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Updated: 18.12.2012 15:51 |
"Mit ihrem eigenem Geschäft fortzufahren ..." Standard Oil und Adolf Eichmann - Der geheime Pakt der Erdölindustrie mit den Nazis Gaby Weber 15. Dezember 1961. Ein israelisches Gericht verurteilt Adolf Eichmann, der die Deportation Hunderttausender in die nationalsozialistischen Vernichtungslager organisiert hatte, aufgrund seiner Verbrechen gegen das jüdische Volk und die Menschheit zum Tod. Dies ist die unleugbare geschichtliche Wahrheit. Viel wurde geschrieben über Eichmann, und bisher glaubte man darüber alles, fast alles zu wissen, denn drei Mossad Agenten, unter ihnen der Chef des Geheimdienstes Isser Harel, hatten in ihren Memoiren detailliert beschrieben, wie sie den Kriegsverbrecher aus Argentinien entführt haben wollen. Davon ist vieles, nach meinen Recherchen, frei erfunden. Eine Fälschung der Geschichte. Dies ist die Version der Agenten, die von der israelischen Regierung nie dementiert wurde:
Diese Version kann nicht stimmen.
Die israelischen Behörden haben bis heute über die zehn Tage zwischen dem 11. und dem 21. Mai 1960 keine konkreten Angaben gemacht, die Protokolle sind bis heute geheim. Haben sie Eichmann verhört, gefoltert, oder haben sie mit ihm verhandelt? Was hat er preisgegeben? Es ist bekannt, dass Eichmann vor Gericht in Israel keine belastende Aussagen gegen Komplizen oder Hintermänner gemacht hat. Einen geheimen Pakt und geheime Verbündete der Nazis hat er dort nicht erwähnt. Aber es ist auch bekannt, dass Eichmann in Argentinien begonnen hatte, auszupacken. Was also waren die Motive der Gefangennahme des Mannes, der fünf Jahre lang Angestellter von Standard Oil war? Und wer war jener mysteriöse Mann, William Mosetti? Der Mann von Standard Oil, Offizier für Mussolini, US-Agent und Generaldirektor von Mercedes Benz Argentina. Dort arbeitete auch Adolf Eichmann. William Mosetti wurde am 25. November 1914 in Triest geboren. Sein Vater war Direktor von "Lloyd Triestino", der Reederei, die den Suez-Kanal kontrollierte. Mosetti junior wurde standesgemäß erzogen, lernte mehrere Sprachen und studierte in Florenz Mathematik, Chemie und Physik. 1935 nahm er als "Erster Leutnant" am Abessinien-Feldzug Mussolinis teil. Es ging um Erdölvorkommen. Standard Oil hatte dem Duce versprochen, den für diesen Krieg notwendigen Treibstoff zu liefern. 1936 fiel Addis Abeba, nicht zuletzt weil Mussolinis Armee Giftgas eingesetzt hatte. Nach dem Krieg kehrte Mosetti wieder ins Geschäftsleben zurück, nicht mehr in die Firma seines Vaters, die hatte Mussolini in der Zwischenzeit verstaatlicht, um die Handelsschiffe unter seine Kontrolle zu bekommen. Mosetti arbeitet zunächst für General Motors, bis er Anfang 1939 zu Ford nach Köln wechselte. Am 15. November erhielt er seine Lebensstellung bei Socony-Vacuum, "Standard Oil Company of New York". Standard Oil war 1870 von John. D. Rockefeller gegründet worden, 1879 übernahm er auch die Vacuum Company und viele andere Firmen, bis der Standard Oil Trust 1911 zerschlagen wurde und das Imperium in viele Einzelunternehmen zerfiel. Die Rockefellers zogen jedoch weiterhin die Fäden. Der Nahe Osten war damals noch kaum erschlossen, Erdöl wurde an zwei Orten gefördert: In Texas und in Baku, im Kaukasus, "bis zur Oktoberrevolution beherrscht von den Herren Nobel und Rothschild" - so der Berliner Historiker Dietrich Einholtz. Nach dem Ersten Weltkrieg verlor auch die Deutsche Bank ihre Anteile an der "Türkischen Petroleum Gesellschaft" und damit ihre Rechte auf die Rechte auf die Bodenschätze beiderseits der Bagdad-Bahn. Jahrelang klagte sie erfolglos dagegen bis die Bank einsah, dass sie an der juristischen Front nicht mehr weiterkommt. Sie suchte Verbündete und fand sie in der amerikanischen Erölindustrie. Und um 1927 muss er geschmiedet worden sein, der Pakt von Standard Oil mit den Nazis: Adolf Hitler sollte an die Macht, um das Eröl von Baku zu erobern. Den Treibstoff für diesen Krieg wollte Standard Oil bereitstellen. 