrund über die gewerkschaftliche Organisierung in Uitenhage aus "Tough Times in VW Country," The Star, 4. März 2000, http://www.star.co.za/; Ashwin Desai in Saturday Independent, 19. Februar 2000.

2) Roy Cokayne, "South African Vehicle Exports Accelerate 78%," Business-Reportage, 7. August 1998; "Tough Times in VW Country," The Star, 4. März 2000, http://www.star.co.za/; zusätzliche Informationen von http://www.vwsa.org/.

3) Wolfgang Dreschler, "Moment of Truth for Car Firms," Business Report, 1. November 1998; Workers International Vanguard League, "Update to All NUMSA Members," 15. März 2000, wivl@sn.apc.org. Dietmar Henning and Andreas Kuckartz, "Interview with a South African Volkswagen Worker," World Socialist Website, http://www.wsws.org/.

4) Uitenhage Crisis Committee, "Open Letter to all NUMSA Members, All Members of COSATU, and Last but not Least, All Members of the Working Class and Supporters," 24. Februar 2000, auf der Labournet-Website, www.labournet.de/branchen/auto/vw/sa/index.html Diese Website in Deutschland, wurde allen Gewerkschaftsaktivisten weltweit zugänglich gemacht, um die Nachrichten über ihre Kämpfe und Solidaritätsappelle zu publizieren. Ihre Moderatoren sind nicht selbst an den Kämpfen beteiligt, aber ihre Website ist eine wunderbare Quelle. Für eine Interpretation der Ereignisse, die mehr mit der NUMSA sympathisiert, siehe Kally Forrest, "What Happened at VW," South African Labor Bulletin, Frühjahr 2000

5) "Open Letter," op.cit.; "Tough Times in VW Country," op.cit.; Kally Forrest, op.cit.

6) Ibid.; Ashwin Desai im Saturday Independent, 19. Februar 2000; Roy Cokayne, "VW Obtains Interdict," Business Report, 21. Juli 1999; Roy Cokayne, "Work Resumes at VWSA as NUMSA Stewards Settle," Business Report, 22. Juli 1999

7) South African Star, 4. März 2000, http://www.star.co.za/.

8) World Socialist Website, http://www.wsws.org/, 17. Februar 2000; Kally Forrest, op.cit.; Ashwin Desai, op.cit.

9) Roy Cokayne, "'Illegal' VWSA Strike Takes Its Production Toll," Business Report, 21. Januar 2000; Roy Cokayne und Frank Nxumalo, "Strikers Close Key VWSA Factory," Business Report, 22. Januar 2000; "Sacked South African Workers Appeal for International Support," World Socialist Website, http://www.wsws.org/, 17. Februar 2000.

10) "Sacked South African Workers Appeal for International Support," op.cit.; Workers International Vanguard League, "Update: Background History of the VWSA Crisis," wivl@sn.apc.org, 6. Februar 2000.

11) "NUMSA Urges End to VW Strike Action," ZA Business, 28. Januar 2000; Uitenhage Crisis Committee, "Update," 25.Februar 2000; "Agreement Between NUMSA and VWSA," Anhang zu Uitenhage Crisis Committee, "Open Letter?," op.cit.

12) Roy Cokayne und Frank Nxumalo, "Brakes Still On at VWSA Plant," Business Report, 1. Februar 2000; Roy Cokayne, "Striking VWSA Workers Must Return to Work Today or Face Dismissal," Business Report, 3. Februar 2000; "Ultimatum to All Striking Volkswagen of South Africa Workers," 1. Februar 2000, nacchgedruckt auf www.labournet.de/branchen/auto/vw/sa/; Roy Cokayne, "Production Resumes at VWSA Plant," Business Report, 4. Februar 2000; ZA Business, 6. Februar 2000; Uitenhage Crisis Committee, "Update," 6. Februar 2000; Dumisa Ntuli, "NUMSA Will Persist in Solving VWSA Dispute," Business Report, 13. April 2000.

13) Barbara Slaughter, "President Mbeki Threatens South African Workers," World Socialist Web Site, http://www.wsws.org/, 4. Februar 2000.

