Klaus Specht Solidaritätsinfo Nr. 8
2.12.99

Am Dienstag, den 30. November 1999, hat Klaus Specht mit seiner Kündigungsklage vor dem Landesarbeitsgericht in der 2. Instanz schließlich doch noch Recht bekommen. Richter Roden erklärte die Kündigung für nichtig. Die NRZ titelte gestern:

Betriebsrat siegte gegen Mercedes
Kündigung ist nicht rechtens

In der ersten Instanz am 13. Juli hatte der Arbeitsrichter Schmitz-Schoelemann die kurzfristig versuchte Tonbandaufnahme eines Vortrags der Geschäftsleitung während einer Betriebsratssitzung als Straftat gewertet. Die Strafbarkeit schon der Absicht derartigen Mitschneidens nichtöffentlicher Worte sei jedermann bekannt. Wie bei Diebstahl, Urkundenfälschung und Betrug.

Richter Roden vom Landesarbeitsgericht dagegen formulierte in seiner mündlichen Begründung eine andere Rechtsauffassung. Der inkriminierte Vorgang falle unter die Rubrik Betriebsratstätigkeit und könne Spechts Status als Arbeitnehmer nicht berühren. Auch von einem Vorsatz sei nicht auszugehen.

Die Geschäftsleitung lehnte einen Vergleich ab, der die Wiedereinstellung des Klägers vorsah für den Fall, daß er auf die Wahrnehmung seines Betriebsratsmandats in den nächsten zwei Jahren verzichtet hätte. Und sie lieferte gleich noch den Beweis, daß es ihr in der Tat darum ging, einen unbequemen Betriebsrat loszuwerden: Denn in diesem Zusammenhang verlangte der Vertreter des Arbeitgebers, der stellvertretende Personalchef Joachim Brix, vom Kläger den Verzicht auf eine Betriebsratskandidatur auch noch für die folgende Wahlperiode.

Der Saal 103 des Landesarbeitsgerichts konnte die gut 60 Besucherinnnen und Besucher kaum fassen. Die Zahl der Stühle reichte nicht. Der Richter wunderte sich über die große Menge der Interessenten. Nach dem Urteil gab es Beifall, und es flossen Freudentränen. Erst allmählich faßt die Familie Specht das Glück ihres Sieges.

Nicht nur dem Arbeitgeber ist nunmehr bescheinigt worden, daß er diese Kündigung zu unrecht ausgesprochen hatte. Auch die Kleinmütigen unter uns Kollegen sind eines besseren belehrt worden. Es hatte sich - wohl aus Rücksicht auf die Mehrheit des Betriebsrates - die Ortsverwaltung der IG Metall in dieser Frage bedeckt gehalten. An einen Erfolg glaubte sie auch nicht.

Gestern morgen bot Klaus Specht hier am Tor vergeblich seine Arbeitskraft an. Er wurde wieder nach Hause geschickt. Dieses Vorgehen wird die Geschäftsleitung rechtlich nicht mehr lange vertreten können.

Solidaritätskreis der Freunde von Klaus Specht
V.i.S.d.P.: Hartmut Lohse, Arbeitslosen-Initiative, Flurstr. 45, 40235 Düsseldorf, Fax 0211 6911736