Home > Branchen > Auto: DC > Allgemein > dcwn | |
Updated: 18.12.2012 15:51 |
DC Workers News Internationale Zeitung von und für Kolleginnen und Kollegen Schon vor längerem angekündigt, ist es jetzt endlich soweit: KollegInnen aus der bundesdeutschen DC-Koordination haben gemeinsam mit KollegInnen aus brasilianischen, US-amerikanischen und kanadischen DaimlerChrysler-Werken eine internationale, mehrsprachige Zeitung erstellt, die nun regelmäßig über die Entwicklungen der DC-Politik weltweit informieren wird. Die hoffnungsvolle Null-Nummer enthält eine Weltkarte mit Übersicht über Produktionsstandorte und Daten zu Werken, Beschäftigtenzahlen etc. sowie den folgenden Überblick über aktuelle Auseinandersetzungen in verschiedenen Standorten – sehr nützlich und zur Nachahmung empfohlen. Dass DaimlerChrysler seit vielen Jahren ein internationaler Konzern mit internationaler Belegschaft ist, weiß heute jedes Kind. Was dies für Menschen, die bei diesem Konzern arbeiten, unter den Bedingungen globalisierter Produktion und grenzenloser Freiheiten des Kapitals bedeuten kann, macht dagegen nur selten Schlagzeilen. DC ist mächtig: Mit einem Konzernumsatz größer als der Staatshaushalt mancher europäischer Kleinstaaten hat er gewählten Regierungen Subventionen, Steuerbefreiung und Gratis-Infrastruktur in Milliardenhöhe abgepresst: Für 1200 Arbeitsplätze im brasilianischen A-Klasse-Werk in Juiz de Fora musste der brasiliani-sche Steuerzahler den reichen Konzern mit rund 10000 Euro pro produziertem Fahrzeug subventionieren. Und das im Land der Straßenkinder, wo die Regierung kaum genug Geld hat, ihre Lehrer zu bezahlen! Diese Politik wird überall auf der Welt angewandt – von Untertürkheim bis Detroit, von Windsor in Kanada bis Sao Paulo. Die Zeiten, in denen der Konzern seiner hart arbeitenden Belegschaft sichere Arbeitsplätze, gute Löhne und gute Arbeitsbedingungen bot, sind vorbei:
Über 300000 ArbeiterInnen und Angestellte produzieren gemeinsam, in weltweiter Arbeitsteilung, PKWs, LKWs und Busse. Und sie leisten auch Widerstand gegen die Verschlechterung ihrer Lebens- und Arbeitsbedingungen. Um seine Ziele besser durchsetzen zu können, setzt der Konzern meist auf nackte Erpressung. Zum Kampf um die Köpfe der KollegInnen benutzt er speziell dafür geschaffene Medien wie das DC-TV und diverse »Mitarbeiter«-Zeitungen. Sie sollen den KollegInnen die Sicht der Konzern-Spitze in den Kopf pflanzen. Wir sollen uns verhalten wie »Arbeitskraft-Unternehmer«, sollen gegeneinander konkurrieren am Arbeitsplatz, Belegschaft gegen Belegschaft, deutsche gegen brasilianische, brasilianische gegen nord-amerikanische DaimlerChrysler-KollegInnen – weil es angeblich keine Alternative gäbe. Der Gedanke der Solidarität, der uns erst stark und durchsetzungsfähig gemacht hat, soll aus unsern Köpfen und Herzen gelöscht werden. Aber immer mehr KollegInnen erleben es: Wir können in diesem Ratten-Rennen um Kosten und Konkurrenzfähigkeit nur verlieren! Deshalb treffen sich seit mehreren Jahren Gewerkschafter – Vertrauensleute und Betriebsräte – der brasilianischen CUT, der kanadischen CAW, der UAW aus USA und der deutschen IG Metall – aus DaimlerChrysler-Betrieben. Wir diskutieren darüber, wie den Angriffen des Unternehmens am besten Paroli geboten, Widerstand entwickelt und unsere Lage wieder verbessert werden kann.
