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Updated: 18.12.2012 15:51 |
Einige Überlegungen des Anti-Hartz-Bündnisses Berlin zur Verständigung auf eine gemeinsame Arbeitsgrundlage im Arbeitsausschuß der bundesweiten Koordination der Gewerkschaftslinken Allgemeine Einschätzung der gesellschaftlichen Situation Mit dem Zuschnitt der sozialen Systeme auf die Bedürfnisse eines neoliberalistischen Wirtschaftssystems - hier wie in allen kapitalistischen Industriegesellschaften des Westens und weltweit - versucht das Kapital und das ihr zuarbeitende politische Establishment seit dem Zusammenbruch der realsozialistischen Staaten generalstabsmäßig, die Parameter der gesellschaftlichen Besitz- und Produktionsverhältnisse unumkehrbar zugunsten eines ungezügelten Strebens nach Profitmaximierung zu verschieben, dem sich alle Bereiche des gesellschaftlichen, sozialen, politischen und kulturellen Lebens in diesem Lande unterordnen sollen. Dies ist an sich nicht neu und entspricht seinem Wesen nach
dem Charakter kapitalistischer Gesellschaftsysteme, neu ist jedoch die
Qualität des Angriffs, der sich des an sich schon irrationalen Konsens`
zwischen Gesellschaft und Kapital, der sich aus der besonderen historischen
Situation nach dem Ende des Zweiten Weltkriegs ergeben hat, nun engültig
entledigen will. Dem Schulterschluß zwischen Kapital und der politischen Klasse folgte dann sehr schnell der konzertierte gesamtgesellschaftliche Angriff unter Führung des Kapitals: Der Angriff auf die Flächentarifverträge, eingeleitet
durch die durch die sogenannte Pforzheimer Erklärung vor knapp zwei
Jahren und die Einleitung der Hartzgesetzgebung als Kernstück der
sogenannten Agenda 2010 dürfen hierbei nur als Anfangsetappen einer
Politik der Deregulierung und des Sozialabbaus angesehen werden, an dessen
Ende die weitreichende Etablierung eines Niedriglohnsektors auf niedrigem
Niveau angestrebt wird, in dem Menschen arbeiten werden, die mit zwei
oder drei Jobs immer noch nicht die Monatsmiete bezahlen können. Gleichzeitig wird auf der gesellschaftlichen Ebene der Druck
auf die Arbeitslosen verstärkt, sich auf solche Jobs zu bewerben,
weil trotz zunehmender Beschäftigtenzahlen die tatsächliche
Zahl der angebotenen voll sozialversicherungspflichtigen Arbeitsplätze
in den letzten Jahren zunehmend gesunken beziehungsweise abgebaut worden
ist. Um die Augenwischerei demokratisch zu legitimieren wird diesen vorwiegend
Langzeitarbeitslosen alternativ freigestellt, ob sie sich von den Arbeitsagenturen
erst einmal in einen sogenannten 1-Euro-Job >vermitteln< lassen
wollen, um angeblich ihre Vermittlungschancen in einen Job des sogenannten
Ersten Arbeitsmarktes zu verbessern oder aber sich gleich in einem prekären
Arbeitsverhältnis – Stichwort: Mini-oder Midijob – zwangsvermitteln
zu lassen oder sich erzwungenermaßen selbst zu „bewerben“. Das alles hat bereits heute enorme Auswirkungen auf die noch Beschäftigten im sogenannten Ersten Arbeitsmarkt, vor allem auf die Beschäftigten der unteren Lohngruppen, der Druck wird zunehmen, mit Fingerzeig auf das industrielle Reserveheer auf der Strasse, sich zu zunehmend schlechteren Arbeitsbedingungen, bei verlängerten Arbeitszeiten und weniger Geld verdingen zu müssen. Dieser Trend wird vor der Facharbeiterschaft und den Stammbelegschaften nicht halt machen, die wiederum in den Sog der unteren Lohngruppen geraten und/oder mit dem direkten Abbau von qualifizierten Arbeitsmöglichkeiten und Industriearbeitsplätzen konfrontiert sind, wie wir sie als Vorgeschmack bereits bei den Kämpfen um den Erhalt der Arbeitsplätze bei GM/Opel gesehen haben. Wir werden im Gegenteil langfristig erleben, daß bei den jetzt eingeleiteten gesamtgesellschaftlichen und betrieblichen Angriffen die Schere zwischen Arm und Reich in dieser Gesellschaft sich zunehmend weiten wird, erworbene soziale und materielle Ansprüche entwertet werden und nicht mehr gelten sollen und vielen Menschen zunehmende, krasse Altersarmut drohen wird. Flankiert wird diese Entwicklung gesamtgesellschaftlich durch eine Amerikanisierung der Sozialversicherungssysteme, durch die zunehmende Ausbildung eines Zwei-Klassen-Bildungssystms mit der Tendenz, daß immer weniger Arbeiterkinder und Kinder aus armen Familien studieren können, die zunehmende Privatisierung staatshoheitlicher Aufgaben...viele Dinge mehr, die wir heute – in Zeiten, wo der shareholder value in zunehmenden Maße staatliche Sozialpolitik ersetzt – überhaupt noch nicht absehen können. EINE KLASSENKÄMPFERISCHE OPPOSITION IST NOTWENDIGER DENN JE Der DGB und seine Einzelgewerkschaften sind bei diesen ganzen Entwicklungen bisher Statisten geblieben und wenn wir die Indikatoren – spätestens angesetzt beim Verrat der KollegInnen der Metallindustrie in Ostdeutschland 2003 durch die IG Metall, über die Anerkenntnis von sogenannten 1-Euro-Jobs nicht als Zwangs- und Disziplinierungsmaßnahme, sondern als legitime Eingliederungsmaßnahme in einen für einem Großteil der Arbeitslosen nur noch Fiktion darstellenden Ersten Arbeitsmarkt im Herbst letzten Jahres, bis hin zum Sommer-Interview im Spiegel vom 14.02.2005, in dem dieser dem herrschenden, neoliberalistischen mainstream nun auch offiziell die Absolution der Gewerkschaftsführung erteilt - richtig deuten, so unterstützen diese jetzt auch offen das neoliberalistische Projekt von Hundt, Schröder &Co. Eine solche Gewerkschaftsführung und der ihr untergeordnete
