letzte Änderung am 4. Okt. 2002 | |
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Kolleginnen und Kollegen,
offiziell sind über 4 Mio. Menschen arbeitslos. Es kommen noch ca. 2 Millionen hinzu, die aus den Statistiken herausgefallen sind. Die Betroffenen haben nicht nur Einbußen am gewohnten Lebensstandard hinzunehmen - sie sind auch in ihrer Würde verletzt: auf die Straße gesetzt, obwohl sie sich jahrelang angestrengt und eingesetzt haben. Die, die sie entlassen haben, erkennen weder die Leistung der Gefeuerten an, noch kennen sie Mitleid oder soziale Rücksichtnahme. Wenn es an ihre Profite geht, ist es mit dem Gerede von Sozialpartnerschaft zu Ende.
Kanzler und Kandidaten denunzieren die Entlassenen in aller Öffentlichkeit noch als Faulenzer fordern mehr Druck - mit teilweise verheerenden psychischen Folgen für die Betroffenen.
Die arbeitenden Menschen in unserem Land haben angesichts dieser Lage ein berechtigtes Anliegen: Sie wollen Arbeit, Auskommen und soziale Sicherheit für sich und ihre Familien. Sie fordern Maßnahmen, die der Erfüllung ihrer Bedürfnisse dienen. Doch trotz vieler schillernder Politikerversprechen werden ihre Ansprüche zunehmend nicht erfüllt. Ganz im Gegenteil. Befürchtungen, es könnte im Rahmen eines Finanz- und Börsenkrachs, im Rahmen einer sich verschärfenden Rezession noch schlimmer kommen, wachsen zu Recht.
Es gibt viele, die auf dem Boden der hieraus folgenden allgemeinen Verunsicherung der arbeitenden Menschen ihr Süppchen kochen wollen. Politiker und Manager, Funktionäre der Unternehmerverbände sie alle preisen ihre Patentrezepte an, die Arbeit für Alle schaffen sollen. Letztlich appellieren sie aber alle an das Kapital, doch zu investieren und einzustellen.
Das Kapital allerdings stellt Bedingungen: es hat sein Krisenprogramm schon gemacht und bessert es täglich nach: Seine Funktionäre fordern weitere Steuer- und Abgabensenkungen für die Unternehmer - und für die arbeitenden Menschen Sozialabbau, steigende Verbrauchssteuern und Reallohnsenkungen.
Ökonomisches Ziel des Kapitals ist eine Steigerung seiner Renditen auf Kosten der arbeitenden Menschen, der Natur und der Umwelt. Mittel zur Erreichung dieses Ziels sind u. a.
Das Kapital kann sich nicht zu seinen wahren egoistischen Zielen und Beweggründen bekennen. Daher ist es gezwungen, die ausschließlich in seinem Interesse liegenden Maßnahmen mit deren angeblichen Nutzen für das Gemeinwohl zu rechtfertigen. BDI, BDA, die Allianz, Deutsche Bank usw.: sie bedienen sich zur Vernebelung der tatsächlichen Verhältnisse ihrer Medien, ihrer Parteien, aber auch derjenigen Gewerkschaftsführungen, die sich praktisch und propagandistisch in das Bündnis mit dem Kapital einbinden lassen, was Bündnis für Arbeit getarnt wird. Das Motto dieser Allianz:"Dem Kapital geht es gut, wenn es hohe Profite macht. Geht es dem Kapital gut, geht es allen gut. Kümmern wir uns also gemeinsam als Co-Manager um die Renditen."