1927 war Adolf Eichmann in die "Frontkämpfervereinigung" eingetreten. Eichmann war 1906 in Solingen geboren worden , war in Linz aufgewachsen und dort auf dieselbe Realschule wie Adolf Hitler gegangen, auf die Kaiser-Franz-Josef-Realschule. 1927 wurde ihm von der Vacuum Oil Company die Vertretung für Oberösterreich übertragen, "bis Juni 33 arbeitete ich für diese Firma in Oberösterreich, Salzburg und Nordtirol" - so Eichmann in seinem Lebenslauf. 1932 wurde er von seinem Freund Ernst Kaltenbrunner, dem späteren Chef des Reichssicherheitshauptamtes, für die NSDAP und die SS rekrutiert. Dank des Motorrads, das ihm Vacuum Oil zur Verfügung gestellt hatte, war er mobil und seine Kameraden, denen er im Braunen Haus in Linz Bier und Vesper spendierte, ernannten ihn zum "Führer des Motorsturms der Standarte". Im Juni 1933 verbot die österreichische Regierung alle Nazi-Aktivitäten. Eichmann wurde gekündigt - "ein freundlicher Abschied", schreibt der Eichmann-Biograph David Cesarani. Die Firma zahlte noch fünf Monatsgehälter. Eichmann machte Karriere, landete beim "Verbindungsstab" des Reichführers SS in Passau und dann im SD-Hauptamt. Dort baute er die Abteilung "Juden" auf. "Die Vereinigten Staaten waren tief gespalten, was unsere Haltung gegenüber dem Nationalsozialismus anging", so Professor Christopher Simpson von der American University in Washington, "die rechtsgerichtete Organisation "America First". sympathisierte offen mit den Nazis." Bei "America First" gaben die Dulles-Brüder den Ton an: John Foster Dulles, der spätere US-Außenminister, und Allan Dulles, der die CIA aufgebaut hatte. "America First" verteidigte die Interessen der Firmen, die in Deutschland investiert hatten. Eine Kriegserklärung hätte deren Kapital gefährdet. Das Investmentunternehmen "Union Banking Corporation" hatte seit 1924 deutsche Anleihen auf dem US-Markt verkauft. Ihr Präsident, George Herbert Walker, nahm seinen Schwiegersohn Prescott Bush, den Großvater von George W. Bush, in das Direktorium auf. Prescott Bush leitete auch die "Walkers American Shipping und Commerce" mit ihrer Nordatlantik-Route der Hamburg-America Linie. In deren Vorstand saß Emil Helfferich, Mitglied im "Freundeskreis Reichsführer-SS" und bis Kriegsende Präsident der Deutsch-Amerikanischen Petroleum Gesellschaft, der späteren ESSO, sowie der Vacuum Oil Company in Hamburg. Netzwerke, würde man heute sagen, die, so Christopher Simpson, dazu dienten, Kapitalanlagen zu tarnen. Wer das nicht tat, dem drohte die Beschlagnahmung als "Feindvermögen" und lief die Gefahr, als "Nazihelfer" verurteilt zu werden. 1927 gründeten Standard Oil und die IG Farben das Unternehmen "Standard IG Farben" mit Sitz in den USA. Präsident wurde der texanisch Ölhändler William Farish. Standard überließ der IG Farben die weltweiten Rechte für die Verflüssigung von Kohle zu Öl. Im Gegenzug erteilte der deutsche Konzern den Amerikanern das Patent für die Herstellung von Buna, von synthetischem Gummi. Nach der Machtübernahme verlief alles nach Plan. Die Deutsche Bank mischte sich über ihre Petroleum AG ins Erölgeschäft ein. Mit Standard Oil und Shell teilte man Kosten und Gewinne, so ein Aktenvermerk der Bank vom 15. März 1935: "Die Deutsche Petroleum AG (hat) Konzessionen für Erölbohrungen erworben und (will) ölhöffige Gebiete mit Staatszuschuß erbohren. Sie (will) noch die Royal Dutch Shell und die Vacuum Oil Company unterbeteiligen und zwar gegen Beteiligung an den eventuell entfallenden Ölen, so daß sich ihr Risiko