bürokratische Apparat, der so fahrlässig mit dem ihm gegebenen
Mandat seiner Mitglieder umgeht, die Interessen der noch Arbeitenden und
der Arbeitslosen an das Kapital und die sogenannten >Sozialreformer<
aus Gründen des eigenen Machterhalts und der Pfründesicherung
so billig verkauft und ohne Widerstand den neoliberalistischen Sozialkahlschlag
als unumgänglich und >nicht mehr umkehrbar< bezeichnet, erkennt
damit gleichzeitig die herrschenden Besitz- und Kapitalverhältnisse
und die neoliberale Ungleichheitsdoktrin als unterstützenswert an,
hier und weltweit. Eine wesentliche Aufgabe einer ernstzunehmende, linken
Gewerkschaftsopposition besteht darin, die reformistische und opportunistische
Argumentation der heutigen Gewerkschaftsführungen und ihrer verlängerten
Arme in den Konzernen und Betrieben zu entlarven und die KollegInnen in
den Betrieben langfristig für eine andere Politik zu gewinnen. Der langfristige Aufbau eines radikalen, klassenkämpferischen
Politikansatzes, der Wirkung hinein in die Gesellschaft entwickeln kann,
kann nach unserem Ermessen in der Tat nur erreicht werden, indem sich
eine linke Gewerkschaftsopposition in zunehmend wahrnehmbaren Maße
auch der gesamtgesellschaftlichen und sozialen Kämpfe annimmt, nicht
nur als Lippenbekenntnis, sondern als integraler und aktiver Bestandteil
der sozialen Bewegung. Vor dem Hintergrund der neoliberalen Ökonomisierung
der Gesellschaft wird eine linke Gewerkschaftsopposition ihren Platz in
einer kritischen Öffentlichkeit nur dann finden, wenn sie sich verstärkt
nicht nur der organisierten Arbeitnehmerschaft in den Gewerkschaften,
der Industriearbeiterschaft und den Stammbelegschaften in den Betrieben
zuwendet, sondern offensiv und den politischen Unständen entsprechend
ihre Basis erweitert und Unorganisierte, Menschen in prekären Beschäftigungsverhältnissen
und die diversen Gruppen von Arbeitslosen als voll- und gleichwertige
Ansprechpartner entdeckt. Vor diesem Hintergrund hat eine gewerkschaftslinke Opposition auch ganz konkrete, an den tatsächlichen Bedürfnissen der Menschen und den objektiven politischen Notwendigkeiten ausgerichtete (Interims-)Forderungen an Kapital, Sozialpartner und die politische Klasse zu stellen und vehement zu vertreten:
Konkrete inhaltliche Forderungen des Anti-Hartz-Bündnisses, Berlin Das Anti-Hartz-Bündnis, Berlin setzt sich für eine bedingungslose Rücknahme der Agenda 2010 und der Hartz-Gesetzgebung ein, die Übernahme dieser Forderungen durch die bundesweite Koordination der Gewerkschaftslinken, das Plenum und den Arbeitsausschuß der bundesweiten KOGL sehen wir als Voraussetzung und Chance für eine wirkliche Koordination und Vernetzung und einen Ausbau der Basis betrieblichen und sozialen Widerstands an. – Wir werden vor diesem Hintergrund die Arbeit einer sich neu zu organisierenden linken Gewerkschaftsopposition kritisch und aktiv unterstützen. – Als direkt und sofort durch Kapital und politische Klasse zurückzunehmende Maßnahmen im Zuge der menschenverachtenden Hartzgesetzgebung und Agenda 2010 fordern wir als Zwischenetappen: Wiederherstellung des Status-Quo vor Einführung der Hartz-Gesetze I-IV zum 1.07.2003, konkreter
Desweiteren fordern wir die Abschaffung von sogenannten Mini- und Midijobs, da diese
+ die Rücknahme der eklatanten Verschlechterungen im Gesundheitswesen
+ die Nichteinführung von Studiengebühren ... Vorschlag eines Transparenz- und Umgangskodex als organisatorische Arbeitsgrundlage einer bundesweiten Koordination von Gewerkschaftslinken Vor dem Hintergrund unserer Kritik an der Durchführung der ersten bundesweiten Konferenz diesen Jahres von Gewerkschaftslinken im Januar in Stuttgart (s. hierzu auch das Papier der Berliner GL „Einige offene Anmerkungen...“ vom 19.01.05), schlagen wir einen Kodex von organisatorischen Verfahrensweisen vor, wie zukünftig die Arbeit von Interims-Arbeitsausschuß und Konferenzdurchführung transparenter und fairer gehandhabt werden kann: Transparente Arbeitsweise des Arbeitsausschusses
Faire Spielregeln bei der Organisation bundesweiter Treffen und Konferenzen der Gewerkschaftslinken
Für das Berliner Anti-Hartz-Bündnis Verteiler: www.labournet.de, Kogl-Verteiler,
Rhein-Main-Bündnis, RSB, Stuttgarter Metallertreff, hagelang@gmx.de |