Es ist Aufgabe - gerade der Gewerkschaftslinken - dem gezüchteten Massenvorurteil entgegenzutreten, dass niedrige Löhne und hohe Profite - gleichsam automatisch - zu mehr Beschäftigung führen. Dieser Ansicht liegt die Annahme gleicher Interessen von Kapital und Arbeit zugrunde, die es indes nicht gibt. Ziel jeglicher unternehmerischer Betätigung ist die Erzielung eines möglichst hohen betrieblichen Gewinns. Flexibilisierung, Intensivierung der Arbeit, Produktivitässteigerungen sind Mittel zur Steigerung der Renditen des Kapitals. Sie führen zur Entlassung derjenigen, die überflüssig gemacht wurden. Gerechnet wird nur auf der Ebene des Unternehmens und nicht gesellschaftlich. Führt dies schon in wirtschaftlich normalen Zeiten zur Aufrechterhaltung oder Steigerung von Arbeitslosigkeit, so erst recht dann, wenn die Märkte wegen fehlender kaufkräftiger Nachfrage verstopfen. Fehlende Absatzmöglichkeiten für einen steigenden Warenausstoß lassen jedes Interesse des Kapitals an der Beschäftigung von Arbeitskräften erlahmen. Der Ruf der Unternehmerverbände nach Beseitigung des Kündigungsschutzes wird daher immer lauter, je ergiebiger die Arbeitsleistung, je niedriger der Absatz der Waren wird. Die Beseitigung der Massenarbeitslosigkeit ist im Kapitalismus nicht erreichbar ganz gleich wer an der Regierung sitzt. Ob Kohl ob Schröder sie sind letztlich mit den gleichen Konzepten gescheitert. Und auch Stoiber hat nichts besseres zu bieten.
Auch Hartz wird scheitern: Seine Maßnahmen helfen den Unternehmen im Ergebnis dabei, dass die Arbeit härter und das Gehaltsniveau niedriger wird. Die gesellschaftliche Nachfrage nach Arbeit steigert dies nicht.
Letztlich wurde und wird nur der gesellschaftliche Reichtum von unten nach oben verteilt, das Kapital hofiert, entlastet und subventioniert und auf der anderen Seite die arbeitenden Menschen als steuerliche Melkkuh und Objekt des Sozialabbaus missbraucht. Das angeblich dadurch zu bekämpfende Problem, die Arbeitslosigkeit, aber ist geblieben.
In der jetzigen Situation kommt es daher darauf an mobil zu machen für die Forderung nach allgemeiner Arbeitszeitverkürzung, und zwar auf Kosten der Profite. Es gilt, sich allen Bestrebungen nach immer stärkerem Verschleiß der Arbeitskraft durch Ausweitung der Flexibilisierung, Schichtarbeit, Arbeitsintensivierung entgegenzustellen. Es kommt angesichts einer sich wahrscheinlich verschärfenden Krise darauf an, das Netz der sozialen Sicherung enger zu knüpfen, damit die Erpressbarkeit der Erwerbstätigen und Arbeitslosen, sich zu noch so miesen Bedingungen, für Hungerlöhne verkaufen zu müssen, abgemildert wird.
Die Gewerkschaftslinke und andere kritische Kräfte in unserer Gesellschaft können sich nicht darauf beschränken, immer neue Angriffe abzuwehren. Sie müssen ihrerseits ein positives Programm entwickeln, das eine Chance bietet, das Übel Massenarbeitslosigkeit und tendenzielle Verarmung bei gleichzeitiger Anhäufung von immer größerem Reichtum bei Banken, Versicherungen und Großkapital einzuschränken:
Diese Forderungen stellen nur einen Ausschnitt dessen dar, wofür die arbeitenden Menschen eintreten müssen. Sie zeigen jedoch die Richtung an, für die gearbeitet werden muss.
Die Durchsetzung dieser Forderungen muss an der Basis selbständig organisiert werden. Die Vorstände der Gewerkschaften, die sich in das Bündnis für Arbeit haben einbinden lassen, stehen für das Gegenteil. Sie werden daher keine Anstrengungen zur Mobilisierung für diese Ziele entfalten. Diese Anstrengungen müssen die Erwerbstätigen und Arbeitslosen innerhalb und außerhalb der Gewerkschaften schon selbst auf sich nehmen. Um uns selbst müssen wir uns schon selber kümmern.
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