14) Uitenhage Crisis Committee, "Update," 22. and 28. Februar, 22. Juni und 11. Juli 2000; "Police Clampdown on South African VW Strikers," World Socialist Web Site http://www.wsws.org/., 9. März 2000, "Army, Police to be Deployed for Uitenhage Stayaway Threat," Daily Dispatch, 25. März 2000; James Lamont und Roy Cokayne, "Violence Feared in VWSA Feud," South African Star, http://www.star.co.za/, 28. März 2000

15) "Volkswagen Strike Slows Car Exports," 6. April 2000, http://www.labournet.de/; Uitenhage Crisis Committee, "Update," 28. Februar 2000; 10. März 2000; 11. Mai 2000. Brief entlassener Arbeiter an die NUMSA, 21. Februar 2000; Briefe von stewards an den VW-Betriebsrat, 5. Februar 2000 und 29. Februar 2000, veröffentlicht auf www.labournet.de/branchen/auto/vw/sa/. Henning und Kuckarts, "Interview with a South African Volkswagen Worker," http://www.wsws.org/, April 29. 2000, op.cit.

16) Workers' International Vanguard League, "May Day: Fight Against Capitalist Exploitation," wivl@sn.apc.org.; Roy Cokayne, "Daimler Chrysler, BMW, and Nissan to Close SA Production Plants for COSATU's General Strike," Business Report, 10. Mai 2000; Cokayne, "Production Lines Curbed at Most Car Plants, Business Report, 11. Mai 2000; Henning und Kuckartz, "Interview," op.cit.

17) Uitenhage Crisis Committee, "Update," 22. April 2000 und 2. Juni 2000; "CCMA Confident of VWSA," Business Report, 26. April 2000; Ashwin Desai berichtete von einem Besuch in Uitenhage: "Arbeiter beklagten das Verhalten von John Gomono, ehemaligerer VW-Arbeiter, COSATU-Führer, neuer Parlamentsabgeordneter; er kam und reiste in seinem importierten Audi ab, und nahm sich die Zeit, um Arbeiterkontrolle in der Gewerkschaft als antisozial, anarchistisch und undemokratisch zu bezeichnen." Saturday Independent, 19. Februar 2000. ZA Business, 28. April 2000; Roy Cokayne, "Commission Sets Juli 31 Date for VWSA Arbitration," Business report, 25. Mai 2000.

18) Uitenhage Crisis Committee, "Update," 2. Juni 2000.

19) Saturday Independent, 19. Februar 2000

20) Patrick Bond, Elite Transition: From Apartheid to Neoliberalism in South Africa (London: Pluto Press. 2000); A. Adelzadeh und V. Padayachee, "The RDP White Paper: Reconstruction of a Development Vision?" Transformation 25 (1994); Ari Sitas, "South Africa in the 1990s: The Logic of Fragmentation and Reconstruction," Transformation 36 (1998); David Jarvis, Making Sense of Workplace Restructuring (Durban: Trade Union Research Project, 1999); Franco Barchesi, "Economic Adjustment, Political Institutionalisation, and Social Marginalisation: COSATU and the First Democratic Government," Transformation 38 (1999); International Labour and Research Group, An Alternative View of Globalization (Cape Town: ILRG, 1998) and An Alternative View of Economic Crisis (Cape Town: ILRG, 1999); National Institute for Economic Policy, From RDP to GEAR: The Gradual Embracing of Neoliberalism in Economic Policy (Johannesburg: NIEP, 1996); Debating GEAR (Johannesburg: Khanya College Economic Literacy Series, no.1, 1997); Peter Barron and Marian Jacobs, "Child Welfare and AIDs," and Peter LeRoux, "Social and Economic Development in South Africa," papers prepared for Macalester College International Studies Seminar, Januar 2000; "South Africans Who Fought for Sanctions Now Scrap for Investors - But They Find that Luring Back Capital is a Lot Harder than was Chasing it Out," Wall Street Journal, 7. Februar 2000; Interviews mit David Monyae und Jeffrey Ndhuye, Soweto, 8. Januar 2000; Kessie Moodley, Durban, 12. Januar 2000; Ari Sitas und Astride von Koltze, Durban, 13. Januar 2000;

21) COSATU, the SACP, and the ANC: The Parting of the Ways? (Athlone: The Labour Left Collective, 1998); Oupa Lehulere, "The Political Significance of GEAR: The Transformation of the ANC into a Party of Monopoly Capital" (Cape Town: self-published, 1999); "Are the Poor Being Heard?" (typescript, n.p., distributed in Cape Town by the Trade Union Library and Education Center); An Alternative View of Privatisation (Cape Town: International Labour and Research Group, 1999). One can find ample rhetoric from COSATU, for instance their "1999 Special Congress: Composite Resolutions. Consolidation of COSATU for the New Millenium," and "Labour Market Policy in the Era of Transformation," presented to the Department of Labour, 7. Juni 2000, both available from http://www.cosatu.org.za/. Also, "NUMSA Congress: Taking the Struggle for Socialism into the 21st Century," 10. Aug.2000 http://www.numsa.orga.za/.

