letzte Änderung am 02. Jan. 2003 | |
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Im zwanzigsten Jahrhundert hat die Entwicklung der Produktivkräfte zu einer sich immer rascher entwickelnden Konzentration der industriellen Produktion geführt. Längst reichen Einzelunternehmen nicht mehr aus, das nötige Kapital für die Finanzierung von Rationalisierungsmaßnahmen und Erweiterungsinvestitionen aufzubringen. Große Banken entstanden, zusammen mit Versicherungsunternehmen und Investmentfonds nehmen sie wesentlichen Einfluss auf Investitionsvorhaben und werden selbst Miteigentümer riesiger Konzerne. Sie wuchsen ebenso wie die nationalen Konzernen zu multinational operierenden Unternehmen heran. Nationale Grenzen wurden zunehmend hemmend für die weitere Entwicklung der Kapitalakkumulation und wurden für Waren wie für Kapitalströme immer durchlässiger. Mit dem Zusammenbruch der sozialistischen Länder sind sowohl politisch wie auch geographisch wichtige Barrieren weg gefallen, die diesem Prozess im Wege standen. Aufgrund der wirtschaftlichen, politischen und militärischen Stärke der USA unterliegt der Prozess der Globalisierung ihrem dominierenden Einfluss. Es bleibt abzuwarten, inwieweit China sich dieser Entwicklung auf Dauer entziehen kann.
Die Öffnung von Grenzen für national unkontrollierte Kapitalflüsse hat die Weltwirtschaft anfälliger gemacht. Südostasien, Mexiko, Russland, Brasilien, Argentinien sind Beispiele dafür. Diverse übernationale Institutionen und Abkommen wie Weltbank, Internationaler Währungsfond IWF, die Welthandelsorganisation WTO, Internationale Handelsabkommen wie GATS, das Abkommen zum Schutz von "intelectual property" usw., sind effektive Instrumente, Verwertungsbedingungen für das Kapital weltweit zu optimieren und nationale Widerstände durch den Hebel der Kreditvergabe zu brechen. Es ist davon auszugehen, dass der erste, zunächst gescheiterte, Versuch zur Durchsetzung eines Multinational Agreements on Investments, MAI, nicht der letzte gewesen ist.
Mit der Öffnung der Märkte und der Grenzen für Kapital steigt weltweit die Arbeitslosigkeit. Das ist "natürlich" mit der Globalisierung verbunden. Durch die Globalisierung kann die internationale Arbeitsteilung vertieft und die Produktion spezialisiert werden. In der Folge steigt die Produktivität. Dies führt zum Verlust von Arbeitsplätzen, wenn auch nicht überall gleichmäßig und gleichzeitig, aber eben doch weltweit. Es ist unmöglich nicht nur schwer Arbeitslosigkeit abzubauen wenn man gleichzeitig die Standortkonkurrenz antreibt und zu diesem Zweck die Produktivität steigert. Wenn Gewerkschaften hier wirklich gegensteuern wollen, müssen sie lernen, wirksam über Grenzen hinaus Solidarität zu organisieren und Gegenwehr zu organisieren, europaweit, weltweit.
Es ist derzeit nicht klar, wie sich die internationale Verflechtung der Produktion, die globale Ausweitung von Produktionsstätten und damit die Vernetzung von Interessensphären auswirken wird auf die kriegerische Lösung von Interessenkonflikten zwischen den großen Industrienationen. Erkennbar ist allerdings eindeutig die Zunahme regionaler Kriege zur Durchsetzung von Kapitalinteressen. Hier dürfen Gewerkschaften nicht beiseite stehen: Kriege verschlechtern nachhaltig die Lebensbedingungen der Menschen in den beteiligten Ländern. Der Kampf dagegen ist auch ein Feld zum "Üben" internationaler Solidarität
Heute beherrschen multinational operierende Konzerne (Multis, transnationale Konzerne (TNK)) den Welthandel. Ein Drittel des Welthandels passiert zwischen den nationalen Niederlassungen von Multis, die ein weltweites Netz von Produktionsstätten errichtet haben. Ein weiteres Drittel ist der Handel zwischen Multis. Die 100 größten Multis beschäftigen weltweit 13 Millionen Arbeitskräfte. Die 200 größten Multis erbringen 25 % der weltweiten Wirtschaftsleistung mit 1% aller Arbeitskräfte weltweit. Die weltweite Vernetzung von Abwehrkämpfen gegen die Folgen kapitalistischer Globalisierung hat in diesen Bereichen eine wichtige objektive Basis und kann beispielhaft für andere Bereiche sein. Weltbetriebsräte wie bei VW, die mit der Konzernleitung eine weltweite Sozialcharta vereinbart haben, sollten Schule machen.
