Düsseldorf, den 22. Dezember 1999
Liebe Freunde,
Es wird sich inzwischen herumgesprochen haben. Die 6. Kammer des Landesarbeitsgerichts hat der Klage von Klaus Specht in der Berufungsverhandlung am 30.11. stattgegeben. In der ersten Instanz noch hatte der Arbeitsrichter Schmitz-Schoelemann die kurzfristig versuchte Tonbandaufnahme eines Vortrags der Geschäftsleitung während einer Betriebsratssitzung als Straftat gewertet. Die Strafbarkeit schon der Absicht derartigen Mitschneidens nichtöffentlicher Worte sei jedermann bekannt. Wie bei Diebstahl, Urkundenfälschung und Betrug.
Roden, Vorsitzender Richter am Landesarbeitsgericht, dagegen formulierte in seiner mündlichen Begründung eine andere Rechtsauffassung. Der inkriminierte Vorgang falle unter die Rubrik Betriebsratstätigkeit und könne Spechts Status als Arbeitnehmer nicht berühren. Auch von einem Vorsatz sei nicht auszugehen. Das Urteil selbst hat den folgenden Wortlaut:
"Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des Arbeitsgerichts Düsseldorf vom 13.7.1999 - 6 Ca 2528/99 - abgeändert und festgestellt, dass das Arbeitsverhältnis zwischen den Parteien durch die Kündigung der Beklagten vom 16.4.1999 nicht aufgelöst worden ist, sondern darüber hinaus fortbesteht.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt die Beklagte."
Die schriftliche Begründung folgt noch.
Der Richter hatte in der Verhandlung einen Vergleich vorgeschlagen, der die Wiedereinstellung des Klägers vorsah für den Fall, daß er auf die Wahrnehmung seines Betriebsratsmandats in den nächsten zwei Jahren verzichtet hätte. Die Geschäftsleitung lehnte indessen diesen Vergleich ab und lieferte gleich noch den Beweis, daß es ihr in der Tat darum ging, einen unbequemen Betriebsrat loszuwerden: Denn in diesem Zusammenhang verlangte der Vertreter des Arbeitgebers, der stellvertretende Personalchef Joachim Brix, vom Kläger den Verzicht auf eine Betriebsratskandidatur auch noch für die folgende Wahlperiode.
Am nächsten Morgen, 1. Dezember, bot Klaus Specht dem Arbeitgeber vergeblich seine Arbeitskraft an. Er wurde wieder nach Hause geschickt.
Am Freitag, 17. Dezember, ist Klaus Specht das Gerichtsprotokoll der Verhandlung vom 30. November mit dem Wortlaut des Urteils zugestellt worden. Gleich am folgenden Montag, den 20.12., versuchte er erneut, das Urteil umzusetzen: er erschien um 6:50 Uhr am Tor 1. Wieder vergeblich. Ein Mitarbeiter des Personalbüros erklärte Klaus Specht und den Betriebsräten Rüdiger Etteldorf, Detlef Vogel und Joachim Kuhnke, die zur Begrüßung von Klaus ans Tor gekommen waren, daß Klaus Arbeitsaufnahme trotz des Urteils weiter hinausgezögert werde.
Der Vorgang sprach sich blitzschnell in der Belegschaft herum und rief wie drei Wochen vorher Unverständnis und Empörung hervor. Im Zusammenhang mit diesem Verhalten wurden überdies Befürchtungen laut. Diese Befürchtungen sind verständlich, weil in den vergangenen Jahren mehrere Standorte als Arbeitsplatzkonkurrenten aufgebaut worden sind. Es wurde auch gefragt: Was führen die noch im Schilde, daß sie trotz Gerichtsurteil einen meinungsfreudigen Betriebsrat wie Klaus mit allen Mitteln draußen halten wollen? Klaus ist 1998 als Listenführer der Vereinigten Alternativen mit über 34% der gültigen Stimmen in den Betriebsrat gewählt worden. Gerade in diesen Wochen wird er dringend im Betrieb gebraucht.
Es wird also noch einiger Solidaritätsaktivitäten bedürfen.
Wir danken für Eure Spenden. Es werden aber immer noch welche benötigt. Spendenkonto: BfG Düsseldorf, BLZ 300 101 11, Konto Nr. 25 62 15 29 01, Helmut Born "Solidarität mit Klaus Specht"
Achtung: Auf den Frequenzen von Antenne Düsseldorf (UKW 104,2) sendet Radio Düsselwelle am 25.12. um 19.00 Uhr einen weiteren Beitrag über Klaus Specht!
Mit freundlichen Grüßen