hieraus ausserordentlich verringert, allerdings auch der Gewinn bei Fündigwerden." Anteile an der Royal Dutch Shell hatten das britische und niederländische Königshaus und Vacuum Oil Company bedeutet: Standard Oil. Der geheime Pakt teilte Risiken und Gewinne der neuen Erdölvorkommen. Bei der Einnahme von Irak und Iran wollte Standard Oil "behilflich" sein. Mit Bohrgeräten - vermerkte der "Bevollmächtigte für die arabischen Länder" im Berliner "Auswärtigen Amt" am 5. Februar 1942: "Ziel unseres Vormarsches wird neben der Besetzung der Länder Irak, Syrien und Palästina der Suez-Kanal und der Persische Golf sein. (...) Vorbereitet werden muß die Übernahme der Erdölanlagen Arabiens und Irans. Ein Stab aus Fachleuten unter Leitung des Geologen Dr. Schmidt, von der Vakuum-Oil-Company in Hamburg, wird zusammengestellt und die erforderlichen Materialien, insbesondere Bohrgeräte, bereitgestellt." Das Hauptproblem der Wehrmacht war der Treibstoff für Panzer und Flugzeuge. Zwar konnte man dank der Patente von Standard Oil aus heimischer Kohle Benzin gewinnen. Doch der Bedarf war bei weitem größer. Der US-Regierung bereitete die Allianz von Standard Oil mit den Nazis Sorgen, vor allem nach dem japanischen Angriff auf Pearl Harbor, dem Grund für die Kriegserklärung im Dezember 1941. Washington griff auf das Gesetz über den verbotenen "Handel mit dem Feind" aus und eröffnete gegen Standard Oil ein Ermittlungsverfahren. Die Firma soll der US-Navy Patente für Buna und Aluminium vorenthalten und deutsche U-Boote und Flugzeuge betankt haben. John D. Rockefeller wollte davon nichts gewusst haben und Farish verweigerte die Aussage, wies den Staatsanwalt aber darauf hin, dass Standard Oil auch die US-Streitkräfte mit Treibstoff versorge.... Im März 1942 bat das Pentagon Präsident Roosevelt, die Ermittlungen gegen Standard Oil auszusetzen, um die Kriegsproduktion nicht zu gefährden. Roosevelt stimmte zu. Gegen Zahlung einer Geldstrafe von 5.000 Dollar und dem Versprechen, die Nazis nicht weiter zu beliefern, wurde das Verfahren eingestellt. Farish musste sich jedoch vor einem Hearing im US-Senat verantworten, das der spätere US-Präsident Truman leitete, der von "Verrat" sprach. Farish in der Anhörung: "Unsere Verträge (mit der IG Farben) sollten von 1929 bis 1947 gelten. Sie, Gentlemen, werden verstehen, dass Verträge wie diese nicht unwirksam werden, nur weil die Regierungen der Vertragsparteien gegeneinander Krieg führen. Die Vertragspartner müssen stattdessen einen Weg finden, um mit ihrem eigenem Geschäft fortzufahren." Der Kaukasus-Feldzug dauerte fünfeinhalb Monate. Ab Mitte 1942, als Standard Oil in den USA gerade das Ermittlungsverfahren und das Senatshearing über sich ergehen lassen musste, kam der Treibstoffnachschub ins Stocken. Im Januar 1943 war die Niederlage der Deutschen Wehrmacht besiegelt. 1940 war Mosetti von Standard Oil nach Argentinien geschickt worden. Das Land war den Achsenmächten wohl gesonnen, blieb aber bis wenige Wochen vor Ende des Krieges neutral. Bei seiner Ankunft sah er im Hafen von Buenos Aires die Schiffe des Lloyd Trestino - der Reederei, die sein Vater geleitet hatte. Sie hatten sich dorthin geflüchtet, denn auf offener See machten die Engländer Jagd auf feindliche Schiffe. Sie mussten "umgeflaggt" werden. Deshalb verkaufte sie der italienische Botschafter in einem Staatsvertrag an die argentinische Regierung, die sich verpflichtete, sie nicht gegen die Achsenmächte einzusetzen und sie sechs Monate nach Kriegsende Italien wieder zurückzugeben. Argentinien hatte eigenes Erdöl und war weder am Ex- noch am Import interessiert. Und die im Dezember 1942 in den USA gegründete "Petroleum Administration of War" (PAW) rationierte Benzin und verhinderte, dass Erdöl in feindliche