Der Abteilungsvorstand "Kirchen und ihre Einrichtungen" der ÖTV-Berlin hat auf seiner Sitzung am 27.5.1999 einstimmig beschlossen, sich die folgende Erklärung des ÖTV-Bezirks Bayern vom 31.3.1999 zu eigen zu machen und zu unterstützen.

 

"ÖTV gegen NATO-Luftangriffe"

Die NATO-Luftangriffe auf Jugoslawien haben wieder einmal deutlich bewiesen, dass militärische Mittel soziale und ethnische Konflikte nur verschärfen können und keinen Beitrag zu einer humanen Beendigung dieser Auseinandersetzungen liefern. Im Gegenteil: Die Angriffe der NATO auf einen souveränen Staat, geben der jugoslawischen Führung den Vorwand, darauf mit der Verschärfung von Unterdrückung und Verfolgung zu reagieren. Wer meint, mit Bombenangriffen eine humane Konfliktlösung zu erreichen, wird durch die wirkliche Logik des Kriegs schnell blamiert. Angesichts der komplizierten religiösen und ethnischen Konfliktlage in Jugoslawien ist es eine verhängnisvolle Fehleinschätzung, in der Person des jugoslawischen Staatspräsidenten die Schlüssselfunktion für eine rasche Beendigung der Konflikte zu sehen. Mit der Verletzung völkerrechtlicher Regeln und der Nichtbeachtung der Notwendigkeit eines UNO-Mandats sind ausgesprochen riskante Entscheidungen getroffen worden, die das bisher geltende System internationaler Beziehungen direkt in Frage stellen und die UNO auf ein Abstellgleis geschoben haben. Das bestehende Völkerrecht und die Rolle der UNO durch direkten Bruch bzw. durch Missachtung reformieren zu wollen, dokumentiert die brutale Missachtung demokratischer Verfahren, sobald diese als hinderlich erscheinen. In der Konsequenz bedeutet das, dass der Eigenlogik des Krieges keine völkerrechtlichen Grenzen mehr gesetzt sind. Dadurch wird der Einsatz von Bodentruppen und damit die weitere Intensivierung und Ausweitung des Krieges erheblich erleichtert. An die Stelle politischer Regeln tritt eine rein militärische Sicht. Mit dieser Militarisierung wird die weitere politische Entwicklung auf dem Balkan massiv belastet, insbesondere, weil die deutschen Kriegsverbrechen auf dem Balkan 1941–45 tief im historischen Bewusstsein der Serben verankert sind.

Dass diese fatale und gefährliche Entwicklung ausgerechnet durch das aktive Handeln einer rot-grünen Bundesregierung vorangetrieben wird, beweist die aussenpolitische Konzeptionslosigkeit der neuen Bundesregierung, aber auch ihre erschreckende Geschichtslosigkeit. Dadurch wird sie sowohl für die strategischen Ziele der US-amerikanischen Politik wie für das nach 1990 wieder lebendig gewordene Grossmachtdenken restaurativer deutscher Kräfte instrumentalisiert. Das publizistische Sprachrohr dieser Kräfte, die 'Frankfurter Allgemeine Zeitung' hat das nächste Ziel deutscher Grossmachtpolitik bereits formuliert: "Langfristige Stabilität und Sicherheit auf dem Balkan gibt es jetzt nur noch mit einem vom Westen militärisch und politisch beschützten Kosovo" (FAZ v. 27./28.03.99). Damit ist der Weg zurück zu einer Protektoratspolitik wie zur Phase des klassischen Imperialismus vor 1914 gewiesen.

Dass große Teile auch der SPD-Linken und des pazifistischen Flügels von Bündnis '90/GRÜNE aus humanitären Gründen eine solche Entwicklung der Militarisierung der Politik mittragen – ebenso wie der DGB-Vorsitzende Schulte und sein Büro - kann nur durch völlige Anpassung an die Politik der neuen Bundesregierung erklärt werden. "Für unser Land" - so das Leitmotto des DGB für den 1. Mai 1999 - werden das überlieferte antimilitaristische Selbstverständnis und die entsprechenden Beschlüsse eilfertig preisgegeben.

Dabei wird den Gewerkschaften diese politische Unterordnung nicht gedankt werden. Die Kosten dieses Jugoslawienkriegs werden die abhängig Beschäftigten durch Stellenabbau im öffentlichen Dienst und weiteren Sozialabbau zu tragen haben."

 

Kontakt: Ulrich Peter

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