Schlammschlacht der Co-Manager
Dokumentation des LabourNet Germany zum Clinch zwischen dem Bochumer und dem Rüsselsheimer Betriebsratsvorsitzenden um die Standortsicherung
Bochumer Betriebsratsvorsitzender kritisiert Chef des Gesamtbetriebsrates. Offenbar heftiger Streit an der Spitze des Opel-Betriebsrats
"An der Spitze des Betriebsrats des Autobauers Opel tobt offenbar ein heftiger Streit. In einem Schreiben, das der in Essen erscheinenden «Westdeutschen Allgemeinen Zeitung» (Freitagausgabe) vorliegt, attackiert der Bochumer Betriebsratsvorsitzende Rainer Einenkel massiv Gesamtbetriebsratschef Klaus Franz: «Wir haben fast den Eindruck, als ob Du Dich mit aller Gewalt gegen Bochum stellen willst.»." ddp-Meldung vom 15.12.2006
Betriebsräte im Clinch
An welchem Standort wird der neue Astra gebaut? Bei Opel spaltet konzerninterner »Wettbewerb« die offiziellen Interessenvertretungen von Rüsselsheim und Bochum. Artikel von Dieter Schubert in junge Welt vom 16.12.2006. Aus dem Text: ".Es geht um Arbeitsplätze. Sowohl das Werk Bochum als auch das Stammwerk Rüsselsheim sind offenbar weiterhin von Streichplänen des Mutterkonzerns General Motors bedroht. Einenkel wirft Franz nun Einverständnis bei einer Art Geheimprojekt vor. Dabei werde untersucht »ob der neue Astra auch in Rüsselsheim gebaut werden kann« und ob das Stammwerk damit »in den Standortwettbewerb geschickt werden kann«, so der Bochumer Gewerkschafter. Dies sei »schlichtweg falsch«, konterte Franz. (.) Gesamtbetriebsratschef Franz gilt als typischer deutscher Komanager. Er ist Stellvertretender Vorsitzender des Opel-Aufsichtsrates, Chef der europäischen Mitarbeitervertretung des Konzerns und führt - was die Situation pikant macht - auch den Betriebsrat in Rüsselsheim an. Mit Streiks hat Franz wenig am Hut..."
LabourNet Germany dokumentiert hierzu:
- Schreiben von Rainer Einenkel an Klaus Franz vom 24.11.2006. Aus dem Text: ". In Anwesenheit aller europäischen EEF-Delegierten und Vertretern aus GM-Werken anderer Kontinente wurde von Dir der Vorwurf erhoben, Bochum verstoße gegen europäische Absprachen, verschaffe sich Vorteile bei der Bewerbung um den neuen Astra und würde Alleingänge machen. Gleichzeitig hast Du uns Bochumer aufgefordert, gegen den Zukunftsvertrag zu verstoßen."
- Die Antwort von Klaus Franz an Rainer Einenkel vom 26.11.06
- Schreiben von Rainer Einenkel an Jürgen Peters vom 3.12.2006. Aus dem Text: ".In der Erklärung des EEF wird unterstellt, der "Zukunftsvertrag 2010" verschaffe Bochum einen Vorteil bei der Bewerbung um den Astra-Nachfolger. Ich will daran erinnern, dass dieser Zukunftsvertrag unter maßgeblicher Beteiligung der IG Metall ausgehandelt wurde."
- Kommentar der GoG (Gegenwehr ohne Grenzen; parteiunabhängige Gruppe bei GM/Opel-Bochum)
""Da freut sich doch die Geschäftsleitung, wenn die sich gegenseitig fertigmachen!" Genau: nämlich über ihren Erfolg, die führenden Betriebsräte zu strammen Co-Managern erzogen zu haben. Gegen Opels Kostensparpläne verkündet Klaus Franz ständig seine gewerkschaftspolitische Leitparole "Geteiltes Leid ist halbes Leid!" Opel muss halt die Wettbewerbsfähigkeit verbessern, da müssen die Belegschaften schon zum Verzicht bereit sein, aber bitte alle gleich und gemeinsam. Und indem die IGM-Führung auf nationaler Ebene auch nichts anderes praktiziert, als die Exportweltmeisterschaft der deutschen Unternehmen zu schützen ( - die "Besser statt billiger" -Kampagne gehört auch dazu -), um damit angeblich Arbeitsplätze zu "sichern", bleibt der Konkurrenzzwang wie ein Naturgesetz völlig unhinterfragt. Einenkel wirft mit Recht Franz vor, zum Nichteinhalten von Auslagerungslagerungszusagen gedrängt zu werden, denen man doch gemeinsam nach dem Streik 2004 in der Betriebsvereinbarung "Zukunftsvertrag" als Beitrag zum Kostensenken zugestimmt hatte. Franz kritisiert Einenkel zu Recht, in Einzelverhandlungen doch mehr Zugeständnisse als vereinbart zu machen. Da belauern sich eben zwei Co-Manager, die beide mit ihrer Verzichtsbereitschaft "ihren" Betrieb und damit ihre Wählerschaft retten wollen. So werden jetzt die Rüsselsheimer Kolleginnen und Kollegen gegen die Bochumer aufgewiegelt und umgekehrt. Unvergessen bleibt in der Bochumer Belegschaft: Einenkel gehört zu den Betriebsräten, die den Streik der Bochumer Belegschaft 2004 nicht gewollt haben. Und Franz hat besonders seit 2004 einen noch tieferen Hass auf "die Bochumer". Gegen unseren Streik war bekanntlich auch der Vorstand der IG Metall."
Zum Hintergrund siehe
- "Zukunftsvertrag 2010"
Betriebsvereinbarung Restrukturierung Werk Bochum vom 14. April 2005
- Bis 2012: GM gibt Garantie für Westeuropa ab
Die rund 67.000 Beschäftigten des Autobauers General Motors (GM) in Westeuropa und Polen müssen bis 2012 keinen Abzug von Teilen der Produktion fürchten. Einen entsprechenden Vertrag haben Unternehmensleitung und Arbeitnehmervertreter geschlossen. Artikel von Christine Skowronowski in Frankfurter Rundschau vom 20.12.06 Aus dem Text: ".Der Vertrag ist auch vor dem Hintergrund zu sehen, dass im nächsten Jahr die Entscheidung ansteht, wo der neue Opel Astra gebaut werden soll. Eine Fertigung in östlichen Niedriglohnländern sei mit der Vereinbarung verhindert worden, sagt Franz. Mit einem Beschluss des Managements rechnet er in einem Jahr. Der Druck auf die einzelnen Werke, Zugeständnisse zu machen, wachse aber, berichtete Franz' Vize im Europäischen Arbeitnehmerforum von GM, Rudi Kennes aus Belgien. Die Übereinkunft, sich nicht gegeneinander auszuspielen, halte dennoch. Kennes ist zuversichtlich, dass alle Werke erhalten bleiben und von der Astra-Fertigung profitieren werden.
Dem Betriebsrat sei aber klar, "dass wir das nicht zum Nulltarif kriegen". Denkbar sind wie üblich Zugeständnisse bei der Arbeitszeit."
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