Denn die globale Zusammenarbeit der Unternehmer gegen uns ArbeiterInnen und Angestellte ist schon heute Realität! Fremdvergaben in Brasilien: Kämpfen statt Zuschauen! In Brasilien wurde eine Betriebsvereinbarung über Fremdvergaben durchgesetzt. Sie wurde nach einem harten Kampf der Beschäftigten in Sao Bernardo 1994 von der Firma unterschrieben und gilt bisher nur für dieses Werk (also nicht für Campinas oder Juiz de Fora ). Die Vereinbarung legt Regeln für Fremdvergabe fest. Ein zentraler Punkt ist, dass vor jeder geplanten Fremdvergabe zunächst mit der Fabrikkommission und der Gewerkschaft verhandelt werden muss. Bis heute konnten so fast alle Fremdvergaben verhindert werden (mit Ausnahme von Reinigungsarbeiten, Aluminiumteilen, Teilen der Kantine, Polsterung. Diese waren z.T. schon vorher fremdvergeben gewesen). Ein weiteres, gut genutztes Instrument in Brasilien ist der Ende letzten Jahres verabschiedete Verhaltenskodex. Dabei hat DC sich u.a. verpflichtet, auch bei seinen Zulieferfirmen die Einhaltung von Gesetzen und gewerkschaftlichen Rechten der Belegschaften sicherzustellen. Fabrikkommission und Gewerkschaft üben damit immer wieder Druck auf DC aus: Damit auch bei Zulieferern und »Dienstleistern« Arbeitsrecht, Tarif-vertrag und das Recht, sich gewerkschaftlich zu organisieren respektiert werden! Outsourcing-Fieber Das Outsourcing-Fieber grassiert weiter weltweit in den DC-Betrieben. Auf einem internationalen Treffen von Gewerkschaftern in Juiz de Fora wurde darüber ausführlich diskutiert. Auch aus Deutschland wurden mehrere Beispiele genannt. 1. In Mannheim ist die Auslagerung der Kabelfertigung zu
einem japanischen Unternehmen, das in Tschechien produzieren lässt,
beschlossene Sache. Etwa Mitte 2004 sind die über 800 Arbeitsplätze
definitiv weg. Die Belegschaft hat die Unzufriedenheit nicht in Gegenwehr
umgesetzt. Der Betriebsrat hat kampflos zugestimmt. Mit der Zusicherung
einer Beschäftigungsgarantie bis 2007 und dem vagen Versprechen,
es solle neue Arbeit nach Mannheim geholt werden, wurden die KollegInnen
vertröstet und stillgehalten. Von neuer Arbeit ist allerdings weit
und breit nichts zu sehen. Wo soll sie auch herkommen? 2. Im Zuge der Durchführung des Projektes »Truck Plus« sollen in Wörth etwa 400 Arbeitsplätze durch Auslagerung verschwinden. Teile der Vormontage wie das Aufziehen der Reifen auf Felgen, Leitungen im LKW, lackierte Kunststoffteile und die Fertigung von Kleinproduktion wie Stanzteile sollen fremdvergeben werden. An diesen Arbeitsplätzen sind viele leistungsgeminderte Kollegen und auch viele Frauen beschäftigt. »Wir werden um jeden Job in Wörth kämpfen«, sagt der Betriebsratsvorsitzende. Dazu muss jetzt die Belegschaft mobilisiert werden! 3. Auch in Untertürkheim stehen Arbeitsplätze auf dem Spiel. Die Produktion von Integralträgern soll zu Benteler gehen. Sie könnte genausogut im Werk Untertürkheim gemacht werden! Gegen diese neuen Maßnahmen hat die Belegschaft bereits durch ausgiebige Informationsveranstaltungen beim Betriebsrat, durch aktiven Protest auf der Betriebsversammlung und Arbeitsniederlegung heftigst Widerstand geleistet. »Fremdvergabe dient bloß dazu, den Gewinn der Unternehmer zu steigern und Arbeitsbedingungen zu verschlechtern. Wir sollten uns viel massiver dagegen zur Wehr setzen. Uns reicht’s!« Das war die Stimmung der Kollegen! Vorsicht, Sackgasse: Ergänzungstarifvertrag Um die Bedrohung von Arbeitsplätzen durch Fremdvergabe im sog. »Dienstleistungsbereich« zu begrenzen, wird vom Gesamtbetriebsrat DC ein Ergänzungstarifvertrag für diese Bereiche vorangetrieben. Weil die Fir-ma behauptet, die Kollegen im Dienstleistungsbereich seien zu teuer, soll dieser Tarifvertrag dort die Ar-beitszeit verlängern und die Löhne senken. Im Gegenzug soll die Firma auf Fremdvergabe verzichten. Dass Lohnsenkung und Arbeitszeitverlängerung die verkehrteste aller denkbaren Strategien ist, hat die IG Metall in der Tarifrunde korrekt vorgerechnet. So ein Ergänzungstarifvertrag sichert überhaupt nichts ab: 1. drückt er sofort die Löhne auch bei den sog. »Fremdfirmen« noch weiter nach unten – und die nächste Lohndrückerrunde in den Dienstleistungscenter ist eingeläutet. 2. ist der Angriff auf unsere Löhne und Arbeitszeiten längst kein auf Dienstleistungsbereiche begrenztes Thema mehr: Die vielen Beispiele in dieser Zeitung belegen dies überzeugend. Gegen Fremdvergabe hilft nur Widerstand! USA: Fremdvergabe per Tarifvertrag Im vergangenen Oktober hat die UAW einen neuen Tarifvertrag mit DaimlerChrysler abgeschlossen. Der Vertrag stimmt dem Verkauf von zwei und der Schließung von weiteren zwei Fabriken zu. An Siemens verkauft werden soll der Chrysler-Betrieb in Huntsville in Alabama und an Metaldyne die Indiana Machine & Forge in Newcastle. Die beiden Fabriken, die geschlossen werden sollen, sind McGraw Glass in Detroit sowie die Indianapolis Foundry in Indiana. Diese Veränderungen liegen im Trend: Überall versuchen die Kapitaleigner in der Industrie soviel Teile- und Komponentenfertigung wie möglich an zweitrangige Firmen fremd zu vergeben und sich auf Entwicklung und Marketing der Autos zu konzentrieren. Noch verhängnisvoller sind folgende Punkte der Vereinbarungen: 1. In Ziffer 124 des Tarifvertrags mit DC verpflichtet
sich die Gewerkschaft detailliert, die Firma bei der Durchsetzung der
Lean Production zu unterstützen. Momentan wird auf lokaler Ebene
verhandelt, wie dies im einzelnen Betrieb konkret umgesetzt wird. Erschienen im express, Zeitschrift für sozialistische Betriebs- und Gewerkschaftsarbeit, 5/04 |