Besetzung des Berlin Neuköllner Alcatal-Kabel-Werkes beendet

Liebe KollegInnen,

am Sonntag abend beschloß die Besetzerversammlung des Berlin- Neuköllner Alcatel-Kabel-Werks, nach 5 Wochen die Besetzung zu beenden.

Viele Dinge sind noch unklar bzw. im Fluß, so daß es für eine endgültige Bilanz zu früh ist. Hier aber einige Elemente:

All dies ändert nichts an der Tatsache, daß der Kampf für den Erhalt aller Arbeitsplätze verloren wurde.

Die uns bekannten wesentlichen Ergebnisse der Vereinbarung (der Teufel steckt allerdings im Detail):

Zwar stimmt es, daß die IGM diese erste unbefristete Werksbesetzung in Berlin unterstützt und auch wesentlich organisiert hatte. Und da gilt es natürlich eine Lehre zu ziehen: Wenn es schon bei einem solch kleinem Betrieb mit einer bisher kaum durch kämpferische Aktionen hervorgetretene Belegschaft möglich gewesen ist, eine solche Betriebsbesetzung zu organisieren, wieso sollte es dann nicht gelingen, in wesentlich größeren Werken - einschließlich des Öffentlichen Dienstes - den Plänen der Kapitalisten hinreichenden Widerstand entgegenzusetzen? Warum soll mit dem bisher praktiziertem voreilenden Gehorsam fortgefahren werden, nachdem den Entscheidungen der "global players" außer mit Achselzucken und einigen symbolischen, also nicht ernstgemeinten Aktionen nicht weitergehender Widerstand entgegengesetzt werden kann?

Die sich in anderen Betrieben entwickelnde Solidaritätsbewegung beruht zu einem großen Teil genau auf diesen Fragen, die sich viele stellen. Die Ansätze zu einer internationalen Solidaritätskampagne weisen zudem darauf hin, daß internationale Solidarität nicht nur unverzichtbar ist, sondern auch organisiert werden kann, wenn sich die Arbeiterbewegung nur bewußt dieser Aufgabe stellt.

Wir sahen uns allzuoft mit dem scheinbar linkem Argument konfrontiert, daß es sich nicht lohne, den Kampf bei Alcatel zu unterstützen, da die IGM-Führung sich sowieso nur an die Spitze stellen wolle, um den Kampf zu verraten. Dabei wurde allerdings übersehen, daß es schon einen Unterschied ausmacht, ob mit Werksbesetzung reagiert wird, oder von vornherein jeder Widerstand sabotiert wird.

Tatsache ist aber auch, daß der "Kompromiß" gerade zu Beginn der Woche erzielt wurde, als in mehreren Alcatelwerken Solidaritätsstreiks stattfinden sollten. Und daß am Dienstag fast hunderttausend Beschäftigte des Öffentlichen Dienstes in Berlin gegen das Sparpaket der rot-grünen Bundesregierung demonstrierten.

So bestätigt sich nur die schon allzu oft gemachte bittere Erfahrung, daß wichtige Kämpfe der angeblich nicht zu mobiliserenden Basis gerade in dem Moment abgebrochen werden, wenn sie "drohen", daß enge Korsett der "Sozialpartnerschaft" und "politischen Stabilität" zu sprengen.

Dies zeigt, daß die gegenwärtigen Gewerkschaftsführungen keineswegs bereit sind, den Widerstand in den verschiedensten Bereichen zu bündeln, zu koordinieren und auszudehnen.

So ist eine der wichtigsten Lehren aus der zu Ende gegangenen Alcatelbesetzung nicht nur, daß zu kämpfen sich lohnt, sondern daß es auch nötig ist, innerhalb der Gewerkschaften für die Bildung wirklicher klassenkämpferischer Führungen zu kämpfen. Denn nur so kann den zerstörerischen Plänen der international agierenden Konzerne und Regierungen eine wirkliche Alternative entgegengesetzt werden.

Wir werden in nächster Zeit weiterhin über die Entwicklung bei (ex-) Alcatel berichten.