Hände geriet. Sie musste jeden Export genehmigen. Am 25. März 1942 kabelte die US-Botschaft in Buenos Aires nach Washington: "Große Mengen Rohöls werden von den argentinischen Niederlassungen von Standard Oil of New Jersey und Socony Vacuum importiert. Ein Einschnitt würde sie gegenüber der Konkurrenz benachteiligen, die Rohöl vor Ort einkaufen." Wollte Standard Oil über das neutrale Argentinien Treibstoff an die Nazis liefern? Die Differenz zwischen den Öl-Exporten aus den USA, der Karibik und Venezuela nach Argentinien ist, gemäss den PAW-Statistiken, im Jahr 1941 zwar eklatant aber weit davon entfernt, den Bedarf der Wehrmacht zu befriedigen. Und ab 1942 wird diese Differenz noch geringer. Die Alliierten kontrollierten den Atlantik und die militärische Niederlage der Nazis stand fest. Standard Oil schaltete auf Schadensbegrenzung um. Mosettis traf am 18.März 1943 im Hafen von Los Angeles ein. Ein italienischer Staatsbürger, der im Dienste Mussolinis gestanden hat! Solche Leute wurden interniert. Doch Mosetti erklärte den Einwanderungsbehörde, dass er fortan für die Alliierten kämpfen wolle. Ein "prominent businessman", wie es in den Akten heißt, setzte sich für ihn ein. Innerhalb weniger Wochen bekam Mosetti die US-Staatsbürgerschaft. Und am 18. Mai 1943 zog ihn die US-Army ein und bildete ihn in Camp Crowder im Nachrichtenwesen aus. Der Geheimdienst "Office of Strategic Services" wollte Mosetti rekrutieren. "Er soll in Frankreich und Italien operieren, heisst es im Antrag vom November 1943, "notwendig sind Kenntnisse in Guerillataktik und Kommandokriegsführung. Nahkampf, Umgang mit Sprengstoff und Waffen. Er muss bereit sein, gefährliche Missionen zu übernehme. Er muss Führungsqualitäten und eine kräftige physische Natur besitzen. Und er muss christlichen Glaubens sein." Aber die Army wollte ihn nicht gehen lassen. Mosetti wurde in Nordafrika stationiert und bereitete die Invasion Italiens vor. Im Juni 1946 verliess er die US-Army. Eichmann, SS-Obersturmbannführer und Protokollführer der "Wannseekonferenz", versteckte sich fünf Jahre. Angeklagt wurde er in Nürnberg nicht. Dokumente der CIA besagten, dass Eichmann im Untergrund versteckte Goldbestände gesichert und die Flucht von Kriegsverbrechern finanziert haben soll. Das Protokoll einer Geheimkonferenz vom 10. August 1944 in Strassburg hatte die Kapitalflucht in neutrale Länder empfohlen: "Die deutschen Industriellen müssen sich vorbereiten, um nach der Niederlage durch eine Export-Offensive neue deutsche Stärke zu erlangen. Sie werden die NSDAP finanzieren müssen, die in den Untergrund gehen wird. Daher wird von jetzt an die Hitler-Regierung große Summen zur Verfügung stellen, um nach dem Krieg im Ausland über eine sichere Grundlage zu verfügen." Als "sichere Grundlage" bot sich Argentinien an. 1950 traf Eichmann in Buenos Aires ein - mit falschen Papieren, die er von einem Franziskanermönch erhalten hatte. Zwei Jahre später ließ er seine Familie nachkommen, seine Söhne schulte er unter ihrem richtigem Namen in der deutschen Schule ein. Simon Wiesenthal erhielt von einem Freund Hinweise über Eichmanns Aufenthalt: "Ich sah dieses elende Schwein, er lebt in der Nähe von Buenos Aires." Er informierte den israelischen Konsul in Wien. Aber nichts geschah. Er erhielt die Antwort, dass für Recherchen kein Geld vorhanden sei. Weder die CIA noch der Bundesnachrichtendienst rührten sich, denen sich etliche "alte Kameraden" angedient hatten. In Bonn hielt Konrad Adenauer seine schützende Hand über seinen Staatssekretär im Bundeskanzleramt, Hans Globke, den Herausgeber des Kommentars zu den Nürnberger Rassengesetzen. Enttäuscht schrieb Simon Wiesenthal in seinen Memoiren: "Die amerikanischen Juden hatten andere Sorgen. Die Israelis hatten