Trotz der unübersehbaren Tendenzen zur Globalisierung von Produktion und Handel haben bestimmte Regionen auf der Erde eine herausragende Bedeutung: Dies sind im wesentlichen Nord- und Südamerika unter eindeutiger Dominanz von USA Kapitalinteressen, Europa dominiert von deutschem Kapital, und wenn derzeit auch geschwächt Ostasien unter der Dominanz von japanischer Kapitalinteressen (die sog. Triade). Die zukünftige Rolle von China erscheint derzeit noch nicht abschätzbar.
Die regionale wirtschaftspolitische Bedeutung der Europäischen Union ist besonders stark ausgeprägt: Etwa 70 % des Außenhandels der Länder der EU vollzieht sich innerhalb der EU. Die Verflechtung der Wirtschaft, insbesondere der Multis, ist nirgends sonst so ausgeprägt. Das heißt auch, dass sie nicht einfach in andere Bereiche der Welt ausweichen können. Dies eröffnet die theoretische Möglichkeit, in Europa beispielhafte Standards durchzusetzen, wenn es gelingt, eine gemeinsame, solidarische Gewerkschaftspolitik in den europäischen Ländern zu entwickeln. Natürliche Bündnispartner sind die vielfältigen Gruppen und Organisationen, die immer eindrucksvoller gegen die Folgen einer profitorientierten Globalisierung aktiv werden.
Die derzeitige weltweite Krise hat ihren Ausgang in der IT- und Telekom-Branche genommen. Die scheinbar unendlichen Kapitalströme, die in diese Sparten flossen, haben zu gigantischen Überbewertungen und Überinvestitionen geführt. Die notwendige Folge: eine klassische Überproduktionskrise, d.h. die vorhandenen Kapazitäten können am Markt nicht realisiert werden, die Profiterwartungen werden nicht erfüllt. Der Börsencrash war die Folge. Allein die europäischen Telekom-Betreiber sind mit ca. 400 Mrd. Euro verschuldet. Die Folgen für andere Wirtschaftsbereiche, selbst für Banken sind nicht absehbar. Die Deregulierung der Telekommärkte, die darauf folgende Privatisierung zuvor öffentlicher Betriebe, hat nicht nur die Spekulationsblase erst ermöglicht, sondern die dadurch ausgelöste Krise trifft weniger geschützte Belegschaften. Denn auch die sozialen Sicherungssysteme und Tarifverträge unterliegen einer zunehmenden "Flexibilisierung". Personalabbauzahlen werden an den Börsen wie Erfolgszahlen gehandelt. Not tut Re-Regulierung. Es lohnt sich, die in harten Auseinandersetzungen erkämpften Standards zu verteidigen oder zurück zu erobern. Denn wenn sie hier verloren gehen, wird es in anderen Ländern schwieriger, sie zu erkämpfen.
Der beschriebene Konflikt ist kein deutsches Phänomen, auch nicht die Schuld einer unfähigen Bundesregierung. Sozialstaatliche Regulierung verträgt sich nicht mit kapitalistischer Globalisierung. Neoliberale Deregulierung findet nicht nur bei uns statt. Auch hier zeigt sich wieder die Notwendigkeit konzertierter Gewerkschaftspolitik über Landesgrenzen hinaus. Aber über Landesgrenzen hinaus kann nur vernetzt werden, was lokal besteht. Die noch unterentwickelte Zusammenarbeit von Gewerkschaften im internationalen Raum darf nicht zum Hemmschuh nationaler Abwehrkämpfe werden.
Grundlagen der notwendigen Entwicklung einer international solidarischen und kämpferischen Gewerkschaftsbewegung sind die global zu erfahrenden Gemeinsamkeiten:
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