22) "What Was Behind the Volkswagen Strike?" Business Day, 13. April 2000; Terry Bell, "Simplistic Scapegoating from Politicians, Business Report, 7. April 2000; Dumisa Ntuli, "NUMSA Will Persist in Solving VWSA Dispute," Business Report, 13. May 2000; Frank Nxumalo, "Unions Can Learn from the Strike at VWSA," Business Report, 8. May 2000; Kally Forrest, "What Happened at VW," South African Labour Bulletin, op.cit; Dumisa Ntuli, "NUMSA Sets the Record Straight on VWSA," 23. August 2000, courtesy of http://www.labornotes.org/. Trade and Industry Minister Alec Erwin recently insisted (2. October 2000) that South Africa's trade unions are "outmoded" in the new global economy and must, therefore, change. http://www.anc.org.za/. Siehe auch "COSATU Reaffirms Support for ANC," Daily Dispatch, 9. Sept. 2000.

23) Workers International Vanguard League, "May Day: Fight Against Capitalist Exploitation," 29. April 2000; Uitenhage Crisis Committee, "Invitation to Cover the Arbitration Proceedings of the Case of 1300 VWSA Dismissed Workers," May 2. 2000; Workers International Vanguard League, "Position on the NUMSA-VWSA Crisis," August 26. 2000, from wivl@sn.apc.org; International Labour and Research Group, An Alternative View of Workplace Democracy (Cape Town: ILRG, 1999); Charlie Van Gelderen, "ANC Leaders Put Aside Old Rhetoric," Socialist Action, August 2000; Dale McKinley, "South Africa: Misdirected Strategy Weakens Workers' Movement," 17. May 2000, zu finden unter http://jinx.sistm.unsw.edu.au/-greenlft.

24) Workers International Vanguard League, "Capitalism Dominates the COSATU Alliance," 20. September 2000, from wivl@sn.apc.org. ; International Labour and Research Group, An Alternative View of Globalization, op.cit.; An Alternative View of Economic Crisis (Cape Town: ILRG, 1999); "Building Internationalism," Sonderausgabe des South African Labour Bulletin, December 1999; John Pape, "Will the Workers of the World Unite in Cyber Space? Critical Reflections on Information Technology and Labour Movements of the South" (Cape Town: ILRG Occasional Papers, no.2, May 1999). Über den mexikanischen Streik siehe Michael Kohut, "Making History: The 2000 Volkswagen Strike," Mexican Labor News and Analysis V:6 (Sept. 2000), auf www.igc.apc.org/unitedelect.

25) Interviews mit Lucien van der Walt, Kessie Moodley, Ari Sitas, Martin Jansen, Linda Cooper, Premesh Lalu und Jonathan Grossmann in Südafrika, Januar 2000; Communication from Workers International Vanguard League, Juli 11. 2000, auf wivl@sn.apc.org; "An Open Invitation to Participate in the South African S26 Week of Action Against the World Bank and IMF," auf Resist_Wits2001@onelist.com.; "Cape Town Local Government Transformation Forum to Intensify Campaign Against Privatisation," South African Municipal Workers Union, 4. October 2000, auf samwu@sn.apc.org.

26) Interview mit Pat Horn, Durban, 10. Januar 2000. "A Labour Policy for All: The Self-Employed Women's Union," Agenda 35 (1997); Understanding the Economy (Durban: Trade Union Education Project and SEWU, 1997).

27) Interview mit Jonathan Grossman, Durban, 10. Januar 2000. Jonathan Grossman, "'My Wish is That My Kids Will Try to Understand One Day': Domestic Workers in South Africa Communicating the Experience of Abuse, Resistance, and Hope," and "Violence and Silence: Rewriting the Future," unpublished paper, courtesy of the author. Brenda Grant, "Domestic Workers: Employees or Servants," Agenda 35 (1997). I also found valuable background in a paper written while participating in the SIT-Durban by Macalester College student Meghan Dudle, "Women's Work is Never Done ? or Valued: Domestic Labor in Durban, South Africa." Dudle's paper traces the collapse of the South African Domestic Workers Union in the early 1990s and the consequences for Black domestics in the Durban area.

28) Interview with Martin Jansen, Cape Town, Januar 16. 2000. John Pape, "Will the Workers of the World Unite in Cyber Space?", op.cit.


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