kein Interesse mehr an Eichmann, sie mussten sich im Überlebenskampf gegen Nasser behaupten." "Eichmann war in einer Gruppe von 16 Deutschen gekommen" - erinnert sich die rechte Hand von Staatspräsident Perón, Jorge Antonio, der 1951 Mercedes Benz Argentina gegründet hatte - "Daimler Benz bat mich, sie einzustellen, sie alle seien Techniker. Ich kannte ihn unter seinem richtigen Namen, aber das interessierte mich alles nicht." Antonio kaufte als Strohmann für Daimler-Benz und andere Firmen 60 Aktiengesellschaft im Bergbau, in der Landwirtschaft, im Immobiliensektor, mit Geld, das während des 2. Weltkrieges in der Schweiz angelegt war. So gelangte es, getarnt als Begleichung von Ex- und Importen, wieder in den Kreislauf der Unternehmen. Hat er sich jemals gefragt habe, ob er Nazi-Gelder verwaltete? "Mit uns haben die Deutschen viel Geld gemacht", so Antonio, lachend, "wenn Sie das Geldwäsche nennen ... Ich wollte eine Lastwagenfabrik. Und die habe ich bekommen." 1955 putschte das Militär. Alle Firmen Antonios wurden beschlagnahmt, seine Ordner über seine Finanzaktionen, über getürkte Lieferungen und die schwarze Buchführung. Antonio wurde verhaftet und saß zwei Jahre im Gefängnis. 1957 fiel Daimler Benz entschädigungslos an den argentinischen Staat. Zitat aus dem Urteil: "Die beschlagnahmte Firma konnte die Existenz von deutschen Kapitalanlagen nicht nachweisen und versuchte statt dessen, diesen Nachweis als nebensächlich darzustellen. Es ist aber einer der wichtigsten Punkte." Daimler Benz und ihr Hauptaktionär, die Deutsche Bank, reagierten. Sie wollten sich "ihr" Kapital nicht wegnehmen lassen und erinnerten sich an einen alten Freund, an William Mosetti. Er war 1949 zu Socony-Vacuum zurückgekehrt (inzwischen Mobil Overseas Oil Company). Als ihn Daimler Benz unter Vertrag nahm, lebte er in Leopoldville, Belgisch Kongo. Mosetti leistete ganze Arbeit. 1959 urteilte das Berufungsgericht in Buenos Aires zugunsten von Daimler-Benz. Zwar blieb das Unternehmen die Erklärung schuldig, wie das Kapital nach Argentinien gekommen war und aus welchen Quellen es stammte. Aber, urteilten die Richter, diese Unterlassung sei nicht hinreichend, um eine Enteignung zu rechtfertigen. Das Unternehmen wurde zu einer Geldstrafe verurteilt. Die Lastwagenfabrik öffnete wieder ihre Pforten, Arbeiter wurden eingestellt. Unter ihnen Adolf Eichmann alias Ricardo Klement. Am 29. April 1960 ernannte die Aktionärsversammlung Mosetti zum Generaldirektor von Mercedes Benz Argentina. Und zwölf Tage später kommt Ricardo Klement nicht nach Hause zurück. Er hatte seiner Frau gesagt, dass er "eine wichtige Verabredung ausserhalb von Buenos Aires" habe. Am nächsten Morgen schlug seine Frau in der Mercedes-Fabrik Alarm und eine "inoffizielle Suchaktion wurde eingeleitet" - so ein Vermerk des ehemaligen SS-Offiziers und Daimler-Vorstandsmitglied Hanns-Martin Schleyer. Am 23. Mai erklärte Israels Premierminister in der Knesset, dass sich Eichmann in israelischer Haft befinde. Wie er nach Israel gekommen ist, sagte Ben Gurion nicht. Er erwähnte eine "Gruppe von Freiwilligen", die "nach einer langen Suche ihr Werk zu Ende gebracht haben". Die argentinische Regierung liess untersuchen, wie es zu dieser Verletzung der Souveränität gekommen war. Aber die Ergebnisse wurden nie veröffentlicht. Die Welt erfuhr nichts von jener kleinen schmutzigen Piper (Apache), die auf einem lokalen Flughafen, in der Nähe von Eichmanns Haus, an jenem 11. Mai gesehen worden war. Ben Gurion sagte nie, dass der Mossad Eichmann entführt habe. Diese Version wurde von Journalisten in die Welt gesetzt, die sich auf nicht genannte Quellen beriefen. Aber mit der Zeit gefiel sich wohl der Mossad in der Rolle des "Rächers", der allein um der Gerechtigkeit willen internationale Gesetze bricht. Wie bei der Jagd und Ermordung der Mitglieder des Kommandos "Schwarzer September", die bei der Olympiade in München 1972 israelische Sportler erschossen hatten. Die israelische Regierung rechtfertigte ihre geheimes, ungesetzliche Aktion gegen Palästinenser unter anderem mit dem Hinweis auf die ebenfalls illegale, aber moralisch gerechtfertigte Entführung Eichmanns. Viele Fragen stehen offen, etwa ob und wie die Gruppe um Lothar Hermann, der 1957 Eichmann gefunden hat, Kontakt aufgenommen hat zu William Mosetti, der herumerzählte, dass er im Krieg gegen die Nazis gekämpft hat. Oder die Frage, wie Israel zur Entgegennahme des Kriegsverbrechers "überredet" worden war. Mosetti muss an der Entführung teilgenommen haben. Er ließ bereits am 12. Mai 1960, EINEN Tag nach der Entführung, Eichmann alias Klement bei der Rentenversicherung abmelden. Elf Tage VOR der Bekanntgabe durch Ben Gurion wusste also Mosetti, dass Eichmann nicht an seinen Arbeitsplatz zurückkehren wird. Eichmann hat sich in Argentinien sehr sicher gefühlt. Er gab sogar Interviews. Der ehemalige SS-Offizier Willem Sassen führte mit ihm 50 mehrstündige Gespräche. Eichmann war verbittert. Er, einst Herr über Leben und Tod, war verarmt und hatte nichts mehr zu sagen. Bei Mercedes Benz Argentina erhielt er ein Gnadenbrot. Viele ehemalige Mitstreiter machten im Wirtschaftswunderland Karriere und wollten sich nicht mehr an die Absprachen von Strassburg erinnern und den Wiederaufbau der NSDAP finanzieren. Auf den Tonbändern, die Sassen mit Eichmann aufnahm, ist immer wieder das Entkorken von Weinflaschen zu hören. Er kam in Fahrt und prahlte mit "Heldentaten": "Mich reut gar nicht. Hätten wir von den 10,3 Millionen Juden 10,3 Millionen Juden getötet, dann wäre ich zufrieden und würde sagen: ,gut, wir haben einen Feind vernichtet." Sassen versuchte das Interview an die Presse zu verkaufen. Es war nur eine Frage der Zeit, dass Journalisten an der Haustür des redseligen Eichmann klingelten. Und es war völlig unberechenbar, über was und über wen er wohl auspackte. Über Hans Globke, seine Kameraden aus der SS, die in Chefetagen bundesdeutscher Konzerne einzogen? Über seinen früheren Arbeitgeber Standard Oil, der mit den Nazis das Erdöl von Baku erobern wollte und sie kurz vor dem Ziel mit leeren Tanks am Kaukasus im Stich gelassen hatte? Mosetti kann zu diese Fragen nicht mehr gehört werden. Er schied 1975 bei Mercedes Benz aus. Seine letzte Anstellung war die US-Botschaft in Bern. Er verschied 1992 in der Schweiz. Nach jahrelanger Recherche stehe ich vor einer Wand des Schweigens. Die Informations-Zugangs-Gesetze greifen nicht. Und zur Auskunft verpflichtet sind nur Behörden, nicht Unternehmen. In den Firmenarchiven von Standard Oil und DaimlerChrysler fand ich nur Material, das vorher offensichtlich "gesäubert" worden ist. DaimlerChrysler behauptete drei Jahre lang, dass sie über einen Herrn Mosetti, fünfzehn Jahre ihr Generaldirektor, keine einzige Information besäßen. Auf zwei Aktionärsversammlungen habe ich nach Mosetti gefragt. Man kannte ihn nicht. Wenige Tage vor Abschluss dieses Manuskripts schrieb mir DaimlerChrysler, dass "nach intensiver Suche" doch etwas zu Mosetti gefunden wurde. Ich erhielt per E-mail seinen undatierten und unvollständigen Lebenslauf, der nur Informationen enthielt, die ich längst besaß. Ich habe ExxonMobil nach dem geheimen Pakt mit den Nazis gefragt und nach ihren Angestellten Eichmann und Mosetti. Sie behaupten, in ihren Archiven diese Namen nicht finden zu können. Die israelische Regierung verweigert jeglichen Kommentar. Sie verschweigt bis heute die Wahrheit und hält die Protokolle der Verhöre oder Verhandlungen mit Eichmann zwischen dem 11. und 21. Mai in Uruguay geheim. |